BRIEFE ivl r' AN DEN ZAREN val ■'V 1894-1914 BRIEFE WILHELMS IL AN DEN ZAREN 1894-1914 BRIEFE WILHELMS IL AN DEN ZAREN 1894-1914 Herausgegeben und eingeleitet von Professor Dr. Walter Goetz Die Übersetzung besorgte Max Theodor ßehrmann VERLAG ULLSTEIN ® CO / BERLIN VORWORT Die hier veröffentlichten Briefe Kaiser Wilhelms II: an Zar Nikolaus II. sind unter der bolschewistischen Herrschaft in Rußland aufgefunden und über Stock- holm ins Ausland verkauft worden. Ihre Veröffent- lichung in England und Frankreich wurde für den Beginn des neuen Jahres in Aussicht gestellt. Es er- schien deshalb als eine Pflicht, sie auch dem deutschen Volke sofort vorzulegen und damit jeder parteiischen Verwertung, wie sie im Ausland schon bei der ersten Ankündigung der Veröffentlichung begonnen hatte, vorzugreifen. Denn diese Briefe haben das Licht der Öffentlichkeit nicht zu scheuen. Sie tragen zwar alle die Schwächen an sich, die das Bild Wilhelms IL beeinträchtigen, aber sie sind auf der anderen Seite lauter Zeugnisse seines guten Willens und vor. allem seiner ehrlichen Friedensliebe. Das darf mit Bestimmtheit festgestellt werden, ehe von Vorurteilen erfüllte Gegner sie zu ihren Zwecken ausbeuten. Sowohl die ausländische wie die deutsche Presse hat inzwischen bereits mit der Veröffentlichung der Briefe begonnen. Aber diese VeröffentHchung ist ohne VII kritische Prüfung der Texte geschehen ; sie ist deshalb reich an Irrtümern sowohl in der Datierung wie in einzelnen Lesarten der Texte, und vor allem die Ver- tragsentwürfe von 1904 sind in irreführender Weise bezeichnet worden. Die deutsche Presse war zudem bisher nur in der Lage, Bruchstücke der Briefe wieder- zugeben. Die vorliegende Buchausgabe gibt sowohl den voll- ständigen englischen Urtext als auch eine deutsche Übersetzung, gibt einen von den Irrtümern der (von russischer Seite in Maschinenschrift verkauften) Ab- schriften gereinigten Text — denn sowohl Datierungs- fehler wie Namensentstellungen usw. heßen sich ohne große Mühe erkennen und wohl in allen Fällen ver- bessern. Diese Buchausgabe gibt in kurzen Einleitungen vor jedem Briefe dasjenige, was zur Erläuterung des Inhalts notwendig ist. In einer längeren Einführung ist zusammengefaßt, was als der hauptsächliche ge- schichtHche Ertrag der Briefe bezeichnet werden darf. Die Übersetzung sowie hilfreiche Vorarbeit zu den Einleitungen der einzelnen Briefe wurde von Herrn M. Th. Behrmann geleistet. Leipzig, II. Januar 1920 WALTER GOETZ EINLEITUNG Wer immer diese Briefe Wilhelms IL als geschicht- liche Zeugnisse zu verwerten gedenkt, wird vorerst die Frage nach ihrer Echtheit aufwerfen. Ihre dunkle Herkunft, vielleicht auch ihre Unvollständigkeit — liegt doch wiederholt für ein ganzes Jahr nur ein einziger Brief vor, was der zeitweise so deutlich sicht- baren Lebhaftigkeit des Austausches nicht entsprochen haben kann — lassen den Gedanken an eine Fälschung aufkommen. Aber der Nachweis ihrer Echtheit ist doch wohl aus den Briefen selbst zu führen. Sie würden nicht als unvollständig erscheinen, wenn die zahlreichen Telegramme, die neben den Briefen gewechselt worden sind, vorhanden wären; diese fehlen leider. Die Schreiben sind ferner von der Gedankenrichtung des Kaisers so ganz erfüllt, daß ein Fälscher sich meister- haft in diese seltsame Ideenwelt hineinversetzt haben müßte. Auch entbehrte eine solche Fälschung des er- kennbaren Zweckes, denn in der vorliegenden Form könnten sie weder zugunsten des Kaisers noch zu seinem Schaden gefälscht sein — in beiden Fällen fehlten die Akzente, die der Fälschung allein Wir- kung geben könnten. Licht und Schatten — vom IX Standpunkt des Geschichtsschreibers gesprochen — wechseln hier so unablässig miteinander, daß man echter Wirklichkeit gegenüberstehen muß. Auch verrät der Stil den Schreiber — es ist ganz und gar die Mischung von großen und kleinen Gedanken, von Getragenem und Saloppem, das pathetisch Ernsthafte, dem doch der rechte Inhalt fehlt, das Sichgehenlassen in Kraftaus- drücken, v^^as auch sonst die briefUchen und vom Augen- bHck eingegebenen Äußerungen des Kaisers kennzeich- net. Zudem wird die Echtheit überall bestätigt, wo sich von anderer Seite (z. B. aus den- Denkwürdigkeiten des Fürsten Hohenlohe, II, S. 521, oder aus Hammann, Zur Vorgeschichte des Weltkriegs S. 71) Anhaltspunkte für den Inhalt einzelner Schreiben ergeben. Und ein letzter -Beweis: die Datierungsorte stimmen in allen Fällen mit den nachweisbaren Aufenthaltsorten des Kaisers überein. Von drei Briefen liegen zudem photo- graphische Wiedergaben vor — sie bestätigen, wie die beiden Beilagen dieser Ausgabe zeigen, die kaiserHchen Schriftzüge. Der Brief vom 21. Februar 1905 ist der deutschen Presse schon vor einiger Zeit bekannt ge- worden — offenbar aus derselben russischen Quelle. Die Briefe sind in engHscher Sprache geschrieben — auch die mündliche Unterhaltung der beiden Fürsten spielte sich immer auf englisch ab. Die Antworten des Zaren fehlen; hie und da sind sie aus den Briefen Wilhelms II. in etwas zu erschließen. Aber sie entbehren für uns zunächst des Interesses, das die Briefe des Kaisers herausfordern. Daß Wilhelm II, die bei weitem stärkere und tätig anregendere Persönlichkeit war, wird kaum des Beweises bedürfen. Die aktiven politischen Ziele sind, wie die Briefe zeigen, auf seiner Seite: er will auf den Zaren einwirken, will die russische PoHtik bei der deutschen festhalten, wie es die deutsche Notwendigkeit und der europäische Frieden erforderte. Zur völligen Klarstellung der ge- schichtlichen Ereignisse wären die Antworten des Zaren gewiß erwünscht, aber im Augenblick handelt es sich um Wilhelm IL, um seine angebHche Schuld am Welt- krieg, um seine ganze Persönlichkeit, und da wird uns sein Anteil an diesem Briefwechsel genügen. An Ein- bhcken in die poHtische Gedankenwelt des Kaisers ist er reich genug, obwohl wir gerade über die große PoHtik nur bruchstückweise unterrichtet werden und wichtige Fragen, nicht behandelt sind. Auch müßte man, um das letzte Urteil zu gewinnen, die gleich- zeitigen Beziehungen zut- Königin ' Viktoria von Eng- land und zu König Eduard VII. an der Hand ähn- licher vertraulicher Briefe verfolgen können; denn so eng und unbedingt offenbar die Freundschaft zu Niko- laus II. war und so scharf manche Wendungen gegen- über England khngen, so lag doch bei jedem pohtischen Austausch unzweifelhaft Freundschaft und Taktik nahe nebeneinander, und der Drang nach immer neuen mündhchen Austauschmöghchkeiten, wie er beim Kai- ser hervortritt, zeigt doch wohl die Sorge, daß andere Einflüsse bei Nikolaus II. die Einwirkung des deutschen Freundes beeinträchtigen könnten. Auch so manche XI Wendung übertriebener Schmeichelei — die öfters auf- tretende, dick unterstrichene Bewunderung für den politischen Instinkt des Zaren — gehört doch wohl mehr in das Gebiet der Taktik als der Freundschaft. Aber der Kaiser fand doch auch zeitweise sehr offene Worte gegenüber dem Zaren — nur auf Gunst waren die Briefe nicht eingestellt (vgl. Nr. V, VII, L). Wenn man an Bismarcks kluge Zurückhaltung in der Frage fürstlicher Besuche und an seinen ersten Gegen- satz zu Wilhelm II. um kaiserlichen Übereifers willen denkt, so fäUt es in diesen Briefen immer wieder auf, wie der Kaiser einmal über das andere neue Besuche beim Zaren anbietet, neue Zusammenkünfte vorschlägt. Er glaubte fest an die politische Wirksamkeit solcher Besuche und es lag ihm, trotz mancher Erfahrung, über die er sich hätte klar werden können, der Gedanke fern, daß sie auch das Gegenteil des Beabsichtigten be- wirken könnten. Wilhelm IL, der sich und seine Worte so reichlich überschätzte, vermochte offenbar nicht zu fühlen, daß gerade er vor den Kopf stoßen und un- günstige Meinungen hervorrufen konnte wie kaum ein anderer ; er glaubte an den Zauber seiner Liebenswürdig- keit, seiner Uberredungsgabe und an das tiefe Recht seiner Überzeugungen, und wurde sich der mancherlei Taktlosigkeiten nicht bewußt, die neben der Liebens- würdigkeit einherzugehen pflegten und ihm wichtige Persönhchkeiten entfremdeten. Der äußere Anschein sprach dafür, daß die Zusammenkünfte mit dem Zaren politische Wirkungen ausübten, und so wurde dies XII Mittel immer von neuem in Bewegung gesetzt. Sicher- lich war ja der Zar dem Kaiser treu ergeben und ge- neigt, sich dem Einflüsse des Freundes hinzugeben, der ihm an Lebensjahren ungefähr ebensoviel voran war wie an Regierungszeit und den er — vielleicht — um seiner blendenden Eigenschaften willen bevmnderte. Der Zar war von Natur gutmütig und schüchtern, der Uberredungsgabe des Kaisers gegenüber ziemlich waffenlos. Zudem war der Zar in den politischen Fragen niemals sicher orientiert. Es gab auch nie- mand in der Welt, der dem Zaren so herzliche Freundschaft entgegenbrachte — wie ein Bruder, heißt es in dem Briefe vom 27. JuH 1905 — und der ihm so viel ehrliches Vertrauen zeigte wie der deutsche Kaiser. Daß die Schreiben Freundesbriefe sein sollten, darf man ja nicht vergessen, wenn man Ausdrucksweise und Inhalt ins Auge faßt. Aber es läßt sich die Meinung nicht unterdrücken, daß zwischen dem selbstgewollten Gottesgnadentum und der Art dieser Briefe eine unausgleichbare Spannung besteht. Denn im Vergleich zu den geschichthchen Aufgaben, die diese beiden Männer zu erfüllen hatten, ist das Menschliche, das Unbedeutende, ja gelegenthch das erschreckend Platte und Stillose dieser Briefe schwer erträghch. Nicht nur, daß sich geschmacklose Mode- worte und so kühne Gedankenverbindungen finden wie gleich im ersten Briefe (wo Offiziere und Regiments- fahnen ihre Gebete vereinigen), sondern daß in einem Federzug nebeneinander das Beileid zum Tode eines XTJI altbewälirten Generals (den der Kaiser seinen Freund nennt) und die Erkundigung nach einer elektrischen Eisenbahn der Zarenkinder steht, daß der bevorstehen- den Niederkunft der Zarin ein „Weidmannsheil" oder ein ander Mal „Weidmannsheil für großes Wild" ge- widmet wird, daß neben den ernstesten politischen Angelegenheiten das Interesse für die Wiedereinfüh- rung bestimmter Uniformen und Knöpfe folgt oder gar ein frohgemutes „Tata", das offenbar an geistvolle Scherze im persönhchen Verkehr der beiden Monarchen anknüpft — das alles erinnert immer von neuem daran, daß sich hier nicht eine innerlich große Welt des Den- kens und Handelns vor uns auftut, sondern ein unaus- gegHchenes Nebeneinander von großem Wollen und geringem Vollbringen, von emporgeschraubten An- sprüchen und mangelnder Selbstzucht. Gerade da, v/o das InnerHchste, das ReHgiöse, zur Aussprache kommt, ist das Schlichte und tief Empfundene — wde in Nr. XVIII — eine Seltenheit und zumeist ist die Rhetorik stärker als der Inhalt. Aus solchen Veranlagungen und Begrenztheiten her- aus entstand die erste große Täuschung, in der sich Wilhelm II. befand: der Glaube nämHch, daß sich die PoHtik auf die persönhchen Beziehungen der Herrscher aufbauen lasse. Schon die Persönlichkeit des Zaren bot dazu wohl kaum die ausreichende Sicherheit. Denn wie verschiedenartig im einzelnen sie auch bisher ge- schildert worden ist — über den Mangel eines starken und klaren Willens sind sich alle Beurteiler einig. Wie XIV mächtig nun auch immer der Einfluß der deutsch- gesinnten Zarin auf ihn gewesen sein mag — die vor- liegenden Briefe liefern den Beweis, daß alle brüder- liche Freundschaft die Richtung der russischen PoHtik von ihren letzten todbringenden Zielen nicht ablenken konnte. Der Kaiser hatte wohl alles versucht, sich auf die Persönlichkeit des Zaren einzustellen * und sein Vertrauen sich zu erhalten — er hatte ihm und der russischen Marinebehörde geheime deutsche Schiffsbau- pläne gezeigt und dabei den Gedanken ausgesprochen, daß die beiderseitigen Flotten als eine große Or- ganisation zu betrachten seien (Nr. XXVI) ; er warf den Gedanken hin, daß mit der deutschen Bagdadbahn russische Truppen im Handumdrehen von Odessa nach Koweit am Persischen Meer befördert werden könnten, um dort den Engländern Halt zu gebieten; er unter- richtete den Zaren sofort über das englische Bündnis- angebot von 1898 (Nr. XV und XVI) — aber zuletzt galt in der großen Politik weder Freundschaft noch Vertrauen. Seit Ende 1905, seit dem Scheitern des deutsch- russischen Bündnisplanes, will es scheinen, als ob der Kaiser selber nicht mehr recht an die Kraft seiner Ein- wirkung geglaubt habe. Die Briefe, die 1904 und 1905 bei der russischen inneren und äußeren Politik zu * Ob es immer in der richtigen Weise geschah, prüfe man an der Hand des merkwürdigen Briefes vom 21. Febr 1905, der doch als starke Bevormundung aufgefaßt werden konnte! XV helfen strebten, werden seitdem, von einigen Aus- nahmen abgesehen, politisch immer inhaltsloser, und nur die Zusammenkünfte mit dem Zaren haben dann noch an dem eisernen Netze zu rühren versucht, das die englische PoHtik um Deutschland legte. Familien- beziehungen der Herrscher waren nicht mehr imstande, Einfluß auf den unvermeidHchen Gang der Dinge zu gewinnen. Wie der Kaiser die formalen Elemente der Politik mit falschen Voraussetzungen ansah, so vermochte er sich auch nicht in die Tatsächlichkeiten der Weltver- hältnisse richtig hineinzuversetzen. So modern der Kaiser oft erschienen ist, wenn er sich für deutsche Zukunftsfragen einsetzte, sich für Technik interessierte und Sachverständige der Wirtschaft an sich zog, gleich- viel w^elchen Glaubens sie waren, so tief war doch zu- gleich der Gegensatz, der zwischen ihm und der gegen- wärtigen Welt bestand. Seine Auffassung des Herr- scherberufes, so sehr sie auf Pflichterfüllung eingestellt war, ging von einer göttlichen Mission aus, und sie mußte deshalb zu einer blinden Überschätzung des Fürstentums und der fürstHchen Personen und zu einer ebenso bHnden Unterschätzung anderer Regie- rungsformen und anderer Personen führen. Die vor- liegenden Briefe sind reich an Beispielen für diese ver- hängnisvolle Vorstellungswelt, und sie führte trotz allen deutlich sichtbaren Warnungszeichen zu dem Glauben, daß Deutschland und Rußland gemeinsame monarchi- sche Interessen gegenüber einer schlechteren Welt zu XVI vertreten hätten. Der Sinn für das Wirkliche, hier und da vorhanden, fehlt im großen doch in überraschendem Maße. Die Briefe beginnen ungefähr in dem Augen- blick, der den Eintritt Deutschlands in die Weltpolitik bedeutet. Man möchte annehmen, daß damit das Verhältnis Deutschlands zu den großen Weltmächten zu neuer Erörterung und Ordnung hätte kommen müssen. Aber fast nirgends sieht man den Kaiser bei solchen konkreten Fragen einsetzen, um Gegensätze auszugleichen, Interessengemeinschaften herzustellen und der deutschen Politik den Weg zu sichern. Un- ausgesetzt ist es die „traditionelle Freundschaft" der HohenzoUern und der Zaren, ist es daneben eine Ge- meinschaft monarchischer Staatsordnung, was Ruß- land und Deutschland zusammenhalten soll. Republik, Parlamentarismus, Anarchismus, Nihilismus und Revo- lution werden vom Kaiser in eine bedenkliche innere Gemeinschaft gerückt, und der Verbündete der Fran- zösischen Repubhk soll mit solchen Ausbhcken ge- schreckt werden. Vor den enghschen Intrigen (an deren Vorhandensein gewiß nicht zu zweifeln war) wird im gemeinsamen Interesse gewarnt, aber man sucht vergebens nach pohtischen Ideen, die eine russisch- deutsche Interessengemeinschaft auf festem Boden hätten begründen können. Statt dessen ist der Kaiser beherrscht von der ,, gelben Gefahr", die der weißen Rasse, der abendländischen Kultur vom fernen Osten her drohe. Wie eine fixe Idee kehrt dieser Gedanke wieder — die Schwierigkeit deutscher Weltpolitik vv'ar II XVII dem Kaiser noch gar nicht zum Bewußtsein gekommen, als er in der Abwehr von „Buddhismus, Heidentum und Barbarei" gemeinsame, verbindende Aufgaben der euro- päischen Mächte zu sehen glaubte. Oder schob er hier nur Gesichtspunkte vor, die aus dem Geiste der rus- sischen Politik gedacht waren, und wollte er Rußland mit allen Mitteln nach Ostasien ablenken ? Sicherlich hat die deutsche Politik es gern gesehen, daß Rußland sich von dem alten Lieblingsfeld seiner unruhestiftenden Tätigkeit, dem Balkan, zurückzog und sich im Osten Ziele für lange Jahrzehnte steckte. Aber nicht von Deutschland ist Rußland auf dieses neue Feld hingewiesen worden, sondern die Erfolge der Japaner im Kriege gegen China haben Rußland zu seinem Vorgehen veranlaßt — Rußland wollte sich die östliche Meeresküste und den Einfluß auf China sichern, ehe ihm Japan ein lästiger Wettbewerber werde. Die russische öffentliche Meinung war schon wochenlang in Bewegung gegen Japan und für freie Hand im Osten, ehe der Kaiser sich dem Zaren gegen- über in dieser Sache geäußert hat. Rußland war bei dem gemeinsamen Vorgehen Deutschlands, Frankreichs und Rußlands gegen Japan der führende Teil; es be- durfte keines Antriebs von deutscher Seite, damit Ruß- land seine ostasiatischen Interessen entdecke und sie mit steigender Hartnäckigkeit vertrete. Wenn der Kaiser mit reichlich überschwenglichen Worten den Zaren als Urheber dieser neuen politischen Richtung Rußlands feierte, so lag darin wohl ein Gefühl der XVIII Befreiung von dem Alpdruck, den Rußland für Europa bedeutet hatte, aber auch die Hoffnung auf gemein- same Vorteile, wie der Wunsch nach einer deutschen Kohlenstation im Osten deuthch zeigt (Nr. IV). Für die deutsche Politik kam naturgemäß das andere hinzu: Rußland von einem Zusammenwirken mit Frankreich gegen Deutschland abzulenken. Auch die- sen Wunsch wird man dem Kaiser gewiß nicht zum Vorwurf machen können. Das Mittel, mit dem der Kaiser dabei arbeitete, war die Auferweckung des zarisch-monarchischen Instinkts gegenüber der Fran- zösischen RepubHk, was doch wohl nicht viel wirken konnte, nachdem nun einmal Zar Alexander III. die eingeborene Abneigung überwunden und mit der Re- publik ein vorurteilfreies Bündnis eingegangen hatte. Später, 1904 und 1905, kam der höchst seltsame Ver- such, Frankreich in ein russisch-deutsches Bündnis hin- einzuziehen. Hier liegt wohl der Höhepunkt dieses ganzen Briefwechsels (Nr. XL VIII ff.). Die erste Anregung zu einem neuen formellen Bünd- nis ist — in der Not des russisch-japanischen Krieges — vom Zaren ausgegangen, wenige Tage nach dem Doggerbank-Zwischenfall, der Englands Eingreifen in den Krieg hervorzurufen drohte. Es scheiterte zunächst an gewissen Bedenken Deutschlands gegenüber einer vom Zaren beantragten Geheimklausel und dann an dem russischen Wunsche nach Zuziehung Frankreichs zu den Verhandlungen, noch ehe Rußland und Deutsch- land sich einig geworden seien. Aber nachdem man 11* XIX einmal in Berlin die russischen Bündnispläne kennen- gelernt hatte, blieb der Gedanke eines russisch-deut- schen Bundes, in den Frankreich schließHch durch den Zwang der Tatsachen hineingezogen werden sollte, das Ziel der kaiserHchen PoHtik, und am 24. JuH 1905, bei der Zusammenkunft in den finnischen Schären, gelang es, einen Geheimvertrag zustande zu bringen, der Ruß- land endgültig in das deutsche Fahrwasser hereinziehen soUte. Man fühlt aus den nächsten Briefen des Kaisers das Hochgefühl über den erlangten Erfolg heraus — nie war der Austausch zwischen beiden Herrschern in Briefen und Telegrammen so lebhaft, und niemals hat der Kaiser sonst Anlaß gehabt, von einem neuen Blatt in der Weltgeschichte, das ein Kapitel des Friedens und des Wohlwollens unter den großen Mächten ein- leiten sollte, zu sprechen. Der mündHche Austausch mit Witte, der im September 1905 den Kaiser in Rominten besuchte, nachdem er sich in Berhn mit dem deutschen Reichskanzler besprochen hatte, zeigt — nach des Kaisers optimistischen Angaben (Nr. LI) — auch diesen in vollem Einverständnis mit den getroffenen Abmachungen . In Wahrheit war sowohl Witte wie Bülow wohl mit der Gesamttendenz des Vertrages, nicht aber mit seinen einzelnen Bestimmungen einverstanden. Der Wortlaut der getroffenen Vereinbarung Hegt nicht vor. Der Kaiser schreibt am 27. JuH 1905 nur von dem „Bündnis auf gegenseitiger Unterstützung im Bedarfsfalle, das wir abgeschlossen haben". Im Jahre 191 7 ist in der Norddeutschen Allg. Zeitung XX (13. Sept.) der allgemeine Inhalt des Vertrags bekannt- gegeben worden, und Hamm an n hat in seiner „Vor- geschichte des Weltkriegs'* S. 218 ff. zusammengestellt, was über Zusammenkunft und Vertrag bis zum Som- mer 191 8 bekannt geworden war. Man versteht da- nach den Widerstand der beiderseitigen Staatsmänner, denn auf Klarheit kann der Vertrag keinen Anspruch machen. Daß ein Verteidigungsbündnis beabsichtigt war, Hegt nach allem, was der Kaiser darüber äußert, einwandfrei zutage. Und wie im Vorjahre, so ist auch jetzt das Ziel, Frankreich in dieses Bündnis hineinzuziehen, als ob es zwangsmäßig dem russischen Kurse folgen müsse. Auch in den Vereinigten Staaten sieht der Kaiser — um des Gegensatzes zu Japan willen — den künftigen Partner. Und obwohl der Kaiser am 27. JuH 1905 sogar auf die Möglich- keit von Japans Beitritt hindeutet, ist die Spitze des Bündnisses deuthch gegen England Hind Japan,' die Verbündeten, gerichtet, die von deutscher wie von russischer Seite als Friedensstörer betrachtet werden. Im gleichen Schreiben kann der Kaiser sagen, daß der neue Zweibund „in Verbindung mit dem Dreibund einen Fünfbund gibt, der wohl in der Lage ist, alle unruhigen Nachbarn in Ordnung zu halten und den Frieden selbst mit Gewalt aufrechtzuer- halten, wenn es eine so hirnverbrannte Macht geben sollte, ihn zu stören". Es wäre unzweifelhaft ein voller Triumph der kaiser- lichen Politik gewesen, wenn sie mit Rußland jetzt XXI zu neuen festen Abmachungen gekommen wäre. Nicht nur daß dann die Vorwürfe wegen Nichterneuerung des bismarckischen Rückversicherungsvertrages erledigt waren und eine bessere, ehrlichere Form des Zusam- menstehens mit Rußland gefunden war, sondern auch der Politik Eduards VII. war ein Riegel vorgeschoben imd die französische Revancheidee war zum Absterben verurteilt.%Die Ablehnung des englischen Bündnis- angebots von 1898 und 1901, das den kritischen Wende- punkt für Deutschlands ganze Stellung bedeutete, war wettgemacht und neue Sicherheit gewonnen. Das alles läßt die frohlockende Genugtuung, die aus den Briefen des Kaisers damals hervorleiichtet, vollkommen verstehen. Aber es sollte sich sehr rasch herausstellen, daß den Wirkern dieses Gewebes die Hand Bismarcks durchaus gefehlt hatte. Schon die ersten Mitteilun- gen über den Geheimvertrag, den der kaiserliche Brief vom 27. Juli enthält, überraschen: so war also von den beiden Kaisern, ohne Mitwirkung der maß- gebenden Minister, bei dem Zusammensein eines Tages das weltgeschichtliche Bündnis, das es in der Tat gewesen wäre, abgeschlossen worden .? Der deut- sche Reichskanzler wTirde erst nach der Rückkehr des Kaisers von seiner Reise ins Vertrauen gezogen, und ebenso erging es dem russischen Außenminister. Ham- mann hat uns berichtet, daß der Reichskanzler die Verantwortung für den Vertrag ablehnte und seinen Rücktritt anbot, auf den der Kaiser freilich nicht XXII einging. Für einen verbindlichen Staatsakt war die ganze Abmachung auffallend selbstherrlich und un- sicher aufgebaut. Man wird den Gedanken nicht los, daß der Kaiser, anknüpfend an den Wunsch des Zaren vom vergangenen Herbst, jetzt diesem die Bedenken gegen die deutsche Formulierung ausredete und unter der entmutigenden Nach- v^irkung der russischen Niederlage im Kampfe mit Japan das erwünschte Bündnis durchdrückte. Nur so erklärt es sich wohl, daß der Zar nachträghch zurück- zog, was er unter dem Einfluß des Freundes ohne die Beratung durch seine Minister zugestanden hatte. Denn die Bedenken gegen den Vertrag mußten kom- men — nur der Kaiser und der Zar, sich selbst über- lassen, konnten ernsthaft annehmen, daß die russi- schen Staatsmänner den Sinn des Vertrags nicht als eine Abkehr von der bisher betriebenen Politik an- sehen würden, und nur politische Illusionisten konnten glauben, daß die Gewinnung Frankreichs für das Bünd- nis im Bereiche der Möglichkeit hege. Hier vmrden tief verankerte Tendenzen der russischen wie der fran- zösischen Politik völlig mißachtet und der Versuch gemacht, die Weltgeschichte nach den Hoffnungen zweier fürstlichen Freunde einzustellen. Das Schei- tern des ganzen Planes war unvermeidbar, so sicher auch der Kaiser den Erfolg in der Hand zu haben glaubte. Es fehlt in den Briefen seit dem 28. No- vember 1905, aus dem die nachträglichen Bedenken des Zaren hervorgehen, jeder weitere Hinweis auf XXIII da8 Bündnis, und obwohl der Kaiser sich noch in der Unterschrift des Briefes vom 30. Dezember 1905 als „Verbündeten" bezeichnet, ist doch offenbar der ganze Plan schon damals erledigt gewesen. Jetzt aber mußte sich, wenn noch ein Rest von politischem Scharfsinn vorhanden war, der Ernst der Dinge erschHeßen und selbst mit den stärksten Opfern hätte ein Ausweg aus der verzweifelten Sachlage ver- sucht werden müssen. Es kHngt entweder völlig ver- blendet oder durchsichtig gezwungen, wenn der Kaiser am 29. Januar 1906 die schwerwiegende Tatsache, daß der Zar einen französischen Verbindungsoffizier in sein Gefolge aufnehmen will, mit dem groben Scherz auf den „Holzfäller FaUieres" (gemeint ist der Präsident der französischen Repubhk) abzutun versucht und sei- ner Heiterkeit darüber kaum Schranken zu setzen vermag. Sah er wirklich nicht, wie ihm Frankreich selbst bei der Person des Zaren den Rang abzulaufen begann? Und ferner: im Juni 1906 erfuhr der Kaiser aus Mitteilungen des Zaren, daß England sich mit Rußland über Asien zu verständigen suche. Auch dies führt den Kaiser nicht in das Gebiet der zu lösenden konkreten Fragen, vielmehr arbeitet er sich immer von neuem in die „gelbe Gefahr" hinein, die er entdeckt zu haben glaubt und die nach seiner Mei- nung ein Anlaß zur Überbrückung der europäischen Gegensätze sein soll (Nr. LVHI). Dabei scheint er nicht zu erkennen, daß die Gegensätze z^vischen Japan und Amerika, Japan und Rußland poHtischer und XXIV wirtschaftHcher Art sind, und daß das Bündnis Englands mit Japan den nächsten Interessen der beiden Län- der mehr entsprach, als ein Kreuzzugskampf der weißen Rasse gegen die gelbe. In Wahrheit entfernte sich die russische Politik gerade seit jener Bündnisepisode in auffallender Weise von Deutschland. 1907 kam das enghsch-russische Abkommen über Mittelasien zustande und das Zu- sammentreffen König Eduards VII. mit dem Zaren in Reval im Juni 1908 drückte das Siegel unter eine neu gewonnene Freundschaft. Der Brief des Kaisers vom 8. Januar 1909 brachte das Unbehagen der deut- schen Regierung gegenüber Rußland in einem Einzel- fall zum Ausdruck. Die bosnische Krise vermehrte die Spannung noch erhebhch und die Beilegung des Konflikts ^^iirde doch so stark als eine Niederlage Rußlands empfunden, daß die lobenden Worte des Kaisers über die „hochzerzige und selbstlose Initia- tive" des Zaren zur Erhaltung des Friedens wohl kaum auf sehr fruchtbaren Boden gefallen sein dürften. Aber dennoch war noch nicht alles verloren. Wenn auch der Briefwechsel seit 1906 offenbar abflaute, so kam es trotz aUem immer von neuem zu Annäherungen zwischen Deutschland und Rußland, und vor allem die Potsdamer Zusammenkunft vom 4. November 1910 schien, wie der deutsche Reichskanzler am 10. De- zember 1910 dem Reichstag mitteilte, die Gewißheit zu geben, daß sich weder Rußland noch Deutschland m eine Kombinarion einlassen werde, „die eine XXV agressive Spitze gegen den anderen Teil haben könnte". Aus dem Angriff Miljukows in der russischen Duma vom 15. März 191 1 auf diese Schwenkung der russischen Politik konnte man freilich erkennen, wie die russische Intelligenz darüber denke: er erklärte das von Iswolsky verteidigte System der russischen Bündnisse und Ab* kommen als in seinen Grundlagen erschüttert, Frank- reich und England seien verletzt und die auswärtige Lage sei infolgedessen geradezu bedrohlich. Man ver- steht die ungeheure Last, die den deutschen Reichs- kanzler damals bedrückte, und man versteht das Suchen nach einem Ausweg aus einer verzweifelt gewordenen Sachlage. Die Briefe des Kaisers sind in diesen letzten Jahren von 1910 — 1914 — wenn anders sie uns vollständig vorHegen — von dürftigstem Inhalt und ohne jedes politisches Gepräge. Man hat bei diesen Briefen das Gefühl, daß die alte Freundschaft gewohnheitsmäßig weiter betont wird, daß ihr aber der rechte Inhalt fehlte, seit Rußland nicht nur mit Frankreich, son- dern auch mit England sich vereinbart hatte. So ist der politische Ertrag dieser Briefe nicht gerade erhebend. Sie lassen überhaupt nur in Einzelheiten, nicht in das Ganze der deutsch-russischen Beziehun- gen hineinsehen. Manche von den wichtigsten Fragen, wie die russische Anregung zur Einmischung in den Burenkrieg, sind in den vorhegenden Briefen nicht behandelt. Aber sie zeigen das Scheitern einer Poli- tik, die den schwersten Problemen gegenüber mit XXVI unzulänglichen Mitteln unternommen wurde. Sie zeigen den Kaiser nicht als poHtischen Führer der Nation, sondern erfüllt von unhaltbaren Gedanken über Herrscherberuf und internationale Politik, und sie zei- gen uns die Schwierigkeiten, unter denen die verant- wortlichen Stellen der Reichsregierung fortdauernd zu arbeiten hatten. Aber eines ergeben diese Briefe unzweifelhaft: mit Angriffsabsichten, mit der Vor- bereitung des Weltkriegs ist der Kaiser niemals be- schäftigt gewesen. Immer wieder ist die Sicherung des Friedens der beherrschende Gedanke. Daß er Deutschland und Rußland als Mittelpunkt des den Frieden sichernden Bundes sehen wollte, bedarf keiner Verteidigung. Denn er hatte deutsche, nicht franzö- sische oder enghsche Politik zu treiben. Daß er Ruß- land aus französischer und enghscher Umarmung zu befreien trachtete, war sein gutes Recht (so unzulängHcli seine Mittel waren), und der Gang der Dinge hat ja gezeigt, daß eben diese Umarmung zuletzt den Welt- krieg bedeutete. Daß der Kaiser diesen Krieg ver- meiden wollte, dafür sprechen diese Briefe, und das macht sie, so unerfreuHch vieles von ihrem Inhalt ist, zu geschichthchen Dokumenten, die wider unsere Feinde zeugen werden, solange es eine unparteiische Geschichtsforschung gibt. Zar Alexander III. war am i. November 1894 in Livadia verschieden; als Nikolaus II. hatte der Zarewitsch am gleichen Tage den Thron bestiegen. Neues Palais, 8. XI. 1894 Mein lieber Nicky! Die schwere und verantwortungsvolle Aufgabe, für welche Dich die Vorsehung ausersehen hat, ist Dir durch den so unerwarteten und vorzeitigen Tod Deines lieben, tief betrauerten Vaters mit der Plötzlichkeit einer Überraschung zugefallen. Diese Zeilen sollen meine vollste und wärmste Sympathie mit Dir, Deiner Alix und Deiner armen gebeugten Mutter zum Ausdruck bringen. Ich kann die Gefühle wohl verstehen, die Dein Herz bewegt haben müssen, als Du mit ansahst, wie das Leben Deines Vaters versiegte; denn seine Krankheit und sein plötzlicher Hingang war dem meines eigenen teuren Papas so ähnlich, mit dessen Charakter und Herzensgüte der verstorbene Zar so- viel Ähnlichkeit hatte. Unaufhörlich bete ich zu Gott für Dich und Dein Glück. Möge Dich der Himmel in Deinem Schmerze trösten und Dir Kraft für Deine schweren Pfhchten verleihen, und möge eine lange und friedliche Regierung Dir Gelegenheit geben, nach dem Wohl Deiner Untertanen zu sehen. Die Teil- nahme und der echte Schmerz, der in meinem Lande über das vorzeitige Ende Deines tief beklagten Vaters herrscht, wird Dir bewiesen haben, wie stark der mon- archische Instinkt ist, und wie Deutscliland für Dich und Deine Untertanen empfindet. Wie früher wirst Du mich in unverminderter Freundschaft und Liebe zu Dir stets unverändert finden. Was unsere poli- tischen Ideale sind, wissen wir beide genau, und ich habe unserer letzten Unterredung in Berlin nichts hinzuzufügen. Ich kann nur den Ausdruck absoluten Vertrauens zu Dir wiederholen und die Versicherung, daß ich stets die alten Beziehungen gegenseitiger Freundschaft mit Deinem Hause pflegen werde, in der ich von meinem Großvater erzogen wurde; einige Proben davon konnte ich zu meiner Freude Deinem lieben Papa in den letzten sechs Monaten seiner Re- gierung geben, und sie sind, wie ich zu meiner Freude vernehme, von ihm voll gewürdigt worden. Ich wäre selbst gekommen, um mit Dir beim Leichenbegängnis zu beten, bin aber mit Regierungsfragen zu Hause so beschäftigt, daß es unmöglich ist. Heinrich wird meine Botschaften überbringen, General von Plessen, der Kommandant meines Hauptquartiers, Oberstleut- nant von Moltke, mein Flügeladjutant, und Dein alter Freund General von Villaume werden ihn an Bord seines Schiffes nach Kronstadt begleiten. Gleichzeitig wird auf dem Landwege Oberst von Sausin vom Kaiser- Alexander-Gardegrenadierregiment I sich bei Dir als dem neuen Regimentschef melden. Ich habe Deinem Husarenregiment Deinen Namen gegeben, worauf es ungeheuer stolz sein wird. Im erstgenannten Garde- regiment ist die Person des verstorbenen Zaren immer hoch verehrt worden, und am letzten Montag haben das ganze Offizierkorps und die vier Regimentsfahnen ihre Gebete mit den meinigen in der Kapelle der Russischen Botschaft in Berhn vereinigt. Nun leb' wolil, liebster Nicky, Gott segne und schütze Dich und die Hebe AHx und verleihe Euch Glück in Eurer jungen Ehe, dies ist der warme Wunsch Deines Dich liebenden und ergebenen Freundes und Vetters Wilhelm. II Graf Paul Schuwalow, der Jahre hindurch als russischer Botschafter am Berliner Hofe akkreditiert und sowohl dort als in der Berliner Gesellschaft ungemein beliebt war, kommt Ende 1894 wegen hohen Alters um seine Entlassung ein, die ihm von Nikolaus II. unter den schmeichelhaftesten Aus- drücken in einem Zarenreskripte gewährt wird. Kaiser Wilhelm II. möchte als Nachfolger des scheidenden Grafen Schuwalow den damaligen russischen Justizminister, Grafen von Pahlen, den damaligen Kommandierenden des Zarischen Hauptquartiers General von Richter oder Stael von Holstein sehen, der zu jener Zeit als russischer Botschafter am eng- lischen Hofe fungierte. In beiderseitigem Einverständnis wird schheßlich- Fürst Lobanow-Rostowsky, russischer Bot- schafter in Wien, zum Botschafter in Berlin ernannt, aber schon am 11. März 1895 zum russischen Minister des Aus- wärtigen berufen und durch den Grafen Osten-Sacken er- setzt, General von Schweinitz, der Jahre hindurch den Deutschen Kaiser am Petersburger Hofe vertreten hatte, wird gleichzeitig durch den bisherigen deutschen MiHtär- bevollmächtigten, General von Werder, eine in Petersburg ungemein populäre Persönlichkeit, ersetzt. Potsdam, 5. I. 1895 Mein lieber Nicky! Dein freundlicher Brief, den mir Knorring über- brachte, enthielt sehr interessante, aber sehr traurige Nachrichten. Ich bin Dir für Deine Darstellung sehr dankbar und verstehe vollständig die Gründe, die Dich zu Deiner Entscheidung über den Grafen Schuwalov^^ veranlassen. Gleichzeitig kann ich Dir versichern, daß ich über den Verlust des trefflichen Paul sehr betrübt bin; er war der einzige Botschafter in Berlin, mit dem ich auf wirklich vertrautem Fuße gestanden habe und der mir ein „ami intime" war, soweit ein Nicht- deutscher auf diesen Namen Anspruch haben kann. Er wird mir wirklich sehr fehlen. Er verdient durch- aus die Lobsprüche, die Du ihm in Deinem Reskript gegeben hast, und die engen und intimen Beziehungen unserer Hpfe und Völker waren bei niemand in besseren Händen. Ich hoffe und vertraue, daß die Persönlichkeit, die Du zu seinem Nachfolger wählen wirst, fähig sein wird, ihre Tätigkeit in derselben Weise und mit derselben Aufrichtigkeit und Offen- heit des Charakters wie Schuwalow fortzusetzen, da die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern auf traditionellen Grundlagen ruhen, ganz anders als die mit anderen Nationen, und von ausschlaggebendem Einfluß auf die ganze Welt sind. Auf den ausdrück- lichen Wunsch Deines Vaters habe ich Schweinitz durch Werder ersetzt; wenn ich gleichzeitig einen Wunsch ausdrücken darf, so wäre es der, daß Du ent- weder Pahlen, Richter oder Stahl [sie], wenn möglich, als Nachfolger wählst. Nun möchte ich Dir ein glückliches neues Jahr an der Seite des lieben Engels Alix wünschen, möge es ein Jahr des Glücks und des *Wohlseins sein. Mein Weihnachtsgeschenk wird Dich hoffentlich erfreuen, es ist ein Album mit Photographien von der Berliner Fahnenweihe. In der Hoffnung, daß wir uns dieses Jahr irgendwo treffen werden, verbleibe ich Dein Dich herzlich liebender Freund Willy. in Der russische Minister des Auswärtigen, von Giers, war am 26. Januar gestorben. — Nachdem Casimir Perier Mitte Januar 1895 sein Amt niedergelegt hatte, wird zwei Tage darauf FeHx Faure zum Präsidenten der Französischen Re- pubHk gewählt. Am 28. Januar genehmigt die französische Kammer ein Amnestiegesetz für politische Verbrechen und Vergehen. — Im deutschen Reichstage steht die sogenannte „Umsturzvorlage" zur Debatte, die später, am II. Mai, abgelehnt wird. — Im britischen Parlament kämpfen der Premierminister Lord Rosebery und der Schatzsekretär Sir William Harcourt gegen eine starke Opposition. — Die Rede, die der Zar am 29. Januar vor Deputationen des Adels, der Städte und der Kosaken gehalten hatte, lehnte jede Änderung der Autokratie al^ „absurd'* ab. Berlin, 7. II. 1895 Liebster Nicky! Egloffstein wird, wie ich hoffe, Dir den ganzen Haufen Porzellan ohne Schaden überbringen können. Er ist angewiesen, den Tisch so zu decken, wie er aussähe, wenn Du ein Diner für fünfzig gäbest, sodaß Du das Ganze in Augenschein nehmen kannst. Ich hoffe, daß meine Manufaktur alles getan hat, um Deine Wünsche zu erfüllen, und daß das Geschenk für Euch beide nützlich sein wird. Seitdem die traurigen Wochen, die Du zu durch- leben hattest, verflossen sind, hat sich in Europa viel ereignet. Du hast einen trefflichen alten Diener Deiner Vorgänger, den alten Giers, verloren; er war ein sehr guter Mensch, für den ich viel Achtung empfand. Frankreich hat überraschenderweise sein Staatsober- haupt und seine Regierung gewechselt und durch eine Amnestie die Türen allen den schhmmsten Übeltätern geöffnet, die die früheren Leute unter großer Schwie- rigkeit haben einsperren lassen. Der Impuls, der da- durch den Demokraten und der revolutionären Partei gegeben wurde, ist auch hier .fühlbar. Mein Reichs- tag führt sich so schlecht wie nur möglich auf; er schwingt vorwärts und rückwärts zwischen den Sozia- listen, die von den Juden angetrieben werden, und den ultramontanen KathoHken; beide Parteien sind, soweit ich sehen kann, bald reif, samt und sonders gehenkt zu werden. In England wankt das Ministerium unter allgemei- nem Hohngelächter seinem Sturze zu! Kurz, überall wird das ,, principe de la Monarchie'* sich stark zeigen müssen. Ich freue mich deshalb über die ausgezeich- nete Rede, die Du neulich vor den Deputationen in Beantwortung einiger Reformwünsche gehalten hast. Sie war sehr treffsicher und hat überall einen großen Eindruck gemacht. Zur Eröffnung unseres Kanals Ende Juni habe ich alle europäischen Regierungen eingeladen, Kriegsschiffe nach Kiel zu senden. Ich hoffe, auch Deine Flotte wird durch ein oder zwei Schiffe vertreten sein? Mit ehrerbietigem Gruß an Deine Mamy und vielen Grüßen an Alix verbleibe ich Dein Dich herzlich liebender Freund Willy. IV General von Werder wird nach kurzer Zeit aus Peters- burg abberufen und durch den Fürsten RadoHn ersetzt. — Nach dem Friedenvertrag von Shimonoseki bekundet die gesamte russische Presse eine starke Beunruhigung wegen der japanischen territorialen Ausdehnung, gibt aber gleich- zeitig ihrer Zufriedenheit über das russisch-deutsch-fran- zösische Einverständnis in der japanischen Frage Ausdruck. — Die Erregung in Norwegen kam von der schwedisch- norwegischen Spannung, die schließlich zur Trennung der beiden Länder führte. — Der Kaiser befand sich damals zur Jagd im badischen Schwarzwald. Kaltenbronn, Schwarzwald, 26. IV. 1895 Liebster Nicky! Da Fürst Radolin demnächst nach Petersburg ab- reist, sende ich Dir diese Zeilen durch ihn. Er ist ein trefflicher, mir nahestehender Freund, der sich erprobt hat bei der schweren Aufgabe, die ihm zugefallen war, als er Papas Chef des Haushalts während dessen kurzer Regierungszeit war. Er hat sich jedem Versuch einer 10 Intrige, von welcher Seite auch immer, hartnäckig widersetzt. Du kannst ihm voll und unbedingt ver- trauen, seine Diskretion ist sprichwörtKch, und er brennt darauf, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um uns beide zufriedenzustellen und die traditionellen Bande enger zu gestalten, die unsere Familien und Länder seit beinahe einem Jahrhundert verknüpfen. Er haßt die Polen und will mit ihnen nichts mehr zu tun haben, noch hat er ein größeres Interesse an ihnen als an den Sandwichinsulanern: Ich danke Dir aufrichtig für die ausgezeichnete Art, in der Du die kombinierte Aktion Europas zur Wah- rung seiner Interessen gegen Japan in die Wege ge- leitet hast. Es war hohe Zeit, daß energische Schritte getan vnirden, und es wird in Japan und anderswo einen ausgezeichneten Eindruck machen. Es zeigt sich klipp und klar, wie notwendig es ist, daß wir zusammen- halten, und auch daß es eine gemeinsame Interessen- grundlage gibt, auf welcher alle europäischen Nationen ge meinsa m für die Wohlfahrt Aller vorgehen können, wie auch aus dem Festhalten Frankreichs an uns beiden hervorgeht. Möge die Überzeugung, daß dies ge- schehen kann, ohne die Ehre einer Nation zu ver- letzen, immer fester Wurzeln fassen; dann wird uns zweifellos die Kriegsfurcht in Europa immer mehr dahinschwinden. Die freundlichen und höchst wert- vollen Botschaften, die Du mir durch Osten-Sacken durch Vermittlung des Grafen Eulenburg in Wien übersandt hast, haben mir einen deuthchen Beweis II Deiner Loyalität und Offenheit mir gegenüber ge- geben. Ich werde sicherlich alles tun, was in meiner Macht steht, um Europa ruhig zu halten, und auch den Rücken Rußlands decken, so daß niemand Deine Aktion in der Richtung des Fernen Ostens behindern wird. Denn dies ist offenbar in Zukunft die große Aufgabe für Rußland, seine Aufmerksamkeit dem asia- tischen Kontinent zuzuwenden und Europa gegen die Eingriffe der großen gelben Rasse zu verteidigen. Darin wirst Du mich immer an Deiner Seite finden, bereit, Dir nach besten Kräften zu helfen. Du hast den Ruf der Vorsehung wohl verstanden und die Bedeutung des Augenblicks schnell erfaßt; dies ist von ungeheurem politischen und historischen Wert und wird viel Gutes zur Folge haben. Ich werde der weiteren Entwicklung unserer Aktion mit Interesse entgegensehen und hoffe, — ebenso vde ich Dir mit Freuden helfen werde, die Frage einer etwaigen Annektion von Gebietsteilen für Rußland zu lösen — , Du wirst gütigst darauf sehen, daß Deutschland ebenfalls irgendwo, wo es Dich nicht geniert, einen Hafen zu erwerben vermag*. Ich fürchte, da die Norweger in einer an Irrsinn grenzenden Ver- fassung sind, wird es mir nicht möglich sein, meine Sommerreise dorthin zu machen, sondern ich werde an der Ostseeküste Schwedens herumkreuzen müssen. Sollte dies der Fall sein, könnten wir nicht irgendwo, wo es Dir paßt, mit unseren beiden Jachten zusammen- • Vgl. hierzu die Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-SchiUingsfürst, II S. 521. 12 kommen und eine ruhige kleine Plauderstunde unter uns haben ? Es wäre sehr nett. Leb' wohl, liebster Nicky, meine besten Grüße an Alix und respektvolle Empfehlungen an Deine Mama von Deinem stets ergebenen und Dich liebenden Freund Willy. P. S. Radolin ist in alle meine Ideen, die ich Dir eben entwickelt habe, ganz eingeweiht. 13 V Zu der feierlichen Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals hatte Nikolaus II. ein Geschwader unter dem Oberbefehl des Großfürsten Alexei Alexandrowitsch nach Kiel entsandt. — Dem peinlichen Zwischenfall mit dem russischen Obersten Bubnow wurde damals um so größeres Gewicht beigelegt, als, ^vie sich bald herausstellte, der russische Admiral Skryd- low es selber gewesen war, der auf Wunsch des russischen Admiralstabes, aber ohne Wissen des russischen Ministeriums des Auswärtigen, und selbst des „General -Admirals", des Großfürsten Alexe], die beiden russischen Genie-Offiziere an Bord des Hochseetorpedobootes „Grosjaschtschi" ein- geschifft hatte. Stora Sundby, lo. VII. 1895 Liebster Nicky! Meine Reise nach Schweden und seinen Küsten entlang bringt mich Deinen Küsten gegenüber und Deinem buen retiro, und ich kann diese Gelegenheit, da ich nur eine kurze Kreuzerfahrt von Dir entfernt bin, nicht vorübergehen lassen, ohne Dir eine Zeile 14 zu schreiben, da ich leider nicht in der Lage sein werde, mit Dir auf See zusammenzukommen. Ich möchte Dir nochmals von ganzem Herzen dafür danken, daß Du Deine herrlichen Schiffe geschickt hast, die die russische Flotte so würdig und so machtvoll in Kiel vertreten haben. Alexei war die Freundlichkeit und die Liebens- würdigkeit selbst und tat alles, was in seinen Kräften stand, den Verkehr mit unseren rassischen Kameraden so schön wie möglich zu gestalten. Deine gütige Er- laubnis, ihn ä la Suite unserer Flotte zu stellen, hat meine Offiziere sehr stolz gemacht und anscheinend auch ihm viel Vergnügen bereitet. Ich hatte Gelegen- heit, mit Alexei und auch mit seinem lieben alten Baron Schilhng, einem sehr guten Freunde meines Großvaters, ein ernstes Wort über ostasiatische An- gelegenheiten zu sprechen. Alexei wird Dir vermut-^ Hch schon darüber berichtet haben. Ich habe mich gefreut, ihm darlegen zu können, wie eng unsere Interessen im Fernen Osten miteinander verknüpft sind; daß meine Schiffe Ordre hatten, die Deinigen im Notfalle zu unterstützen, wenn die Dinge ernst würden; daß Europa Dir dafür danken müsse, daß Du die große Zukunftsfrage so schnell erfaßt hast, die für Rußland darin Hegt, seine Aufmerksamkeit Asien zu- zuwenden, und das Kreuz und die alte christHch- europäische Kultur gegen Eingriffe der Mongolen und des Buddhismus zu verteidigen; daß Du, wenn Rußland mit dieser riesigen Aufgabe beschäftigt sei, natürlicher- weise den Wunsch hättest, in Europa Ruhe und 15 Deinen Rücken frei zu haben, und daß natürlicherweise und ohne Zweifel dies meine Aufgabe sei, und daß ich niemandem den Versuch erlauben würde, sich in Deine Sache einzumischen und Dich in Europa von rückwärts anzugreifen, während der Zeit, da Du die große Mission erfüllst, die der Himmel Dir vor- gezeichnet hat. Das sei so sicher wie das Amen in der Kirche! Einen Zwischenfall, der sich zugetragen hat, muß ich Dir erzählen. Ich bin überzeugt, daß es ohne Wissen Alexeis geschehen ist ; da es aber unter unseren Offizieren bekannt \'v'urde, hat es einen sehr peinlichen Eindruck gemacht. An Bord des „Grosjaschtschi" — des Schiffes, auf welchem ich den Admiral Skrydlow und seine Kapitäne eingeladen habe, den Kanal zu passieren — sind zwei Marineingenieure, die unseren Behörden nicht gemeldet v/orden waren, heimlich ein- geschifft worden. Der ältere war Oberst Bubnow. Diese haben, zusammen mit einem für den Zweck besonders ausgebildeten Leutnant, der einen großen Apparat mitführte, photographische Aufnahmen un- serer Forts und Batterien, ferner auf dem ganzen Weg Notizen und Skizzen gemacht; und wurden schließ- lich — als Skrydlow sah, daß mein Marine-Attache erstaunt war, ganz fremde Leute auf dem Schiff zu sehen, ihm als zwei Direktoren der Wasserwerke und Wasserwege vorgestellt. In Kiel waifde das Benehmen Bubnows so „suspecte", daß Polizisten und Gendarmen ihm folgten. Er ging im Zivilanzug und trieb sich in der Nähe der Festungswerke herum, was Fremden i6 streng verboten war! Ich meine nun, dies ist nicht ganz fair: wenn man als Gast bei einer solchen Festlichkeit in einem fremden Lande eingeladen ist, das einem seine Tore ohne Vorbehalt öffnet und einem den Zutritt zu seinem Kriegshafen gestattet, derart die Gastfreund- schaft zu mißbrauchen, daß man versucht, beim Freund zu spionieren, noch dazu in einer Verkleidung ! In- folgedessen wird man russischen Kriegsschiffen bei uns mit großer Vorsicht begegnen und hat unbehagUche Empfindungen, die ich sehr beklage und zu überwinden hoffe. Entschuldige, bitte, daß ich dies zur Sprache gebracht habe, ich hielt es aber für besser, es Dir direkt mitzuteilen, anstatt diplomatische Noten usw. abzu- fassen, da Du doch weißt, welche Gefühle ich für Dich und Rußland hege. Ich wünsche, j'ede Schwierigkeit, die sich der Aufgabe, unsere Länder enger aneinander zu fesseln, entgegenstellen könnte, beseitigt zu sehen, ehe sie Wurzel faßt. . Lebe wohl, liebster Nicky, meine besten Grüße an Alix und Dich; ich wünsche Euch einen ruhigen Som- mer und daß Ihr einen hübschen kleinen Jungen be- kommt. Stets Dein Dich liebender Freund und Vetter Willy. 17 VI Der deutsche Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe hatte im September drei Tage hauptsächlich in Privatangelegen- heiten in Petersburg geweilt. — Den französischen Manö- vern hatten der russische Minister des Auswärtigen Fürst Lobanow und der Chef des Kiewer Militärbezirks General Dragomirow in amtUcher Eigenschaft beigewohnt; beide erhielten das Großkreuz der Ehrenlegion und wurden in auffallender Weise gefeiert. Jagdhaus Rominten, 26. IX. 1895 Liebster Nicky! Mein Oheim, der Kanzler, hat sich über die gütige, sympathische Art geäußert, w^ie Du ihn empfangen hast, und gestanden, Du habest ihn durch Dein Wesen ganz gewonnen; Deine Kenntnis der politischen Lage und die ruhige, stille Art, mit der Du die Interessen- frage beurteilt hast, hat einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht. Er berichtete mir auch. Du habest den Wunsch geäußert, ich möchte den Brauch, den wir aufgenommen haben, fortsetzen: Dir zu schreiben, so 18 oft ich einen Anlaß dazu erblicke. Ich tue dies mit Ver- gnügen. Die Lage im Fernen Osten hat Dich veranlaßt, sie mit meinem Oheim zu besprechen; ich danke Dir für die Art, in der Du auf mein Zusammenwirken mit Rußland in der Frage der Kohlenstation hingewiesen hast. Die Entwicklung im Fernen Osten, besonders die von dort kommende Gefahr für Europa und unseren christlichen Glauben, ist eine Angelegenheit, die mir stets sehr am Herzen gelegen hat, seitdem wir unseren ersten Schritt im Frühjahr gemeinschaftlich unter- nommen haben. Meine Gedanken yerdichteten sich schließlich zu einer bestimmten Form, und ich habe diese zu Papier gebracht. Ich habe die Skizze mit einem Künstler — einem Zeichner ersten Ranges — aus- gearbeitet und, nachdem sie fertig war, für die Öffent- lichkeit eine Radierung herstellen lassen. Sie zeigt die europäischen Mächte, jede durch ihren Genius ver- treten, zusammengerufen durch den vom Himmel ge- sandten Erzengel Michael, wie sie sich im Widerstände gegen das Eingreifen des Buddhismus, des Heidentums und der Barbarei zur Verteidigung des Kreuzes ver- einigen. Besonderer Nachdruck ist auf den vereinig- ten Widerstand aller europäischen Mächte gelegt, der ebenso notwendig ist gegen unsere gemeinsamen in- neren Feinde: Anarchismus, RepubHkanismus, Nihilis- mus. Ich bin so frei. Dir ein Blatt zu schicken mit der Bitte, es als ein Zeichen meiner warmen, aufrichtigen Freundschaft für Dich und Rußland entgegenzu- nehmen. Mitten in diese friedhche Tätigkeit und das 19 ruhige Jagdvergnügen fiel die erstaunliche Nachricht, die ich aus Paris erhielt, daß das Budgetkomitee der französischen Deputiertenkammer bei der Debatte über das Militärbudget beantragt hat, das XIX. Korps (Algier und Tunis) heimzuberufen und ein neues kontinentales Korps an meiner Westgrenze zu bil- den. Diese Abberufung ist nur einmal zuvor erfolgt, im Jahre 1870, als Frankreich mit uns Krieg führte. Ein solches Projekt im tiefsten Frieden hat Deutsch- land w^ie ein Donnerschlag getroffen und ein tiefes Ge- fühl der Beunruhigung hervorgerufen. Dieses ist noch mehr vertieft worden durch die Tatsache, daß dieser Antrag öffentlich bekannt woirde im Augenbhck, als Fürst Lobanow und General Dragomirow offiziell der Revue der französischen „Grenzarmee" an der loth- ringischen Grenze unter dem frenetischen Jubel der Grenzbevölkerung beigewohnt hatten. Diese Armee ist, wie die französischen Zeitungen uns seit Wochen erzählen, für den ersten Vorstoß auf unser „Grenzland" im Revanchekrieg bestimmt. Es ist schon vier Korps stark gegen meine zwei (XV., XVI.). Das in Aussicht genommene neue Korps würde die ohnehin überstarken französischen Streitkräfte auf fünf Korps erhöhen und bildet eine Bedrohung sowie eine ernstliche Gefahr für mein Land. Natürlich muß ich daraufhin jetzt an- fangen, die Sache ernst zu nehmen. Denn dieses Er- eignis, das sich in dem Augenbhck vollzieht, da Deine Offiziere dekoriert werden und Lobanow gefeiert wird, während meinem Attache nicht übermäßig freundHche 20 Bemerkungen zu Ohren kommen, hat hier dem Volk Unruhe verursacht und den Dingen ein häßliches Aus- sehen verHehen, als ob es Rußland lieb wäre, wenn Frankreich offensiv gegen Deutschland vorginge, mit der Hoffnung auf Hilfe von erstgenanntem. Eine so ernste Gefahr wird mich veranlassen, meine Armee stark zu vermehren, damit ich in der Lage bin, es mit einem so schreckHchen Übergewicht aufzunehmen. So schwer uns auch die finanzielle Last bedrücken würde, mein Volk würde nicht einen AugenbHck zögern, Ge- währ für seine Sicherheit zu leisten, falls dies notwen- dig werden sollte. Ich weiß genau, daß Du persönHch nicht im Traume daran denkst, uns anzugreifen. Du darfst Dich aber nicht woindern, wenn die europäischen Mächte darüber beunruhigt sind, daß die Anwesen- heit Deiner Offiziere und hohen Beamten in amt- licher Eigenschaft in Frankreich die leicht ent- zündHchen Franzosen zur Weißglühhitze entfacht und die Sache des Chauvinismus und der Revanche kräftigt^. Gott weiß, daß ich alles, was in meiner Macht liegt, getan habe, um den europäischen Frieden aufrecht zu erhalten; aber wenn Frankreich, offen oder heimhch auf diese Art ermutigt, weiter mitten im Frieden alle Regeln internationaler Höflichkeit und des Friedens verletzt, dann wirst Du Dich, mein liebster Nicky, eines schönen Tages nolens volens plötzHch in den ■ schreckHchsten Krieg verwickelt sehen, den Europa je erlebt hat, — einen Krieg, für den die Massen und die Geschichte vielleicht Dich als den Urheber 21 verantwortlich machen werden. Bitte, sei nicht ärger lieh, w^enn ich Dich vielleicht ganz unabsichtlich ver- letze, aber ich halte es für meine Pflicht gegenüber unseren beiden Ländern und gegenüber Dir als meinem Freunde, offen zu schreiben, da die Abgeschlossenheit und Zurückgezogenheit, welche Dir durch die tiefe Trauer auferlegt sind, es Dir unmöghch machen, unter Menschen zu gehen und im einzelnen dem zu folgen, was sich — hinter den Kulissen — abspielt. Ich habe einige Erfahrung in der Politik und sehe gewisse unverkennbare Anzeichen, deshalb eile ich zu Dir, mein Freund, um im Namen des europäischen Friedens ernstlich zu mahnen ; wenn Du auf Gedeih und Verderb mit den Franzosen verbündet bist, gut, dann rufe diese verdammten Schufte zur Ordnung und heiße sie stillsitzen; wenn nicht, dann lasse Deine Leute, die nach Frankreich gehen, den Franzosen nicht den Glau- ben beibringen. Du seist ihr Verbündeter, lasse sie nicht rücksichtslos werden und ihnen die Köpfe verdrehen, bis sie sie verlieren, und wir dann in Europa, anstatt für Europa gegen den Osten kämpfen müssen! Denke an die furchtbare Verantwortung für das entsetzliche Blutvergießen! Nun lebe wohl, liebster Nicky, meine besten Grüße an die liebe Alix. Ich bin wie immer Dein ergebenster und aufrichtiger Freund und Vetter Willy LR. 22 VII Den grotesken Plan eines Massenmords der deutschen kaiserlichen Familie soll der durch und durch deutsch- feindhche General Skobelew gelegentlich eines übermäßig alkoholgeschwängerten Symposions in Paris, an dem die Spitzen der französischen mihtärischen und ziviHstischen Revanchemänner teilnahmen, tatsächlich aufgestellt haben. Skobelew selbst hat dies später übrigens rundweg abgeleug- net. — Schon Anfang Mai 1895 hatten die Botschafter Eng- lands, Frankreichs und Rußlands in Konstantinopel Reformen für Armenien gefordert. Die Pforte lehnte die ihr gemachten Vorschläge ab unter der Motivierung, es seien keinerlei Ver- änderungen für „irgend einen Teil der Untertanen des Sultans" erforderlich. Nachdem am 6. Juni ein britisches Geschwader vor Beirut erschienen war, nahm am 14. Juni die Pforte die Reformvorschläge an. Am 30. September begannen in Konstantinopel armenische Tumulte. Im Straßenkampfe zwischen Armenieren und türkischen Trup- pen wurden Hunderte von Armenieren getötet. Anfang Oktober erfolgten ähnhche Metzeleien in Kleinasien. Am 17. Oktober kam es zu einer abermaHgen „Verständigung" zwischen der Pforte und den Botschaftern Englands, Frank- reichs und Rußlands über die armenische Frage. 23 Neues Palais, Potsdam, 25. X. 1895 Liebster Nicky! Die mit Freuden begrüßte, unerwartete Ankunft Onkel Michas, der eben bei uns frühstückte, gibt mir eine angenehme Gelegenheit, Dir warm für Deinen freundlichen, von Moltke mitgebrachten Brief zu danken. Er ist noch ganz erfüllt von all Deiner Güte und hingerissen von Deiner ganzen Persönlichkeit und Deinem Wesen. Deine Ansichten über die Presse im allgemeinen sind genau dieselben wie die meinigen. Sie hat viel Schaden getan und tut es noch dauernd, und wir müssen sehr viel Tücke, Lüge und Unsinn ertragen, doch der Einfluß, den sie horribile dictu hat, muß nach dem Volksgeist der verschiedenen Rassen, in dem sie erzogen werden, und in dem sie die Zeitungen lesen, beurteilt werden. Deine und meine Untertanen sind langsamer im Denken, nüchterner und ruhiger in ihren Urteilen als z. B. die südlichen Völker oder die Fran- zosen. Die romanische und gallische Rasse sind leichter zu erregen, schneller bereit, Schlüsse zu ziehen, und, wenn sie erst eimnal in Flammen stehen, dem Frieden gefährhcher als die teutonische und russische Rasse. In England wiederum ist die Presse mehr das Mundstück der öffentHchen Meinung als auf dem Kontinent und tritt mehr für die Interessen ihres Landes ein. Lobanows Besuch war mir höchst interessant, er ist zweifellos ein sehr fähiger Diplomat und ein glänzender 24 Causeur, und- was er mir erzählte, war „sehr beruhi- gend" in bezug auf Frankreich. Ich hielt es für richtig, ganz offen über Frankreich mit ihm zu sprechen, denn er sagte mir. Du hättest ihn in Kenntnis gesetzt. In einer Hinsicht habe ich mich bemüht, ihm zu zeigen, daß ich nicht mißverstanden sein möchte. Daß es nicht eine Tatsache des „Rapports" oder der Freundschaft zwischen Rußland und Frankreich ist, die beunruhigend wirkt — jeder Herrscher ist der alleinige Lenker der Interessen seines Landes und gestaltet seine Politik demgemäß — sondern die Gefahr, die unserem Prinzip des Monarchismus dadurch droht, daß die Republik in der Form, wie sich die Freundschaft zeigt, auf ein Piedestal gehoben wird. Das beständige Erscheinen von Fürsten, Großfürsten, Staatsmännern, Generälen in „vollem Wichs" bei Revuen, Beisetzungen, Diners, Rennen, zusammen mit dem Haupt der Repubhk oder in seiner Umgebung macht die Republikaner — als solche — glauben, sie seien ganz ehrbare, ausgezeich- nete Leute, bei denen Fürsten verkehren und sich zu Hause fühlen können. Was ist nun die Folge zu Hause in unseren verschiedenen Ländern, wo die Republi- kaner Revolutionäre de natura sind und — mit Recht — behandelt werden als Leute, die erschossen oder ge- hängt werden müssen? Sie sagen unseren anderen 'loyalen Untertanen: „Ach, wir sind gar keine gefähr- lichen, schlechten Menschen, blickt doch nach Frank- reich! Da seht ihr die Royalisten in bester Eintracht mit den Revolutionären! Warum sollte es bei uns nicht 25 ebenso sein ?" Die R. F. ist aus der großen Revolution entstanden, propagiert deren Ideen und ist dazu ver- pflichtet, das zu tun. Vergiß nicht: Faure sitzt — ohne persönliches Verschulden — auf dem Throne des fran- zösischen Königspaares „von Gottes Gnaden", dessen Häupter französische Republikaner abgeschlagen haben. Das Blut der Majestäten liegt noch auf diesem Lande! Sieh es an, ist es seitdem wieder glückhch oder ruhig gewesen ? Ist es nicht von Blutvergießen zu Blutver- gießen getaumelt ? Und ist es nicht in seinen großen Momenten von Krieg zu Krieg gezogen ? Bis es ganz Europa und Rußland in Ströme Blutes tauchte, bis es zuletzt noch die Kommune über sich hatte ? Nicky, nimm mein Wort darauf, der Fluch Gottes hat dieses Volk für immer getroffen. Uns christlichen Königen und Kaisern ist die eine heilige Pfhcht vom Himmel auferlegt, den Grundsatz „von Gottes Gnaden" auf- rechtzuerhalten. Wir können gute Beziehungen zur R. F. unterhalten-, aber niemals intim mit ihr sein. Ich fürchte immer, daß Leute bei häufigen und langen Be- suchen in Frankreich, ohne es zu fühlen, repubhka- nische Ideen einsaugen. Hier muß ich Dir ein Bei- spiel erzählen. Ich erinnere mich, ein Herr — kein Deutscher — erzählte mir vor einigen Jahren voll Schrecken, daß er, als er in einem eleganten Salon in Paris war, einen russischen General einem franzö- sischen auf seine Frage, ob Rußland die deutsche Armee zerschmettern werde, antworten hörte: „Oh, nous serons battus ä plate couture, mais qu'est-ce que ga 26 f ait ? Nous aurons alors aussi la Republique!" Das ist es, was ich für Dich fürchte, mein Heber Nicky! Ver- giß nicht Skobelew und seinen Plan, den er einmal bei einem Diner geäußert hat, er werde die Kaiserliche Familie um die Ecke bringen. Sorge deswegen dafür, daß Deine Generäle die R. F. nicht zu gern haben. Verzeih' mir bitte, daß ich so offen bin, aber ich möchte Dir zeigen, wie warm ich für Dich fühle und wie be- sorgt ich Deinetwegen bin, und Du sollst meine Mo- tive vollkommen sehen. Der nächste Punkt von Interesse war, was Lobanow mir über die Türkei erzählte; daß er Grund hätte, zu argwöhnen, England wäre hinter den Dardanellen her und hätte deswegen die armenische Frage wieder auf- gerührt. Ich bekenne, ich war über diese Neuigkeit äußerst verdutzt. Ohne Zweifel ist Englands äußere Politik seit Salisbury avenement höchst geheimnisvoll und unverständlich geworden, und die seltsame Art, wie die Flotte bei den Dardanellen herumschleicht, zeigt, daß da etwas vorgeht. Aber wenn sie es tun, ver- letzen sie den Berliner Vertrag, und sie dürfen es nicht, ohne die Erlaubnis aller anderen Signatar-Mächte. Und diese werden sie niemals geben. Aber es scheint, sie haben diese oder jene Idee, ihre Politik im Mittelmeer zu ändern. Denn vor zwei Tagen gebrauchte Malet bei seinem Abschiedsbesuch in unserem Auswärtigen Amt ziemlich polternde Ausdrücke über Deutschland, das sich England gegenüber in Afrika schlecht benehme, daß man es sich nicht länger gefallen lassen werde und 27 daß es England, nachdem es die Franzosen durch Kon- zessionen in Ägypten abgefunden hätte, frei stehe, auf uns acht zu geben. Er war sogar so undiplomatisch, das Wort „Krieg" auszusprechen, indem er sagte, daß Eng- land selbst vor einem Kriege mit mir nicht zurück- schrecken würde, wenn wir nicht in Afrika klein bei- geben. Ich habe darauf geantwortet, daß'die Engländer in diesem Falle sich selbst lächerlich machen würden, aber aller Welt verhaßt, und wenn sie mit irgend jemand sonst Scherereien hätten, würde ich nicht einen pommerschen Grenadier zu ihrer Hilfe in Be- wegung setzen. Ich nehme an, das wird sie abkühlen. Ich habe dasselbe Lobanow gesagt. Ich sagte ihm außerdem, daß ich, wenn Rußland im Fernen Osten ernstlich in Anspruch genommen sein würde, es als meine Pfhcht ansähe. Dir den Rücken frei zu halten gegen irgend jemand in Europa und darauf zu sehen, daß alles ruhig bleibt, und daß nichts von meiner Seite aus gegen Frankreich geschehen würde, vorausgesetzt, daß man mich nicht angriffe. Er dankte mir warm da- für. Ich teile seine Befürchtung, daß Japan eine Art Übereinkommen mit England hat, und daß es darum so dickköpfig ist. Bevor ich schließe, laß mich Dir meine herzHchste Teilnahme ausdrücken, denn der i. November rückt heran. Gott allein kann die quälenden Schmerzen Hn- dern, die Dein Herz zerreißen werden, das einen so freundHchen Vater und ausgezeichneten und guten Menschen betrauert, so ähnhch meinem armen Papa. 28 Darf ich Dir etwas vorschlagen, was ich auf dem Herzen habe r Möchtest Du mit Rücksicht auf unsere engen Beziehungen und unseren beständigen Brief- und Nach- richtenwechsel, der unnötigerweise immer unsere Ge- sandtschaftsmaschinen in Bewegung setzt, nicht lieber die alte Sitte, die unsere Vorväter fast ein Jahrhundert lang pflegten, erneuern und einen persönlichen Ad- jutanten, der unsren Stäben anzugliedern w^äre, ernen- nen ? Die mehr privaten und „intimen" Angelegen- heiten könnten' wde in alten Zeiten direkt durch diese gehen, was die Sache viel einfacher machen würde. Ich werde mit Vergnügen irgend jemand, dem Du wahrhaft vertraust, in meine Maison militaire nehmen. Möch- test Du Moltke haben ? Nun darf ich Dich nicht länger behelHgen. Leb' wohl, liebster Nicky, meine besten Grüße an Alix und den „Zukünftigen". Stetä Dein Dir ganz ergebener und Dich Hebender Freund und Vetter Willy. 29 VIII Ende Dezember 1895 erfolgte der „Raid" des Dr. Jame- son aus der Kapkolonie in die Transvaal-Republik, der aber schon am 2. Januar mit der Gefangennahme Jame- sons und seiner Gefolgschaft endete. Der Präsident der Burenrepublik Krüger rief die Konsuln Deutschlands und Frankreichs um Hilfe an. Eine deutsche Note vom 31. De- zember verlangte von England die Aufrechterhaltung des bisherigen Rechtszustandes in Südafrika. Die englische Presse wollte darin eine ungehörige Einmischung in die Be- ziehungen Englands zu Transvaal sehen. Als gar noch der Inhalt der bekannten „Krügerdepesche", worin Wilhelm II. am 3. Januar den Präsidenten Krüger zum Siege beglück- wünschte, in England bekannt woirde, drohten schon da- mals englische Blätter mit einer intimeren Annäherung Großbritanniens an Rußland und Frankreich. Neues Palais, 2. I. 1896 Liebster Nickyl Radolins Rückkehr nach Petersburg gibt mir Gelegen- heit, Dir einige Zeilen zu senden. Laß mich Dir bitte ganz aufrichtig danken für die Zeichen von Güte und 30 Freundschaft, die Du mir und meinem Lande gegeben hast, was ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit gegeben hat, und die Du uns auch im folgenden Jahre weiter erweisen mögest. Mit meinen wärmsten Glückwünschen zum neuen Jahre und einem „Fröhlichen Weihnachten" verbinde ich meine Gebete, daß Gott Dich, die liebe Alix, Euer süßes Kind und Eure ganze Familie segnen und vor allem Übel, Kummer und Krankheit behüten möge. Möge Deine Regierung erfolgreich sein, und mögest Du die Verwirklichung so manchen Planes, den Du für die Wohlfahrt Deiner Untertanen ausgearbeitet hast, sehen. Mögen unsere Länder wie bisher fähig sein, gemeinsam den Frieden zu stärken und aufrecht- zuerhalten und ihren Glauben und ihre Interessen gegen irgendeinen äußeren oder inneren Feind zu ver- teidigen. Der politische Horizont ist jetzt eben eigentümlich. Armenien und Venezuela sind offene Fragen, die Eng- land aufgeworfen hat, und nun ist plötzlich die Trans- vaal-RepubHk in höchst gemeiner Weise angegriffen worden, wie es scheint, nicht ohne Englands Mitwissen. Ich habe eine sehr ernste Sprache in London geführt und Verbindung mit Paris zur gemeinsamen Vertei- digung unserer gefährdeten Interessen hergestellt, denn französische und deutsche Kolonisten haben sich un- mittelbar aus freiem Entschluß verbunden, den ver- gewaltigten Buren zu helfen. Ich hoffe, auch Du wirst diese Frage freundlich erwägen, denn es handelt sich 31 um den Grundsatz der Aufrechterhaltung einmal ge- schlossener Verträge. Ich hoffe, es wird alles wieder zurechtkommen. Aber komme, was da will, ich werde den Engländern niemals erlauben, Transvaal zu unter- drücken! Ich hoffe. Du hast bessere Nachrichten von Deinem armen Bruder, der, wie ich sehe, an der Ri- yiera angekommen ist! Bitte grüße die Hebe Alix bestens und laß Dir noch einmal für alle Freundhchkeit gegenüber Strantz und seinen Leuten danken. Ich bin, lieber Nicky, stets Dein Dich Hebender Freund und Vetter Willy. 32 IX Die Streitigkeiten wegen der Rangordnung bei der bevor- stehenden Zarenkrönung in Moskau wurden bald darauf durch eine Intervention des Onkels des Zaren, des Groß- fürsten Wladimir Alexandrowitsch, zur Zufriedenheit des Berliner Hofes geschlichtet. Berlin, 20. IIL 1896 Liebster Nicky! General Werder hat die große Ehre und das Ver- gnügen, Dein Gast zu sein, und so vertraue ich ihm diesen Brief an. Laß mich Dir noch einmal von ganzem Herzen danken für Bild und Brief, die Du mir zum Ge- burtstag geschickt hast. Die Aufmerksamkeit war ebenso liebenswürdig wie gnädig, denn die Eröffnung des Kanals war in der Tat etwas, was mir sehr am Herzen lag, und war tatsächlich ein Erfolg. Ich habe das Bild nach Kiel gesandt, wo es in meinen Privaträumen aufgehängt werden soll, denselben, die Dein teurer, 3 33 betrauerter Vater das letztemal bewohnte, als er mit mir in Kiel zusammenkam. Werder wird ebenfalls der Überbringer von zwei Photographien sein, einer für Dich als kleine Erinnerung an mich und einer für Alix, um ihr einen Begriff zu geben, wie mein Mädchen aus- sieht. Sie ist ein quecksilbriges Ding und t^nrannisiert ihren Papa schrecklich. Deine Botschaft hat wegen meiner Vertretung bei der Krönung in Moskau angefragt, und ich habe Heinrich zu meinem Repräsentanten ernannt. Ich würde sehr dankbar sein, wenn Du freundlichst ver- anlassen möchtest, daß die Frage seines Ranges klar- gestellt würde, denn ich habe gehört, Dein Zeremo- nienmeister habe Radohn zu verstehen gegeben, daß er hinter allen erblichen deutschen Großherzogen und Fürsten zurückstehen müsse, sogar hinter dem Sohn des Fürsten von Montenegro. Das ist natürlich ausge- schlossen. Mein Haus als das regierende in Deutschland kommt zuerst, und die zu ihm gehörigen Prinzen ran- gieren vor den Söhnen der regierenden Fürsten in Deutschland. Ich fragte Wladimir darüber, als er hier war, und er war ganz derselben Meinung und sagte mir, er wolle die Sache Dir gegenüber erwähnen. Außerdem ist er Dein Schwager, und als solcher zählt er zu Deiner Familie, ebenso wie es Dein Vater mit dem Herzog von Edinburgh bei seiner Krönung hielt. Ich habe Tante Sanny in Oldenburg und auf ihrer Durchreise hier gesehen. Sie ist außerordentlich an- gegriffen durch den langsamen, qualvollen Tod ihrer 34 armen Schwester und leidet sehr an Schlaflosigkeit, die Ärmste! Das Blaubuch im Parlament in London hat abermals bewiesen, wie richtig unsere Politik in orien- tahschen Angelegenheiten war, und wie England ver- sucht hat. Dich und uns andere in Ungelegenheiten zu bringen. Ihr Coup de bourse in Transvaal ist durch den Willen der Vorsehung mißlungen, und obgleich einige Todesfälle zu beklagen sind, so sind doch Revo- lution, Blutvergießen und allgemeine Plünderung auf- gehalten worden. Sie haben sich sehr unpassend gegen mich benommen, aber das läßt mich kalt, während die Mobilisation ihres berühmten fliegenden Geschwaders gegen uns, die wir kaum etwas der Rede wertes haben, sie außerordenthch lächerhch machte. Nun leb' wohl, liebster Nicky. Mit besten Grüßen an Alix bin ich immer Dein ganz ergebener Vetter und Freund Willy. X Am 20. April fand in Koburg die Vermählung des Erb- prinzen zu Hohenlohe-Langenburg mit der Prinzessin Alexandra von Koburg statt, wobei das deutsche Kaiser- paar und der russische Großfürst Paul Alexandrowitsch anwesend waren. Koburg, 19. IV. 1896 Liebster Nicky! Die glückliche Hochzeit, die hier stattfindet, und die Gesichter mancher der Gäste erinnern mich an den Tag vor zwei Jahren, als ich das Glück hatte. Dir zu dem reizenden und vollkommenen Engel, der jetzt Deine Frau ist, verhelfen zu können. Die Erinnerungen an den April 1 894 ^vu^den auch von den anderen gefühlt, und aus diesem Grunde stimmten alle zu, wir sollten Dir das Telegramm senden, das Du bekommen haben wirst. Ich wage zu hoffen, daß ich damals nicht irgend etwas gesagt oder versprochen habe, was Du nachher 36 in Deinem ehelichen Leben nicht gefunden hast. Möge Gottes Segen auf Euch beiden ruhen, besonders im nächsten Monat, wenn Ihr unter dem bewundernden Beistand der Welt gekrönt werdet. Ich danke Dir herzlichst für Deinen freundlichen Brief, den Du mir an dem Tage, als ich nach dem Mittelmeer abfuhr, durch Werder sandtest ; er war so glücklich über seinen Aufenthalt in Petersburg, wo er so manches wohl- bekannte Gesicht gesehen hatte. Ich stimme dem ganz zu, was Du am Schluß Deines Briefes über die Eng- länder sagst. Ihre Fanfaronaden gegen uns machen sie höchst lächerlich und keinen Eindruck auf mich. Je schlimmer sie in Afrika gestört werden, desto besser für uns in Asien. Nun leb' wohl, lieber Nicky, beste Grüße an Alix, viel Glück von Deinem Dich Hebenden Vetter und Freund Willy. 37 XI Im Laufe des August hatte das neugekrönre Zarenpaar Österreich, im September Deutschland, Dänemark und England, Anfang Oktober Frankreich besucht. Auf der Rückreise kam Nikolaus II. abermals mit Kaiser Wilhelm zusammen. — Ende Oktober erschienen in den „Hamburger Nachrichten" die Enthüllungen über einen deutsch-russi- schen Neutralitätsvertrag (den sogenannten „Rückversiche- rungsvertrag"), die man sofort dem Fürsten Bismarck zu- schrieb. Der Aufsatz der „Hamburger Nachrichten" übte sowohl in Deutschland als im Auslande eine ganz gewaltige Wirkung aus. Bismarck wurde von den einen zum Verräter am Dreibunde gestempelt, von den anderen als Retter des Vater- landes gefeiert, der es verstanden habe, ein intimes Zusammen- gehen Rußlands mit Frankreich zu hintertreiben. — Hanotaux, der Historiker, war damals französischer Außenminister. Letzüngen, 12. XL 1896 Liebster Nickyl Wladimir ist so freundlich, diese Zeilen mitzuneh- men und Dir zu übergeben, und er ist gleichfalls der Überbringer meiner wärmsten Grüße. Ich freue mich, 38 daß Du wieder sicher daheim bist, und daß die glän- zende Reise, die Du durch Europa gemacht hast, Dich nicht allzusehr ermüdet hat. Ich bin tieftraurig über Bismarcks schreckliches Be- nehmen, das — obgleich es ein „coup" ist, der sich ledigHch gegen mich persönHch richtet — nichtsdesto- weniger einen Bruch der Loyahtät gegen Deine Re- gierung darstellt und einen Flecken auf dem Gedächt- nis meines gehebten Großvaters sowohl wie auf dem Deines gehebten Vaters zurückläßt. Ich habe meinen Onkel, den Kanzler, bereits verständigt, was im Parla- ment zu sagen ist, und ich hoffe, Du wirst zufrieden sein mit der Art, v^e die ganze verräterische Angelegen- heit behandelt wird. Ich nehme an, bei diesem letzten Schlag des Fürsten und bei der schamlosen Art, mit der er mich in seiner Presse behandelt — insbesondere durch den Versuch, das Volk glauben zu machen, daß ich unter „enghschem" Einfluß war und es noch jetzt bin — , die klareren Köpfe werden anfangen zu ver- stehen, daß ich Gründe hatte, diesen unbändigen Mann mit seinem niedrigen Charakter aus dem Amt zu schicken. Ich setze unbedingten Glauben in die Hoff- nung, daß Du mir freundhch vertrauen vdrst, wie Du es bisher getan hast, und daß sich nichts zwischen uns beiden geändert hat und sich ändern kann, seit wir in Breslau die Richtung für unser Handeln abgesteckt haben. Wladimir ist mit dem besten Eindruck von Paris gekommen, daß dort alles ruhig ist, was ich bestä- tigen kann aus den Berichten meines Botschafters, der 39 auf bestem Fuße mit der Regierung steht und ganz voll von Be\vunderung für die Fähigkeiten und die Kaltblütigkeit Hanotaux' ist. Dieser ist, wie ich höre, ziemlich nervös wegen der Türkei; aber da ich nichts Aufregendes von dort gehört habe, nehme ich an, daß dazu kein wirklicher Grund vorhanden ist. Er ist, höre ich, einer Konferenz wegen der Türkei stark abgeneigt, und darin hat er vollkommen recht. An unserer htauischen Grenze haben war mehrere Fälle von Lepra entdeckt und lokalisiert. Einige Leute haben die Infektion aus den nächsten Ortschaften in den baltischen Provinzen eingeschleppt. Ich habe da- her befohlen, daß ein Hospital in Memel erbaut wird, um die armen Unglücklichen unterzubringen. Diese Krankheit ist furchtbar und sehr ansteckend, und ich mache Dir den Vorschlag, ob unsere Grenzbehörden bei der Überwachung und Pflege von Fällen nicht zu- sammengehen könnten, indem wir einige Ärzte zur medizinischen Oberaufsicht vereinigen. Wir haben prächtigen Sport und schönes Wetter gehabt und waren sehr erfreut, Wladimir hier an seiner alten Stelle zu sehen. Mit besten Grüßen an Alix Dein Dich liebender Freund und Vetter • W^illy. 40 XII Schon im Jahre 1896 war auf der Insel Kreta ein Bürger- krieg zwischen Mohammedanern und Christen ausgebrochen. Im Einverständnis mit der Pforte betraute man europäische Kommissare mit der Durchführung der von den Christen geforderten Reform.en, aber Mord und Plünderung dauerten fort. Von Griechenland erhielten die christlichen Aufstän- dischen weitgehende Unterstützung, und im Februar 1898 entsandte die griechische Regierung ein Geschwader unter dem Prinzen Georg nach Kreta, wobei sie den Großmächten ihre Absicht mitteilte, die Insel zu besetzeh. Die Groß- mächte waren sich darüber einig, daß sie einen griechischen Angriff auf türkisches Gebiet nicht zulassen dürften — mit Ausnahme Großbritanniens, dem es nur genehm sein konnte, namentlich Rußlands Expansionsgedanken vom fernen Osten nach dem europäischen Orient abzulenken. Deutschlands Vorschlag, die griechischen Häfen zu blockieren, wurde von England abgelehnt. Schließlich einigte man sich dahin, Kretas Vereinigung mit Griechenland zwar nicht zuzu- lassen, aber der Insel eine Autonomie unter der Suzeränität des Sultans zu sichern. — Die Erwähnung des • Familien- standpunktes spielt auf die nahe Verwandtschaft des Zaren mit der griechischen Königsfamilie an. 41 Berlin, den 5. III. 1897 Mein lieber Nicky! Mit Deiner freundlichen Erlaubnis wird Oberst von Moltke in einigen Tagen die große Ehre haben, seinem Kaiserlichen Herrn seine Ehrfurcht erweisen zu können. Das gibt mir Gelegenheit, Dir einige Zeilen warmer Freundschaft in- diesen schweren Zeiten zu senden. Ich bin aufs tiefste erkenntlich für die loyale, klare und staatsmännische Weise, in der Du diese höchst un- glückliche Kretaaffäre anfassest, und bin geradezu stolz, daß unsere Ansichten über diesen Gegenstand vollkommen gleich sind. Vom „Famihen"standpunkte aus mußt Du Momente durchgemacht haben, die Deine Neigungen b!s zum Äußersten belasteten, und der Ent- schluß, so zu handeln, wie Du gehandelt hast, muß nach mancher inneren Qual zustande gekommen sein. Aber Du hast vollkommen recht! Und du siehst an dem Resultat, daß Deine „Demarche" alle Mächte, ob sie wollen oder nicht, zu einer gemeinsamen De- monstration wieder vereinigt hat, die, so hoffe ich, den Frieden Europas zu einem ungestörten machen wird. Du hast der Welt abermals gezeigt, daß, wenn die drei großen Reiche „marchent d'accord" und die übrigen großen Kontinentalmächte sich ihnen an- schließen, d. h. wenn der ganze Kontinent in einer ungebrochenen Front zusammenhält, die übrige Welt uns folgen muß, sogar der Stärkste! Der König von 42 Griechenland muß rein verrückt sein, wenn er bei seinem wahnsinnigen Versuch, die Welt in Brand zu setzen, „pour allumer sa pipe", nicht einhält. Ich bin erfreut, daß die Türken sich so vernünftig benehmen und starke Truppenmengen in Mazedonien aufstellen. Dort liegt die größte Gefahr, und dort muß mit allen Mitteln die Ruhe erhalten werden. Ich sende Dir durch Moltke einige Momentphoto- graphien von der Parade, nachdem Deine Schleifen an den Fahnen des Alexander-Regiments befestigt waren. Er soll Dir auch das Buch aushändigen, das über meinen heben Großvater geschrieben worden ist und zur Zen- tenarfeier seines Geburtstages veröffentlicht wird. Seine schönen Briefe und Reden sind die beste Charak- teristik von ihm, die ich kenne. Unser Ball verhef sehr gut, und die Wirkung war einfach zauberhaft, wie ein Traum aus längst vergangenen Tagen. Die Schleifen, die ich meinen Grenadieren schenken werde, sind fertig, und ich wäre Dir sehr dankbar für einen Wink, ob ich sie ihnen selbst schenken kann, oder ob Du es für besser hältst, unsere Offiziere damit zu senden. Nun noch beste Grüße an AHx, der es hoffenthch bald wieder gut geht. Ich bin immer Dein Dich sehr liebender Vetter und Freund Willy. 43 XIII Am 7. August war das deutsche Kaiserpaar zu einem Be- suche der ZarenfamiHe in Petersburg angelangt, wo es fast eine Woche verbheb. Der Zar ernannte den Kaiser zum Admiral der russischen Flotte. — Am 16. Dezember verheß Prinz Heinrich mit den beiden Kreuzern „Deutschland" und „Gefion" die Kieler Reede auf der Ausreise nach Ost- asien. Tags zuvor hatte der Kaiser beim Abschiedsmahl zu Ehren des Prinzen Heinrich in Kiel in seiner Rede hervor- gehoben, daß „Reichsgewalt Seegewalt bedeute", und den Prinzen aufgefordert, „mit gepanzerter Faust dreinzufahren", falls es „irgend jemand unternehmen sollte, uns an unserem guten Rechte zu kränken oder zu schädigen". Die Kieler Kaiserrede — wie auch die Mission des Prinzen Heinrich — gaben der in- und ausländischen Presse Veranlassung zu langwierigen Polemiken. Am 14. November wurde Kiau- tschou von deutschen Landungstruppen besetzt. Neues Palais, 4. I. 1898 Liebster Nicky! Das neue Jahr hat eben begonnen, und das alte Jahr ist zu Ende. Aber ich kann es nicht abschließen, ohne einen Blick auf die reizenden und glänzenden 44 Augusttage zu werfen, als ich Dich und AHx umarmen durfte, und ohne Dir für Deine freundliche, herzliche, ja verschwenderische Gastfreundschaft Viktoria und mir gegenüber zu danken. Mit tiefen Gefühlen der Dankbarkeit erinnere ich mich der schönen Stunden, die ich mit Euch verbringen konnte, und des Ge- dankenaustauschs, der zeigte, daß wir einer Meinung über die Grundsätze waren, denen wir bei Erfüllung der uns von dem Herrn aller Herren gestellten Auf- gabe folgen. Jeder von uns versucht, sein Bestes für die Entwicklung und die Wohlfahrt seines Landes zu tun, wie es seine Pfhcht ist! Gemeinsam aber suchen wir unseren Ländern den Segen des Friedens zu er- halten! Möge dieses neue Jahr ein glückliches für Dich, die hebe Alix, Dein ganzes Haus und Dein Land sein. Mögen die Pläne, die Du reifen läßt, sich zum Wohle Deines Volkes erfüllen. Heinrichs Mission besteht darin. Dir in Deinen hohen Idealen — ohne die kein Herrscher sein kann — in der Förderung der ZiviU- sation, d. h. des Christentums im fernen Osten, Hilfe und Unterstützung zu gewähren ! Möchtest Du freund- lichst eine Zeichnung annehmen, die ich für Dich entworfen habe, mit den symbolisierenden Gestalten Rußlands und Deutschlands als Schildwachen am Gel- ben Meer zur Verkündigung des Evangeliums der Wahrheit und des Lichtes im Osten. Ich habe die Skizze in der Weihnachtswoche unter dem Glanz der Kerzen des Weihnachtsbaums gezeichnet; 45 Außerdem ein Album mit Photographien, die die Parade an Deinem Geburtstag in Wiesbaden vor der neuen Fahne Deines Husarenregiments und die Ver- eidigung der Rekruten Deines schönen Alexander- Regiments und ferner eine Szene aus seiner Kaserne darstellen. Ein Buch mit Erinnerungen des Vaters meines Oberstallmeisters, des Grafen Wedel, folgt erst demnächst, da der Einband noch nicht ganz fertig ist. Er diente unter Napoleon I. im Jahre 1812 in Rußland, wurde von Euren Truppen gefangengenommen und gibt eine sehr interessante Beschreibung des Feldzuges und seiner Gefangenschaft. — Viktoria sendet ihre besten Wünsche, sie hat lange Zeit zu Bett gelegen, Htt sehr an den Nerven und der Luftröhre und ist erst heute zum ersten Male aufgestanden. Sie hat viel Plackerei wegen der beiden Jüngsten, die an einem schweren Anfall der hier wütenden Influenza litten und fast einen Monat zu Bett lagen. Nun leb* wohl, liebster Nicky, beste Grüße an Ahx und meine ehrfurchtsvollsten Empfehlungen an Deine hebe Mama von Deinem Dir ganz ergebenen und treuen Freund und Vetter WiUy; 46 XIV Am 27. März 1898 überläßt China durch Vertrag Port Arthur an Rußland. — Kurz vorher hatte der amtlich- russische „Regierungsbote" erklärt, Rußland könne nun- mehr „sich jeglicher aktiver Teilnahme an den Angelegen- heiten Koreas enthalten, in der Hoffnung, daß der dank der Unterstützung Rußlands gekräftigte junge Staat in der Lage sein wird, seine innere Ordnung und seine völlige Un- abhängigkeit zu bewahren". — Am 11. Mai wurde dann der russisch- japanische Vertrag wegen Korea geschlossen, wobei von beiden Segen Integrität und Selbständigkeit des koreanischen Staates gewährleistet wurde. — Saisnoy Weliky und Navarin sind russische Schiffe. Berlin, 28. III. 1898 Liebster Nicky! General Werder brachte mir Deine und Alix' freund- liche Mitteilungen aus Petersburg und strahlte vor Ent- zücken über die Erinnerungen an seinen Aufenthalt, den Du, wie gewöhnlich, ihm so reizend und angenehm zu gestalten vmßtest. Ich danke Dir ganz aufrichtig für alles, was er mir von Euch übermittelt hat, und brauche nicht hinzuzufügen, daß ich Eure Wünsche herzlich 47 erwidere. Der liebe alte General ist nicht nur ein Über- rest der Vergangenheit, sondern fest und aus Überzeu- gung Dir und Deinem Hause tief verbunden ; und darum ist er in meinen Augen ein lebendes Beispiel der alten Tradition, die unsere Familien von jeher zum Wohle unserer Länder und dadurch der ganzen Welt verband. Ich muß Dich sehr herzlich beglückwünschen zu dem erfolgreichen Ausgang Deiner Unternehmungen bei Port Arthur; wir beide werden ein gutes Paar Schildwachen am Eingange des Golfs von PetschiU ab- geben, die gebührend, insbesondere von den Gelben, respektiert werden! Ich halte die Art, wie Du die Gefühle der „ärgerHchen Japs" durch das meisterhafte Übereinkommen betreffs Koreas zu besänftigen ver- standest, für ein bemerkenswertes, schönes Diplomaten- stück und einen großen Beweis von Voraussicht ; woraus sich ergibt, was für ein Segen es war, daß Du auf Deiner großen Reise die Frage des fernen Ostens an Ort und Stelle studieren konntest, und daß Du jetzt, geistig gesprochen, der Herr von Peking bist! Radolin berichtete mir von Eurer interessanten Un- terhaltung über China und Deine Wünsche wegen der Instruktoren in den Gouvernements, die als zur russi- schen Einflußsphäre gehörig gelten. Ich habe einen Befehl an die deutschen Offiziere vorbereitet, konnte ihn jedoch noch nicht abgehen lassen, weil es unmög- lich war, eine sichere territoriale Grenze ohne eine Angabe auf der Karte festzusetzen. — Eine kleine BleistiftHnie von Dir auf einem Stück Papier würde 48 mkh beruhigen; denn ich wäre sehr unglücklich, wenn die Offiziere durch ein Mißverständnis ohne ihre Schuld aus Mangel an einer wirklichen, gut erkennbaren Grenz- linie russisches Gebiet betreten würden. Die Idee, die man jetzt von jenseits des Kanals in der Presse zu erörtern anfängt, chinesische Angelegenheiten sollten von einer internationalen Konferenz entschieden wer- den, ist hier scharf von mir zurückgewiesen worden, da ich bald herausfand, daß es ein maskierter Versuch war, Dir die Hände im fernen Osten zu binden, dessen Verhältnisse, dachte ich, schheßhch doch Deine eigene Angelegenheit und nicht die anderer Völker sind. Von Heinrich habe ich gute Nachrichten, er ist in Hong- kong, um sein Schiff wiederherzustellen. Er ist gut Freund geworden mit Saisnoy Wehky und Navarin in Colombo, und sie sind einige Tage in vollkommener Eintracht zum großen Erstaunen anderer Völker zu- sammen gefahren! Hm! Das amüsiert mich sehr und bereitet mir als russischem Admiral zugleich Vergnügen. Oberst von Moltke, mein Adjutant und Kommandeur Deiner „Alexandriner", ist der Überbringer dieses und zugleich eines Kastens mit zwei Jagdfhnten kleinen KaHbers von außerordenthch guter Treffsicherheit und großer Reichweite. Ich hoffe, sie werden Dir nützHch sein und Dich instand setzen, manchen guten „Kapital- hirsch" zu erlegen. Nun leb' wohl, liebster Nicky, beste Grüße an Alixe und Weidmannsheil von Deinem Dich stets liebenden und ergebenen Freund WiUy. 49 XV _ Erst vier Monate nach Abgang des unten folgenden Kaiser- briefes wurden in der englischen Presse Gerüchte über ein angeblich erfolgtes deutsch-enghsches Bündnis laut. Zu gleicher Zeit beschäftigt sich die deutsche Tagespresse mit dieser Behauptung enghscher Blätter, wobei der größte Teil der deutschen Presse eine etwaige Annäherung an England mit Mißtrauen aufnahm. Über dieses englische Bündnisangebot vgl. Hammann, Zur Vorgeschichte des Weltkrieges (Große Ausgabe), S. yof. — De'r ,, berühmte englische Politiker" war Chamberlain. Berlin, 30. V. 1898 . Privat und streng vertraulich. Liebster Nicky! Mit einer für mich ganz unerwarteten Plötzlichkeit sehe ich mich vor eine Entscheidung gestellt, die von lebens^vichtiger Bedeutung für mein Land ist, und die so weit reicht, daß ich die äußersten Konsequenzen nicht voraussehen kann. Die Traditionen, in denen ich von meinem geliebten Großvater gesegneten 50 Angedenkens in Bezug auf unsere beiden Häuser und Länder auferzogen wurde, sind, wie Du mir zugeben wirst, meinerseits stets, als ein heiliges Vermächtnis von ihm, aufrechterhalten wordefi, und meine Loyalität Dir und Deiner Familie gegenüber steht, wie ich mir schmeichle, über jedem Verdacht. Ich komme deshalb zu Dir als meinem Freund und „confident", um Dir die Angelegenheit zu unterbreiten, wie einer, der auf eine offene und ehrhche Frage eine offene und ehr- Hche Antwort erwartet. Anfang April haben die Angriffe auf mein Land und meine Person, die bis dahin von der britischen Presse und dem Volk auf uns hagelten, plötzlich nachgelassen, und es trat, wie Du bemerkt haben wirst, ein zeit- weiliger Stillstand ein. Das überraschte uns einiger- maßen, und wir waren um eine Erklärung verlegen. Durch private Nachforschungen ermittelte ich, daß L M. die Königin selbst durch einen ihrer Freunde eine Nachricht an die britischen Zeitungen hatte ge- langen lassen, sie wünsche, daß dieses unvornehme, falsche Spiel aufhöre. Das in dem Land der „freien Presse"! Ein so ungewöhnhcher Schritt führte uns natürlich zu dem Schluß, daß etwas in der Luft liege. Um Ostern herum sandte ein berühmter PoHtiker aus eigenem Antrieb plötzlich zu meinem Botschafter und bot ihm a brüle-pourpoint einen Bündnisvertrag mit England an! Graf Hatzfeld, äußerst verblüfft, sagte, er könne sich nicht erklären, wie das mögHch sei nach allem, was sich seit 95 zwischen uns ereignet 51 habe. Die Antwort lautete, das Angebot sei in vollem Ernst erfolgt und aufrichtig gemeint. Mein Botschafter sagte, er werde berichten, aber er bezweifle sehr, daß das Pariament je einen solchen Vertrag ratifizieren werde, da England bisher jedermann, der es hören wollte, nicht darüber im Zweifel gelassen habe, daß es nie und unter keinen Umständen ein Bündnis mit einer Kontinentalmacht eingehen werde, wer es auch sei ! Und zwar deshalb, w^il es seine Handlungsfreiheit zu bewahren wünsche. 1897 (im Jubiläumsjahr) wurde dieser Grundsatz sogar in Verse gebracht, die besagten, England brauche keine Verbündeten, le cas echeant könne es allein die ganze Welt bekämpfen, mit fol- gendem Refrain: „We've got the ships, we've got the men, we've got the money too!" Die Antwort war, daß die Aussichten sich vollkommen geändert hätten und dieses Angebot die Folgerung daraus sei. Nach Ostern wurde das Ersuchen dringend erneuert, aber auf meinen Befehl kühl und dilatorisch in farb- loser Fassung beantwortet. Ich dachte, die Angelegen- heit wäre nun zu Ende. Jetzt aber ist das Ersuchen zum drittenmal in so unmißverständhcher Weise wie- derholt worden, wobei ein bestimmter kurzer Ter- min für meine endgültige Antwort gestellt und so ungeheure Anerbietungen hinzugefügt wurden, die meinem Land eine weite und große Zukunft eröffnen, daß ich es für meine Pfhcht gegen Deuts cliland halte, gehörig zu überlegen, bevor ich antworte. Ehe ich es aber tue, komme ich frei und offen zu Dir, mein 52 geschätzter Freund und Vetter, um Dich davon zu unterrichten, da ich fühle, daß es sich um eine Frage sozusagen über Leben und Tod handelt. Wir beide haben dieselben Ansichten, wir wünschen den Frieden, und wir haben ihn bis heute erhalten und bewahrt! Was die Tendenz dieses Bündnisses ist, wirst Du gut verstehen, da ich unterrichtet bin, daß es sich um ein Bündnis mit der Tripel-AlHanz und mit Einschluß von Japan und Amerika handelt, mit denen bereits Vor- verhandlungen begonnen worden sind! Welche Chan- cen in der Ablehnung oder Annahme für uns liegen, magst Du selbst berechnen! Nun bitte ich Dich, als meinen alten und vertrauten Freund, mir zu sagen, was Du mir bieten kannst und tun willst, wenn ich ablehne. Bevor ich meine endgültige Entscheidung treffe und meine Antwort in dieser schwierigen Lage absende, muß ich imstande sein, klar zu sehen, und klar und offen ohne Hintergedanken muß Dein Vor- schlag sein, so daß ich urteilen und in meinem Sinne vor Gott, wie ich das muß, abwägen kann, was dem Frieden meines Vaterlandes und der Welt zum Nutzen dient. Du brauchst keine Befürchtungen für Deinen Verbündeten zu hegen bei irgendeinem Vorschlag, den Du m^achst, falls er in eine von Dir gewünschte Kom- bination gebracht wird. Mit diesem Brief, Uebster Nicky, setze ich mein volles Vertrauen auf Dein Still- schweigen und Deine Diskretion jedermann gegen- über. Und schreibe, wie in alten Zeiten mein Groß- vater an Deinen Großvater Nikolaus L geschrieben 53 haben A^öirde. Möge Gott Dir helfen, die richtige Lösung und Entscheidung zu finden! Es geschieht für die folgende Generation! Aber die Zeit drängt, deshalb antworte bitte bald! Dein ergebener Freund Willy. P. S. Solltest Du mich irgendwo zur mündhchen Aussprache treffen wollen, so bin ich jeden Augen- bhck zur See oder zu Lande zu einer Zusammenkunft bereit ! 54 XVI Am 28. August wurde in Moskau ein Denkmal Alexan- ders IL enthüllt. — In China hatte Anfang August der russische Gesandte, unterstützt von Frankreich, durchgesetzt, daß zum Bau der Bahn Peking— Hankou eine (von England nicht gewünschte) belgische Anleihe aufgenommen werde. ' Wilhelmshöhe, 18. VIII. 1898 Liebster Nicky! Deine gütige Erlaubnis, den lieben alten Werder als meinen Stellvertreter zur Feier der Denkmalsenthül- lung für Deinen lieben Großvater nach Moskau zu senden, gibt mir Gelegenheit, Dir diese Zeilen durch ihn zu übermitteln. Es ist wirkHch eine Sache des Gefühls, die mich bewog, ihn hinzusenden, und nicht eine bloße Höflichkeitsform. Von Großpapa habe ich oft über Alexander II. sprechen hören, und als ich die Ehre hatte, ihm vorgestellt zu v^^erden, fühlte ich mich bald unter seinem „Zauber", wie es jedem wider- fuhr, der die Ehre seines persönlichen Umgangs genoß. 55 Seiner Güte verdanke ich es, daß ich die Uniform des glänzenden Grenadierregiments trage, dessen Ehren- tag heute ist, und das ein festes Band ist, das mich Deiner stolzen Armee verbindet, und das ich bis zu meinem Lebensende schätzen und in Ehren halten werde. Deine Diplomatie hat gerade einen neuen großen Erfolg in China davongetragen, vv^ozu ich mir erlaube. Dir Glück zu wünschen, um so mehr, als es ohne das Abfeuern eines einzigen Schusses und ohne unnötigen Lärm oder Poltern abgegangen ist. Der Erfolg wird ein starker Anstoß für Euren Handel und die Industrie- unternehmungen Deines Landes sein. Heinrich hat mir gerade telegraphiert, vAe freundHch ihn Deine Behörden aufgenommen haben, und wie sie alles tun, was in ihrer Macht steht, um seinen Aufenthalt so angenehm wie möghch für ihn zu machen. Das gibt mir die erfreuHche Gelegenheit, Dir aufs herzHchste zu danken ! — Ich bin höchst erstaunt über die Menge von unsinnigem Geschwätz, das in den Zeitungen Europas über meinen Besuch in Jerusalem verbreitet wird! Es ist höchst entmutigend, festzustellen, daß Gefühle wahrer Gläubigkeit, die einen Christen treiben, das Land aufzusuchen, in dem unser Erlöser lebte und litt, in den sogenannten besseren Klassen des 19. Jahr- hunderts nahezu völlig erloschen sind, so daß sie die Pilgerfahrt in gezwungener Weise mit politischen Mo- tiven erklären müssen ! Was für Tausende Deiner nied- rigsten Bauern Recht ist, ist für mich auch Recht! — = 56 Seit ich im Juni * mit Dir in Verbindung trat, hat Eng- land immer noch dann und wann Verhandlungen mit uns wieder eingeleitet, aber niemals das Spiel ganz auf- gedeckt. Soweit ich herausfinden kann, suchen sie mit aller Gewalt eine Armee auf dem Festland zu finden, die für ihre Interessen kämpfen soll! Aber ich vermute, sie werden nicht so leicht eine finden, wenigstens nicht die meine! Ihr jüngster Schachzug ist der Wunsch, Frankreich von Dir herüberzuziehen, und sie haben infolgedessen plötzHch beschlossen, den Herzog von Connaught zu den französischen Manövern zu schicken — ein netter kleiner Plan von Courcel, wie ich glaube, der glühend zwischen Paris und London an der Arbeit ist. Ich habe Deine Leute schon einmal vor ihm ge- warnt ! Nun lebe wohl, hebster Nicky. Wie ich Werder beneide, der Dich sieht und mit Dir sprechen wird! Viel Herzliches für Alix! Wirst Du die früheren Uni- formen und Knöpfe wieder einführen ? — Ich ver- bleibe stets Dein Dich hebender Freund und Vetter Willy. • In Wahrheit war es am 30. Mai geschehen; s. o. S. 50. 37 XVII Anfang Januar 1898 hatte das deutsche Panzerschiff „Oldenburg" ein kleines Detachement von zwanzig Mann unter zwei Offizieren auf Kreta gelandet, wo die Geschwader Großbritanniens, Frankreichs, Rußlands und Italiens be- reits versammelt waren, aber schon Mitte März verließ die „Oldenburg" mit der gelandeten Mannschaft wieder die Insel. Aus dem hier folgenden Kaiserbrief werden die Gründe für die Rückberufung des deutschen Kriegsschiffes ersicht- lich. Unter der „einmischungslüsternen Macht", vor der der Kaiser zweimal in seinem Schreiben den Zaren warnt, ist Großbritannien zu verstehen. — Der zweimalige Hinweis auf Unterredungen in Peterhof bezieht sich auf des Kaisers Besuch in Rußland im August 1897. — Der Brief ist aus Konstantinopel datiert, wo der Kaiser auf seiner Palästina- fahrt am 18. Oktober angelangt war. Jacht Loreley, Stambul, 20. X. 1898 Liebster Nicky! Während meines Aufenthalts in Stambul habe ich Gesandten Audienz erteilt. Ich hatte das Vergnügen, die Bekanntschaft Herrn Sinowjew^s zu machen. Ich fand in ihm einen*vollendeten Diplomaten, einen Mann mit einem sehr klaren Kopf. Ein energischer Charak- ter, im ganzen, was man so einen bedeutenden Mann nennt. Ich gratuliere Dir zu einer so ausgezeichneten Wahl. Wir hatten eine lange Unterredung, und seine Ansicht über orientaHsche Fragen war natürhch von größtem Wert für mich. Es war ein Vergnügen, ihm zuzuhören. Die Unterhaltung kam auch auf die Kreta- angelegenheit und die letzten Ereignisse, die sich dort zugetragen haben. Die Quelle, der die jüngsten Ex- zesse entspringen, war sicher keine ungetrübte und zweifellos nicht der gewöhnhche sogenannte „musel- manische Fanatismus", von dem in der europäischen Presse allgemein geredet wird. Ich möchte vermuten, daß Intrigen einer gewissen einmischungslüsternen Macht etwas damit zu tun haben. Im Laufe unserer Unterredung hat mir Sinowjew offen gesagt, die Lage sei keineswegs beruhigend, und der einzige Ausweg sei, die Türken zu bestimmen, daß sie Kreta mit Sack und Pack verlassen. Ob das wirkHch sein muß, weiß ich natürlich nicht, aber wie ich Dir bei Gelegenheit in Peterhof auseinandersetzen konnte, muß die Kretafrage in einer Weise gelöst werden, daß kein allgemeiner Kladderadatsch daraus entsteht, den diese Spitzbuben von Kretern nicht wert sind. Ich habe mit verschie- denen alten und hervorragenden Türken gesprochen, die alle versicherten, daß das ganze Volk Kreta zu einer Frage der nationalen Ehre gemacht habe. Daß die evacuation pure et simple, falls sie der Sultan 5Q zugäbe, ihn Ansehen, Krone, ja vielleicht das Leben kosten würde, und daß sie alle ernstlich davon betroffen und betrübt seien. Ich nehme es daher auf mich, Dich das wissen zu lassen, in der Hoffnung, daß Du in Deiner Weisheit die Güte haben -wirst, eine Lösung zu finden, die geeignet ist, die Stellung des Sultans gegenüber seiner Armee und als Kalif gegenüber der ganzen mo- hammedanischen Welt zu wahren. Du weißt aus Osten- Sackens Berichten, welche Ursachen mich veranlaßt haben, meine Flotte „auf den Tisch zu legen", weil ich fühlte und sah, daß eine gewisse Großmacht uns anderen alle zum Herausholen der Kastanien aus dem Feuer gebrauchen wollte, damit sie sich Kreta oder die Sudabai nimmt, und weil ich nicht zu den Helfers- helfern gehören wollte, von denen man erwartet, daß sie mit Brot und Salz und obendrein den Schlüsseln von Kjreta erscheinen und die erwähnte Großmacht bitten sollen, sie möchte sich freundlichst der Wohl- fahrt der armen heben Kreter annehmen, „die alle mit- einander in der Hölle braten mögen"! Die jüngsten Ereignisse haben mir gezeigt, daß mein Verdacht richtig war, und daß diese gewisse Macht auf Unheil sinnt und Gewalt anwenden will, d. h. sie beabsichtigt, die Muselmanen zu vertreiben, die Eingeborene und Bewohner Kretas genau wie die christlichen Aufrühr er sind, nur vom Islam bekehrt, die die Landeigentümer sind, nachdem jene alles verloren haben, was sie besitzen, und die nun ihr Land den Christen abtreten sollen, die bisher ihre bezahlten 6q Sassen und Feldarbeiter waren und sich gegen ihre Herren empört haben. Das ist die Kretafrage in einer Nußschale! Und so was nenne ich glattweg Räuberei! Was für eine Wirkung diese Plünderung auf die mo- hammedanische Welt ausgeübt hat, kannst Du Dir nicht vorstellen, aber ich fühle und sehe und höre es. Welch furchtbarer Schlag für das Ansehen der Christen im allgemeinen in den Augen der Muselmanen, und welche Erneuerung des Hasses, kannst Du Dir kaum ausmalen! Die in Kreta in Betracht kommenden Mächte haben ein unsinniges und höchst gefährhches Spiel gespielt, und das veranlaßt mich, Deine gütige Aufmerksamkeit auf die Frage zu lenken! Erinnere Dich, wie war uns in Peterhof darüber einig waren, nie zu vergessen, daß die Mohammedaner ein gewal- tiger Trumpf in unserer Hand sind, im Falle Du oder ich plötzHch vor einem Kriege mit der besagten ein- mischungslüsternen Macht stehen sollten. Du als Herr von Milhonen Mohammedanern mußt dieses am besten beurteilen können. Wenn Du ruhig fortfährst, im Ge- folge der anderen Macht in Kreta vorzugehen, wie es bis jetzt geschehen ist, wdrd die Wirkung auf Deine eigenen mohammedanischen Untertanen und die Tür- kei bedauerlich sein, und Du wirst einen höchst wert- vollen Atout aus Deinem Spiel verHeren! Ich flehe Dich daher an, dieser Angelegenheit noch- mals Deine ernsteste Aufmerksamkeit zu widmen und, wenn möglich, ein Mittel zu finden, wodurch Du den Sultan aus einer gefährlichen und kompromittierenden 6i Lage envers ses sujets befreien und die Kretafrage in einer für ihn annehmbaren Weise lösen kannst. Vergiß nicht,' daß sein Heer tapfer und siegreich für Kreta bei Larissa und Domokos gefochten und die Provinz zurückerobert hat. Diese Armee w^rde es nie ver- gessen oder vergeben, wenn eine andere Macht die Vertreibung ihrer Waffenbrüder und ihres Herrn aus einer wiedergewonnenen Provinz zuHeße ! Welch glän- zende Gelegenheit für Dich, in Erscheinung zu treten und den Sultan vor Schande, die Welt vor blutigem Krieg zu bewahren und die Dankbarkeit aller Moham- medaner zu gewinnen! Sonst könnte es eine Revo- lution geben, und das Blut des Sultans würde eines Tages auf Dein Haupt kommen! Ich bitte um Verzeihung, wenn ich Deine Zeit und Muße so in Anspruch nehme, aber die Lage ist zu ernst, die auf dem Spiel stehenden Interessen zu man- nigfaltig, und ich möchte Rußland nicht seine gute Stellung einbüßen sehen, in der es sich hier bisher befand; alle Augen sind hoffnungsvoll auf den großen Kaiser des Ostens gerichtet. Wird er die erhoffte Lö- sung bringen r Meine \ieUeicht ein wenig derbe Offen- heit mag Dir zeigen, me groß und stark meine Liebe zu Dir ist. Innige Grüße an Alix. Dein Dich Hebender Vetter und Freund WiUy. 62 XVIII Die politische Niederlage Frankreichs in der Faschoda- Frage (Kitchener hatte am 26. September die britische Flagge in Faschoda gehißt und den französischen Major Marchand aufgefordert, mit seiner Besatzung Faschoda zu räumen) veranlaßt den Kaiser, im folgenden Brief die französische Schlappe in den Augen des Zaren noch als weit schärfer darzustellen, als sie ohnehin tatsächlich gewesen ist. Nun versteht man, warum der damalige russische Minister des Auswärtigen Graf Murawjew — den der Kaiser auf Grund von Gerüchten als den Initiator des „verrückten Schrittes" der französischen Regierung bezeichnet — damals durch die „Nowoje Wremja" und den „Grashdanin" den Kaiser des Versuches zieh, einen Keil zwischen Rußland und Frank- reich zu treiben. Damaskus, 9. XI. 1898 Liebster Nicky! Durch das gütige Telegramm, das Du mir nach Jerusalem sandtest, gibst Du kund, daß Du unsere Reise mit Interesse verfolgst; das ermutigt mich, Dir am 63 Ende unserer Fahrt ein paar Zeilen mit einigen meiner Eindrücke zu senden. Sie sind so mannigfaltig, daß es ziemlich schwer ist, sie aufzuzeichnen. An erster Stelle hat natürHch Jerusalem unsere Auf- merksamkeit durch die vielen Stätten gefesselt, die voll von Erinnerungen an unseren Erlöser sind. Der Ge- danke, daß Seine Augen auf den gleichen Hügeln ruh- ten, daß Seine Füße den gleichen Boden betraten, geht einem tief zu Herzen und läßt es stärker und hin- gebungsvoller schlagen. Aber ich muß offen gestehen, daß nicht alles, was man sieht und was Bezug auf den christlichen Glauben hat, zur Erstarkung dieser Emp- findungen besonders angetan ist. Die mannigfachen und verschiedenen Konfessionen und Sekten unseres gemeinsamen altchristlichen Glaubens haben zu viel im Kirchenbauen, in der Errichtung von Klöstern, Ka- pellen usw. an den sogenannten „traditionellen heiligen Stätten" getan. Das hat zu einer Art Wettbewerb oder Wettrennen nach den höchsten Türmen und größten Kirchen geführt, die ganz und gar nicht im Einklang mit den Stätten sind, an denen sie errichtet wurden. Man könnte es wahrhaftig eine Ausstellung von Kir- chenmodellen nennen! Das hat auch den Klerus der verschiedenen Kirchen in Mitleidenschaft gezogen, so daß er Vergnügen an Intrigen und politischen Plänen gefunden hat, die Haß an Stelle von Liebe säen und zu Kämpfen und Schlachten in den Kirchen führen, an Stelle von Psalmen und freundschaftlichem Ver- kehr. Aber was noch schHmmer ist, sie haben eine 64 im zweiten der Zehn Gebote untersagte Verehrung von Steinen und Holz an Stelle der Gottheit selbst geschaffen. Ein Franzose sagte mir sehr charakteri- stisch: „C'est l'adoration de la pierre aux lieux soi- disant saints, dont la saintete ne peut etre garantie, et la divinite n'est pour rien." Sehr wahr, aber höchst betrüblich für unser christliches Empfinden. Begreif- licherweise hat diese — ich bitte um Verzeihung — Fetischanbetung bei den Moslems eine grenzenlose Verachtung den Christen gegenüber hervorgerufen. Meine persönHche Empfindung beim Verlassen der Heiligen Stadt war, daß ich mich tief beschämt den Moslems gegenüber fühlte, und daß ich, wenn ich ohne Religion dorthin gekommen wäre, sicherHch Mo- hammedaner geworden wäre. In der Art und Weise, wie Religion in Jerusalem verstanden wird, wird sie nie zur Bekehrung eines einzigen Moslem führen, noch zum Pflanzen eines einzigen Baumes oder zum Graben eines einzigen neuen Brunnens ; leider scheint mir Reli- gion in Jerusalem von dem IClerus oft als Deckmantel für pohtische Pläne und Ziele benutzt zu werden, und das ist sehr unrecht und tut der Christenheit sehr großen Schaden, denn die Moslemin haben es seit langem be- merkt und behandeln uns dementsprechend. Ich komme nach Hause mit dem Gefühl einer großen Ent- täuschung und mit der festen Überzeugung, daß das Grab unseres Erlösers ganz sicher nicht unter der Kirche des Heihgen Grabes liegt, die sich im Äußeren und in ihrem Schmuck als ein recht übles Seitenstück 65 zu der Omar-Moschee in ihrer einfachen und Ehrfurcht einflößenden Größe ausnimmt! — Schade! Die interessanteste und schönste Stadt vom orien- talischen Standpunkte aus ist ohne Zweifel Damaskus. Beirut mit seinen hübschen Villen, Gärten und Aus- blicken erinnert einen mehr an eine Stadt in Süditalien oder in Sizilien. Das Heilige Land ist geradezu furcht- bar mit seiner völligen Dürre und seinem Mangel an Bäumen und Wasser. Aber hier ist alles wie durch Zauber verwandelt. Der große Fluß Barader spendet Leben und Kühle und befördert eine wundervolle Vege- tation. Die Stadt liegt inmitten großer Gärten und schattiger Lichtungen, die alle von kleinen Bächlein bewässert werden, so daß sie, von oben gesehen, wie eine große Fasanerie von zwei Quadratmeilen Größe anmutet! Die ruhigen, lieblichen Innenhöfe mit ihrer arabischen Steinmetzarbeit, ihren schattigen Winkeln und ihren murmelnden Springbrunnen voll frischen Wassers in Marmorbassins sind geradezu einzig, wie in einem Traum! Du \%airdest hier entzückt sein, da Du so \iel vom Osten verstehst ! — Unser Empfang hier ist geradezu überwältigend, nie ist ein christlicher — Giaur — Monarch so gefeiert und mit so schranken- loser Begeisterung empfangen worden. Das geschieht, weil ich ein Freund ihres Sultans und KaHfen bin, und weil ich immer eine offene und ehrhche PoHtik ihm gegenüber vertreten habe; die gleiche, die ich auch Dir so oft empfohlen habe. Der Haß gegen die Eng- länder ist stark und nimmt immer mehr zu — kein 66 Wunder — , während gleichzeitig zusehends in ihnen offene Verachtung Frankreichs erwächst, das alle Hoch- achtung, die es früher besaß, eingebüßt hat! Das ist die unvermeidliche Folge des schrecklichen Sumpfs, in dem die Franzosen jetzt mit ihren inneren Angelegen- heiten herumtappen, wobei sie den Schmutz nach rechts und hnks spritzen, bis ganz Europa von dem Gestank raucht! Das zeigt, wie weit die Korruption, die Lüge und Ehrlosigkeit in der Nation und vor allem in der Armee schon um sich gegriffen hat! Hier sieht man sie als ein sterbendes Volk an, besonders seit dem letzten höchst schimpflichen Rückzug der Franzosen aus Fa- schoda! Was in aller Welt ist bloß in sie gefahren? Nach einer so erstklassig vorbereiteten und mutigen Expedition des armen, tapferen Marchand! Sie waren in einer erstklassigen Lage und imstande, uns anderen allen in Afrika zu helfen, die nur eine starke Hilfe brauchen! Die Nachricht hat hier wie ein BHtzschlag die östHchen Völker getroffen, niemand wollte sie glauben! Auf jeden Fall, wenn es sich bestätigt, was die Zeitungen sagen, daß Graf Murawjew Frankreich zu diesem törichten Unternehmen geraten hat, so war er über alle Maßen und unglaubHch schlecht beraten, da es Deinen „Freunden und Alliierten" hier den Todesstoß gegeben und ihr altes Prestige hier zu Boden geschlagen hat, daß es sich nie wieder erhebt. Die Moslemin nennen es Frankreichs zweites Sedan, und der arme französische Konsul, mit dem ich sprach, 5* 67 sagte unter Tränen, daß rings um ihn alles zu Staub zerfalle! Frankreich wird diesen Freundschaftsdienst nie vergessen und nie Dank dafür wissen. Das, mein lieber Nicky, sind die interessantesten meiner Beobachtungen, die ich offen und ohne Hinter- gedanken berichte, nachdem ich mit meinen eigenen Augen gesehen und meinen Ohren gehört habe, was in diesem höchst interessanten Lande vorgeht. Ich fand alle meine Verm^utungen und Berechnungen, die ich Dir so oft unterbreitet habe, vollkommen bestätigt; die Türkei ist durchaus lebendig und nicht ein ster- bender Mann! Hüte Dich vor den Moslemin, wenn Du ihre nationale Ehre oder ihren Kahfen antastest. HerzHche Grüße an Alix. Stets ganz Dein ganz ergebener Freund und Vetter Willv. 68 XIX Zur Großjährigkeitserklärung des deutschen Kronprinzen (6. Mai 1900) hatte Zar Nikolaus II. seinen Oheim Kon- stantin (Kostja) und den Chef seines Hauptquartiers, General von Richter, nach Berlin entsandt. Berlin, 6. V. 1900 Liebster Nicky! In Eile nehme ich mir die Zeit, diese paar Zeilen an Dich zu schreiben und Dir aus der Tiefe meines Herzens für den lieben und guten Brief zu danken, den Du mir freundlichst durch Kostja sandtest. In der Tat erinnere ich mich sehr gut der Ereignisse Deiner Mündigkeitserklärung und der Zeremonien, die sie begleiteten! Wie brav Du Deinen Eid sprachst und v^e tiefbev\^egt Dein Heber Vater vt^ar, als er Dich nachher umarmte! Wie die Zeit verstrichen ist! Nun bist auch Du Herrscher über ein großes Reich und hast Kinder, und ich habe einen erwachsenen Sohn! 69 Was für ein freundlicher Gedanke war es von Dir, Kostja herzuschicken und den lieben alten Richter und auch die Herren Deines Gefolges zur Teilnahme an der Mündigkeitserklärung meines Jungen! Es stimmt mich dankbar und stolz, daß Du gütigst ein solches Interesse an den Ereignissen nimmst, die sich in meinem Hause begeben, was mir wieder ein Beweis des festen Bandes der Freundschaft ist, die wir von unseren Vätern geerbt haben, und die mit Gottes Willen und Hilfe niemals zu bestehen aufhören soll! Die Feier seiner Eidesabiegung auf die alten Farben des ersten Garderegiments w^ar höchst eindrucksvoll und sehr rüh- rend, der Junge benahm sich ganz natürhch und auch sehr brav vor der großen Versammlung von Fürsten usw. Mit tausend Dank und den herzlichsten Grüßen an die liebe AHx und Wünschen für einen guten Sommer verbleibe ich immer Dein Dich liebender Vetter und Freund Willy. P. S. Unsere großen Manöver dieses Jahres zvdschen Garde und zweitem Armeekorps sind in der Nähe von Stettin. Wenn Du Lust hast, etwas davon zu sehen, könntest Du mit Deiner Jacht nach Swinemünde kom- men, und von da könnte ich Dich geradeswegs den Fluß hinauf zur Stadt bringen. 70 XX Der Zar hatte dem Kaiser gemeldet, daß er mit ihm gegen Mitte September anläßlich der bei Danzig stattfindenden deutschen Flottenmanöver zusammenzutreffen gedenke. Paulis war Marine-Ordonnanz-Offizier des Zaren. Kiel, 13. VI. 1901 Liebster Nicky! Meinen besten und wärmsten Dank für Deine lieben Nachrichten durch Paulis. Alles soll so geordnet wer- den, wie Du es wünschst. Die Flotte soll je nach der Windrichtung Anker werfen, wo das Ankerwerfen am meisten geschützt ist. Bojen, mit der russischen Flagge markiert, werden für Deine Schiffe gelegt werden. Aviso- und Torpedoboote werden Dir entgegenfahren und Dich zu Deinem Ankerplatz geleiten. Ich werde keinen Diplomaten mitbringen, nicht einmal den Kanz- ler, ausgenommen, wenn Du ihn sehen willst. 71 Waldersee wird da sein, um sich zu „melden". Der liebe alte Schuwalow ist in Berlin, und die ganze Garnison pilgert zu ihm, in den Straßen macht jeder Soldat Front, die MiHtärmusik spielt, wenn sie an seinem Fenster vorbeikommt, seine Hymne. Mit dem größten Vergnügen sehe ich der Begegnung mit Dir entgegen! Weidmannsheil für Alix. Willy. 72 XXI Die Zarin wurde am S./iS. Juni von ihrer jüngsten Toch- ter, Anastasia, entbunden. — Das Datum dieses Briefes ist vielleicht in 8. VI. zu verbessern, da der Kaiser am 8. VII. der Zarin nicht mehr Wünsche für die noch bevorstehende Entbindung senden konnte. Swinemünde, 8. VIL 1901 Liebster Nicky! Ich sende Dir diese Zeilen durch meinen Sohn Adal- bert, auf den Du, wie ich hoffe, gütig Deine Huld über- tragen wirst. Es ist das erste fremde Land, das er besucht, und da er vorläufig noch Kadett ist, bitte ich Dich, amtlich nicht zuviel mit ihm zu machen. Er ist jung und kräftig, und- ich vertraue darauf, Du wirst freundlich darauf acht haben, daß er nicht in falsche oder schlechte Gesellschaft gerät. Mit besten Wünschen für Alix und ihre Entbindung verbleibe ich im voraus mit großer Freude an unser Zusammentreffen auf See denkend, immer Dein Dich liebender Vetter und Freund WiUy. 73 XXII Die in diesem Briefe erwähnte Zusammenkunft der beiden Monarchen fand Mitte September auf der Reede von Heia bei Danzig statt. Dem Wunsche des Zaren, die beider- seitigen verantv\^ortlichen Minister mitzubringen, kommt der Kaiser in auffallend kühlem Tone entgegen. Lambsdorff war allerdings kränklich, aber der Kaiser sah in der Tat die An- wesenheit der Minister nicht gern. Wilhelmshöhe, 22. VIII. 1901 Liebster Nicky! Dein lieber Brief vom 17. ist heute morgen ange- kommen, und ich. danke Dir für die freundlichen Ge- fühle, die Du darin ausdrückst. Ich bin sehr dankbar und hoch erfreut, aus Deinem Brief zu ersehen, daß ich v^irklich die große Freude haben werde, mit Dir bei Danzig zusammenzutreffen. Um so mehr, als es an der Spitze meiner Flotte geschehen wird, die darauf brennt, ihren Admiral zu begrüßen, und die hofft, daß es ihr gelingen wird, seine Anerkennung zu erringen, wenn er sie besichtigt. Denn es ist bei den Offizieren und der Mannschaft meiner Flotte bekannt, daß Du mit Deinem Interesse an Marineangelegenheiten und mit Deiner Sachkenntnis Deine Stellung als unser 74 Ehrenadmiral ernst nimmst, und daß Du wirklich mit den Augen eines Sachverständigen musterst. Infolge- dessen werden sie sich alle Mühe geben, zu zeigen, was sie können. Ich bitte Dich nur, nicht zu vergessen — was Dir ja aus unseren Pubhkationen vollkommen bekannt ist — , daß meine Flotte sich gerade im Zu- stand der Erweiterung und Umbildung befindet. Das "ist natürlich ein Mißstand in ihrem äußeren Eindruck, da altes und neues Material und viele ver- schiedene Typen durcheinander gruppiert sind, wodurch der allgemeine Eindruck der Flotte einen bedauerhchen Mangel an Harmonie und Gleichartigkeit zeigt. Du hast freundhch Adalberts Besuch erwähnt, den Du durch Deine großartige Gastfreundschaft schreck- Hch verwöhnt hast. Dein Lob macht Papa und Mama sehr stolz. Ich hoffe, er wird es immer verdienen. Dein Anteil an dem schmerzlichen Verlust meiner armen Heben Mama hat mich tief gerührt. Du bist natürhch imstande, aus Deiner eigenen traurigen Er- fahrung, als Dein armer Vater starb, zu begreifen, was es bedeutet, einen von den Eltern zu verheren, der nach menschhchem Ermessen noch jahrelang hätte leben können. Doch in diesem Falle w^ar das Leiden so schreckhch, daß man das Ende als eine Erlösung betrachten konnte, da der Herr sie abrief, und ihre letzten Stunden waren, wie ich voll Dankbarkeit sagen muß, ganz friedlich und schmerzlos. Dank der großen SchneUigkeit meiner Jacht und ihrer Begleitschiffe, die mich in achtundzwanzig Stunden von Bergen nach Kiel 75 beförderte, war ich. imstande, Kronberg zeitig genug zu erreichen, um sie noch bei Bewußtsein zu finden. Ich habe Deine freundliche Einladung, daß Du mit ihm zusammentreffen möchtest, dem Kanzler übermittelt, der sich hoch geehrt fühlt, daß Du ihm solches Ver- trauen erweist, worauf er gar nicht vorbereitet war. Ich selbst bin sehr glücklich, weil er ein sehr guter „connaisseur" russischer Angelegenheiten und Tradi- tionen ist und eine dankbare Erinnerung und tiefe Anhänglichkeit an Deine Familie von seinem. Aufent- halt in Petersburg her bewahrt. Was den Grafen Lamsdorf* betrifft, so werde ich ihn natürhch emp- fangen, falls er an Bord Deiner Jacht sein sollte; sollte das nicht der Fall sein, und da wir gar nicht an Land gehen, bitte, bemühe den armen Minister nicht, die lange Reise nach Danzig zu unternehmen. — Die Hitze, unter der wir in Norwegen Htten, war schauder- haft, bis zu 32^ R im Schatten! Wie in Syrien! Mein Gefolge, einige zwanzig Mann, vertilgten hundert- siebenundsechzig Flaschen Apollinaris in einem Tage! — Möge das Wetter schön sein, ohne das obige Resul- tat, wenn Du kommst ; die Einzelheiten des Programms werden Dir durch Pauhs übermittelt werden. Besten Dank für die Anna-Medaille, die ich eben erhielt. Sie ist hübsch und macht mir viel Freude. Beste Grüße an AHx von Deinem ergebensten und Dich Hebenden Willy. • So schrieb der Kaiser statt Lambsdorff. 76 XXIII Der Bruder des Zaren, Großfürst Michael Alexandrov,dtsch (Micha), weilte Ende Dezember 1901 mehrere Tage bei der KaiserfamiUe in Potsdam. Neues Palais, 12. XII. 1901 Liebster Nicky! Deines lieben Bruders Micha Besuch geht zu Ende, und mit großem Bedauern sehen wir ihn scheiden. Er ist ein fröhlicher und sehr verbindhcher junger Mann, der jedermann hier für sich eingenommen hat, sogar meine Tochter! Er hat sehr gut abgeschlossen und alle „Corvees" eines offiziellen Diners mit Vorstellung und Cercle wacker überstanden, wenn er sich auch sehr erleichtert fühlte, daß es keine Reden gab. AUe, die mit ihm zusammenkamen, waren von seinem klaren, offenen, männlichen BHck und seinem freimütigen Aus- druck angenehm berührt. Er hatte einen durchschla- genden Erfolg! Ich bin für die freundlichen Worte n über Danzig, die mich ungemein stolz machen, sehr dankbar. HoffentUch werde ich bei meinem Besuch im nächsten Sommer imstande sein, eine gleichartigere Flotte und einen der neuen geschützten Kreuzer zu zeigen! Ich sehe mit Vergnügen unserer Zusammen- kunft entgegen. Oberst Kasnakow ist hier mit meinen Dragoneroffizieren zusammen und scheint ein bemer- kenswert netter Offizier zu sein. Ich bin froh, sie alle hier zu haben. — Ich bitte Dich, als ein Andenken von meiner lieben Mama, eine Nadel und ein Medaillon für Alix anzunehmen. Micha wird sie Dir überbringen. Mit den aufrichtigsten Wünschen für ein glückhches neues Jahr und ein fröhliches Weihnachtsfest verbleibe ich Dein Dich liebender Vetter und Freund WiUy. 78 XXIV Der russische Kreuzer „Warjag", der im September 1901 mit in Danzig gewesen war, war Ende Dezember 1901 im Persischen Golf erschienen, um dort den Bewegungen der Engländer bei Koweit zu folgen. Es entspann sich dar- über eine lebhafte Polemik zwischen der englischen und russischen Presse, wobei letztere erklärte, Rußland benötige für seine Besitzungen in Ostasien einen Ausgang nach dem Persischen Meerbusen. Neues Palais, 3. I. 1902 Liebster Nicky! Diese Zeilen sollen Dir ein fröhliches Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr wünschen. Möge Gott Dich, Frau und Kinder segnen und beschützen und Euch alle gesund an Leib und Seele erhalten. Möge Deine Arbeit für den Frieden der Welt so erfolgreich sein wie die Pläne, die Du für die Wohlfahrt Deines Landes hegst. Ich sende Dir als Weihnachtsgeschenk ein Dolch- messer, dem Modell entsprechend, das ich bei unserer Marine durch die vom „Variag" datierte Order, ein- geführt habe. Ich bitte Dich, es anzunehmen als 79 Erinnerung an den lieben Besuch, den Du mir auf der Höhe von Danzig gemacht hast, und an die fröhlichen Stunden, die wir zusammen verbracht haben. Dieses neue Seitengewehr ist bei unseren Offizieren so beliebt, daß- ich glaube, sie gehen damit zu Bett. Meine Flotte, Heinrich und ich freuen sich bereits auf den Tag, an dem wir in diesem Jahr Deinen Be- such erwidern können, und ich würde mich freuen, zu erfahren, wann und wo Du uns erwartest. Da Du solches Interesse an unserer Flotte nimmst, wird es Dich interessieren zu hören, daß der neue Panzerkreuzer „Prinz Heinrich" sehr bald fertig sein wird und bereits seine Maschinen in Leerlauf mit durchaus befriedigendem Resultat probiert hat. Er wird voraussichtHch nach dem Manöver Ende des Winters zur Flotte stoßen. Das neue Linienschlacht- schiff „Karl der Große", das fünfte der Kaiserklasse, wird hoffenthch zu seinen Versuchsfahrten auf See Ende der nächsten Woche bereit sein, und Heinrich hofft, in einem Monat dazu stoßen zu können. Die „Wittelsbachklasse" wird mit großer Eile fertiggestellt, und es ist zu hoffen, daß sie Heinrichs Flagge nach den Manövern führen wird. Das bedeutet einen Zuwachs von fünf Linienschlachtschiffen, was ihn in den Stand setzen wird, über eine völlig gleichartige Flotte von „Friedenswächtern" zu verfügen; die werden sich zweifellos sehr angenehm fühlbar machen und nütz- Hch erweisen, sofern sie helfen, die Welt in Ruhe zu erhalten. Die fünf neuen Linienschlachtschiffe sind 80 alle bestellt und angefangen. Sie bilden die erste Division des zweiten Geschwaders. Übrigens ersehe ich aus den Zeitungen, daß der historische „Variag" in Koweit angekommen ist. Es ist sehr klug, daß eine andere Macht die Absicht hatte, das sehr erfolgreiche Experiment, das sie auf dem Nil gemacht hat, zu wiederholen, als sie die Flagge des Sultans herunterholte, Mannschaft und Geschütze landete, unter irgendeinem Vorwand die eine oder andere Flagge hißte und dann sagte: „]'y suis, j'y reste !" In diesem Falle hätte es unumschränkte Herrschaft über alle Handelsstraßen Persiens bis zum Golf bedeutet, und damit über Persien selbst, und damit „Gute Nacht" für Deinen beabsichtigten Auf- bau des russischen Handels, den Du durch den Anschluß Persiens an den Zollverein so tüchtig begonnen hast. Das Benehmen der fremden Macht in Koweit setzt die enormen Vorteile einer überragenden Flotte ins rechte Licht, die die Zugänge beherrscht von der See zu Orten, die über Land keine Verbindungswege haben, an die wir anderen aber nicht herankönnen, weil unsere Flotten zu schwach sind und ohne sie unsere Transporte der XYillkür des Feindes preis- gegeben. Das zeigt wieder einmal, wie sehr not- wendig die Bagdadbahn ist, die ich mit deutschem Kapital zu bauen vorhabe. Wenn der famose Sultan nicht Jahre mit dieser Frage vertrödelt hätte, so wäre die Linie schon vor Jahren begonnen worden und hätte Dir jetzt den Vorteil geboten, ein paar 6 8l Regimenter aus Odessa geradeswegs nach Koweit zu schicken, und das würde die Rechnung der anderen Macht gestört haben, wegen der russischen Truppen, die die inneren Linien an Land beherrscht hätten, wogegen sogar die größte Flotte aus vielen Gründen machtlos ist. Der Hauptgrund — nach der überliefer- ten Antwort des Kommandeurs von Kronstadt an Peter den Großen, als sie ihn nicht gegrüßt hatte: „d'abord parce que les vaisseaux ne peuvent pas marcher sur terre," während Du sagen kannst: „cela suffit!" Die ursprüngliche Antwort des tapferen Admirals: „D'abord parce que je n'ai plus de poudre** wurde am Tage vor St. Nikolaus von dem Kapitän des „Askold" an Heinrich gegeben. Meine Flotte hatte Ordre bekommen. Deinen Namenstag durch reichen Flaggenschmuck und Abfeuern des Königs- saluts zu feiern. Doch als Heinrich sich beim Kapitän von Reitzenstein erkundigte, zu welcher Zeit die Zeremonie vonstatten gehen solle, erklärte dieser, er werde nichts Derartiges tun, und sogar nachdem Sergius ihm Bescheid hatte zukommen lassen, ver- weigerte er glatt, seine Wimpel, zu hissen und seinen Kaiser zu grüßen, obgleich sie (die Flotte) bevoll- mächtigt ist und ihre gesamte Mannschaft an Bord hat. Mein Geschw^ader war entrüstet und von dem Benehmen dieses Mannes sehr — wenn ich sagen darf — angewidert ! Ich sende Dir außer dem Dolch- messer ein sehr interessantes Buch über den süd- afrikanischen Krieg, von einem Engländer geschrieben, 82 der die Art, wie er unternommen wurde und die Ziele, für die er geführt wurde, scharf verurteilt Es wirkt sehr aufKlärend über diesen Punkt und zeigt, daß der Autor seine Unparteilichkeit bis zum letzten Augenblick aufrechterhält, eine sehr dankenswerte Ausnahme von der jetzt in England üblichen Regel. Die Parallele, die er zwischen diesem Krieg und dem Krieg gegen die amerikanischen Kolonien 1773 — 83 zieht, ist sehr überraschend und treffend. Der Über- bringer meiner Geschenke ist mein Adjutant von Usedom — vor Jahren eine Zeitlang Heinrichs Adju- tant. Er führte das Kommando der „Hertha" während der Chinaaffäre, und er hat die Seymourexpedition gerettet und sie heil nach Tientsin zurückgebracht. Er war tatsächlich der Chef des Admiralstabes, und ihm wurde der jetzt „historische" Befehl erteilt, auf welchen meine blauen Jungens so stolz sind: „Germans to the front!" als die englischen Matrosen sich weiger- ten, weiter vorzugehen. Er war in Danzig nicht an- wesend, denn er hatte sich durch einen Sturz vom Pferde am Bein verletzt, und darum dachte ich. Du würdest aus seinem eigenen Munde gern erfahren, was für ein Übermaß von Leiden die an der unseligen Expedition Beteihgten erduldet haben. Nun, liebster Nicky, leb' wohl, beste Grüße an Alix, Micha und Deine Mama von Deinem Dich stets liebenden und ergebenen Vetter und Freund Willy. 83 XXV Die Erwähnung von Reval bezieht sich auf das für Som- mer 1902 in Aussicht genommene Zusammentreffen der beiden Kaiser. — Prinz Heinrich solhe'l^itte Februar an Bord eines Dampfers des Norddeutschen Lloyd sich nach Nordamerika begeben. Er verblieb dann in den Vereinigten Staaten bis zum li.März. Berlin, 30. I. 1902 Liebster Nickyl Nochmals brieflichen Dank, daß Du so freundlich warst, mir Deinen LiebHngsadjutanten Obolenski mit den Geburtstagsgeschenken hierherzusenden. Die Pe lerine ist höchst praktisch und wird mir bei jeder Witterung gute Dienste tun, ganz besonders bei den Fahrten mit der Motorschaluppe zwischen der „Stan- dard" und der „Hohenzollern" in Reval. Die Vasen sind bezaubernd: die blaue mit „Pate sur Pate" ist ein kostbares Stück und ein schöner Schmuck für meinen Salon. Obolenski machte an meiner Seite all ^^4 die verschiedenen Verpflichtungen meines Geburts- tages mit und wird Dir erzählen können, was so ein armer, überarbeiteter „Landesvater" alles durchzu- machen hat, bevor er sich ruhig hinsetzen darf, um einen Happen zu essen und eine Zigarette zu raucheru Trotzdem gelang es uns, sehr vergnügt zu sein, zu- mal alle meine Geschwister hier waren und Heinrich die Familie in Stimmung hielt, da er selbst aufgeräumt ist durch die Aussicht auf den kurzen Besuch, den er den Amerikanern und ihren schönen Frauen abstattet, was zu unserer großen Erheiterung auf der anderen Seite des Kanals erhebliche Zahnschmerzen zu be- reiten scheint! Aber ich darf Deine kostbare Zeit nicht länger in Anspruch nehmen; Obolenski bringt Dir die Tabellen der russischen, am^erikanischen und japanischen Flotte, die nach den letzten Berichten aufgestellt sind, und Photographien von Danzig. Auf die Tage dort bHcke ich noch immer dankbar und freudig zurück und bin Dein pflichtgetreuer und wohlgeneigter Vetter und Freund Willy. Beste Grüße an Ahx. 85 XXVI Anfang August 1902 fanden bei Reval russische Flotten- manöver statt, zu denen der Zar den Kaiser eingeladen hatte. Die Zusammenkunft der beiden Monarchen erfolgte am 6. August im Beisein des Reichskanzlers Bülow. — Der in dem Schreiben erwähnte König ist Viktor Emanuel von ItaHen, der vom 27. — 31. August in Berhn weilte. — Der am Schluß genannte General Tschertkoff war General- gouverneur von Warschau. Generalkommando Posen, 2. IX. 1902 Liebster Nicky! Seit meiner Rückkehr aus Reval war ich sehr be- schäftigt, wie Du aus den Zeitungen gesehen haben wirst. Jetzt, da mein erlauchter Gast, der König, nach seinem gut verlaufenen Besuch abgereist ist, finde ich endlich in dem Trubel der Manöver ein paar Minuten Zeit, die ich diesem Brief an Dich wid- men will. Überflüssig zu sagen, daß die Erinnerung an Reval mir noch frisch vor Augen steht; ebenso 86 die Güte und Freundschaft, die Du mir bezeugt hast, das schöne militärische Schauspiel, die Tüchtigkeit Deiner Flotte sowohl bei Schießübungen wie beim Manövrieren und nicht am wenigsten die vielen Stun- den liebenswürdiger und ungestörter Gesellschaft und freundlicher Unterhaltung, die ich mit Dir ver- bringen durfte. Dies alles steht in meinen Gedanken noch voran und beschäftigt meinen Geist und mein Fühlen noch so vollkommen, daß ich es als einen ent- schiedenen Mangel an Takt und Erziehung empfinden würde, wenn ich Dir nicht nochmals durch diesen Brief von ganzem Herzen danken würde. Der ganze Aufenthalt war für mich ein einziger Hochgenuß, aber er war noch mehr. Die Schule des Flotten- artilleriewesens, die mir auf Deinen Befehl vorgeführt wurde, ist der lebenswichtigste Teil in der Entwick- lung der Flotte und in ihrer Vorbereitung für ihr „Geschäft". Durch diese Erlaubnis hast Du mir ein besonderes Zeichen Deines Vertrauens gegeben — allerdings in Erwiderung dessen, was ich Dir in Danzig zeigte — und es schließt vollkommenes Vertrauen zu dem Besucher ein, vne es nur möglich ist zwischen Männern von gleichen Ideen und Grundsätzen, und zwischen Monarchen bedeutet es vereinigte Arbeit an der gemeinsamen Sache, den Frieden ihrer Länder zu wahren. Diese Zuversicht und dieser Glaube, den Du mir gezeigt hast, ist nicht, ich versichere Dich, übel angebracht, denn er beruht durchaus auf Gegen- seitigkeit. Das wird durch die Tatsache bewiesen, 87 daß die geheimen Pläne meiner neuesten Schiffe — für jeden Fremden unsichtbar — Dir und der Dis- kretion Deiner -Marinebehörden anvertraut wurden. Zu diesen Tatsachen füge noch hinzu, daß wir beide das gleiche Interesse an der Entwicklung unserer Flotten haben, so daß uns die Leidenschaft für die See eingeboren ist; dies wird zur Genüge zeigen, daß wir unsere beiden Flotten als eine große Organisation zu betrachten haben, die einem großen Kontinent angehört, dessen Interessen sie an seinen Küsten und auf dem offenen Meere zu verteidigen hat. Dies be- deutet praktisch den Frieden der Welt. Denn als Herrscher der beiden führenden Mächte der beiden großen kontinentalen Staatenkombinationen vermögen wir, unsere Ansichten 'über irgendeine all- gemeine, ihre Interessen berührende Frage auszu- tauschen, und sobald wir geregelt haben, wie sie anzu- fassen ist, so vermögen wir, unsere Alhierten dahin zu bringen, die gleichen Gesichtspunkte anzunehmen. Haben aber die beiden Allianzen — das sind fünf Großmächte — entschieden, daß der Friede bewahrt werden muß, so muß die ganze Welt Frieden halten und wird sich seiner Segnungen erfreuen können. Das ist eine überzeugende Illustration der Tatsache, daß die beiden Allianzen das Gleichgewicht Europas und der Welt aufrechterhalten, wenn sie durch die jährliche Zusammenkunft ihrer beiden Führer zum Zwecke des Gedankenaustausches in enger Verständi- gung bleiben. 88 Dies ist um so notwendiger, als gewisse Erschei- nungen im Osten zeigen, daß Japan ein ziemlich ruhe- loser Kunde wird, und daß die Lage alle Kühle und Entschlossenheit der Friedensmächte erfordert. Die Nachricht, daß der japanische General Yamai — der frühere Führer der Japstruppen in China — der japa- nischen Gesandtschaft in Peking attachiert worden ist, um die Reorganisation der chinesischen Armee in die Hand zu nehmen, d. h. zu dem nicht ein- gestandenen Zweck, jeden anderen Ausländer aus China zu vertreiben — , ist sehr ernst. Zwanzig bis dreißig MilHonen ausgebildeter Chinesen, unterstützt von einem halben Dutzend japanischer Divisionen und geführt von tüchtigen, unerschrockenen japa- nischen Offizieren, voll Christenhaß, das ist ein Zu- kunftsbild, das sich nicht ohne Besorgnis betrachten läßt, und nicht unmöglich. Es ist vielmehr die Ver- wirkHchung der gelben Gefahr, die ich schon vor einigen Jahren ausgemalt habe und für deren gra- phische Darstellung ich von 'der größeren Masse des Volks verlacht worden bin. Da es interessant ist, die Verteilung der Flotten- macht für den Fall entstehender Komplikationen im Osten zu übersehen, habe ich davon eine flüchtige und nur annähernde Berechnung in der Form einer Tabelle gemacht, die ich Dir vorlege. Die Ziffern sind nicht genau wegen der beständigen Schiffsver- änderung, aber sie können mehr als allgemeinem: An- haltspunkt gelten. Die fast fertig gebauten Fahrzeuge 89 sind als verfügbar aufgezählt, die ältesten Schiffe dagegen sowie die kleineren sind nicht berück- sichtigt. Die Manöverschau ist sehr gut verlaufen, und das fünfte Korps war so gut, wde damals, als Du es bei GörHtz gesehen hast. Alle freuen sich sehr. Deine Offiziere und den Gouverneur-General Tschertkoff begrüßen zu können. Ich bin Dir sehr dankbar, daß Du ihnen erlaubt hast, zu kommen, und ich bin ganz entzückt von der Haltung dieses prächtigen alten Soldaten, der sich genau so gezeigt hat, wde Du ihn mir beschrieben hast. Ich habe ihm den Schwarzen Adler verHehen zum Zeichen, v^ie ich seinen Besuch zu würdigen weiß. Er und alle Deine Offiziere, die auf mich einen ausgezeichneten Eindruck machten, waren von dem Mißgeschick, das Alix zugestoßen ist, tief betroffen, und natürHch auch wir alle samt meiner Frau. Gebe Gott, daß sie sich bald erholt und keine üblen Folgen verspürt. Mit den herzlichsten Grüßen von Viktoria und mir an Euch beide bin ich Dein ergebener F-reund und Vetter Willy, Admiral des Atlantik. OO XXVII Der deutsche Kronprinz hatte vom i6. bis 24. Januar 1903 einen Besuch am Zarenhofe in Petersburg abgestattet. Berlin, 14. I. 1903 Liebster Nicky! Diese Zeilen werden Dir von meinem Sohne ge- bracht. Meine Schwestern nennen ihn gev/öhnlich „Billy Nr. 2" oder den „kleinen Willy", um ihn vom Vater zu unterscheiden. Ich stelle ihn unter Deinen freundlichen Schutz und hoffe. Du wirst mit seinem Benehmen zufrieden sein. Er ist noch sehr jung und beginnt erst, sich zu bilden, so daß Du, wenn er irgend- welche „bevues" macht, sie freundlichst übersehen mußt. Außer diesem Brief bringt er noch eine Anzahl Weihnachtsgeschenke für Dich, die ich nicht früher senden konnte. Erstens ein großes Modell unserer neuen (H.) Klasse von Schlachtschiffen, das Du, wie Du in Reval sagtest, gerne haben möchtest. QI Schimmelmann kann es Dir jederzeit erklären. Zwei- tens ein Aquarell, das eine Geschichte der Formen und Farben aller unserer Regimentsabzeichen und Fahnen darstellt von der Zeit des Großen Kurfürsten bis 1806, die zweite bis 1900. Drittens sämtliche zu Deinem neuen Kürassierregiment gehörenden Uniformstücke, Wappen, Küraß und Gehänge, die Dir hoffentlich passen werden. Ich habe sie meinem alten Kammer- di^er anvertraut, den Du in Reval gesehen hast, „Vater" Schultz. Er wird Deinen Leibdiener instruie- ren, wie die verschiedenen Stücke anzulegen sind. Viertens einige Broschüren und Zeitschriften, von denen ich dachte, daß sie Dich in Deinen Mußestunden vielleicht interessieren könnten. Bezüglich der Armeefarben habe ich eine Bitte an Dich: Auf der ersten kurfürstlichen Tafel sind die ersten Fahnen des Leibregiments des ersten Königs, wie sie nach seiner Krönung als Friedrich L verheben wurden, blau mit goldenen Flammen, Kronen und Adlern, und weiß mit schwarzen Adlern und goldenen Kronen. Diese Fahnen sind in unserem Arsenal bis zum Siebenjährigen Krieg aufbewahrt worden, dann wurden sie von den russischen Truppen, die damals Berlin besetzten, mit vielen anderen Dingen aus dem Arsenal weggetragen. Wir sind nun dabei, mit großer Sorgfalt und Mühe die Geschichte unserer Fahnen wieder aufzuschreiben, und ich wäre Dir sehr dank- bar, wenn Du freundlichst erlauben würdest, daß sie in Aquarell oder Öl kopiert werden, damit wir eine 92 authentische Vorlage von ihnen haben, wie sie in Petersburg sind. In der Hoffnung, daß alles gut ankommt, und indejn ich meinen Sohn um das Vergnügen, Dich zu sehen, beneide, bleibe ich stets Dein Dich hebender Freund und Vetter Billy Nr. i. 93 XXVIII Die kleine Tochter des Großherzogs Ernst (Ernie) Lud- wig von Hessen war am l6. November gestorben. — Anfang November fand in Wolfsgarten bei Darmstadt eine Zusammenkunft des Kaisers mit dem Zaren statt. Der Reichskanzler Bülow und der russische Minister des Aus- wärtigen Graf Lambsdorff nahmen an der Zusammenkunft teil. Bei dieser Gelegenheit wurde abermals die Balkan- frage — insbesondere die mazedonische Frage — besprochen, über die einen Monat vorher zwischen dem Zaren und dem Kaiser Franz Joseph, bzw. zwischen ihren beider- seitigen Ministern des Auswärtigen die sogenannte „Mürz- steger Punktation" vereinbart worden war. Schon im Jahre zuvor hatte in Bulgarien eine leidenschaftliche Agitation für eine Unterstützung der aufständischen Bulgaren in Maze- donien eingesetzt, und da diese Bewegung auch in der bulga- rischen Armee weitgehenden Anhang fand, war zu befürchten, daß der Fürst von Bulgarien — der ,, Erzverschwörer", wie er im Schreiben genannt wird — unter diesem Druck sich schließlich zu einer Kriegserklärung an die Türkei werde ent- schHeßen müssen. Rußland und Österreich-Ungarn waren bestrebt, diese Kriegsgefahr zu beschwören, indem sie die Pforte schon im Februar 1903 zu Reformen in Mazedonien zu bewegen versuchten, die den Bulgaren den Anlaß zu ihrer nationalen Agitation nehmen sollten. In Mürzsteg war im Herbst 1903 ein neues Reformprogramm festgesetzt und dem Sultan durch zwei identische Noten zur Annahme empfohlen worden. Die Pforte lehnte jedoch zunächst das Programm ab. 94 Neues Palais, 19. XL 1903 Liebster Nicky! Es ist mir unmöglich, an dem plötzlichen, tragischen Tod des süßen kleinen Sonnenscheins vorüberzugehen, ohne Dir wenigstens mit einem Wort zu sagen, wie tiefes Mitgefühl ich für Euch alle in dieser traurigen Angelegenheit hege. Es ist wirkhch sehr schwer, sich die Tatsache zu vergegenwärtigen; daß dieses geliebte Kind nicht mehr unter uns weilt! Wie vergnügt und fröhHch war sie an dem Tage in Wolfsgarten, als ich da war, so voller Leben, Laune und Gesundheit, und nun denken zu müssen, daß man sie auf dieser Erde niemals wiedersehen soll! Was für ein schrecklicher, herzzerreißender Schlag für den armen Ernie, der das kleine bezaubernde Kind schwärmerisch liebte und anbetete! Gott möge ihm Kraft geben, einen solchen Sclilag zu tragen. Ich stehe noch unter dem be- glückenden Eindruck der beiden Tage, die ich mit Dir verleben durfte, und sie bleiben eine entzückende Erinnerung für mich. Du entsinnst Dich unserer Unterhaltung über den Balkan und die Türkei, und meines späteren Telegramms mit meinen Anweisungen an meinen Gesandten, dem Sultan eine energische Vor- lesung darüber zu halten, daß es höchste Zeit für ihn sei, sich endUch dem Mürzsteger Programm anzu- schließen ? Nun, diese Anweisungen haben vor einigen Tagen zwischen meinem Gesandten und dem Sultan 95 zu einer Unterredung geführt, die eine und drei Viertel Stunden dauerte. Der Sultan war sehr zähe und ent- schieden der Vorstellung, eine Weigerung, sich den russisch-österreichischen, von mir unterstützten Wün- schen zu fügen, brächte ihm nicht großen Schaden! Der Gesandte hatte jede denkbare Überredungskraft, die einem Monarchen gegenüber nur angebracht war, aufzubieten, um Seiner Majestät den Ernst der Situation beizubringen, und er verließ ihn „als krän- keren, aber klügeren Mann", nachdem er ihm völlig klargemacjit hatte, daß ich unter gar keiner Bedingung eine Hand zu seiner Unterstützung erheben oder ein Wort für ihn reden würde, wenn er sich und sein Land durch die Weigerung, die Wünsche Ihrer Maje- stäten, des russischen und des österreichischen Kaisers, zu erfüllen, in Schwierigkeiten brächte, nachdem diese eine wahrhafte Engelsgeduld und Nachsicht mit seiner Haltung gezeigt hätten und sich streng an das Februar- und das Mürzsteger Programm hielten, das auch ich unterstütze. Der Gesandte steht unter dem Eindruck, daß sehr lebhafte Intrigen im Palast bei einer Bande von Individuen sehr anrüchiger Art umgehen. Diese umgeben den Sultan und haben es mit Hilfe unglaub- licher Lügen fertiggebracht, seine Leichtgläubigkeit zu mißbrauchen und den Großwesir fernzuhalten, dessen Einfluß sie fürchten und der völlig im Einverständnis und loj'^alerweise „d'accord" mit unseren drei Gesandten ist. Eine andere interessante Nachricht hat mich aus Sofia erreicht. Der Ministerpräsident des „Erzver- schworers" gab bei einer UnterKaltung nach einem Diner seinem und seines Landes äußerstem Mißver- gnügen über das Mürzsteger Programm Ausdruck. Daß es nicht ausreichend für sie wäre, und daß sie darauf bestehen müßten, mehr zu erhalten. Aber da er ganz sicher sei, daß die kaiserhchen Mächte nicht mehr zugestehen würden, richteten alle in Bulgarien ihre Bhcke auf Itahen, England und Frankreich! Nur von diesen Ländern könnten sie noch etwas für Bul- gariens und Mazedoniens Zukunft erwarten; nur sie würden ihnen „Freiheit" — das heißt Parlamente und Republiken für die unterdrückten Balkanstämme bringen ! Das beweist Dir aufs neue, worauf ich schon in unserer Unterhaltung anspielte, daß die Krim- Kombination wirkt und gegen die russischen Inter- essen im Osten arbeitet. „Die demokratischen Länder von Parlamentsmehrheiten regiert im Kampf gegen die kaiserhchen Monarchien" — die Geschichte wieder- holt sich immer. Mit herzlichen Grüßen für Alix und Wünschen für ihre baldige Genesung bleibe ich wie immer Dein wahrer und ergebener Freund und Vetter Willy. 97 XXIX Die russisch-japanischen Beziehungen, die bald darauf zum Kriege führen sollten, hatten in der zweiten Hälfte des Jahres 1903 eine beunruhigende Spannung gezeigt. Als der damalige russische Kriegsminister Kuropatkin im Juni 1903 Japan besuchte^ erklärten enghsche Zeitungen, die Ansicht der russischen Presse, die Ministerreise bedeute eine russisch- japanische Annäherung, widerspreche den Tatsachen. Ende August schlug allerdings Japan in Petersburg eine Ver- ständigung wegen einer Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in der Mandschurei und in Korea vor, aber die liberalen Parteien im japanischen Parlament lehnten sich dagegen auf und forderten schließlich die Absendung eines Ultimatums nach Petersburg mit der Forderung einer Räumung der Mandschurei durch die Russen, was zu einer Auflösung der japanischen Kammer führte. Neues Palais, 4. XII. 1903 Liebster Nicky! Beigeschlossen übersende ich Dir einiges interessante Unterhaltungsmaterial. Artikel über Politik, über maritime Fragen, eine Beschreibung der Petersburger 98 Lebensmittelversorgung — von der ich nicht weiß, ob sie richtig ist — und ein illustriertes Heft über die letzten Manöver. Vielleicht findest Du darin Abhand- lungen wieder, die Dich an unsere letzte Unterredung erinnern und die Dir zeigen, vi^ie man die Entwicklung der Dinge in Europa betrachtet, zuweilen wohl von einem anderen Gesichtspunkt als in Petersburg. Wenn es bekannte Nachrichten für Dich sind, bitte ich um Entschuldigung, aber da Du in Wolfsgarten sagtest, es mache nichts aus, wenn es nur Nachrichten seien, die die Sicherheit unserer beiden Nationen betreffen, so habe ich mir erlaubt, sie Dir zu unterbreiten. Es sind Ausschnitte aus den verschiedensten Quellen und Zeitungen. Wie froh bin ich, daß Alix wieder in Ordnung ist und frei von diesen scheußlichen Schmerzen! Die Schießresultate sind sehr gut, und ich wünsche Dir Weidmannsheil von ganzem Herzen. Ich habe meinen Generaladjutanten von Loewenfeld nach London geschickt, um Onkel Arthur das Kreuz für langgeleistete Dienste (25 Jahre) zu übergeben, und gleichzeitig, um sich über die Stimmung und den allgemeinen Stand der öffentHchen Meinung zu infor- mieren. Seine Mutter ist eine Engländerin. Er spricht daher die Sprache sehr gut. Was er sah und hörte, werde ich Dir noch mitteilen. Die Offiziere meiner nach China kommandierten Truppen haben schon vor langer Zeit den geheimen Befehl erhalten, die Beziehungen zwischen japanischem und chinesischem Militär zu überwachen und den r 99 wachsenden Einfluß Japans bei der chinesischen Armee zu beobachten. Vor zwei Tagen erhielt ich die Nach- richt, daß die Japsen in aller Stille hinter Deinem und meinem Rücken die Chinesen gegen uns bewaffnen. Daß sie ein Geheimabkommen mit China getroffen haben, die Armee mit 20 000 neuen Repetiergewehren und Munition zu versehen, ferner mit 48 Feldge- schützen und 12 Bergkanonen (Schnellfeuer) mit Munition, lieferbar bis nächsten Sommer. Die chine- sischen Truppen exerzieren Tag und Nacht und nach Angabe von Leuten, die sie z. B. in Pao-ting-fu sahen, recht gut! Kommandiert werden sie von japanischen Instruktionsoffizieren, deren Zahl ständig wächst ! Feine Sachen ! Ich glaube, man sollte den Chi- nesen nicht erlauben, Japsen in ihrer Armee zuhaben! Sicherhch erwecken sie Hoffnungen bei den Chinesen, entflammen ihren Haß gegen die weiße Rasse im allgemeinen und bedeuten eine schwere Gefahr in Deinem Rücken, falls Du einem japanischen Abenteuer an der Küste gegenüberstehen solltest. Mit der Bitte um Verzeihung für die Freiheit, die ich mir genommen habe, spreche ich die Hoffnung aus, daß der Admiral des Pazifik nicht böse sein wird, über die Signale des Admirals des Atlantik, der immer auf dem Ausguck steht! Tata. HerzHche Grüße für AHx von Deinem ergebenen Freund und Vetter toujours en vedette VVillv. 100 XXX Ende Oktober 1902 weilte der Kronprinz von Dänemark als Gast des deutschen Kaiserpaares in Berlin, was in der Presse als ein Zeichen der Besserung in den politischen Be- ziehungen zwischen Deutschland und Dänemark ausgelegt wurde. Im April 1903 erfolgte dann der Besuch des Deutschen Kaisers in Kopenhagen, wobei sowohl die bürgerHche als die sozialdemokratische dänische Presse den Kaiserbesuch einstimmig als ein Symptom begonnener freundschafthcher Beziehungen zwischen Deutschland und Dänemark kommen- tierte. Der König von Dänemark stattete am 17. Dezember in Potsdam seinen Gegenbesuch ab. Der in diesem Schreiben erwähnte „Plan" bezieht sich auf Versuche, Dänemark in ein engeres Verhältnis zu Deutschland zu bringen. Vgl. darüber das dänische Weißbuch von 1919. — Wie schon in seinem Briefe an den Zaren vom 4. Dezember kommt im nach- folgenden Schreiben der Kaiser abermals auf die russischen Expansionswünsche im Fernen Osten, denen er nicht nur in bezug auf die Mandschurei, sondern auch hinsichtlich Koreas rückhaltslos zustimmt. Die koreanische Frage war es bekanntlich denn auch, die bald darauf die unmittelbare Ursache des russisch-japanischen Krieges abgeben sollte. lOI Berlin, 3. I. 1904 Liebster Nicky! Diese Zeilen sollen Dich an Eurem Weihnachtsabend erreichen und werden Dich hoffentlich wolil und glück- lich antreffen, mit Ahx wieder an Deiner Seite und der lustigen kleinen Gesellschaft, die im Lichterglanze des Christbaumes um Euch herumtollt. Ich wünsche Dir abermals alle Segnungen des Himmels auf allen Deinen Wegen, möge sowohl Dein kostbares Leben uns noch lange erhalten bleiben wie das aller, die Dir teuer sind. Mögen Deine Pläne vollen Erfolg haben; wenn auf friedlichen Wegen, so sanft wie ein plätschernder Bach; wenn durch Entscheidung der Waffen, dann mögen sie siegreich sein und Deine Fahnen mit fri- schem Lorbeer geschmückt flattern. Vielen Dank für Deinen freundlichen Brief vom 20. Dezember, der ein neues Zeugnis Deines für mich so kostbaren Vertrauens ist. Wir müssen nur sorgsam vorgehen, damit der Plan, den wir so verheißungsvoll angefangen haben, nicht durch Einzelheiten Schaden leidet. Als ich von Deinem guten alten Großvater, dem König, Abschied nahm, stand ich unter dem Eindruck, daß ihn der Gegenstand beschäftigte, und daß er darüber nachdachte, die Form zu finden, die den Bedürfnissen seines Landes am besten entspricht. Als Grundlage unserer Unterredung be- nutzte ich einige dänische Zeitungsartikel über die dänische Neutralität. Da ihr Inhalt anscheinend in 102 Dänemark ziemlich viel Aufmerksamkeit erregt hat, füge ich einen kurzen Auszuj; daraus bei, der dazu bei- tragen möge, Dir die Natur der Schwierigkeiten zu zeigen, die der König bei seinem Volke vorauszusehen und zu befürchten scheint. Daraus geht klar hervor, daß der König als der am meisten von dieser Frage Be- troffene in allererster Reihe zv^eifellos zum Ausdruck seiner Ansichten berechtigt ist, und daß er sie von jemand, der sein vollstes Vertrauen besitzt, in Worte fassen und ausarbeiten ließ. Ich meine daher, als der nächste Schritt, der in dieser Angelegenheit unter- nommen werden muß, wäre es am besten, Du schriebest Deinem Großvater, er möge uns die Vorschläge, sobald sie eine für ihn annehmbare Form erlangt haben, über- mitteln, und daß wir abwarten, bis er uns vollen Spiel- raum bezüghch seiner Ideen über die Frage der däni- schen Neutralität gibt. Wenn man an die Tage von 66 zurückdenkt, ist es verständlich, daß uns die Dänen noch immer etwas scheel ansehen, und darum werden sie einen Vorschlag, der ihr Schicksal betrifft, günstiger betrachten, wenn er von Dir kommt, der mit ihrem König so nahe verwandt ist und der Sohn einer von ihnen leidenschaftlich verehrten Prinzessin ist. Ich sende Dir beifolgend einige interessante Artikel. Einen über unsere Marine und Rußlands Politik im 19. Jahrhundert; einen über unsere Handelsflotte; ferner zwei Ausschnitte aus, einem englischen Groschen- blatt, das täglich von Tausenden in den Straßen Lon- dons und auch sonst in England gelesen wird. Sie 103 sollen Dir zeigen, mit was für Zeug und in welchem Ton diese Presse ihre Lesqr schon seit vielen Wochen füttert, und daß sie die Flammen anfachen, wo sie nur können. Für uns hier auf dem Kontinent ist diese Heuchelei und dieser Haß äußerst widerlich und un- verständlich. Jeder Mensch begreift hier vollkommen, daß Rußland, dem Gesetz der Ausdehnung folgend, versuchen muß, für seinen Handel einen eisfreien Aus- gangsplatz zur See zu finden. Durch dieses Gesetz hat es Anrecht auf einen Küstenstrich, der solche Häfen hat (Wladiwostok, Port Arthur). Das „Hinterland" muß in Deiner Macht stehen, damit Du die Eisen- bahnen bauen kannst, die die Güter nach den Häfen einschaffen (Mandschurei). Zwischen beiden Häfen befindet sich eine Landzunge, die, wenn sie in den Händen eines Gegners liegt, eine neue Art von Darda- nellen werden kann. Das zu gestatten ist für Dich unmöglich. Derartige ,, Dardanellen" (Korea) dürfen die Landverbindungen nicht bedrohen, weil dadurch Dein Handel benachteiligt wird. So liegen die Dinge schon am Schwarzen Meer, und das ist nicht das, was Du Dir auch für den Fernen Osten wünschst ! Daher leuch- tet es jedem unvoreingenommenen Geist ein, daß Korea russisch werden soll und muß. Wann und wie, geht niemanden etwas an und betrifft nur Dich und Dein Land. Das ist die Ansicht der Leute hier bei uns, und darum gibt es hier auch keine Aufregung oder „em- ballement" oder Kriegsbefürchtungen oder irgend etwas dieser Art. Daß Korea einstmals Dir gehören 104 \^ird, ist eine schon lange bestehende Ansicht hier, ebenso wie die Besetzung der Mandschurei, und darum regt sich hier niemand da^rüber auf! Die Neujahrskarten werden Dich amüsieren. Sie sind bei Deiner Ankunft in Wiesbaden aufgenommen worden! Ein kleines Erinnerungszeichen an diese glückHchen Tage. Ein glückliches neues Jahr und auch Weidmannsheil für „großes W^ild" von Deinem Dir ergebenen Vetter und Freund Willy. 105 XXXI Der hier folgende Kaiserbrief i^t etwa drei Wochen vor Ausbruch des russisch-japanischen Krieges geschrieben. Auch in diesem Schreiben machte der Kaiser den Zaren auf die gegen Rußland gerichtete japanfreundhche Pohtik Englands — des „gewissen Landes" — aufmerksam. — Die beiden ursprünglich für Argentinien bestimmt gewesenen Panzerkreuzer, über die der Kaiser in der „Marine-Rund- schau" einen Aufsatz geschrieben, und deren Risse er dem Zaren übersendet, spielten bald darauf als „Nischin" und „Kasuga" eine wesentliche Rolle bei den japanischen Kriegs- aktionen zur See. Die zwei Kreuzer wurden übrigens nicht von England an Japan geschenkt, sondern von der japanischen Regierung angekauft. Neues Palais, 9. I. 1904 Liebster Nicky! Nur eine Zeile, um Dir mitzuteilen, wie sehr meine Gedanken in dieser ernsten Zeit mit Dir beschäftigt sind. Gott gebe, daß alles glatt geht, und daß die Japaner auf die Stimme der Vernunft hören, trotz der 106 tollen Bemühungen der üblen Presse eines gewissen Landes. Auch dieses scheint Geld übrig zu haben, um es in dem Abgrund der japanischen Mobilisation an- zulegen. Ich danke Dir für das Communique, das Du mir durch Osten-Sacken offiziell geschickt hast. Es ist sehr klar und wird unbedingt zur Stärkung des Friedens beitragen. Ich hoffe, es wird die Gefühle der unver- schämten Kriegspartei in Japan beruhigen, wie es auch sicherlich die übrigen Mächte befriedigen dürfte, denen an ihrem Handel liegt und denen auch die ,, offene Tür" einmal versprochen wTirde. Ich schicke Dir ein Exemplar der „Marine-Rund- schau" mit einem Artikel über gepanzerte Kreuzer, geschrieben von L; Dieses L. ist eine Maske, hinter der ich mich verberge; ich habe ihn geschrieben, aber nie- mand außer Tirpitz hat die geringste Ahnung davon. Als Material für meinen im November geschriebenen Artikel gelang es mir, sehr interessante Einzelheiten über „Rivadaria" und „Moreno" zu bekommen, die für Argentinien erbaut, aber nun von England Japan geschenkt worden sind. Diese Risse, die vollkommen „geheim" sind und mir auf ausdrücklichen Wunsch des Präsidenten der Argentinischen Republik vorgelegt wurden, hat mir Amaldo gesandt. Da diese Schiffe Dich wahrscheinlich interessieren, sende ich Dir den Atlas für Deinen persönlichen Gebrauch. Ich halte diese Schiffe für vollkommene Typen des gepan- zerten Kreuzers, denn trotz ihrer kleinen Tonnage, „multum in parvo", sind sie sehr gehaltvoll. Sie kosten 107 jedes 15 Millionen Franken, was nicht viel ist. Mögen Deine Leute nicht gegen sie zu kämpfen haben; es ist wirklich sehr schade, daß Du sie nicht gekauft hast. Der Zeitungsausschnitt zeigt Dir, was ein gewisses Volk Neutralität nennt. Beste Wünsche für ein Jahr des Glücks und Friedens und in der Hoffnung, mit Dir in diesem zusammen- zukommen, mit herzlichen Grüßen für Alix immer Dein Dich liebender Willy. P. S. Entschuldige, wenn ich Dich so oft mit Tele- grammen störe, aber in Wolfsgarten sagtest Du, daß Du mir für alle interessanten Nachrichten dankbar wärest, die ich Dir mitteilen könnte; ich verlasse mich natürlich auf Deine Verschwiegenheit, denn es ist alles nur für Dich. Admiral des Atlantik, 108 XXXII In der Nacht vom 7. zum 8. Februar unternahmen die Japaner einen Torpedoböotangriff auf Port Arthur, wobei es ihnen gelang, zwei russische Schlachtschiffe und einen russischen Kreuzer außer Gefecht zu setzen. Dadurch wurde die russische Flotte in Port Arthur bis auf weiteres am Aus- laufen verhindert, und der japanische Admiral Togo konnte bald darauf an eine scharfe Blockade des russischen Kriegs- hafens gehen. Erst die Ernennung Makarows zum komman- dierenden Admiral der russischen Seestreitkräfte im Fernen Osten (im März 1904) veranlaßte die Flotte von Port Arthur zu einer stärkeren Aktivität. Berlin, 11. II. 1904 Liebster Nicky! Die Antwort auf Dein freundliches Gratulations- schreiben zu meinem Geburtstag, das mich so glücklich machte, war bereits angefangen, als die Ereignisse ein- traten, die zum Kriege zwischen Dir und Japan geführt haben. Ich hielt es für besser, auf irgendeine loq Mitteilung von Dir zu warten, vorausgesetzt, daß ich Dir würde antworten können. Der Ausbruch der Feind- seligkeiten hat für Deine tapfere Flotte traurige Folgen gehabt, die mich tief bewegt haben! Wie könnte es auch anders sein, da ich doch russischer Admiral und auf diesen Rang stolz bin! Die ernsten Ereignisse be- weisen offensichthch, daß die warnenden Mitteilungen, die ich Dir in meinen Chiffredepeschen senden konnte, durchaus zutreffend waren, und daß die japanische Regierung schon lange Ernst machte und den Krieg be- schlossen hatte. Ein Teil der Schiffe in Port Arthur ist mir durch meine Besichtigungen bekannt, ebenso ihre Offiziere und Mannschaften, und mein Herz ist voll Teilnahme für die armen FamiHen, die durch den Verlust so vieler von ihnen getroffen sind. Ich kann mir wohl vorstellen, wie sehr es Dir zu Her- zen gehen muß, daß alle Deine Bemühungen, den Frie- den aufrechtzuerhalten, fruchtlos geblieben sind. Aber andererseits gibt Dir dies ein gutes und reines Gewissen, und das läßt, wie ich oft sage, den Menschen ohne Tor- nister und Gepäck ins Gefecht marschieren. Es scheint, der Himmel — auf dessen Hilfe und Willen wir beide bauen — hat es so gewollt ! Dann mußt Du diese Er- eignisse im Lichte einer Prüfung für Dich und Dein Land betrachten, die es Dir und ihnen ermöglichen soll, alle guten Eigenschaften, die in den Russen schlummern und die sie schon einmal in den großen Zeiten der ersten Jahre des 19. Jahrhunderts an den Tag gelegt haben, zu zeigen und zu entfalten! HO fes ist — vorbehaltlich Deiner freundlichen Zu- stimmung — mein Wunsch, daß womöghch ein Prinz meines Hauses Deine Truppen als Zuschauer begleiten soll, um die Kriegskunst zu erlernen. Ich würde dann meinen Schwager, den Prinzen Friedrich Leopold, wählen, der darauf brennt, hinzugehen- und Russisch zu sprechen. Lasse mich freundlichst wissen, ob meinem Ersuchen stattgegeben werden kann. Sei versichert, daß meine Gedanken sich Tag und Nacht mit Euch beschäftigen ! Ich schicke diesen Brief durch Schenk — Deinen Oberst — , der Dir die „Gre- nadier-Mütze" anbieten soll, welche das Alexander- Regiment Dich anzunehmen bittet. Ich bete zum Himmel, daß er Dich und Deine ganze Famihe in den bevorstehenden Zeiten schirmen und schützen möge. HerzHchste Grüße an Alix und Deine Mutter von Deinem stets sehr ergebenen Freund und Vetter WiUy. Die Mitteilung, die ich Dir vor einem Monat über den Verkauf von Waffen an China — Yuan-Shi-Kai — von Seiten Japans machte, bestätigt sich. Es ist mir gelungen, eine Abschrift des Vertrags zu erhalten, der letzten Oktober mit der Firma Okwa & Comp, in Ja- pan abgeschlossen worden ist. I. 14 000 neue jap. Infanterie-Gewehre (Meyji) mit Patronenkisten usw., zu je 22Taeil3und 7 Mill. Patro- nen, lieferbar nächsten April in Tientsin. Iir 2. 4^ (Arisaklia) Feldgeschütze 7,^, zu je 5668 Verl. 12 (Arisakha) Gebirgsgeschütze 7,5 cm, zu je 1710 Yen. 48 Munitionswagen zu 8 Yen. 200 Granaten, 200 Schrapnell per Geschütz, zu 10 Yen, zu 8 Yen. Das Stahl-Rohmaterial wird in Frankreich (Creusot) — Deinem Verbündeten! — hergestellt und in Japan fertiggestellt. Es soll nächsten Mai in Tientsin abge- Hefert werden. Der Vizekönig von Nanking hat von derselben Firma im September 1903 200 000 Kisten Munition und Tornister für 70 000 Mann bestellt. 112 XXXIII Kaiser Wilhelm hatte sich am 12. März auf eine sechs- wöchige Fahrt durch das Mittelmeer begeben und traf am 26. März in Neapel mit dem König von Italien zusammen. Die deutsch-russischen Handelsvertrags- Verhandlungen, über deren langsames Tempo der Kaiser sich in seinem Briefe an den Zaren beklagt, gerieten in rascheren Fluß, nachdem der russische Ministerpräsident Witte mit dem Reichskanzler Bülow Mitte Juli in Norderney eine Woche hindurch über die einzelnen Vertragspunkte verhandelt hatte. Gaeta, 29. III. 1904 Liebster Nicky! Du w^irst Dich sicherlich für meine Mittelmeerfahrt interessieren. Unsere Reise auf dem großen Lloyd- dampfer „König Albert" war sehr erfolgreich. Wir hatten immer stille See; sogar die Bucht von Biskaya benahm sich vi^ie der Teich in Petershof. Wenn wir etwas Wind oder hohe See hatten, so war es direkt von rückwärts. Auf dem großen Schiff — es hat zwischen 8 113 15 und 16000 Tonnen Wasserverdrängung — fuhr es sich sehr behaghch: keine starke Bewegung, kein Vibrieren durch die Maschinen; das Schiff war sehr gut gehalten und von seinem ausgezeichneten Kapitän prächtig navigiert. Die Küche war vorzügHch, die Gesellschaft sehr munter. Wie schade, daß Du nicht dabei sein konntest, welches Vergnügen würde Dir dies alles be- reitet haben! Die spanische Küste ist sehr schön, aber ohne Vegetation. Vigo eine große Bucht, in der alle Flotten der Welt Platz haben. Britische Flotten machen hier jeden Monat Besuch; Heinrich war letztes Jahr hier mit unserem Geschwader. Die Meerenge ist imposant, aber Gibraltar ist einfach überwältigend! Das Großartigste, was ich je gesehen habe. Worte sind gänzlich unzulänglich, davon auch nur die schwächste Vorstellung zu geben. Großartig in seiner natürhchen Anlage und in der militärischen Gewalt, welche auf und um diesen mächtigen Felsen herum gesammelt ist. In mihtärischen Kreisen habe ich ^del Interesse an dem Krieg gefunden, aber keine Vorbereitungen für ihn und keine Animosität gegen Rußland. Port Mahon ist eine ruhige und die reinlichste spanische Stadt mit einem hübschen, überall von Land umgebenen Hafen. Eine Art Malta en miniature. Neapel ist zu hebUch und be- zaubernd; Sommerkhma, eine Menge Blumen, beson- ders Nelken, Orangenbäume voll Orangen. Der König war wohlauf, er interessiert sich sehr für den Krieg, den er genau verfolgt. Er erwähnte, er hätte Nachricht von der Mobilisierung der turkestanischen und kauka- 114 slschen Truppen erhalten, die sich schon in Bewegung gesetzt hätten. Ich sagte, ich hielte dies für höchst unwahrscheinlich, ich hätte nie ein Wort davon gehört. Ich beruhigte ihn über den Balkan, der anscheinend eine große Anziehungskraft für ihn hat, und sagte ihm, daß sich dort nichts ereignen würde, da die Groß- mächte entschlossen seien, sich nichts von irgend jeman- dem bieten zu lassen. Nebenbei bemerkt, ersehe ich aus den Zeitungen, daß in unserem Handelsvertrage anscheinend eine Stockung eingetreten ist. Vermutlich haben sich die Geheimräte und Tschinowniks einem süßen Schlummer hingegeben, nachdem sie eine Menge Tinte vergossen haben, mehr, als gut ist. Ich gäbe etwas darum, wenn ich zusehen könnte — was für ein Spaß wäre es — wenn Du plötzlich mit Deiner kaiser- lichen Faust auf den „grünen Tisch" schlügest, daß die trägen Leute hochführen! Schheßhch kann man doch nicht ewig warten, es sind ohnehin schon viele Monate vergeudet worden. Die Aussicht auf ein hüb- sches Pic-nic in Sibirien wird bestimmt Wunder wirken. Vielleicht würde es dazu beitragen, das Tempo der Dinge zu beschleunigen, wenn Du irgendeine gewich- tige Persönlichkeit nach Berlin geradeswegs zu Bülow schicken möchtest, um die Sache mit ihm persönlich ins reine zu bringen; einen Mann von ausgezeichneten Fähigkeiten, der in diesen Dingen wohlbewandert ist; das hätte eine gute Wirkung. Morgen fahren wir nach Sizilien — Messina — ab, wo wir die Osterwoche verbringen werden. Lebe wohl. 115 liebster Nicky. Gott segne Dich und sei mit Dir in all den schweren Zeiten, Du weißt, wie meine Ge- (^anken jetzt bei Dir weilen. Beste Grüße an AHx von Deinem Dich liebenden Vetter und Freund Willy. 11^ XXXIV Es ist nicht recht klar, welcherlei Befehle der Zar dem russischen Höchstkommandierenden in der Mandschurei, General Kuropatkin, gegeben haben konnte, denen dieser angebhch nicht nachgekommen war. Aus dem nachfolgenden Kaiserbrief müßte man entnehmen, der Zar habe Kuropatkin bis zur Ankunft genügender Reserven eine Defensive an- geraten, wogegen der russische Heerführer zu einem „leicht- fertigen" Draufgehen geneigt gewesen sei. TatsächHch war aber eher das Umgekehrte der Fall : Petersburg drängte gleich nach Kriegsbeginn zu einer Offensive, während Kuropatkin erst im August 1904 (Schlacht bei Liaoyang) genügende Truppen und Artillerie zu haben glaubte, um unter Um- ständen dem Gegner seinen Willen aufzuwingen. — Ob Charles Hardinge der russischen Regierung auf Wunsch Königs Eduard VH. (Onkel Bertie) eine britische Vermitt- lung behufs einer eventuellen Beendigung des russisch- japanischen Krieges angeboten hat, läßt sich vorerst nicht feststellen. Jedenfalls ist von späteren dahingehenden An- geboten nichts bekannt geworden. König Eduard traf Ende Juni mit dem Kaiser in Kiel zusammen. — Der vom Kaiser als Graf Lansdorf bezeichnete Flügeladjutant heißt richtig Graf Lambsdorff. 117 Berlin, 6. VI. 1904 Liebster Nicky! Dein lieber Brief, den Krupensky mir vor zwei Tagen überreichte, hat mich sehr gerührt. In diesen für Dich, Deine Armee und Dein Land so schweren Tagen ist es doppelt freundhch von Dir, mir so viel Zeit zu wid- men; da es aber so ist, so war ich andererseits um so stolzer darauf, da ich aus dieser Tatsache schließen kann, daß Du auf mich als auf Deinen echten Freund zählst, \\de Du es richtig ausdrückst. So ist es auch! Und ich kann Dir versichern, daß niemand alle Phasen des Krieges mit größerem Interesse und Eifer verfolgt als ich. Deine Bemerkung über Kuropatkin war für mich eine wahre Enthüllung! — Ich \vundere mich sehr über seine Kurzsichtigkeit, daß er Deinen Be- fehlen nicht bedingungslos gehorchte. Er hätte Deine Ratschläge um so mehr befolgen müssen, als Du doch selbst in Japan gewesen und daher ein viel sachkun- digerer Beurteiler der Japaner bist als er. Deine Er- mahnungen waren durchaus richtig und sind durch die Tatsachen vollauf bestätigt worden. Ich hoffe nur um Himmels willen, daß der General nicht den Enderfolg Deiner Streitkräfte dadurch gefährden wird, daß er sie leichtfertig einem „echec" aussetzt, bevor nicht alle seine Reserven zu ihm gestoßen sind, die, wie ich glaube, zum Teil noch unterwegs sind. Das alte Wort Napo- leons I. gilt noch: „La victoire est avec les gros 118 bataillons" ; man kann für die Schlacht nie zu stark sein ; hauptsächHch was die Artillerie betrifft: eine absolute Überlegenheit muß ohne Frage hergestellt sein, um den Sieg zu sichern. Ich hatte eine interessante Unterredung über den Krieg mit dem französischen Militärattache. Auf meine Bemerkung, daß ich es für sehr erstaunlich hielte, daß die Franzosen als Deine „Verbündeten" nicht ihre Flotte hinschickten, um Port Arthur offenzuhalten, bis Deine Ostseeflotte dort eingetroffen sei, antwortete er, dies sei wahr, die Franzosen hätten aber mit anderen Mächten zu rechnen. Nach vielen Anspielungen und Winken fand ich heraus — was ich immer befürchtet habe — , daß das enghsch-französische Übereinkommen die eine hauptsächliche Wirkung hat, nämlich: die Fran- zosen zu verhindern, Dir zu helfen! II va sans dire, daß, wenn Frankreich verpfhchtet gewesen wäre. Dir mit seiner Flotte oder Armee zu helfen, ich natürlich keinen Finger gerührt hätte, um es daran zu hindern; denn dies wäre doch höchst unlogisch von dem Urheber des Bildes „Gelbe Gefahr" gewesen! Ich bin überzeugt, England wird demnächst seine Bemühungen erneuern. Dir Vermittlungsvorschläge zu machen — dies ist tatsächhch, wie ich weiß, die beson- dere Mission Hardings, trotzdem Du die Vorschläge schon so energisch zurückgewiesen hast, was auch ein überaus starkes Stück von Englands Seite ist, da der Krieg doch eben erst begonnen hat; — es fürchtet für sein Geld und möchte gern Tibet billig bekommen — 119 ich werde gewiß versuchen, Onkel Bertie, sobald ich ihn sehe, davon abzuraten. Dich noch länger mit sol- chen Vorschlägen zu beheUigen. Sollte im Laufe der Ereignisse Dir eine Vermittlung ratsam erscheinen, so ist es klar, daß der erste Wunsch in dieser Richtung von Dir kommen muß, und Du kannst sicher sein, daß ich auch immer zu Deiner Verfügung stehen werde! Ich möchte Dich zu dem Mut und der Tapferkeit Deiner Soldaten und Matrosen beglückwünschen, die alles Lob verdienen und sehr brav gekämpft haben! Ich habe über Deine Anregung hinsichtlich des Handelsvertrages nachgedacht und die Sache mit dem Kanzler bespro- chen. Wir haben kein besonderes Interesse daran, an welchem Ort die Verhandlungen abgeschlossen werden sollen; da Du Dich aber freundhch erbietest, Witte hierherzuschicken, so werden wir ihn hier willkommen heißen, und je eher Du ihm Deine Vollmacht zu Ver- handlungen überträgst, desto besser für unsere beiden Länder. Ich habe den Major Graf Lansdorf, meinen persönlichen Adjutanten, als Militärattache ausersehen. Er ist von mir angewiesen worden, sich als lediglich Deiner Person attachiert zu betrachten, wie es in den Tagen Nikolaus' I. und Alexanders II. war. Er ist in seinen Berichten nur mir persönlich verantwortlich, und es ist ihm ein für allemal untersagt, mit irgend jemand sonst in Verbindung zu treten, weder mit dem Generalstab, noch mit dem Auswärtigen Amt, noch mit dem Kanzler. Du kannst ihm daher jede Botschaft, jede Anfrage, jeden Brief usw. für mich anvertrauen 120 und Ihn in jeder Hinsicht als ein direktes Verbindungs- ghed zwischen uns beiden verwenden. Solltest Du mir einen aus Deinem Gefolge, der Dein volles Vertrauen besitzt, zu schicken wünschen, so werde ich ihn mit Vergnügen empfangen, denn ich halte es während die- ser schweren Ereignisse für höchst notwendig, daß es Dir möghch sei, „le cas echeant" Dich mit mir schnell in Verbindung zu setzen, ohne den schwerfälligen und indiskreten Apparat der Kanzleien, Botschaften usw. Ich bin gespannt, was ich von Onkel Bertie in Kiel hören werde, jedenfalls werde ich Dich auf dem lau- fenden halten. Nun lebe wohl, Hebster Nicky, die besten Grüße an Alix und Deine Mutter. Möge Gott Euch alle beschützen, das ist der aufrichtigste Wunsch Deines stets Dich liebenden Freundes und Vetters WiUy. 121 XXXV Am 12. August wurde die Zarin von einem Sohne, dem Thronfolger, entbunden, der am 24. August in der Taufe den Namen Alexejew erhielt. — Am 10. August hatte die russische Flotte (6 Linienschiffe, 4 Kreuzer und 8 Torpedo- boote) unter Admiral Witthöft Port Arthur" verlassen, um sich mit der W'ladiwostok- Flotte, die gleichzeitig ausgelaufen v^^ar, zu vereinigen. Das Port-Arthur-Geschwader wird vom japanischen Admiral Togo angegriffen, Admiral Witthöft fällt, und Fürst Uchtimski flüchtet mit der russischen Flotte nach Port Arthur zurück, nachdem auch das Wladiwostok- Geschwader am 14. August vom japanischen Admiral Kamimura zur Umkehr gezwungen war. — Die russische Ostseeflotte, von der der Kaiser in seinem hier folgenden Briefe hofft, sie werde die japanische Flotte zwingen, „sich in ihre Häfen zurückzuziehen", hat später — sie war monatelang unterwegs — in der Seeschlacht bei Tsuschima ein tragisches Ende gefunden. Schloß Wilhelmshöhe, 19. VIII. 1904 Liebster Nicky! Welch ein freundlicher Einfall von Dir, mich auf- zufordern, bei Deinem kleinen Jungen Pate zu stehen! Du kannst Dir denken, wie wir uns gefreut haben, als 122 wir Dein Telegramm, das seine Geburt ankündigte, lasen! „Was lange währt, wird gut"*, sagt ein altes deutsches Sprichwort; möge dies bei dem lieben Klei- nen zutreffen ! Möge er heranwachsen und ein tapferer Soldat und ein weiser und mächtiger Staatsmann wer- den; und möge der Segen Gottes immer auf ihm ruhen und ihn vor allem Leid an Körper und Seele bewahrem Möge er immer wie ein Sonnenstrahl auf Eurem Lebens- wege sein, wie er es jetzt in dieser Zeit der Prüfung ist! Heinrich ist der Überbringer dieser Zeilen und meiner aufrichtigsten, herzlichsten Wünsche für Dich, Alix und den Jungen ! Er nimmt auch mein Geschenk, einen Becher, für mein kleines Patenkind mit, das ihn hoffenthch in Gebrauch nehmen wird, wenn es denkt, daß sich der Durst eines Mannes nicht immer bloß mit Milch stillen läßt! Vielleicht wird es dann eines Tages selbst darauf kommen, daß „Ein gut Glas Branntwein soll Mitternacht nicht schädHch sein"* nicht nur ein Gemeinplatz ist, sondern daß oft „Im Wein ist Wahrheit nur allein"*, wie der Kellermeister in „Undine" singt, und zum Schluß das klassische Wort unseres großen Reformators Dr. Martin Luther: „Wer nicht hebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang"*. Zu diesen Grundsätzen möchte ich gern mein Patenkind erzogen sehen! Es hegt ein tiefer Sinn in ihnen, und nichts läßt sich gegen sie einwenden! Der Verlauf des Krieges ist für Deine Armee und * Im Original deutsch. 12^ Flotte sehr schmerzlich gewesen, und ich bin tief be- trübt über den Verlust so vieler tapferer Offiziere und Leute, die in Erfüllung ihrer Pflicht gefallen oder er- trunken sind, in loyaler Treue zu dem Eid, den sie ihrem Kaiser geschworen haben. Mögen die Verstär- kungen, die ausgeschickt werden, die Zahl und die Schlagkraft Deiner Armee in solchem Maß erhöhen, daß die absolute Überlegenheit auch zahlenmäßig her- gestellt wird. Soweit ich ausfindig machen konnte, hat Kuropatkin 180000 Mann im Felde, während die Japaner ungefähr 250 — 280 000 aufgebracht haben. Dies scheint noch ein Mißverhältnis und erschwert Deinem tapferen General die Aufgabe sehr. Sollte es Deinen Schlachtschiffen bei ihrem letzten Ausfall aus Port Arthur wegen der Beschädigungen, die sie im Kampf erhalten, nicht mögHch sein, Wladiwostok zu erreichen, so ist das beste, was sie tun können, den Versuch zu machen, nach Tsingtau zu gelangen, wo sie bis zum Kriegsende gut versorgt werden sollen; das ist besser, als in die Luft gesprengt oder versenkt zu werden. Sie werden dort von uns so gut versorgt werden, wie wir uns des „Zesaro witsch" und der Tor- pedoboote annehmen werden. Möge das nächste Jahr Dir mehr Glück bringen, wenn die Armee, gerüstet und in voller Kampfstärke formiert, fähig sein wird, den Feind mit besserer Aussicht auf Erfolg anzugreifen, als es augenblicklich der Fall ist; denn es scheint mir, daß Kuropatkin noch immer in Gefahr ist, von seinem Zufluchtsort, den er sich in der Richtung auf Mukden 124 zu erkämpfen haben wird, abgeschnitten zu werden; gebe Gott, daß ihm der Durchbruch ohne Schaden gelinge. Das alte Wort Napoleons I. gilt noch immer: „La victoire est avec les gros bataillons." Ich zweifle nicht daran, daß Du schließHch siegen wirst und mußt, aber es wird Geld und viele Menschen- leben kosten, da der Feind tapfer ist, gut geführt wird und nur durch eine Übermacht an Zahlen, durch Zeit und Geduld geschlagen werden kann. Die Operationen der Feldarmee werden natürlich leichter sein und bes- sere Ergebnisse haben, sobald die Ostseeflotte auf dem Schauplatz erschienen sein und die japanische Flotte in Ihre Häfen zurückgetrieben haben wird, wodurch die jetzt durch die Untüchtigkelt der Admirale an der Spitze der Flottenstreitkräfte in Port Arthur verloren- gegangene Herrschaft zur See wieder zu Deinen Gun- sten hergestellt wird. Die Herrschaft zur See ist eine unbedingte Notwendigkeit, gleich vnchtig wie der Enderfolg der Landkamxpagne des Heeres, da sie dem Feind seine Stützpunkte, Verstärkungen usw. be- nimmt, über die er jetzt für den Massentransport von Reserven, Munition, das Verpflegungswesen, die Fort- schaffung der Verwundeten usw. frei verfügen kann. Als der Krieg im Februar ausbrach, habe ich selb- ständig einen Mobilisierungsplan ausgearbeitet, der sich auf die Anzahl der japanischen Divisionen der ersten Linie gründet. Da diese lo — 12 Divisionen ausmachen, so ergibt es 20 russische Divisionen, um absolutes Übergewicht über die Japaner zu erzielen, das bedeutet 125 10 Armeekorps, davon müssen 4 sibirische Korps ab- gezogen werden, die in der Mandschurei zur Stelle sind und die mandschurische Armee bilden, so daß 6 Korps von Rußland abgeschickt werden müssen. Diese müß- ten in 2 Armeen von je 3 Korps formiert werden, unterstützt durch ein Kavalleriekorps von 8 Brigaden mit 4 reitenden Batterien der Armee. Ich nahm an, daß Armeen in dieser Stärke ausgeschickt würden, und daß dies genügen werde, zu siegen, wobei der Man- dschureiarmee die Aufgabe zufallen würde, als eine Art Avantgarde zu dienen und die Ankunft der russischen Truppen an ihrem Stützpunkt sowie ihre Formation und Aufstellung als Armee zu maskieren. Ich habe es nicht gewagt, Dir meine Ideen schriftlich mitzuteilen, weil es nicht meine Sache ist, mich in Deine Angelegen- heiten zu mischen, und befürchtete. Du w^ürdest mir sagen, ich sollte mich um meine eigenen Angelegen- heiten bekümmern, da Du besser wüßtest, was Ruß- land nötig hat. Da aber augenbhcklich das erste Sta- dium des Feldzuges tatsächlich vorbei ist, so dachte ich, es wäre für Dich von Interesse. Mit besten Grüßen an Alix und den „Sonnenschein" verbleibe ich Dein Dir stets sehr ergebener und Dich liebender Freund und Vetter Willy. 126 XXXVI Bis Ende Oktober 1904 hatte zwar General Kuropatkin die russischen Landstreitkräfte in der Mandschurei in dem Feldzuge gegen die Japaner befehligt, den Oberbefehl aber zu Lande und zu Wasser führte dort nach wie vor der Statt- halter des Zaren im Fernen Osten, Admiral Alexe jew. Nach den für die Russen ungünstigen Schlachten bei Liaoyang und am Schahoflusse waren tiefgehende Unstimmigkeiten zwischen General Kuropatkin und Admiral Alexe jew ent- standen, und man sprach bereits von einem Entlassungsgesuch Kuropatkins. Am 25. Oktober wurde jedoch Alexejew ab- berufen und General Kuropatkin zum Oberbefehlshaber der russischen Land- und Seestreitkräfte in der Mandschurei ernannt. Die gänzlich ungenügenden Leistungen der russi- schen Flotte in Ostasien führten in Petersburg zum Ent- schluß, die baltische Flotte ebenfalls dahin zu entsenden und ihr eventuell auch das beste russische Geschwader, das- jenige im Schwarzen Meere, beizugeben. Obwohl der Kaiser dazu dringend riet, kam man jedoch in Petersburg schließ- lich von diesem Gedanken ab: man scheute sich dort an- scheinend, durch das Passieren der Schwarzen-Meer-Flotte durch die Dardanellen — selbst wenn die Pforte dies ohne weiteres geduldet hätte— den Pariser Vertrag von 1856 zu verletzen und dadurch namentlich England zu reizen, wenn nicht gar zu aktiven Schritten zu veranlassen. — Schebeko war damals Flügeladjutant des Zaren. 127 Hubertusstock, lo. X. 1904 Liebster Nicky! Um keine Zeit zu verlieren, habe ich Dir sofort, nachdem ich mit Schebeko gesprochen hatte, telegra- phiert. Ich bin von all den gütigen Botschaften, die Du mir durch ihn übersandt hast, sehr gerührt, und ich ersehe daraus, daß Dein Glaube an meine LoyaHtät unerschüttert ist. Es wird die Dinge tatsächhch un- geheuer erleichtern; jetzt, da Alexejew abberufen ist, wird ein General, der den absoluten Oberbefehl und die Kontrolle über alle Truppen in der Mandschurei hat, sicherlich allen Erfordernissen der Kriegführung besser entsprechen. Kuropatkin ist anscheinend bei sei- nen Truppen behebt, und sie setzen volles Vertrauen in ihn ; das ist der Punkt, auf den es für den Enderfolg hauptsächlich ankommt. Schebeko teilte mir Deine Absicht mit, gemein- schaftHch mit der Ostseeflotte auch die Schwarze-Meer- flotte auszuschicken, und bat mich, meine Meinung über die Ausführung dieses Planes zu äußern. Es ist eine gesunde miHtärische Idee und wird den Sieg sichern. Was die beste Aktionsmethode betrifft, so bin ich, nachdem ich die Frage gründhch erwogen und mich eingehend informiert habe, zu folgendem Schlüsse ge- kommen. Es wäre der beste Plan, die Flotte in aller Ruhe und Heimhchkeit für ihre Zweckbestimmung vorzu- bereiten, keiner Person und keiner Macht gegenüber 128 ein Sterbenswort über Deine Absicht verlauten zu lassen. In dem Augenblick, den Du für den geeigneten hältst, dampfe dann ruhig und stolz durch die Darda- nellen. Der Sultan wird — wie wir beide genau wissen — nicht die Spur eines Widerstandes leisten, und wenn Du erst draußen bist, werden wir alle vor ein „fait accomph" gestellt sein, das wir alle ruhig hinnehmen werden. Ich zweifle nicht im. geringsten daran, daß auch England es hinnehmen wird, wenngleich die Presse schäumen und wüten wird und die englischen Geschwader, wie sie es oft tun, ein wenig im Mittel- ländischen Meer herumkreuzen werden. Sie werden sich aber nicht ernstlich rühren, wenn sie sehen, daß die übrigen Mächte ruhig bleiben. Die Hauptsache ist, daß es ganz plötzlich und unvermutet vor sich gehen und für die ganze Welt eine Überraschung sein muß; das Geheimnis darf nicht früher verraten werden. Wenn es Dir recht ist, so werde ich eine Order unterzeichnen, durch die Lamsdorf Deinem Gefolge zugeteilt und Deiner Person attachiert wird, und sei Du so freund- lich, das nämliche mit Schebeko zu veranlassen. Viele Grüße an Alix Dein Dich liebender WiUy. 12g XXXVII Dies Schreiben weiht in einen Bündnisvorschlag ein, den der Zar in einem Telegramm vom 29. Oktober — das Da- tum ergibt sich aus dem Briefe vom 17. November — ge- macht hatte und der aus der damaligen Bedrängnis der russischen Lage hervorging, da nach dem Zwischenfall an der Doggerbank ein Krieg mit England drohte. — Der im Briefe erwähnte Zwischenfall in der Nordsee bezieht sich auf die Beschießung englischer Fischerboote an der Dogger- bank bei Hüll durch das nach Ostasien fahrende Geschwader des russischen Admirals Roschdjestwenski, das die Fischer- boote bei dem damals herrschenden unsichtigen Wetter für japanische Torpedoboote gehalten hatte. Neues Palais, 30. X. 1904 Mein lieber Nicky! Dein freundliches Telegramm hat mir das Vergnügen bereitet, zu empfinden, daß es mir vergönnt war, Dir in einem ernsten Augenblick ein v^^enig nützlich zu sein. Ich habe mich sofort mit dem Kanzler in Verbindung gesetzt, und wir beide haben insgehei m — ohne sonst jemand davon zu unterrichten — die drei Vertrags- artikel, wie Du gewünscht hast, entworfen. Es sei, wie ISO Du sagst. Wir wollen zusammenhalten. Das Bündnis würde natürlich rein defensiv sein und sich ausschheß- lich gegen einen europäischen Angreifer oder mehrere richten, in der Gestalt einer gegenseitigen Feuerver- sicherungsgesellschaft gegen Brandstiftung. Es ist sehr wesentHch, daß sich Amerika nicht durch unser Über- einkommen bedroht fühlt. Roosevelt hat, wie ich weiß, infolge der eingeborenen amerikanischen Abneigung gegen alle farbigen Rassen keine besondere VorHebe für Japan, trotzdem England sich auf das äußerste an- strengt, die Gefühle Amerikas zugunsten der Japaner zu bearbeiten. Außerdem haben die Amerikaner ein klares Verständnis für die unbestreitbare Tatsache, daß ein mächtiges japanisches Reich eine dauernde Gefahr für die amerikanischen Philippinen ist. Was Frank- reich betrifft, so wissen wir beide, daß die Radikalen und die antichristlichen Parteien, die augenblicklich die stärkeren sind, England zuneigen — alte Überliefe- rungen aus der Krimzeit — , aber gegen einen Krieg sind, weil ein siegreicher General die sichere Zerstö- rung dieser Republik elender Zivilisten bedeuten würde. Die nationaHstische oder klerikale Partei hat für Eng- land nichts übrig und Sympathien für Rußland, denkt aber nicht im Traum daran, sich im gegenwärtigen Kriege für Rußland einzusetzen. Zwischen diesen beiden Parteien wird die republikanische Regierung neutral bleiben und nichts tun. England rechnet mit dieser Neutralität und mit der daraus sich ergebenden Isoherung Rußlands. Ich weiß ganz bestimmt, daß 131 sogar schon letzten Dezember der französische Finanz- minister Rouvier aus eigenem Antrieb dem Finanz- agenten einer anderen Macht gesagt hat, Frankreich werde unter gar keinen Umständen Dir bei einem russisch- japanischen Kriege zur Seite stehen, selbst dann nicht, wenn England auf die Seite Japans träte. Um sich dieser RepubHkaner doppelt zu versichern, hat England Marokko den Franzosen überliefert. Die absolute Sicherheit, daß Frankreich beabsichtigt, neu- tral zu bleiben und sogar seine diplomatische Unter- stützung England zu leihen, ist der Grund, der der enghschen PoHtik gegenwärtig ihre ungewöhnHch bru- tale Sicherheit verleiht. Dieser unerhörte Zustand wird sich zum Besseren wenden, sobald Frankreich sich direkt der Notwendigkeit gegenübergestellt sieht, Farbe zu bekennen und sich offen für Petersburg oder London zu erklären. Wie ich schon sagte, verwerfen die Radi- kalen, die nach England gravitieren, den Krieg und den Militarismus, wogegen die NationaHsten, wenngleich sie gegen den Krieg an sich nichts haben, weder für England noch gegen Rußland kämpfen werden. Es liegt daher augenfällig im Interesse beider Parteien, auf England einen Druck auszuüben und es zu ermahnen, sich ruhig zu verhalten. Wenn Du und ich Schulter an Schulter zusammenstehen, so wird das hauptsäch- lichste Ergebnis das sein, daß Frankreich sich uns beiden offen und in aller Form anschließen muß und damit endlich seine vertraglichen VerpfHch- tungen gegenüber Rußland erfüllt, was für uns vom 132 größten Wert ist, besonders im Hinblick auf seine schönen Häfen und seine gute Flotte, die dadurch auch zu unserer Verfügung stehen würden. Du kannst ver- sichert sein, das wird den künstHch aufgemachten Be- schwerden über sogenannte Neutrahtätsverletzungen ein Ende bereiten. Wenn dieses Ziel einmal erreicht ist, so werde ich, wie ich erwarte, in der Lage sein, den Frieden aufrechtzuerhalten, und Dir wird freie und un- gehinderte Hand in Deinem Vorgehen gegen Japan ge- lassen sein. Ich möchte noch bemerken, daß ich Deinen meisterhaften poHtischen Instinkt bewundere, der Dich veranlaßt hat, den Zwischenfall in der Nordsee vor das Haager Tribunal zu verweisen. Denn gerade diesen systematisch entstellten Zwischenfall haben sich die französischen Radikalen zunutze gemacht, Clemenceau und alles übrige Lumpengesindel, als weiteres Argu- ment gegen die Notwendigkeit, daß Frankreich seine vertragHchen Verpfhchtungen gegenüber Rußland er- füllte. Natürhch muß dieser lästige Zwischenfall in der Nordsee erst erledigt sein, ehe wir irgendwelche Schritte in dieser Frage unternehmen und an Frankreich heran- treten können. Denn Delcasse und Cambon haben, vde mir mitgeteilt wird, sich bereits die britische Auf- fassung dieses Zwischenfalls zu eigen gemacht und demgemäß die Stellungnahme der französischen Re- gierung in einer für England freundHchen Weise fest- gelegt. Sollten v/ir daher in dieser Frage einen Druck auf die Franzosen ausüben, so würden sie unzweifelhaft sich für die britische Seite entscheiden, also gerade 133 das tun, was wir nicht wollen. „II faut que l'incident de la Aler Noire [!] soit clos" zuerst, dann erst kann unsere Alvtion einsetzen. Ich lege den Entwurf der Vertrags artikel, wie ge- wünscht, bei; möge er Deine Billigung finden; niemand weiß etwas davon, selbst nicht mein Auswärtiges Amt; Bülow und ich haben es persönlich besorgt. ,,Möge Gottes Segen ruhen auf dem Vorhaben der beiden Herrscher und die mächtige dreifache Gruppe Rußland, Deutschland, Frankreich für immer Europa den Frie- den bewahren helfen, das walte Gott," so lauteten seine Worte, als wir fertig waren. Ich werde den General der Infanterie von der Goltz und den Oberpräsidenten von Ostpreußen von Moltke nach Suwalki entsenden, um Dich zu begrüßen, wenn Du Dich unserer Grenze näherst. Ersterer befehligt das I. Armeekorps, früher war er der Chef unseres Pionierkorps; er hat diesen Posten nach seiner Rück- kehr aus der Türkei eingenommen, wo er viele Jahre mit dem fruchtlosen Versuch einer Reorganisierung zu- gebracht hat. Der letztere ist Oberpräsident von Ost- preußen, ein Neffe des alten Feldmarschalls und Bruder meines Generaladjutanten, der Deine Grenadiere kom- mandiert hat und oft gütig von Dir empfangen worden ist, wenn er in besonderer Mission zu Dir kam. Mit bestem Gruß an Alix verbleibe ich Dein Dich stets liebender Vetter und Freund Willy. 134 XXXVIII Kaiser und Reichskanzler hatten nach den Vorschlägen des Zaren den folgenden Vertragsentwurf in drei Artikeln aufgesetzt. Aus dem Schreiben des Kaisers vom 17. Novem- ber ergibt sich, das der Zar dem Berliner Entwurf einen Article secret hinzugefügt hatte, der hier nicht vorhegt. Dem kaiserUchen Schreiben vom 17. November ist dann aber ein neuer Entwurf mit Änderungsvorschlägen für die Eingangsformel und für den Article secret beigegeben (Brief Nr. XL). PROJET (i) Leurs Majestes l'Empereur de toutes les Russies et l'Empereur d'Allemagne afin de localiser autant que faire se peut la guerre russo-japonaise, ont arrete les articles suivants d'un traite d'alliance defensive. Article I Au cas oü l'un des deux Empires seralt attaque par une puissance Europeenne, son allie l'aidera de toutes ses forces de terre et de mer. Les deux allies le cas echeant feront egalement cause commune afin de 135 rappeler ä la France les obligations qu'elle a assumees aux termes du traite d'alliance franco-russe. Article II Les deux hautes parties contractantes s'engagent a ne conclure de paix separee avec aucun adversaire commun. Article III L'engagement de s'entr'aider est valable egalement pour le cas oü des actes accomplis par l'une des deux hautes parties contractantes pendant la guerre tels que la livraison de charbon ä un belligerant donne- raient Heu apres la guerre ä des reclamations d'une tierce puissance comme pretendues violations du droit des neutres. Deutsche Übersetzung: ERSTER VERTRAGSENTWURF Ihre Majestäten der Kaiser aller Reußen und der Deutsche Kaiser haben, um den russisch-japanischen Krieg möglichst zu lokalisieren, folgende Artikel eines Defensivbündnisses vereinbart. Artikel I Falls eines der beiden Kaiserreiche von einer europäischen Macht angegriffen werden sollte, wird sein Verbündeter mit allen seinen Streitkräften zu Lande und zur See ihm beistehen. Vorkommendenfalls werden die beiden Verbündeten ebenso ge- meinsame Sache machen, um Frankreich zur Beachtung der Ver- bindlichkeiten aufzufordern, die es nach dem Wortlaute des französisch-russischen Bündnisvertrages übernommen hat. 13^ Artikel II Die beiden hohen Parteien verpflichten sich, keinen Separat- frieden mit irgendeinem gemeinsamen Feinde zu schließen. Artikel III Die Verpflichtung zu gegenseitiger Hilfeleistung ist auch gültig in dem Falle, falls Handlungen, die von einer der beiden hohen vertragschließenden Parteien während des Krieges vollzogen wor- den sind, wie z. B. die Lieferung von Kohlen an einen der Kriegführenden, Reklamationen seitens einer dritten Macht als angebliche Verletzungen des Neutralitätsrechtes sollten veranlassen. ^Ol XXXIX In seinem Briefe an den Zaren vom 30. Oktober hatte der Kaiser hervorgehoben, daß der vom Zaren vorgeschlagene deutsch-russische Vertrag unter anderem Frankreich zwingen würde, sich den beiden Großmächten „offen und in aller Form" anzuschheßen. Aus dem hier folgenden Kaiserbriefe ersehen wir, daß dieser sicheren Hoffnung zuerst vom Zaren in seinem Telegramm an den Kaiser vom 29. Oktober Aus- druck gegeben worden war. Aus dem Austausch der beiden Kaiser entwickelte sich nun ein abgeänderter Bündnis- efntwurf (Brief Nr. XL). — Mit der „Dreier-AUiance von 1895" meint der Kaiser das Zusammenwirken Deutschlands, Rußlands und Frankreichs gegenüber Japan. Neues Palais, 17. XI. 1904 Liebster Nicky! Dein freundliche^ Brief zeigt mir abermals, daß die Lokalisierung des gegenwärtigen Krieges und die Ver- m.eidung eines europäischen Krieges die leitenden Prin- zipien unserer gemeinsamen Bemühungen sind. Ich 138 bin so frei, von Deiner freundlichen Erlaubnis Gebrauch zu machen und in unserem gemeinsamen In- teresse zwei Änderungen vorzuschlagen; eine soll meinen Vorschlag modifizieren, die andere betrifft Deine letzte Klausel. Es wäre möglich, daß der Satz „afin de localiser la guerre russe-japonaise", wenn durch eine Veröffent- lichung auf amtlichem oder durch eine Indiskretion auf geheimem Wege der Inhalt des Vertrages bekannt werden sollte, von anderen Mächten so ausgelegt wer- den könnte, als hätte er die Bedeutung, daß der Ver- trag nur dann in Kraft treten würde, falls England als Verbündeter Japans in den Krieg einträte, das heißt als eine ausschheßlich gegen England gerichtete herausfordernde Absicht. In Wirklichkeit und tat- sächlich ist es auch so; aber „toute verite n'est pas bonne a dire". Wir sehen jetzt die öffentliche Mei- nung in England in einem nervösen, fast an Wahnsinn grenzenden Zustand, von dem man uns allen gerade jetzt einige erbauhche Beweise gegeben hat. In solcher Stimmung muß England eine direkte Herausforde- rung in diesem Vertrag erblicken und geradeswegs auf die Schlußkatastrophe hindrängen, die v^r beide zu vermeiden oder mindestens hinauszuschieben ver- suchen. Darum schlage ich einen Satz vor, den Du selbst gebraucht hast: „afin d'assurer le maintien de la paix en Europe", der unserer Absicht vollkommen entspricht und unter keinen Umständen als Pro- vokation betrachtet werden kann. Wir denken nur 139 an uns selber und enthalten uns, auf irgend jemand mit Fingern zu deuten (was außerdem in der guten Ge- sellschaft als Mangel an Erziehung gilt). Niemand — mit einem reinen Gewissen, NB. — hat irgendein Recht, sich durch einen solchen Vertrag beunruhigt zu fühlen, und es wird für die zornwütigen Jingoes in England schwer sein, aus seinem Abschluß eine „causa belli" zu m.achen. Diese Änderung im Wortlaut des Vertrages er- fordert, meiner Meinung nach, eine gewisse zeitliche Beschränkung. Entweder eine kurze mit einer zu jeder Zeit des Jahres möglichen Kündigungsfrist, oder, wenn Dir das Heber ist, eine längere Gültigkeitsdauer. Die Verlängerung würde, für den Fall — und dies ist mein heißes Hoffen — , daß der Vertrag den Wünschen der beiden Nationen entspricht und ihnen zum Segen wird, ganz von selbst automatisch vor sich gehen. Dies kann genau nach Deinen Wünschen eingerichtet v/erden. Die nächste Änderung bezieht sich auf die dem Vertrage neu hinzugefügte Schlußklausel. Man muß bedenken, daß, solltest Du z. B. eine Veröffentlichung des Vertrages nicht Vv^ünschen, Indiskretionen möglich sind — Mauern haben Ohren und Diplomaten Zun- gen, die wackeln — ; unter solchen Umständen würde die Auslegung dieses Satzes die sein, ich hätte mich klipp und klar verpflichtet. Dir zum Schutze der Eroberungen Rußlands beizustehen, was auf eine so- fortige Ersetzung des Artikels I in einem rein aggressiven 140 Sinne hinauskommen würde. Das würde die ganze politische Welt zu der Annahme führen, daß wir — an Stelle einer Verteidigungsalliance — eine Art eingetragene Gesellschaft mit Annexionsabsichten ge- bildet haben, die möglicherweise noch geheime Ab- machungen zum privaten Vorteil Deutschlands be- sitzt. Das daraus hervorgehende allgemeine Miß- trauen dürfte unsere gemeinsame Lage schwer ge- fährden, denn Amerika würde sich — was unter keinen Umständen erlaubt werden darf — sofort England anschließen, und zwar unter dem Verdacht, daß Ruß- land und Deutschland aggressive Operationen zur Förderung eigennütziger Zwecke zu unternehmen vor- hätten. Es wird aber gerade die Hauptaufgabe der russischen und deutschen Diplomaten sein, Amerika von einer Verbindung mit England abzuhalten. Würde der Vertrag durch amtliche Veröffentlichung oder Indiskretionen bekannt, so muß Bülow — bei der Be- antwortung von Anfragen im Parlament — in der Lage sein, zu erklären, daß keinerlei geheime Ab- machungen bestehen, durch die die defensive Natur des Vertrages verletzt werden könnte, noch daß Deutschland — „au detriment des autres" — irgend etwas anderes zugesagt würde, das über die Hilfe zur Verteidigung des Friedens in Europa hinausginge, falls er von sonst einer Seite gefährdet wäre. Das ist der Grund für meinen Vorschlag zu einer anderen Fassung des Satzes. Die ausschlaggebende Idee dabei ist die fortgesetzte Polemik der russischen Presse 141 während der letzten Monate gegen die Vermittlung eines Friedenskongresses, ähnlich wie im Jahre 1878, dessen abermalige Einberufung Eure Zeitungen fürch- ten, — und es sind Anzeichen dafür vorhanden, daß einige Mächte schon wieder nach dieser Richtung hin arbeiten, besonders Paris und London — und der alles, was in seiner Macht steht, aufbieten würde, um Sieger und Besiegte auf das gleiche Niveau zu bringen, und versuchen würde, den Sieger seiner Eroberungen und Vorteile zu berauben, wie 1878. Außerdem schließt dieser Satz in seiner neuen Form ein für alle- mal jede Möglichkeit für Deutschland aus, an einem derartigen Friedenskongreß teilzunehmen, und nimmt zu gleicher Zeit allen Übelwollenden und Kritikern die Gelegenheit zu unterstellen, daß wir ein anderes Ziel haben als das, den Frieden ohne Herausforderung zu erhalten. Dieses sind meine beiden Vorschläge, die ich mir erlaube. Deiner gütigen Zustimmung zu unter- breiten, die ihnen auch, wie ich hoffe, zuteil werden mrd. Ich habe damit die Absicht zu verhindern, daß England an diesem Kriege aktiven Anteil nimmt und, wenn irgend möglich, zu verhüten, daß Amerika sich England anschließt. Ich weiß nicht, ob Du es für notwendig hältst, die Geheimklausel (III) Frankreich mitzuteilen .? Du kannst das ganz machen, wie Du willst, aber ich glaube, die anderen Artikel werden es verhindern, beiseite zu treten. Delcasse wird bestimmt die dem Sinne nach gegen den Kongreß gerichtete Tendenz sofort heraus- 142 finden, und wenn man bedenkt, daß er bereits zwischen Paris und London und mit anderen Mächten Verhand- lungen aufgenommen hat, die die Einberufung eines Friedenskongresses zur Vermittlung bezwecken, wird es ihm angenehm sein, infolge gewisser Schwierigkeiten sofort seine Verhandlungen, bereits „entamees", ab- brechen zu können. Zweifellos würden die Franzosen irgendeine andere Mächtegruppierung der der Dreier-Alliance von 1895 bedeutend vorziehen; wenn aber der russisch-deutsche Vertrag erst einmal eine Tatsache geworden ist, wird er eine starke Anziehungskraft auf Frankreich ausüben, was Du ja auch in Deinem Telegramm vom 29. Oktober vorausgesehen hast, worin Du sagst : „Nach- dem das Arrangement von uns angenommen wor- den ist, ist Frankreich genötigt beizutreten." Es wird natürlich die Arbeit Deiner Diplomatie sein, die not- wendigen Vereinbarungen mit Frankreich zu treffen, während Deutschland still hinter Dir steht. Die demokratischen Zivihsten und Freimaurer Delcasse, Combes & Co. haben von einem Siege ebensoviel zu fürchten wie von einer Niederlage, und in dem Augen- blick, wo sie erkennen, daß Frankreich nicht mehr neutral bleiben kann und unter dem Zwang steht, sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen, werden sie alles tun, um England davon abzuhalten, in den Krieg einzutreten. Schließlich würde ein ausgezeich- netes Mittel, die enghsche Anmaßung und Überheb- lichkeit abzukühlen, eine militärische Demonstration 143 an der persisch -afghanischen Grenze sein, wohin Du, wie die Briten annehmen, während des Krieges Truppen zu senden nicht die Macht hast. Selbst wenn die Dir zur Verfügung stehenden Truppen nicht zu einem wirkhchen Angriff auf Indien genügen soll- ten, werden sie für Persien — das keine Armee hat — ausreichen, und ein Druck an der indischen Grenze von Persien aus wird in England Wunder wirken und einen auffallend beruhigenden Einfluß auf die heiß- köpfigen Jingoes in London haben. Denn ich weiß und bin darüber unterrichtet, daß dies das Einzige ist, was sie fürchten, und daß die Angst vor Deinem Eindringen nach Indien von Turkestan aus und nach Afghanistan von Persien aus die wirkliche und ein- zige Ursache ist, warum die Kanonen von Gibraltar und der britischen Flotte vor drei Wochen geschwie- gen haben ! Die indische Grenze und Afghanistan sind die einzigen Teile der Erdkugel, wo die gesamte bri- tische Flotte für England unwirksam ist, und wo deren Geschütze gegen die der Eindringlinge macht- los sind. Indiens Verlust ist der Todesstoß für Groß- britannien ! In dieser Weise wird hoffentlich unser Vertrag seinen Zweck erfüllen, den Frieden Europas zu erhalten. Sollten der revidierte Entv^oirf und die Motive dafür Deine Zustimmung finden, so kann die Unterzeich- nung sofort erfolgen. Ich nehme an, daß Lamsdorff Deine Befehle zur Vorbereitung der Formalitäten erhalten wird. Gott gebe, daß wir den rechten 144 Weg gefunden haben, die Schrecken des Krieges einzudämmen, und spende unseren Plänen seinen Segen. Mit herzhchsten Grüßen an Ahx bin ich, Hebster Nicky, immer Dein Dir zugetaner Vetter und Freund Willy. 145 XL PROJET (2) Leurs Majestes les Empereurs de toutes les Russies et de TAllemagne afin d'assurer le maintien de la paix en Europe ont arrete les articles suivants d'un traite d'alliance defensive. Article I Au cas oü l'un des deux Empires serait attaque par une puissance Europeenne, son allie l'aidera de toutes ses forces de terre et de mer. Sa Majeste l'Empereur de toutes les Russies fera les demarches necessaires pour initier la France ä cet accord et l'engager ä s'y associer comme allie. Article II Les hautes parties contractantes s'engagent a ne pas conclure de paix separee avec aucun adversaire com- mun. Article III Le present traite restera en vigueur tant qu'il ne sera pas denonce une annee d'avance. 146 Article secret Les hautes parties contractantes sont convenues de faire cause commune dans le cas oü des actes accomplis par une d'elles pendant la guerre (actuelle ?) tels que la livraison de charbon ä un belligerant, donneraient Heu par la suite ä des reclamations d'une tierce puis- sance comme pretendues violations du droit des neutres. II resulte des termes du premier alinea de Tarticle I que PAllemagne ne s'associera a aucune action quelle qu'elle soit qui pourrait impliquer des tendances ho- stiles ä la Russie; Deutsche Übersetzung: ZWEITER VERTRAGSENTWURF Ihre Majestäten der Kaiser aller Reußen und der Deutsche Kaiser haben zum Zwecke der Aufrechterhaltung des Friedens in Europa folgende Artikel eines Defensivbündnisses vereinbart. Artikel I Falls eines der beiden Kaiserreiche von einer europäischen Macht angegriffen werden sollte, wird sein Verbündeter mit allen seinen Streitkräften zu Lande und zur See ihm beistehen. Seine Majestät der Kaiser aller Reußen wird die nötigen Schritte unternehmen, um Frankreich in diese Abmachung einzuweihen und es verpflichten, sich als Verbündeter anzuschließen. Artikel II Die hohen vertragschließenden Parteien verpflichten sich, keinen Separatfrieden mit irgendeinem gemeinsamen Feinde abzuschließen. 147 Artikel III Der gegenwärtige Vertrag verbleibt in Kraft, solange er nicht ein Jahr im voraus gekündigt wird. Geheimartikel Die hohen vertragschließenden Parteien sind übereingekommen, gemeinsame Sache zu machen, falls Handlungen, die während des (gegenwärtigen?) Krieges von einer derselben vollzogen worden sind, wie z. B. die Lieferung von Kohlen an einen der Kriegführenden, Reklamationen seitens einer dritten Macht als an- gebliche Verletzungen des Neutralitätsrechtes veranlassen sollten. Aus dem Wortlaute des ersten Satzes des Artikels I ergibt sich, daß Deutschland an keiner Aktion wie immer teilnehmen wird, die eine feindselige Tendenz gegen Rußland enthalten sollte. 148 XLI Der Zwischenfall an der Doggerbank in der Nacht vom 21. zum 22. Oktober hatte die englische Presse zu außer- ordentlich scharfen Angriffen nicht nur gegen Rußland, sondern auch gegen Deutschland veranlaßt. Die „Army and Navy Gazette" erklärte sogar, Deutschland habe den Zwischen- fall verschuldet, da es der russischen Regierung mitgeteilt habe, daß das Baltische Geschwader von „Japanern, die in Verbindung mit britischen Untertanen handeln würden", in der Nordsee angegriffen werden sollte. Zugleich erklärte dieselbe Zeitschrift, die Hamburg-Amerika- Linie versorge das Baltische Geschwader mit Kohlen, was eine Verletzung der deutschen Neutralität bedeute. Zu jener Zeit sprach man in England tatsächlich von der Möglichkeit eines deutsch- englischen Krieges. Daraufhin empfing im November der Reichskanzler Graf Bülow den englischen Journalisten Bash- ford vom ,,Nineteenth Century", dem er unter anderem er- klärte, er könne nicht denken, daß der Gedanke eines deutsch- englischen Krieges in beiden Ländern ernstlichen Anklang finden könnte. Der nachfolgende Kaiserbrief zeigt, daß diese Gefahr damals denn doch nicht so gering gewesen war — wenigstens nach Ansicht Wilhelms IL 149 Berlin, 7. XII. 1904 Liebster Nicky! Die britische Regierung scheint, wie Du aus der enghschen Presse ersehen haben wirst, den gegen- wärtigen Moment zu einer Aktion gegen die Versor- gung Deiner Ostsee-Flotte mit Kohlen für geeignet zu halten. Unter dem Vorwand, daß es ihre Pflicht sei, strikteste Neutralität aufrechtzuerhalten, hat sie den deutschen Schiffen, die der Hamburg-Amerika- Linie gehören oder von ihr gechartert sind, ver- boten, die enghschen Häfen zu verlassen. Meine Be- fürchtungen — ich schrieb Dir vor längerer Zeit darüber — daß dies geschehen könne, sind also schließ- Hch eingetroffen, und es Hegt mir nun ob, rechtzeitig Schritte zu unternehmen, die die Haltung, die Deutsch- land dieser Aktion gegenüber einzunehmen hat, fest- setzen. Es liegt mir fern. Dich mit Deiner Antwort auf meine letzten Bemerkungen über Deinen Vorschlag in bezug auf unseren Verteidigungsvertrag zu drängen. Aber Du wirst Dir, dessen bin ich sicher, vöUig klar sein über die Tatsache, daß ich jetzt absolut positive Garantien von Dir haben muß, ob Du beabsichtigst, mich ohne Hilfe zu lassen oder nicht, falls Eng- land und Japan mir infolge der KohlenbeHeferung der russischen Flotte durch Deutschland den Krieg er- klären sollten. Solltest Du nicht imstande sein, mir dafür zu garantieren, daß Du in einem solchen Kriege 150 treu Schulter an Schulter mit mir kämpfen wirst, dann bin ich leider in die Notwendigkeit versetzt, den deutschen Dampfern sofort zu verbieten. Deine Flotte fernerhin mit Kohle zu versorgen. Alvensleben hat Befehl, die Kohlenfrage mit Lams- dorff sogleich klarzustellen. Beste Grüße an Alix Immer Dein Dich Hebender Vetter und Freund Willy. 151 XLII Der zweite deutsche Vertragsentwurf war offenbar in Petersburg auf Widerstand gestoßen; auch wollte man hier Frankreich noch var Abschluß des Vertrags ins Vertrauen ziehen, was man in BerHn nicht wünschte. Deshalb suchte die russische Regierung jetzt, nachdem sich die von England drohende Gefahr wieder vermindert hatte, mit einer bloßen ,, Erklärung" das Bündnis überflüssig zu machen. Neues Palais, 21. XII. 1904 Liebster Nicky! Aufrichtigsten Dank für Deinen lieben Brief und die zw^ei Telegramme, ebenso für Deinen freundlichen Befehl zur Regelung der Kohlenfrage. Natürlich sind wir heute noch nicht in der Lage, vorauszusehen, ob die von Deiner Regierung abgegebene Erklärung ge- nügen wird, jeder Art von Komplikation zu begegnen, die aus dem gegenwärtigen Verlauf der Angelegenheit entstehen kann. Es ist trotzdem nicht meine Absicht, Dir eine Lösung aufzudrängen, die Dir unerwünscht scheinen mag. Wir werden unter allen Umständen treue und loyale Freunde bleiben. Meine Meinung 152 über den Vertrag ist noch dieselbe; es ist unmöglich, Frankreich in unser Vertrauen zu ziehen, bevor wir zu einer definitiven Regelung gekommen sind. Loubet und Delcasse sind zweifellos erfahrene Staatsmänner, aber da sie keine Fürsten oder Kaiser sind, bin ich nicht in der Lage, sie — in einer Vertrauensfrage wie dieser — auf denselben Fuß zu stellen wie Dich, meinesgleichen, meinen Vetter und Freund. Solltest Du es daher für geboten halten, die fran- zösische Regierung mit unseren Verhandlungen be- kannt zu machen, bevor v/ir zu definitiver Überein- kunft gelangt, so betrachte ich es für alle in Frage kommenden Parteien als besser, in unserer jetzigen Haltung gegenseitiger Unabhängigkeit und freiwilli- ger Förderung unserer beiderseitigen Ziele, soweit es die Lage erlauben wird, zu beharren. Ich vertraue fest darauf und glaube, daß die Hoffnungen, einander nützen zu können, sich nicht nur während des Krieges erfüllen werden, sondern auch nachher, während der Friedensverhandlungen, denn unsere Interessen im fernen Osten sind in mehr als einer Hinsicht identisch. Ich wünsche Dir und Alix von ganzem Herzen fröh- liche Weihnachten und ein glückliches neues Jahr; möge des Herrn Segen auf Euch allen ruhen, den Jungen nicht zu vergessen. Mit aufrichtigen Grüßen an Alix bin ich, liebster Nicky, immer Dein Dich liebender und ergebener Vetter und Freund Willy. 153 XLIII Am 2. Januar 1905 fiel Port Arthur. General Stössel kapi- tulierte, obwohl die Festungswerke noch verteidigungsfähig waren. Stössel, dem Kaiser Wilhelm „für die vorbildHche Verteidigung der Festung" den „Pour le merite" übermittelt hatte, wurde später vor ein russisches Kriegsgericht gestellt und zu einer langjährigen Festungshaft verurteilt. Der am Schluß des Briefes erwähnte Ernie ist der Großherzog Ernst Ludwig von Hessen. Berlin, 2. I. 1905 Liebster Nickyl Besten Dank für Deinen freundlichen Brief und die Neujahrskarten, die hübsch ausgeführt sind. Der Ko- sakenangriff ist höchst wirkungsvoll, und ich kann nicht umhin, daran zu denken, was hätte geschehen können, wenn bei Liaoyang General Samsanow mit seinen 17 000 Säbeln und Lanzen einen solchen Angriff gegen den japanischen linken Flügel geritten wäre. Die Nach- richt vom Fall von Port Arthur, die gestern abend hier eintraf, erregte die größte Sensation. Wir alle hier 154 fühlen tiefe Sympathie mit den kühnen Generalen und der tapferen hinschwindenden Heldenschar unter ihrem Befehl, die bis zum Alleräußersten kämpfen, um ihre Pflicht gegen ihren Kaiser und ihr Land zu erfüllen. Ihre Verteidigung von Port Arthur wird für alle Zeiten berühmt und als nachahmenswertes Vor- bild angeführt werden, solange es einen Soldaten gibt. Ehre sei ihnen für immer! Der bevorstehende Fall der vom Schicksal dazu verurteilten Festung hat schon einige Zeit die diplomatischen Zungen in verschiedenen Hauptstädten der Welt in Bewegung gesetzt; zahl- reich und verschieden waren die Gerüchte und Nach- richten von Waffenstillständen und sogar Friedensver- handlungen, die von überall zu mir drangen. Es war ziemhch schwer, die Wahrheit von phantastischen Er- findungen zu unterscheiden. Ich hoffe, Du wirst nicht denken, daß ich mich in Deine Privatangelegen- heiten mische, wenn ich mich mit der Bitte an Dich wende, mir Deine Zukunftspläne zu sagen, so daß ich mich, wenn möglich. Dir nützlich erweisen kann und imstande bin, die Richtung meiner Politik danach zu gestalten. Um so mehr, als Lamsdorff neulich Al- vensleben erzählte, „que la France connait dejä nos conditions". Nun, ich ziehe es vor, mich von Dir selbst informieren zu lassen, statt auf Umwegen durch andere Vermittlungen, da ich fest zu Dir und Deinem Land als Dein treuer Freund vom ersten Tage an ge- halten habe! Nach einer längeren Zeit ungewöhnlich warmen und nebeligen Wetters, das uns in den Stand 155 setzte, beinahe bis Weihnachten zu reiten, ist plötzlich ein Sturm losgebrochen, gefolgt von scharfem Frost und Schnee, und der Winter scheint ernsthaft angefangen zu haben. Das läßt mich an die Lebens- bedingungen denken, welche die Armeen in der Man- dschurei jetzt aushalten müssen, wenn sie monatelang dort stehen. Ich bin so froh darüber, daß Du die Tapferkeit meines Regiments, das sich am Sha-ho besonders hervorgetan hat, durch so viele Auszeich- nungen anerkannt hast. Ich hoffe, sie haben auch eine große Zahl von Georgskreuzen erhalten. Jetzt, da das Programm für den Ausbau Deiner Flotte veröffentlicht worden ist, vnrst Du hoffenthch nicht vergessen, Deine Fachleute an unsere großen Firmen in Stettin, Kiel usw. zu erinnern; sie werden gewiß schöne Modelle von Linien-Schlachtschiffen Hefern. Ich bin so froh darüber, daß Ernie sich vneder verlobt hat, und ich wiYL zu seiner Hochzeit Anfang nächsten Monats gehen. Ich hoffe. Du v^arst die beiden Vasen freundlichst zu Weihnachten annehmen, die aus unserer KönigHchen Porzellanmanufaktur stammen, sie sind ein Symbol meiner wärmsten Wünsche für Dich, Deine Familie und Dein Land zum kommenden Jahr, in dem Gott Euch alle behüten möge. Ich bin immer Dein Dich liebender Vetter und Freund Willy. 156 XLIV Iswolsky, der zuletzt vor dem Weltkrieg als russischer Botschafter in Paris stark gegen Deutschland arbeitete, war ursprünglich ohne antideutsche Tendenz, wenn er auch in seiner Belgrader Zeit gegen Österreich-Ungarn gearbeitet hatte. — Der Schwager des Kaisers, Prinz Friedrich Leopold, sollte schon gleich nach Beginn des russisch-japanischen Krieges sich nach dem Hauptquartier Kuropatkins begeben, die Zustimmung des Zaren hatte sich jedoch monatelang verzögert. Berlin, 15. I. 1905 Liebster Nicky! Die Witwe des alten Fürsten Anton Radziw^ill, die Fürstin Marie, fährt nach Petersburg, um Deine Ein- willigung zum Testament ihres verstorbenen Gatten zu erlangen. Fürst Anton war nicht nur ein geschätzter und bewährter Diener meines verstorbenen Großvaters 157 als sein Generaladjutant, sondern auch ein treuer und geliebter persönlicher Freund von ihm, wie von meinem verstorbenen geliebten Vater und mir. Seine gewin- nenden Formen und seine Frohnatur wie auch sein ritterhcher Charakter haben ihm überall, wo er war, Freunde gewonnen, und auch Dein Großvater und Vater haben ihn beide immer sehr liebgehabt. Seine Frau war die intime lebenslängliche Freundin meiner verstorbenen Mutter und ist von ihrem Mann zu seiner Testamentsvollstreckerin ernannt worden. Die ganze Zukunft ihrer Kinder und ihrer Familie beruht auf der Tatsache Deiner gütigen Genehmigung seines letz- ten Willens, und ich erlaube mir, ihre Sache bei Dir zu führen und Dich zu bitten, sich gütig ihrer an- nehmen zu wollen, denn sie ist sehr traurig und durch ihren Verlust gebrochen; sie fühlt ihn um so mehr, als ihr ältester Sohn ein hoffnungsloser Idiot in einer Anstalt ist, so daß sie sich auch um ihre Enkelkinder kümmern muß. — Dein Botschafter Osten-Sacken ist sehr in Sorge um seine arme alte Frau. Sie hat eine sehr schwere Operation an ihrem Rücken durchgemacht — ohne daß sie chloroformiert werden konnte — und ist nicht imstande zu liegen, sondern muß die Nächte im Stuhl sitzend zubringen und leidet schreckhche Schmerzen, so daß man in Anbetracht ihres Alters von 84 Jahren für ihr Leben fürchtet. Der arme, alte Mann, die Ungewißheit lastet schwer auf ihm, und ich fürchte, daß er, wenn sie sterben sollte, nicht mehr imstande sein wird, so gut zu arbeiten wie früher, und vielleicht 158 daran denken wird, sich zurückzuziehen. Sollte in Deiner Botschaft hier einmal eine Änderung eintreten, so würde ich mir erlauben, Dich ganz privat zu bitten, Iswolsky herzuschicken. Er ist einer der Besten in Deinem auswärtigen Dienst und ein langjähriger intimer Freund des Grafen Bülow, der überaus erfreut sein würde, ihn hier zu haben, da sie früher zusammen im diplomatischen Dienst standen und er ihn sehr liebhat. — Darf ich Dich schHeßHch noch einmal an Dein zweimal gegebenes und zweimal hinausgescho- benes Versprechen erinnern, daß mein Schwager Fried- rich Leopold die Erlaubnis bekommt, in Deine Armee einzutreten. Das letztemal im JuH war alles erledigt und fertig, als er vertröstet v^oirde, was ihn unserer Armee und unseren Offizieren gegenüber in eine sehr schwierige Lage brachte. Er war, vde wir sagen, „bla- miert", besonders als Karl Hohenzollern nach Japan abreiste, was deshalb geschah, weil wir dachten, Fried- rich Leopold würde ebenfalls nach Mukden kommen. Jetzt zeigen die Leute mit Fingern auf Friedrich Leo- pold, und der arme Bursche ist schreckHch mutlos. Er hat Kleider und Sachen die Menge eingekauft, alle möghchen Vorbereitungen getroffen, sogar Eure Sprache gelernt und wird in keiner Weise Deinen Generalen irgendwie Hindernisse bereiten, da er ein ruhiger Mensch ist. Da die Armee groß und mächtig ist, glaube ich, es hat nichts auf sich, wenn er hingeht. Darum erlaube ich mir nochmals, zu fragen, ob Du gestatten kannst, daß er hingeht. 159 Mit der Bitte um Verzeihung, daß ich Dich mit allen diesen Angelegenheiten belästige, aber sie sind zwischen uns beiden am besten in Ordnung zu bringen, und mit besten Grüßen an Alix verbleibe ich immer Dein Dich liebender Vetter und Freund WiUy. röo XLV Das Jahr 1905 begann in Rußland unter dem Zeichen einer tiefgehenden innerpolitischen Gärung. Schon Anfang Januar hatte der Präsident des Moskauer Semstwo, Fürst Trubetzkoi, in einem offenen Schreiben die Notwendigkeit von Reformen dargelegt, um eine Revolution zu vermeiden. Es folgten zahlreiche Kundgebungen der russischen Intelli- genz und Arbeiterschaft, große Streiks in fast allen Städten, blutige Zusammenstöße zwischen Ausständigen und Trup- pen. Am 9./22. Januar versuchten in Petersburg Zehntau- sende von Arbeitern unter Führung des Popen Gapon zum Zaren zu gelangen. Vor dem Winterpalais stießen die De- monstranten auf ausgerückte Regimenter und wurden von die- sen beschossen, wobei Hunderte getötet und verwundet wur- den. Tags darauf wurde durch einen zarischen Ukas General Trepow zum MiHtärdiktator von Petersburg ernannt. — Der am Anfang erwähnte kranke Kaisersohn ist Prinz Eitel Friedrich. Berlin, 6. II. 1905 Liebster Nicky! Dein freundlicher Brief erreichte mich am Morgen meines Geburtstages so früh, daß Deine Glückwünsche die ersten waren, die ich empfangen habe; Nimm, II t6i bitte, meinen wärmsten Dank dafür entgegen, Gott gebe, daß sie in Erfüllung gehen! Dein Brief ist in einem Augenblick schwerer Angst bei mir eingetroffen, denn gerade damals war mein armer Junge ernstlich krank, und es ging um Leben und Tod! Die ganze darauffolgende Woche war eine schreckliche Prüfung, meine arme Frau Htt Qualen, als sie am Bett des Pa- tienten wachte; Gott sei gedankt, daß er unsere Ge- bete erhört und das Leben unseres Jungen gerettet hat. Mein Schwager ist für die ihm von Dir erteilte gütige Erlaubnis, endUch zur Front reisen zu dürfen, sehr dankbar. Auf seinem Wege dahin soll er sich bei Dir melden und Dir diese Zeilen übergeben. Sein Gefolge ist. Deinem Wunsche 'gemäß, eingeschränkt worden, und er ist angewiesen, sich ruhig im Hinter- grund zu halten, um so dem Oberbefehlshaber in keiner Weise hinderHch zu sein, und er bittet darum, daß die- ser nicht unnötigerweise Notiz von ihm nimmt und nicht vergißt, daß er ein einfacher Zuschauer ist, der die Kunst der Kriegführung gründHch erlernen möchte. Du hast infolge der Gärung und der Erregung, die in den unteren Klassen herrschte, ernste Wirren durch- zumachen gehabt. Ich freue mich, daß Deine Soldaten sich zuverlässig gezeigt haben und dem ihrem Kaiser geleisteten Eide treu geblieben sind. Der Empfang der Arbeiterabordnung — die, wie es scheint, schlecht beraten und zum Teil durch Agitatoren in den Streik getrieben worden sind — hat überall guten Ein- druck gemacht, da es ihnen bewies, daß sie ihrem 162 „Väterchen"* ins Gesicht sehen konnten, wenn sie um diese Ehre in gebührender Form nachsuchten ! Die Re- formpläne in Deinem Lande sind zahlreich und höchst vage — soweit ich es beurteilen kann — , aber der ver- nünftigste Plan und der, der sich am besten dem Volk und seinen Sitten anpaßt, scheint meiner unmaßgeb- Hchen Meinung nach die Bildung einer Körperschaft zu sein, die sich aus den besten und fähigsten Köpfen in den verschiedenen „Semstwos" zusammensetzt. Diese Körperschaft müßte dem „Reichsrat" angeglie- dert werden, und ihr könnte jede wichtige Frage, die für die Gesamtheit Rußlands ein Lebensinteresse hat, zur Ausarbeitung und Vorbereitung für den „Reichs- rat" überwiesen werden; ebenso könnten Männer, die auf dem Sondergebiet, das zu erörtern steht, genau Bescheid wissen, herangezogen werden, um ihren Rat zu erteilen; diese müßten aus allen Teilen des Volkes ad hoc ausgewählt werden. Am schönsten wäre es, wenn Du von Zeit zu Zeit selbst den Vorsitz führen würdest und dadurch in der Lage wärst, möghchst viele verschiedene Leute anzuhören, so daß Du Dir ein richtiges Urteil über die vorliegenden Fragen bilden könntest. So habe ich es im Jahre 1890 getan, als ich nach dem großen Streik den großen Ausschuß zur Ausarbeitung der „Sozialgesetze" für die Arbeiter- klassen einberief, in dem ich wochenlang den Vor- sitz führte. Auf diese Art wäre es der Körperschaft möglich, den „Reichsrat" mit jeder erforderHchen • Im Original deutsch. Ti 163 Information zu versehen, und gleichzeitig Dir, mit der großen Masse der unteren Klassen in Berührung zu bleiben; dadurch wird diesen jedes Mittel, sich in allen auf ihre Wohlfahrt bezüglichen Angelegenheiten Gehör zu verschaffen, gesichert, und so bilden sie einen direkten Verbindungskanal zwischen den einfachen Leuten und ihrem „Kaiser und Vater". Außerdem wäre es Dir auf Grund eigener Informationen möglich, Deinen „Reichsrat" und das „Ministerkomitee" gut zu überwachen und zu kontrollieren, und danach zu sehen, daß die Arbeit so von ihnen getan wird, wie Du es wünschest und Dein Volk es braucht. Auf diese Art ist die Exekutive ein für allemal dem „Auto- kratischen Zaren" gesichert und nicht einem lei- tenden Minister mit einem Kollegium hilfloser Amts- genossen, die seiner Leitung blindhngs folgen. An meinem Geburtstage ist mein größter Adjutant — der Dir wohl bekannt ist — H. v. Plüskow — in Paris haben ihn die Damen „Plus que haut !" genannt — zum Oberst Deiner Alexander-Grenadiere ernannt worden; sie gaben der Ehrengarde zu meinem Geburts- tag „Razwod"* und sahen prächtig aus, wie Du aus den beiliegenden Photographien ersehen wirst. Zu geeigneter Zeit — wenn es etwas ruhiger geworden ist und wenn es Dir paßt — wird der neue Oberst sich bei Dir melden; Da ich erfuhr, daß Sergius davon gesprochen hat, Deine Behörden wären über Krupp ärgerlich, weil er die Lieferungszeit für die von Rußland bestellte^i • Wachtparade. 164 Batterien nicht eingehalten hätte, so habe ich in seiner Fabrik Erkundigungen einziehen lassen, und ich sende Dir die Abschrift des empfangenen Berichtes, woraus hervorgeht, daß die erwähnte Beschwerde unbegründet ist. Ebenso haben die Nachforschungen in den Bureaus der Hamburg-Amerika-Linie erwiesen, daß die Ge- rüchte, deren Schiffe hätten Geschütze und Munition für Japan befördert, gänzlich unbegründet sind; sie haben nie Waffen oder Kriegsmaterial irgendeiner Art nach oder von Japan befördert. Augenscheinhch setzen die französischen und ^ngHschen Agenten, die das Marine- und das Kriegsministerium in Schwärmen be- lagern — aus Ärger darüber, daß unsere Firmen Deine Regierung gut und besser bedienen, als sie es selbst können — , zahllose Enten „au detriment" der Deut- schen in die Welt; ich möchte anregen, daß man ihnen weniger glaubt und sie außerdem in die Newa vdrft. Die Japaner haben soeben 4 Linien- oder Schlacht- schiffe in England bestellt; sie sollen dem neuesten Typ in England, zwischen 18000 — 19 000 Tons mit 25-cm-Geschützen als mittlere Artillerie und 30-cm- Geschützen als schwere Artillerie nachgebildet werden; Mit den besten W^ünschen für bessere Aussichten für Dich und Dein Land und vielen Grüßen an Alix verbleibe ich Dein Dich stets liebender Vetter und Freund Willy. P. S. Ende nächsten Monats werden wir unseren Jun- gen nach dem Mittelmeer und nach Sizilien bringen. 165 XLVl Am 17. Februar wurde der Generalgouverneur von Mos- kau, der Oheim des Zaren, Großfürst Sergius, durch ein Bombenattentat getötet. — In seinem hier folgenden aus- führlichen Schreiben legt Kaiser Wilhelm den „europäischen Gesichtspunkt" in bezug auf die revolutionären Zustände in Rußland nieder, die sich immer weiter ausbreiten und immer drohender werden. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß mit diesem „europäischen* Gesichts- punkt" der Kaiser vielfach seine eigenen Ansichten deckt. Die drakonische Zensurherrschaft unter dem berüchtigten russischen Minister des Innern, von Plehwe, hatte unter dessen Nachfolger, dem Fürsten Swjatopolk-Mirski, eine wesentliche Erleichterung erfahren. Inzwischen hatte der Zar am 17. Februar der Anbahnung von Verwaltungsreformen unter Hinzuziehung der örtlichen, ländlichen und städtischen Korporationen seine Zustimmung erteilt. Berlin, 21. II. 1905 Liebster Nicky! Fritz Leopold ist soeben mit Deinen freundlichen Wünschen und Grüßen zurückgekehrt, unter dem tiefen Eindruck Deiner außergewöhnlichen Güte und 166 Liebenswürdigkeit wie auch des netten Empfangs, den Du ihm bereitet hast. Wie froh bin ich, von ihm zu hören, daß Du wohlauf bist, ruhig, gefaßt und fest bei der Arbeit, und daß es derheben AUxund den Kindern gut geht. Es ist so viel leichter, eine schwere Aufgabe zu verrichten, wenn man weiß, daß die, die man liebt, wohlbehalten sind. Ich bin froh, daß ich Deinen Wünschen entsprechen konnte, indem ich Fr. Leop. zur See nach Asien entsandte. Eure Bahn ist hier- durch unbehindert gebheben. Was für schreckhche Nachrichten sind von Moskau gekommen! Diese Be- stien von Anarchisten haben eine dunkle, feige Tat vollbracht. Die arme Ella, was für ein furchtbarer Schlag muß es für sie gewesen sein, möge Gott ihr Kraft und Ergebenheit verleihen, ihn zu ertragen. Es ist sehr hart für die schöne alte Hauptstadt Rußlands, daß ihre Mauern durch ein so schändHches Verbrechen besudelt worden sind, doch sicherHch beherbergt sie keinen treuen Bürger, der diese Tat biUigen könnte. Ich kann nicht glauben, daß diese Dämonen aus den Reihen Deiner moskowitischen Untertanen hervorge- gangen sind, es waren vermutlich Ausländer, die von Genf kamen. Denn die große Masse Deines Volkes glaubt noch immer an ihr „Väterchen" den Zaren und verehrt seine geheihgte Person. Ich habe diese Über- zeugung aus meiner genauen Beobachtung der ver- schiedenen Phasen der Bewegung in Rußland gewon- nen, soweit ich dazu fähig war auf Grund der Nach- richten, die direkt von dort kamen, und der Ansichten, 167 die Beobachter, bisweilen auch Russen, in der euro- päischen Presse geäußert haben. Die russische Bewegung ist, wie Du Dir wohl vor- stellen kannst, der wichtigste Grund aller Gespräche und Korrespondenten, nicht nur in Rußland, sondern auch außerhalb. Die ganze europäische Presse ist mit Artikeln über Rußland überschwemmt; deren Tendenz hängt von dem Standpunkt der Partei ab, der die Ver- fasser angehören. Auf diese Weise hat sich ein — sozu- sagen — europäischer Gesichtspunkt ergeben, der, wie es scheint, der öffentlichen Meinung unseres Kontinents ziemlich korrekt entspricht. Ich dachte nun, es möchte vielleicht für Dich von Interesse sein — in Deiner Einsamkeit zu Zarskoe-Sjelo — , einen Begriff von dieser Meinung Europas zu bekommen und zu erfahren, wie die Ereignisse in Deinem Land beurteilt werden, von dem, was man mitunter die „zivilisierte Welt" im allgemeinen nennt. Ich werde demnach versuchen, in den folgenden Zeilen für Dich eine kleine Skizze vom „Widerschein des russischen Bildes" zu zeichnen, wie es sich von außen ansieht. Natürhch, da die Leute außerhalb Deines Landes nicht in die Details der verwickelten, jetzt in Rußland zu entscheidenden Fragen eingeweiht sind, so kombinieren und schließen sie oft aus einer Wirkung, die sie sehen, ohne ihre Ursache zu kennen, und deshalb wird eine falsche Kombination oft zu einem falschen Schlüsse führen, weil die Unwissenheit der Leute über die wahren Tatsachen eine Lücke gelassen hat. Der i68 ausländische Betrachter ist oft gezwungen, voreilige Schlüsse zu ziehen, doch man muß hinzusetzen: „Wo die Begriffe fehlen, stellt oft ein Wort zu rechter Zeit sich ein*." Deshalb muß ich „avant tout" Dich um Verzeihung bitten, daß ich Dir Dinge schreibe, die Du wahrschein- lich schon lange aus den Berichten Deiner Diplomaten erfahren hast, und um Deine freundliche Nachsicht und Vergebung, wenn ich — wozu ich als Dein ehr- licher, treuer und ergebener Freund verpflichtet bin — auch Meinungen erwähnen muß, die Dir hart, unedel, falsch erscheinen oder sogar Deine Gefühle verletzen. Aber Rußland ist dabei, ein neues Blatt seiner Ge- schichte aufzuschlagen, und die Entwicklung zeigt sich dahin gerichtet, den Anfang einer gewissen Moderni- sierung vorzubereiten. Ein solcher Prozeß bei einer großen Nation vde der Deinen muß, wie Du zugeben wirst, das weiteste Inter- esse in Europa wachrufen und vor allem „comme de raison" in dem Nachb^rlande. Die einzuschlagenden Methoden, die anzuwendenden Mittel und die mit dem Werk zu betrauenden Männer haben über Deine Grenzen hinaus einen direkten Einfluß auf die anderen Nationen. Wenn ich sagte, die „Meinung" sei eine „europäische", so darf ich nicht über die Tatsache hinweggehen, daß viele Russen, die in den letzten Monaten hier durchgereist sind, und alle die, die in allen Teilen Europas — namentlich in Paris und • Im Original deutsch. i6q London — wohnen, gleichfalls dazu beigetragen haben, dem Bilde Farbe zu verleihen, so daß die Tatsachen, auf die sich die „europäische Meinung" stützt, zumeist von Frankreich gehefert werden, das als „amie et alliee" immer am besten über Rußland unterrichtet ist. Das Ergebnis ist folgendes: „On dit": Das Regime Mirski hat der Presse zu plötzHch eine größere Freiheit als früher eingeräumt und die Zügel, die Plehwe so straff gehalten hatte, zu frühzeitig locker gelassen. Daher eine plötzliche Hoch- flut unerhörter Artikel und offener Briefe an die Adresse des Herrschers, eine bis dahin in Rußland für unmög- lich gehaltene Sache; einige davon außerordentlich un- verschämt, mit dem Zweck, die Achtung vor der auto- kratischen Herrschaft zu verringern. Die revolutionäre Partei hat sich dieser Gelegenheit bemächtigt, um maßgebenden Einfluß auf die arglosen Arbeiter zu ge- winnen, unter ihnen eine Gärung hervorzurufen und sie zu Forderungen zu veranlassen, die sie nicht verstehen konnten, und dies in einer befehlenden, mißachteten Art, von einer Sprache und von Handlungen begleitet, die sehr große Ähnlichkeit mit der Revolution hatten. Dies brachte die Arbeiterklasse — nach meiner Über- zeugung gegen ihren Willen — in direkte Opposition zur Regierung und in Konflikte mit den Behörden, die Gesetz und Ordnung aufrechtzuerhalten hatten. Da diese irregeführten, schlecht unterrichteten Men- schen, zumeist solche, die gewohnt waren, den Zaren als ihren „Vater" zu betrachten und ihn als solchen 170 zu „duzen", den Eindruck hatten, daß es ihnen mög- lich sein würde, ihm ihre Wünsche vorzutragen, wenn sie vor seinem Palast erschienen, so läßt man durch- blicken, es sei vielleicht praktisch gewesen, wenn der Zar eine gewisse Anzahl von ihnen — in der Mitte des Platzes aufgestellt und von einem Truppenkordon umgeben — empfangen und an sie vom Balkon des Winterpalastes aus, begleitet von der höchsten Geist- lichkeit, dem Heiligen Kreuz und seinem Gefolge, eine Ansprache gehalten hätte, wie ein „Vater" zu seinen Kindern spricht, ehe das MiHtär in Aktion zu treten hatte; vielleicht wäre es nicht unmöglich, daß auf diese Art Blutvergießen ganz hätte vermieden oder wenigstens vermindert werden können. Man hat oft an das Beispiel Nikolaus' I. erinnert, der einen sehr ernsten Aufstand dadurch unterdrückte, daß er persönlich, sein Kind auf dem Arm, mitten unter die Rebellen ritt und sie in kurzer Zeit auf die Knie brachte. Man ist der Ansicht, daß die Person des Zaren jetzt wde damals noch einen ungeheuren Einfluß auf das einfache Volk hat, und daß sie sich vor seiner geheiligten Erscheinung noch immer beugen Ein Wort aus solcher Lage heraus und in solchem „entourage" würde den Massen Ehrfurcht eingeflößt, sie beruhigt, weit über ihre Köpfe hinweg in den entlegensten Winkel des Reiches geklungen haben mit einer sicheren Niederlage für die Aufwiegler. Wie es heißt, haben diese noch immer die Massen mehr oder weniger in ihren Händen, weil ein solches Wort von 171 dem Herrscher noch nicht gesprochen worden ist. Die Aufwiegler treiben daher ihr Spiel mit der Phantasie des Volkes weiter, indem sie behaupten: „Es ist Sein Wunsch, Er glaubt dies, aber ihr könnt Ihn nicht hören, weil die Beamtenscharen ihn einzuzäunen und von seinem Volke weit fernzuhalten wissen." Die be- törten Massen folgen und glauben diesen Leuten, bis es zu spät ist und Blut fließen muß. Viele Reformen sind in Angriff genommen worden, neue Gesetze werden bündelweise erörtert, aber merk- würdigerweise sagt das Volk in der Regel: „Dies ist von Witte, das ist von Murawjew inspiriert, jenes die Idee Pobjedonoszews." Vom Zaren aber ist niemals die Rede, denn sie kennen seine wirklichen Gedanken nicht ! Wenngleich das Ministerkomitee oder der Senat die Manifeste im Namen des Zaren erlassen, so sind doch diese Körperschaften für den Zuschauer zu un- bestimmt und zu geheimnisvoll, als daß sie auch nur die geringste Begeisterung an ihren Handlungen her- vorrufen. Die Leute sagen: In einem autokratischen Regime muß es der Herrscher selbst sein, der das Kennwort und das Aktionsprogramm in unmißver- ständhcher, amtlicher Art kundgibt. Anscheinend er- wartet jedermann etwas dergleichen, vermittels eines vom Zaren selbst ausgehenden Willensaktes. Solange ein solcher nicht erfolgt, wird allgemein der Eindruck weiterbestehen, daß die angekündigten Reformen und Gesetzesparagraphen lediglich ministerielle Arbeit und nur auf den äußeren Schein berechnet sind, dem Volke 172 Sand in die Augen zu streuen^ man \vird nach wie vor die feste Hand am Steuerruder des Landes ängstlich vermissen, die Führung durch einen überlegenen Geist mit klarer Zweckrichtung, der einem genau bestimmten Ziele zusteuert. Dieser Zustand erzeugt ein Gefühl des Unbehagens, dem seinerseits wieder Unzufrieden- heit entspringt, und daraus erwächst selbst bei den sanftesten Leuten mit den besten Absichten, die von den aufrichtigsten und reinsten Motiven geleitet wer- den, eine Nörgelsucht „ä tort et ä travers" in großem Maßstabe. Infolgedessen ist der enttäuschte Zuschauer — vielleicht auch die Untertanen — mehr und mehr geneigt, die Verantwortung für alles das, womit man unzufrieden ist, den Schultern des Zaren aufzubürden. In gewöhnhchen Zeiten hat dies nicht viel zu be- deuten, und bei konstitutionellen Völkern ist es nicht so gefährhch, da die Minister des Königs in die Bresche zu springen und seine Person zu verteidigen haben. In Rußland aber, wo die Minister nicht in der Lage sind, die geheihgte Person des Herrschers zu schützen, da man weiß, daß sie lediglich seine Werkzeuge sind, bilden solche Wirren, welche die Gemüter der Russen mit Unruhe und Unbehagen erfüllen und den Herr- scher mit dem Odium aller unerquicklichen Gescheh- nisse belasten, eine sehr ernste Gefahr für den Herrscher und seine Dynastie, weil sie geeignet sind, ihn un- populär zu machen. Jetzt, so heißt es, wo die In- telligenz und Teile der guten Gesellschaft schon unzu- frieden sind, könnten die Agitatoren, wenn der Zar 173 auch bei den Massen unpopulär werden sollte, mit Leichtigkeit einen solchen Sturm heraufbeschwören, daß es sehr ungewiß wäre, ob die Dynastie ihn über- dauern könnte. In einem Punkt scheint man in Europa ganz all- gemein übereinzustimmen, daß der Zar persönlich für den Krieg, seinen Ausbruch, die durch den plötzlichen Angriff hervorgerufene Überraschung, allein verant- wortHch ist, der augenfäUige Mangel an Vorbereitung falle ihm zur Last. Die Leute sagen, daß die Tausende von Familien, die ihre männlichen Angehörigen durch den Krieg verloren haben oder auf lange Zeit hinaus entbehren müssen, das vergossene Blut und ihre Klagen an den Stufen des Zarenthrones niederlegen. Es wird behauptet, daß die Reservisten, die aus ihren Wohn- stätten heraus einberufen worden sind, zögernd Folge leisten, weil sie nur mit Widerwillen in einem Lande kämpfen wollen, dessen Vorhandensein sie gar nicht kannten, und für eine Sache, die bei ihnen unbeliebt ist. Sie sind von Gram erfüllt, wenn sie an ihre Frauen und Kinder denken, die sie zurücklassen und die all- mähhch in Armut und hilfloses Elend versinken; sie legen ihre Ängste und ihre Sorgen vor das Tor des Zarenpalastes und wünschen, er hätte sie zu Hause gelassen. Die Berichte der fremden und der russischen Korre- spondenten von der Front besagen, daß die Armee unter äußerst ungünstigen Umständen gegen einen überaus furchtbaren Feind zu kämpfen hat. Sie mußte 174 den Krieg unter sehr schwierigen Verhältnissen begin- nen, hatte nicht Zeit, sich für die Aufgabe entsprechend vorzub^ereiten, hatte den Nachteil einer zu geringen Stärke und war so nicht in der Lage, die herein- brechende Flut von Widerwärtigkeiten einzudämmen und dem furchtbaren, mörderlichen Angriff eines Feindes zu widerstehen, von dem man weiß, daß er sich wäh- rend der letzten fünf Jahre auf diese Aktion vorbereitet hat. Für alles dieses ist, wie man glaubt, der Zar ver- antworthch. Auch die fürchterlichen Verluste werden ihm aufgebürdet. Nun ist die Verantwortung für einen Krieg etwas sehr Ernstes für einen Herrscher; das weiß ich aus Erfahrung durch das, was mein seliger Großvater mir erzählt hat. Er, persönlich ein Mann von mildester, friedfertigster Sinnesart, der auch schon in hohem Alter stand, wurde dazu berufen, drei Kriege während seiner Regierung zu führen. Und für jeden von ihnen übernahm er die volle Verantwortung. Doch er hatte ein reines Gewissen, und sein Volk unterstützte ihn loyal und begeistert; die ganze Nation erhob sich wie ein Mann, entschlossen, den Krieg zu gewinnen oder zu sterben, zum Sieg oder Untergang, doch bis zu Ende zu kämpfen; er und seine Untertanen fühlten, daß die Vorsehung auf ihrer Seite war, und das ist so gut, als wäre der Sieg schon gewonnen. Solche Kriege vermag der Herrscher leicht zu tragen, weil sein ganzes Volk die Last mit ihm^ teilt. Die Verantwortung für einen unpopulären Krieg jedoch ist etwas ganz anderes. 175 Wenn die Glut des flammenden Patriotismus entfacht ist und die Nation als Ganzes keinen willigen Anteil daran nimmt und plötzlich ihre Söhne zur Front schickt, weil der Zar es so befiehlt, doch ohne seine Sache zu ihrer eigenen zu machen, so ist das eine furcht- bare und schwer zu tragende Bürde. Ihr Gewicht kann nur durch die Lauterkeit der Motive erleichtert werden; die gibt dem Herrscher die Gewissensreinheit, welche notwendig ist, ihn zu der Erwartung zu be- fähigen, daß seine Untertanen für ihn auch dann kämpfen, wenn sie selber die Motive nicht unter- scheiden können. Diese Worte müssen Dir sehr sonderbar vorkommen, und ich höre Dich voll Erstaunen fragen: „Der Krieg unpopulär? Unmöglich!" Ich kann nur antworten: Die Menge von Privatbriefen, die in Frankreich ein- gegangen sind, läßt keinen Zweifel, daß dem so ist. Der Krieg ist sehr unpopulär bei allen Klassen in Rußland, das Offizierkorps nicht ausgenommen, zumal da Siege bis jetzt den russischen Waffen versagt waren. Bei den Offizieren der französischen Armee — Eurer Verbündeten — besteht der Eindruck, daß sogar das Vertrauen zu Kuropatkin nachzulassen beginnt und als ob die für den Erfolg wesentliche Eintracht unter den verschiedenen Befehlshabern der russischen Streit- kräfte viel zu wünschen übriglasse. Ist das wahr, so würde dieser Zustand die Operationen hindern und die Siegesaussichten gefährden; und es muß xA.bhilfe geschaffen werden, und zwar bald, sonst leiden die xy^ Armee und ihre Disziplin. Die Lösung ist, ich gebe es zu, sehr schwierig. Es scheint jedoch die aligemeine Auffassung, daß Kuropatkin mehr dazu Talent hat, Chef des General- stabs unter einem anderen General als Heerführer zu sein, denn selbst zu führen, da er ziemhch schwerfällig ist und es ihm ein wenig daran gebricht, was m.an die „Offensive" nennt. Dieser Führer ist schwer zu finden, da die Generale, die älter als Kuropatkin sind, meist zu alt und seit langem außer Aktivität sind; nebenbei wäre es zweifelhaft, ob er in einen solchen Wechsel ein- willigen würde. Andererseits sind, so heißt es, seine Kenntnisse des Landes, der Feinde, ihrer Kampfweise, der Verpflegung und Versorgung der Armee ganz un- schätzbar und im Felde nicht zu ersetzen. Das Resul- tat aller dieser Erwägungen ist, daß das Volk Andeu- tungen zu machen beginnt, der Zar selbst möge viel- leicht persönlich das Oberkommando übernehmen, zu seinen tapferen Truppen gehen, ihr Vertrauen wieder- herstellen, sie aufmuntern, indem er seinen Teil der Mühsal trägt, sie durch seine Gegenwart begeistern und seinen Truppen die Dienste Kuropatkins erhalten, insofern dieser als Chef des Stabs unter seinem „Kriegs- herrn" wirken würde. Wie ich schon vorher gezeigt habe, ist — so kann man sagen — etwas wie eine lang- sam steigende Flut von Mißdeutung, Unruhe und Un- gehorsam vorhanden, und die muß offenbar einge- dämmt und beschwichtigt werden. Die europäische öffentHchkeit blickt so ?ut wie die russische Nation // instinktiv auf den Zaren und erwartet von ihm, daß er hervortreten und etwas Großzügiges, eine große per- sönHche Tat tun werde: die allen zeigen soll, daß er der autokratische Herrscher seines Volkes und gewillt ist, ihnen in ihren Ängsten und Schmerzen zu helfen, soweit es in seiner Macht steht. Die allgemeine Er- wartung hat jemand sehr fein in Worte gekleidet: „II faut que l'Empereur fasse un grand acte pour affermir son pouvoir de nouveau, et sauvegarder sa dynastie qui est menacee, il faut qu'il paye de sa personne!"* Aber wie ! ? Nach dem, was ich über den Krieg ge- schrieben habe, steht es Dir vollkommen frei, eine andere Frage zu stellen: „Warum ist der Krieg unpo- pulär? Warum hat es den Anschein, daß ich nicht, von meinem ganzen Volk unterstützt werde ? Warum lassen sie es an Begeisterung für den Kampf fehlen ? V/ir sind angegriffen, unsere Fahne ist beschimpft wor- den, wir haben für ihre Ehre und für unser Prestige zu kämpfen!!" Die ausländischen Beobachter meinen, daß hier eine Antwort gegeben werden kann. Und zwar diese. In früheren Zeiten pflegten Deine Vor- väter, bevor sie in den Krieg zogen, sich nach Moskau zu begeben, in den alten Kirchen zu beten, dann die Notabein im Innern des Kreml und das Volk draußen im Hof zu versammeln, unter feierlichem Gepränge ihnen die Notwendigkeit des Krieges zu verkünden und * Der Kaiser muß eine große Tat tun, um seine Macht von neuem zu festigen und seine bedrohte Dynastie zu schützen, er muß mit seiner Person sich einsetzen. 178 ihre loyalen Untertanen aufzurufen, ihnen auf das Sclilachtfeld zu folgen. Ein solcher Ruf vom Kreml in Moskau — das noch immer die wahre Hauptstadt Rußlands ist — hat nie seinen Widerhall beim rus- sischen Volk verfehlt! Eine solche Tat, einen solchen Ruf zu den Waffen hat Moskau und Rußland in den Tagen, die dem 8. Februar des vergangenen Jahres folgten, von Dir erwartet; da waren sie bereit, mit En- thusiasmxus zu antworten, im ersten Schmerz über den grausamen Schicksalsschlag, der sie unversehens ge- troffen hatte, und die Bürger der großen Stadt hielten gierig Ausschau nach Deinem Kommen; es wird sogar davon geredet, die Beamten hätten Deinen Extrazug zur Abfahrt bereit gestellt. Aber der Zar kam nicht. Moskau \^airde sich selbst überlassen; der mit Begier erwartete „Heilige Krieg" wurde nicht verkündet, und kein Ruf zu den Waffen erging. Moskau betrachtete dies als Geringschätzung und empfand es schmerzlich. Es ist mißvergnügt geworden, zeigt sein Mißvergnügen offen, und sein Beispiel wird überall in Rußland be- folgt. Neulich fiel die Bemerkung: „II est temps que l'Empereur remette la main sur Moscou; avec Moscou il parviendra ä remettre l'ordre en Russie, sans Mos- cou, cela sera tres difficile!"* Nun denn, europäische Beobachter glauben, es lasse * Es ist Zeit, daß der Kaiser seine Hand wieder auf Moskau legt; mit Moskau wird er die Ordnung in Rußland wiederherstellen können, ohne Moskau wird das sehr schwer sein. 179 sich einrichten, daß der Zar die erwartete „große Tat* tue, indem er nach Moskau gehe, den Adel und die Notabein in seinem prächtigen Palast versammle und zu ihnen spreche; vielleicht, indem er mit einem Ver- weis beginne, weil man an ihn gerichtete Briefe und Adressen veröffentliche, was von schlechten Manieren zeuge und sich nicht wiederholen dürfe, und dann die Reformen bekannt gäbe, die er für sein Volk vorbereitet hat, soweit er das für angebracht hält. Nicht das Ver- sprechen einer allgemeinen gesetzgebenden Versamm- lung, keine Konstituante oder Convention Nationale, doch eine Habeas-Corpus-Akte und eine weitere Aus- dehnung des Staatsrats; Keine Versammlungs- oder Preßfreiheit, doch strenge Weisung an alle Zensoren, sich hinfort jeder Schikane zu enthalten. Ferner solle der Zar seine Hörer wissen lassen, was er über die Armee beschlossen hat — falls er es für möglich oder notwen- dig hält, selbst hinauszugehen — ihnen zu sagen und sie zu ermahnen, alle inneren Zwistigkeiten einzustellen, bis der Feind geschlagen sei. Dann solle der Zar, „entoure" vom Klerus mit Bannern, Kreuzen, Weih- rauchkesseln und Heiligenbildern, auf den Balkon hin- austreten und dieselbe Rede, die er vorher gehalten, verlesen, als ein Manifest an seine im Hofe unten ver- sammelten, von den dichten Reihen der Truppen „la bajonette au canon", „le sabre au poing" um- ringten treuen Untertanen. Wenn Du ihnen sagtest, daß Du — falls es Dir notwendig scheint — die Be- schwerden ihrer Brüder und Angehörigen im Felde, i8o die auf Deinen Befehl hinausziehen mußten, mit ihnea teilen, sie ermutigen und versuchen wolltest, sie zum Sieg zu führen, so wird, macht man geltend, das Volk tief gerührt sein. Dir zujubeln, auf die Knie fallen und für Dich beten. Die Popularität des Zaren wäre zu- rückerlangt, und er würde dazu die Neigung seines Volkes gewinnen. Alle Personen, die an den Vorgängen in Rußland Interesse nehmen, sind übereinstimmend der Ansicht, das „a la longue" der Zar nicht in per- petuum in Zarskoe oder Peterhof bleiben darf; sondern daß, wenn er zum erstenmal unter den obenerwähnten Begleitumständen erscheinen sollte, ganz bestimmt die Sensation und der Eindruck in der ganzen Welt enorm wäre; sie würde mit stockendem Atem auf ihn hören, wenn er, wie einst seine Vorväter taten, von der Veste des Kreml zu ihr spräche. Dies ist, hebster Nicky, meine Skizze der öffentlichen Meinung Europas im Hinbhck auf die Vorgänge in . Rußland. Zum Beginn habe ich Dir die Gründe nahe- gelegt, weswegen ich es für meine Pfhcht erachtete, diese Zeilen zu schreiben. Nochmals bitte ich Dich um Verzeihung, daß ich Deine kostbare Zeit in An- spruch genommen habe, und falls ich in meiner Dar- stellung manchmal zu persönhch gewesen sein sollte. Aber als Dein ehrhcher Freund bin ich ein eifersüch- tiger V/ächter Deines „Renomees" in dieser Welt, und ich wünsche, Du mögest von ihr richtig und gerecht beurteilt werden; und auch das ist meine Pflicht, Dich über die Meinungen zu unterrichten, die sich die Welt i8i über Dich bildet, so daß ich Dich in den Stand setze, sie durch Taten zu korrigieren, wenn Du Neigung dazu fühlst. In jedem Fall: „Honni soit, qui mal y pense." Mit aufrichtigsten Wünschen für das Wohlergehen und die Zukunft Deines Landes und Hauses, herz- lichsten Grüßen an Alix und dem Wunsche, daß Gott Dich segne und beschütze, bin ich, Hebster Nicky, wie immer Dein Dich Hebender Vetter und Freund WiUy. 182 XLVII Das Baltische Geschwader, unter Führung des russischen Admirals Roschdjestwenski, wurde am zj.jzS. Mai von der japanischen Flotte unter Admiral Togo bei Tsuschima in der Meerenge von Korea völlig vernichtet. — Die am Schlüsse erwähnte Braut ist die Kronprinzessin Cecilie. Berlin, 3. VI. 1905 Liebster Nicky! Die freundlichen Zeilen, die Du Micha zur Besor- gung anvertraut hast, wurden mir gestern übergeben und haben mich tief gerührt. Die denkwürdigen Er- eignisse, auf die Du anspielst, sind alle deutlich in mein Gedächtnis eingegraben und erinnern mich daran, wie die Jahre vergangen sind, und wie oft wir beide seitdem in persönliche Beziehung getreten sind. Die natürliche Folge davon ist ein starkes Gefühl gegenseitiger Freund- schaft, das sich in uns beiden entwickelt hat und auf unser vollkommenes Verständnis für einander gegründet ist. Diese Beziehungen sind in langen Jahren unseren. 183 Ländern zur Wohlfahrt gediehen, an deren Spitze uns die Vorsehung berufen hat. Sie haben und werden hoffenthch weiter den Frieden und die Wohlfahrt bei- der Länder sowohl wie der Welt gewährleisten. Ich er- innere mich noch gut des Augenbhcks in der Kirche des Winterpalais, als Du unter dem atemlosen Schweigen einer riesigen Zuhörerschaft hervorragender Menschen auf die glorreichen Fetzen der alten Kosakenstandarte den Eid leistetest. Wie bewegt war Dein Heber Vater, als er Dich nach der Feier küßte! Wie lange das her ist! Jetzt stehst Du an seiner Stelle und mußt Dein Land durch eine der schwierigsten Phasen seiner Ent- wicklung leiten. Wie ich voll Mitgefühl in diesen letzten Monaten an Euch alle gedacht habe, das brauche ich Dir nicht zu sagen! Auch bei jeder Phase des Fort- schrittes von Admiral Roschd jestwensky ! Der große Ein- satz, den er in Deiner Hand bildete, ist gewagt und mit Ehren verloren worden. Er tat alles, was in seiner Macht stand, um Deinen Wünschen nachzukommen. Aber die Vorsehung wollte es anders, und er mußte eine Niederlage erleiden, seinem Herrn bis zum letzten tapfer dienend. Meine vollste Sympathie ist mit ihm und mit Dir. Vom rein militärisch-strategischen Gesichtspunkt aus beendet die Niederlage in der Meerenge von Korea die Aussichten für eine entschiedene Wendung der Dinge zu Deinen Gunsten. Die Japaner sind nun in der Lage, jede Menge von Reserven, frischen Truppen, Munition für die Belagerung von Wladiwostok in die 184 Mandschurei zu werfen. Es w-ird kaum ohne Flotten- unterstützung sehr lange Widerstand leisten können; Die Armee von Lenewitsch braucht mindestens drei oder vier frische Armeekorps, um auf ihre frühere Schlagkraft zu kommen, und selbst dann ist es schwer, vorauszusagen, was die Folgen sein werden, und ob eine neue große Schlacht mehr Erfolg haben wird als die früheren. Formell ist es natürhch möglich, selbst unter diesen ungünstigen Umständen den Krieg noch beliebig lange fortzuführen. Aber anderenteils darf die menschliche Seite nicht übersehen werden. Dein Land hat Tausende seiner Söhne an die Front ge- schickt, wo sie starben oder erkrankten oder für den Rest ihres Lebens zu Krüppeln WTirden. Nun ist, wie ich Dir in meinem letzten Briefe vom 6. Februar schrieb, der Krieg sehr unpopulär, und das Volk sieht seine Söhne und Väter widerstrebend, sogar unwillig ihre Heimat verlassen, um für eine Sache zu kämpfen, die sie nicht nur nicht gutheißen, sondern sogar ver- abscheuen! Ist es mit der Verantwortlichkeit eines Herrschers vereinbar, ein ganzes Volk gegen seinen aus- gesprochenen Willen weiter zu zwingen, seine Söhne hinauszuschicken, in Hekatom^ben töten zu lassen, nur für ihn ? Nur für seine Auffassung von nationaler Ehre ? Nachdem das Volk durch sein Verhalten klar bewiesen hat, daß es eine Fortsetzung des Krieges mißbiihgt? Wird nicht in kommenden Zeiten das Leben und das Blut all dieser nutzlos geopferten Tausende vor des Herrschers Tür gelegt werden, und wird er nicht eines 185 Tages von Ihm, dem Herrn' und Meister aller Könige und Menschen, aufgerufen werden, sich für die zu ver- antworten, die seiner Macht von dem Schöpfer unter- stellt waren, der ihm ihre Wohlfahrt anvertraute ? Na- tionale Ehre ist eine sehr gute Sache an sich, aber nur in dem Falle, wenn das ganze Volk selbst beschließt, sie mit allen denkbaren Mitteln aufrechtzuerhalten. Aber wenn der Wille eines Volkes zeigt, daß es genug hat, und daß „tout est perdu fors l'honneur" seine Auf- fassung ist, ist es dann nicht vernünftig, daß auch sein Herrscher dann — zweifellos mit schwerem Herzen — die Konsequenzen zieht und Frieden schließt ? Selbst wenn es ein bitterer Friede ist? Besser als durch die Verlängerung eines unpopulären Krieges ein derart bitteres Gefühl in seinem Lande zu schaffen, daß es sich sogar nicht zurückhalten ließe, ernsthche Schritte zu unternehmen, um den Herrscher schließlich zu zwingen, ihre Wünsche zu erfüllen und ihre Auffassung anzunehmen ? Natürhch ist die Armee zu berücksich- tigen. Sie hat gefochten, und brav gefochten — anderthalb Jahre lang in Hitze und Kälte, um für Dich und Dein Land den Sieg zu erringen; aber bis jetzt hat ihr die Vorsehung den Erfolg versagt. Niederlage, furchtbare Menschenverluste und unsagbare Leiden sind statt dessen Deinem armen Heere beschieden ge- wesen und von diesen prächtigen, tapferen, ruhigen, aufopferungsvollen Burschen, Deinen Soldaten, willig ertragen worden. Daß sie nach Vergeltung lechzten und bereit sind, sich in jedem möghchen Moment zu i86 schlagen, ist ganz natürlich. Aber gibt es unter den Befehlshabern irgendeinen neuen Führer oder General, der imstande ist, den Erfolg zu garantieren, so daß eine neue gewaltige Anstrengung den Einsatz von Tausenden von Soldatenleben rechtfertigen würde ? Ist das Heer wirkhch unbedingt überzeugt davon, daß es das Geschick zu wenden vermag? Auf diese Frage kannst Du allein natürlich die Antwort wissen. Sollte diese Antwort jedoch von Deinen Generalen im Namen Deiner Soldaten im verneinenden Sinne gegeben werden, indem sie auf ihre Ehre erklären, daß sie nur für ihren Kaiser sterben, aber schwerlich einen entscheidenden Sieg für ihn erkämpfen könnten, dann, glaube ich, kann Dein Gewissen ruhig sein, ob Du weiterkämpfen sollst oder nicht, und Du kannst die Friedensverhandlungen eröffnen, was von allen Deinen getreuen Untertanen in ganz Rußland mit Freude begrüßt werden würde nach dem Blutzoll, den sie bereitwillig für ihren Kaiser entrichtet haben. Du kannst dann sagen, wie der alte französische Grenadier Bombardon singt: „Das Glück des Kriegs hat wider uns entschieden, doch die Armee hat ihre Pflicht getan; die Hälfte fiel, der Rest ward Invahden! Je nun, man trägt, was man nicht ändern kann*." Napoleon der Erste und Friedrich der Große haben auch Niederlagen erlitten! Es muß als Gottes Wille betrachtet werden, daß die Dinge diesen Lauf genommen haben! Gott hat diese * Im Original deutsch. 187 Last auf Dich gelegt, und sie muß getragen vi^erden, aber vieD eicht wird durch seine Absicht und mit seiner Hilfe schheßlich etwas Gutes von Dauer daraus, ein neues Leben und eine neue Ordnung der Dinge wird vielleicht aus dieser Zeit der Prüfung erstehen, als Be- lohnung, die Deine Untertanen reichlich verdient haben. Entschuldige die Länge meines Briefes, aber ich fühle mich als Dein Freund und. Kollege verpfhchtet, Dir zu sagen, was ich für wahr und richtig halte. Du kennst die Motive, die mich bewegen, und es steht Dir frei, mit diesen Zeilen zu tun, was Du für angemessen hältst; Sollten jedoch die in diesem Brief niedergelegten Ge- danken mit den Deinigen übereinstimmen, und solltest - Du glauben, ich könnte Dir auch nur vom kleinsten Nutzen bei den vorbereitenden Schritten für den Frie- den sein, so verfüge bitte nach Deinem Gefallen über mich. Ich darf vielleicht Deine Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, daß die Japaner zweifellos die größte Hochachtung vor Amerika haben, mehr als vor allen anderen Völkern, da diese starke, aufstrebende Macht mit ihrer furchtbaren Flotte ihnen zunächst liegt. Wenn irgend jemand in der -Welt imstande ist, die Japaner zu beeinflussen und sie dahin zu bringen, vernünftig in ihren Forderungen zu sein, so ist es der Präsident Roosevelt. Sollte es Deine Billigung finden, so könnte ich mich leicht privatim ins Einvernehmen mit ihm setzen, da wir sehr intim sind; auch mein dortiger Botschafter ist ein Freund von ihm. Außerdem i88 hast Du Herrn Meyer, den ich seit Jahren kenne, der mein vollstes Vertrauen besitzt. Du kannst ihn holen lassen, offen mit ihm reden, er ist sehr diskret und vertrauenswürdig, ein reizender Causeur mit an- genehmen Manieren! Hier hat der Einzug der Braut bei prächtigem Wetter unter großem Enthusiasmus stattgefunden. Beste Grüße an Alix von Deinem Dich liebenden Freund und Vetter Willy. 189 XLVIII Der Brief ist am Tage nach der Zusammenkunft bei Bjoerkoe geschrieben; vgl. hierzu die Einleitung! — Birilew ist der russische Marineminister. — Der in diesem Briefe er- wähnte Minister des Innern Bulygin hatte auf zarische Anordnung einen Verfassungsentwurf für Rußland ausge- arbeitet, dessen Grundzüge am 26. Juni amtlich bekannt- gegeben werden. Zwei Monate später — am 19. August 1905 — erließ der Zar . das Manifest wegen Einführung einer Verfassung und Errichtung der Reichs-Duma. — In Brest fand am 9. Juli ein Besuch der englischen Flotte statt ; die französische Flotte erv/iderte den Besuch im August in Cowes. — Wlad. ist Großfürst Wladimir. Pillau, 27. VII. 1905 Liebster Nicky! Bei der Landung an der Küste meiner Heimat be- nutze ich die erste Gelegenheit, Dir eine Zeile zu senden, um Dir noch einmal für die mir bereitete Aufnahme und die mir durch Dich bewiesene Liebens- würdigkeit zu danken. Die Stunden, die ich in Deiner Gesellschaft zubringen durfte, werden für immer in IQO meinem Gedächtnis eingegraben sein, Du warst zu mir wie. ein lieber Bruder. Ich werde Deine Gefühle immer mit derselben Wärme und Stärke erwidern, und Du kannst auf mich als auf einen treuen Freund zählen, der von dem einzigen Wunsche und der Hoffnung erfüllt ist, Dich in Deinem schweren Werk erfolgreich und Dein Land bald wiederhergestellt zu sehen von der schweren Prüfung, die es durch den Willen der Vorsehung zu bestehen hatte. Das von uns geschlossene Bündnis auf gegenseitige Unterstützung im Bedarfs- falle v^drd für Rußland von großem Nutzen sein, da es in den Gemütern des Volkes die Ruhe und das Ver- trauen zur Aufrechterhaltung des Friedens in Europa wiederherstellen und die finanziellen Kreise in fremden Ländern ermutigen wird, Fonds in Unternehmungen zu stecken, um Rußland und seine gewaltigen, bisher unberührten Reichtümer zu erschließen. In Zukunft ist es vielleicht nicht unmöglich, daß sich sogar Japan geneigt fühlen könnte, beizutreten. Das würde Eng- lands Anmaßung und Impertinenz abkühlen, da es ebenfalls sein Verbündeter ist. Der 24. Juli 1905 ist ein Eckstein In der europäischen Politik und schlägt ein neues Blatt der Weltgeschichte um; es vdrd ein Kapitel des Friedens und Wohlwollens unter den Groß- mächten des europäischen Kontinents sein, die ein- ander respektleren werden in Freundschaft, Vertrauen und im Verfolgen einer allgemeinen Politik in der Richtung einer Interessengemeinschaft. In dem Augen- blick, wo die Nachricht von dem neuen „Groupement" IQT in der Welt bekannt werden wird, werden die kleineren Völker wie Holland, Belgien, Dänemark, Schweden, Norwegen, alle zu diesem neuen, großen Schwer- gewichtszentrum hingezogen werden durch das ganz natürliche Gesetz der Anziehung kleinerer Körper durch die größeren und kompakteren. Sie werden sich um die Bahn des großen Mächteblocks (Rußland, Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien) drehen und voll Vertrauen sich an diesen Hauptkörper an- lehnen und um ihn kreisen. Die Doppelalhanz in Ver- bindung mit dem Dreibund ergibt einen Fünfbund, der wohl in der Lage ist, alle unruhigen Nachbarn in Ordnung zu halten und den Frieden vorzuschreiben, selbst mit Gewalt, wenn eine Macht so unbesonnen sein sollte, ihn zu stören. In der Unterhaltung mit diesem ausgezeichneten Mann Birilew — eine vorzüg- liche Wahl hast Du da getroffen — erwähnte ich, wenn Ihr Euch erst einmal über Euren Schiffstyp schlüssig geworden seid, solltet Ihr soviel vne möghch sofort bauen und neben den Franzosen auch die deut- schen Privatfirmen nicht vergessen. Deswegen, weil sie vsde für ihr eigenes Land arbeiten würden, während andere Mächte die Geheimnisse Eurer Schiffsbauer und Ingenieure gegen Euch selbst und das Land ausnützen würden. Zwischen Bjoerkoe und Hochland traf ich meinen aus Schweden kommenden Kreuzer, unrasiert, ungewaschen und von dem Rauch des Torpedobootes vollkommen schwarz wde ein Schornsteinfeger — - ein Bild des Jammers. Ich erhielt einige französische IQ2 Zeitungen, in denen ich einen Bericht über die Feier- Hchkeiten in Brest las: „II 7 a 12 ans nous avions Tou- lon et Cronstadt, c'etait le mariage d'amour. Comme chez tous les mariages d'amour est survenu un des- illusionnement general surtbut depuis la guerre 1904 ä 1905. Maintenant nous avons Brest et Cowes, c'est le mariage d'affaires, et comme chez tous les mariages d'affaires il en resultera un mariage de raison!"* Ich denke, das ist wirkUch unverschämt für einen Verbün- deten! So seine „amie et alhee" fallen zu lassen! Es wird den Franzosen sehr gut tun, wenn Du die Zügel ein bißchen schärfer anziehst. Ihre 10 MiUiarden -Francs, die sie in Rußland angelegt haben, hindern sie zwar, vollständig abzufallen, aber die Sprache zeigt, bis zu welchem Punkt die enghschen Schmeicheleien die Franzosen bereits gebracht haben! Ich hoffe, sie werden ihren Kopf in Cowes nicht ganz verHeren. Um das Gleichnis von der „mariage" noch einmal zu gebrauchen : „Marianne" (Frankreich) muß daran den- ken, daß sie mit Dir verheiratet und verpfhchtet ist, mit Dir im Bett zu hegen, schheßUch auch mich hin und wieder Uebkosen oder mir einen Kuß geben, aber nicht in das Schlafzimmer des immer intrigierenden „touche-ä-tout" auf der Insel kriechen soll. * Vor 12 Jahren hatten wir Toulon und Kronstadt, das war eine Liebesheirat. Wie bei allen Liebesheiraten ist eine allgemeine Enttäuschung darauf gefolgt, insbesondere seit dem Kriege 1904/05. Jetzt haben wir Brest und Cowes, das ist eine Geschäftsheirat, und wie bei allen diesen Ge- schäftsheiraten wird daraus eine Vernunftheirat sich ergeben! X3 193 Nun leb' wohl, liebster Nicky; vergiß nicht die Magna charta (Habeas-corpus-Akte) und die Beloh- nung für Deine Linientruppen, indem Du sie auf die gleiche Höhe wie die Garden bringst! Du hast es mir versprochen! Kehre Dich nicht an die schlechte Laune von Wlad. oder an die. Opposition der Garden, denke an die zehn Armeekorps im Feld, die für Dich geblutet haben, und an die in den Provinzen daheim, die täg- lich für Dich gegen die Revolution kämpfen. Herz- liche Grüße an Alix von Deinem sehr ergebenen Freund WiUy. P. S. Da Du mir gesagt hast, daß Bulygin bereits einen Gesetzentwurf nach Deinen Anweisungen, ent- sprechend den Gedanken, von denen ich Dir gespro- chen hatte, fertiggestellt hat, so halte ich es für drin- gend, ihn jetzt sofort zu veröffentlichen, damit die Mitglieder so bald wie möglich gewählt werden; dann kannst Du, wenn Dir die Friedensbedingungen vorgelegt werden, sie dem russischen Volke mit- teilen, das die Verantwortung für die Ablehnung oder Genehmigung zu tragen hätte! Dies würde Dich vor einem allgemeinen Angriff auf Deine Politik schützen, der von allen Seiten erfolgen würde, wenn Du es allein tätest. 194 XLIX Mit dem im ersten Absatz erwähnten Telegramm des Kaisers an den Zaren ist vielleicht der Brief vom 27. Juli (Nachwort!) gemeint. In russischen poH tischen Kreisen wurde zu jener Zeit von einem derartigen Ratschlage des Kaisers viel gesprochen. Schloß Wilhelmshöhe, 22. VIII. 1905 Liebster Nicky! Dein Manifest, das die Bildung der Duma bestimmt, hat in Europa einen ausgezeichneten Eindruck gemacht, besonders in meinem Lande, und ich bitte Dich, meine vi^ärmsten Glückvmnsche entgegenzunehmen. Es ist in der politischen Entw^icklung Deines Landes ein großer Schritt vorwärts und gibt dem Volk eine Möglichkeit, Dir seine Hoffnungen und Wünsche vorzulegen, wo- durch ein Zusammenarbeiten zmschen Herr und Land zum Wohlergehen der Nation bevdrkt wird. Du wirst in der Lage sein, mit allen Arten und Klassen von Menschen in Berührung zu kommen und ihnen direkt X3* 195 Deinen Geist und Deine Ideen einzuflößen, was früher durch den großen, dicken, von Deinen Untertanen mit viel Mißtrauen betrachteten Wall der „Tchin-Bureau- kratie" verhindert ^\Tlrde. Entschuldige, bitte, mein Telegramm von neuHch, aber ich dachte, es sei eine gute Idee, die Duma einmal auf die Probe zu stellen und zu sehen, ob sie arbeitsfähig ist oder nicht. Zu gleicher Zeit bekommst Du einen ausgezeichneten Ein- bhck in das Wesen Deines Volkes und läßt es in Zukunft einen Teil der Verantwortung tragen, die es wahr- scheinlich gern Dir allein aufgehalst hätte; dadurch wird es unmöghch, an Dir allein Kritik zu üben und Dir alle Unzufriedenheit zuzuschieben. Ich sende Dir beigeschlossen einige interessante Ar- tikel, aus denen Du die Richtung des französischen Geistes ersehen kannst. Die Engländer haben sich vor den Franzosen und den französischen Marineleuten prostituiert, in der Hoffnung, sie Dir abzugewinnen und jeder Annäherung zwischen Dir, mir und ihnen ein Ende zu machen. Die Franzosen fühlten sich sehr ge- schmeichelt, aber ich hoffe, die vernünftigen Leute bei ihnen haben den Kopf kühl und klar behalten und ein- gesehen, daß alles „cousu de fil blanc" ist, und daß Britannien Frankreich nur als sein Werkzeug gegen uns gebrauchen will, wie es Japan gegen Dich gebraucht hat. Der Artikel im,, Forum" ist von dem Korrespon- denten Maurice Low geschrieben, den die ,,Morning- Post" nach Amerika gesandt hat. Er ist sehr geschickt geschrieben und äußerst indiskret über die Erweiterung 196 des neuen englisch-japanischen Vertrages, die bis jetzt in London vollkommen geheimgehalten worden ist; aber es scheint, er hat die Katze aus dem Sack gelassen. Der „Erzintrigant und Unheilstifter" in Europa, wie Du den König von England richtig nennst, hat in den letzten Monaten wieder tüchtig gearbeitet. In Cowes sagte er zu einem meiner Freunde — einem deutschen Herrn, den ich zur Beobachtung der „Entente Cor- diale" hingesandt hatte: „Ich kann nicht herauskriegen, was in Bjoerkoe vorgegangen ist! Benckendorff weiß nichts — denn er sagt mir immer alles — , Kopenhagen weiß nichts, und selbst die Mutter des Kaisers — die mich immer alles wissen läßt — hat diesmal von ihrem Sohne nichts gehört; selbst Lamsdorff, der ein so netter Mensch ist und mich alles wissen läßt, was ich hören möchte — weiß nichts oder will nichts sagen ! Es ist sehr ärgerlich !" Dies zeigt Dir, wie sehr weit das Netz der geheimen Informationen ist, das er über Europa und über Dich ausgeworfen hat. Zuerst ließ er seine Presse den Ge- danken eines Besuchs bei mir lancieren, und nachdem alle Zeitungen Europas dies aufgegriffen und be- sprochen hatten, veröffentlichte er plötzlich ein be- leidigendes Dementi, die Idee wäre von meinem Auswärtigen Amt ausgegangen. Die feinste Lüge, die mir je begegnet ist! Dann lädt er hinter meinem Rücken meinen Sohn ein, ihn in England zu besuchen ! Daraus wird natürlich nichts. Seine Flotte ist im Be- griff, unsere Küsten zu besuchen; hoffentlich vAid 197 dies vielen Deutschen die Augen öffnen, die noch immer keine Lust haben, für eine Vergrößerung unserer Flotte Geld zu bewilligen; wir werden viele mit der Bahn und zu Schiff hinschicken, damit sie eine Stunde An- schauungsunterricht erhalten. Sie werden, hoffe ich, die Notwendigkeit verstehen lernen, eine starke Flotte zu bauen. Die beigeschlossene Broschüre ist mir von Amerika geschickt worden ; ich füge sie bei, in der An- nahme, daß sie Dich interessieren wird, besonders vom Gesichtspunkt der zukünftigen Pläne aus, die England gegenüber Rußland in Asien hat, und wofür es die Japaner zu benutzen sucht. Sie wirft Licht auf die japanische Expedition nach der Grenze Turkestans, worüber ich Dir Mitteilung gemacht habe. Dein Dich hebender Vetter und Freund WiUy. 198 L Noch in der zweiten Augusthälfte — der Friede von Portsmouth zwischen Rußland und Japan wurde am 29. Au- gust unterzeichnet — hatte der Zar in dreizehn Gouverne- ments des europäischen Rußlands eine neue Mobilisierung zur Verstärkung der Truppen in Ostasien befohlen. Ende August hatte ein britisches Geschwader vier Tage hindurch vor Swinemünde geweilt und das deutsche Manöverge- schwader seine Übungen unterbrochen, um, wie damals amt- lich bekanntgegeben wurde, die Engländer in der Ostsee zu begrüßen. Tino ist wohl Kronprinz Konstantin von Griechenland. Kronberg, 24. VIII. 1905 Heute vor vier Vv^ochen „Bjoerkoe"! Die köstlichen Stunden, die wir zusammen verbrachten! Und die festen Bande freundschaftlicher Vereinigung, die un- seren Ländern, so Gott will, gute Früchte bringen wird. Ich habe eben Dein freundliches langes Tele- gramm erhalten! Vielen Dank! Wie gütig. Dich so zu bemühen. Ich verstehe durchaus Deine Lage und Deine Entschlüsse. Sobald Du der Unterstützung Deines 199 Volkes sicher bist und sie bereit sind, weiterzukämpfen, dann ist alles gut. Und ich wünsche Dir die Hilfe de? Himmels und raschen Sieg. Ich bin zu Besuch bei mei- nen Schwestern hier, die gerade von einem langen Auf- enthalt in England zurückgekehrt sind. Sie erzählen mir, die Nachricht von unserem Zusammentreffen in Bjoerkoe hätte dort alle Leute und^ die Presse in einen Zustand \\aldester Erregung versetzt. Der König und der Hof vor allem waren ganz „aus dem Häuschen" *. Er versuchte, von meinen Schwestern herauszukriegen, ob sie etwas wüßten von dem, was vorging. Sie lachten ihm natürlich ins Gesicht und amüsierten sich sehr. Die Stelle aus dem Brief Bismarcks an Schleinitz aus Rußland im Jahre 1858 v.ird Dich interessieren, da sie zeigt, daß die Geschichte sich wiederholt und die Zei- ten ganz ähnlich waren wie jetzt. Heute sprach ich den Großfürsten Georg mit Minny von Griechenland. Er erzählte mir, seine Nachrichten aus privater Quelle wären, daß die Ankündigung der „Duma" in russischen Provinzkreisen große Befriedigung hervorgerufen hätte, und daß die Sympathie für Deutschland und die An- erkennung unserer Haltung gegenüber Rußland wäh- rend des Krieges warm und lebhaft wäre. Meine Schwestern, Tino und die ganze FamiHe senden Dir ihre besten Grüße. Vergiß nicht den Befehl, daß die Avancements der Linie in gleichem Range wie bei der Garde stehen. Es wird prächtig einschlagen. Ich füge einige neue Postkarten von der Saalburg bei, die * Im Original deutsch. 200 ich heute besuchte. Sie ist beinahe fertig und sieht hübsch bei dem schönen Sommerwetter aus. Nun leb' wohl, mein lieber Nicky. Gott helfe Dir und beschütze Dich und Deine ganze Familie. Meine Gebete werden Dich stets begleiten. Dein ergebener und Dich liebender Freund und Vetter Willy. 25. VIII. P. S. Gerade als ich meinen Brief beendet hatte, er- hielt ich eine Botschaft vom Präsidenten Roosevelt. Da er mein Interesse an der Friedenskonferenz kennt, sandte er mir liebenswürdigerweise eine Information über die Lage und über die streitigen Punkte, die zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Japan und Ruß- land führten, und seine Vorschläge, die Wünsche beider Parteien so weit wie möglich in Einklang zu bringen. Ich halte seine Vorschläge für sehr vernünftig und prak- tisch und hoffe, sie werden Deinen Erwartungen ent- sprechen. Soviel ich daraus ersehe, scheinen sie Rußland alle Vorteile eines ehrenvollen Friedens zu sichern. Aber natürlich liegt bei Dir allein die Entscheidung, da Du am besten die Gefühle Deiner Landsleute zu beurteilen in der Lage bist. Noch einmal bitte ich Dich um Ent- schuldigung, daß ich Dir so lästig falle und Dich so quäle, aber Du weißt ja, daß alles aus freundschaftlichem 201 Herzen kommt, das warm für Dich und Deine Wohl- fahrt sowie für die Deines Landes schlägt. Ich habe meiner Flotte befohlen, der britischen wie ein Schatten zu folgen, und wenn sie Anker geworfen hat, in der Nähe der britischen Flotte anzulegen, ihnen ein Diner zu geben und sie so betrunken zu machen wie möglich, um herauszukriegen, was sie vorhaben, und dann wieder fortzusegeln. Ich glaube, das Erstaunen wird groß sein, da die Engländer sowolil wie unser Volk glauben, daß unsere Flotte in der Nordsee Hegen wird. Sage also keinem davon, denn das Geheimnis muß gut bewahrt werden! Tata! Das ist das wirkHche Ende meines Briefes! Willv. Beilage BISMARCKS BRIEF AN SCHLEINITZ* „Für Rußland verlangt und erwartet jeder," schreibt Bismarck, „der nicht gerade ausschheßhch von einem Amte lebt, nach Erlaß der Bauerngesetze irgendeine verfassungsmäßige Form der Beteiligung des Volkes und namentlich der höheren Schichten an der Regierung des Landes; die Gemäßigten mit * Der Brief Bismarcks ist nicht von 1858, wie der Kaiser schreibt, sondern vom 30. November 1860. Vgl. Bismarcks Briefwechsel mit dem Minister Freih. v. Schleinitz 1858 bis 1861 (Stuttgart 1905). S. 118, 202 Maßen; aber man hört Stimmen, die an den Konvent erinnern und den Standpunkt der Girondisten schon überwunden haben. Man spürt die Tätigkeit von Wühlern, welche kein Mittel vernachlässigen, um Mißstimmung gegen den Hof und das KaiserHche Haus bis in die untersten Volksschichten zu verbreiten. Die nächste Umgebung des Kaisers ist leider nicht rein von Elementen, welche die übelsten Anhalts- punkte für dergleichen gewähren, und deren Hand- lungen sowie die Verantwortung für den ganzen Augiasstall amthcher Mißbräuche künsthch dem Kaiser zugeschoben werden, dessen mildes Herz ohne Zweifel für manche ihm bekannte Personen zu nachsichtig ist, dessen ehrliches Streben nach Besserung der Dinge sonst aber selbst von denen anerkannt wird, die ihm aus der Erfolglosigkeit desselben einen Vorwurf machen. Den armen Leuten, selbst den gemeinen Sol- daten, wie man sagt, rechnet man die Geldausgaben des Hofes, die Beamten für die Großfürsten,^ die Häuserankäufe für die jüngsten Söhne des Kaisers, den Verbrauch bei Hofe vor und vergleicht damit ihre Armut. Leute in hohen Stellungen, durch Amt und Geburt, sprechen mir von Revolutionen als von Din- gen, die wohl möghch wären, sie aber eigentlich wenig angingen, sondern nur den Kaiser beträfen, so daß es keinesfaUs scheint, als ob sie in der Verteidigung des Thrones ihr Leben einzusetzen gedächten. Nun hat man sich hier zwar jederzeit durch scharfen Tadel in der Konversation für di^ Unterwürfigkeit entschädigt, 203 die man der amtliclien Gewalt im praktischen Leben erweist, dabei aber war in früheren Zeiten der ge- samte europäische Wind nicht so ungünstig für monarchische Autorität wie heutzutage und wie besonders seit 4 Jahren in Rußland. Vielleicht geht das vorüber wie ein Wechselfieber, vielleicht aber reicht auch ein kleiner und zufälliger Funke hin, hier einen großen Brand anzuzünden. Von Offizieren hört man über Abnahme der Disziplin unter den Soldaten klagen und den Krieg als nötig bezeichnen, wenn nicht schlechter Geist einreißen soll. Bedrohlich sieht es überall aus in der Welt, und wenn man hier erlebt, daß Edelleute von anscheinend ruhigem und fried- liebendem Temperament ganze Ladungen von Re- volvern und Munition aufkaufen, um sich auf den Sommer zu rüsten, so weiß ich nicht, ob man nicht besser als Christenhund in Damaskus aufgehoben wäre wie als Gentleman im Lande des Kaisers Nikolaus. Die Aussichten der Deutschen in Nordschleswig sind jeden- falls weniger unbehagHch als die des russischen Land- junkers, der gleich einer lebendigen Höllenmaschine mit Revolvern ausgestopft unter seinen Bauern lust- wandelt. Der Kaiser ist gedrückt von dem Ernst der Situation im Innern und hat für auswärtige Politik nicht dasselbe Interesse wie sonst. Gestern sagte er mir mit tiefem Seufzen, daß die Mittwoche seine ein- zigen glücklichen Tage seien, weil die Geschäfte ihm dann 24 Stunden Ruhe ließen. Er fährt nämlich jeden Dienstag abend zur Jagd. Auch bei meiner neuhchen ;o4 Audienz war er niedergeschlagen; er schenkte mir seine und der seligen Kaiserin Photographie und knüpfte daran eine Beschreibung der Originale aller im Zimmer hängenden Familienporträts. — Wenn Redensarten tödlich wären, so lebte in der Tat vom ganzen Hause Holstein-Gottorp keine männliche Seele mehr. Dem edlen Herzen des Kaiser läßt jeder Gerechtigkeit widerfahren, die „Aber", die dann jedoch folgen, sind von der Art, daß ich in den Fall komme, fortzugehen, oder um eine Änderung des Gesprächs zu bitten. Sehr übel ist es, daß der Kaiser für alle die weitver- zweigten und vielfachen Mißbräuche verantwortlich gemacht wird, die mit dem Namen Minna Iwanowna, zu deutsch Frau v. Burghof, Freundin des alten Adlerberg, zusammenhängen. — Daß Gardeoffiziere in Gegenwart Fremder die Frage diskutieren würden, ob sie auf das Volk schießen werden oder nicht, hat der Kaiser Nikolaus gewiß auch nicht so schnell er- wartet. — Man hat hier eine zu gute Polizei von alters her, als daß der Kaiser nicht viel von allen diesen Dingen erfahren sollte, und der praktische Chef dieses Institutes, Timaschew, sieht allerdings sehr schwarz in betreff der nächsten Zukunft." 205 LI Auf seiner Rückreise aus Portsmouth in Paris angelangt, erhielt dort der russische Ministerpräsident Witte eine Ein- ladung des Königs Eduard VII. nach VVindsor. Witte lehnte diese Einladung ab, reiste weiter nach Berlin, wo er vom Reichskanzler Grafen Bülow empfangen wurde, und hatte am 27. August eine Zusammenkunft mit Kaiser Wilhelm in Rominten. Rominten, 26. IX. 1905 Liebster Nicky! Wittes Besuch gibt mir die angenehme Gelegenheit, Dir einige Worte zu senden. Dies bereitet mir stets große Freude, und ich hoffe nur, daß mein Brief Dich nicht zu sehr langweilen wird. Ich hatte höchst in- teressante Unterredungen mit Witte. Er hat mir den Eindruck eines Mannes von ungewöhnlicher Scharf- sichtigkeit, Voraussicht und der seltenen Gabe der Energie gemacht. Es ist ihm gelungen, — mit Roosevelts gleich energischer und kluger Hilfe, — die Konferenz 206 von Portsmouth zu einem sehr guten Abschluß zu bringen. Und zv/ar in solchem Maße, daß man es in der übrigen Welt als einen deutlichen und wir- kungsvollen Sieg Rußlands über Japan ansieht. Das wird Dich wohl interessieren, weil zweifellos Feinde von ihm und boshafte Leute in Rußland seine Arbeit schmälern und glauben machen möchten, er habe die Interessen seines Landes nicht in solchem Maße wahr- genommen, wie er dies hätte tun müssen. Große Männer — und er muß meiner Ansicht nach zu ihnen gezählt werden — werden immer bis zu einem ge- wissen Grade sich auf Neid und Lügen gefaßt machen müssen; die bilden ein Gegengewicht zu dem Lobes- beitrag, womit sie von ihren Bewunderern über- schüttet werden. Es sind aber die Tatsachen, die für sie sprechen, und Portsmouth spricht für sich selbst. Ich fand zu meiner großen Befriedigung, daß seine politischen Ideen vollständig mit der Basis überein- stimmen, auf die wir unsere in Bjoerkoe ausgetausch- ten Ansichten gründeten. Er ist ein fester Befür- worter einer russisch-deutsch-französischen Alliance, die, wie er mir sagt, von Amerika gern „coudoyee" wird, zur Aufrechterhaltung des Friedens und des Status quo in der Welt, deren Gleichgewicht durch den englisch- japanischen Vertrag gestört worden ist. Er war infolgedessen sehr angenehm überrascht, als ich ihm von unserer Arbeit in Bjoerkoe erzählte. Das ist die natürlichste Gruppierung der Mächte — sie sind die Repräsentanten des Kontingents — und sie wird 207 in der Folge alle kleineren Mächte Europas in das Be- reich dieses großen Blocks ziehen. Amerika wird auf der Seite dieser „Kombination" stehen. Erstens vom Rassenstandpunkt aus: sie sind entschieden „Weiße" anti „Gelbe". Zweitens politisch: aus Furcht vor Japan wegen der Philippinen, auf die die Japaner ein verlangendes Auge geworfen haben; ihr Verlust würde die Stellung Amerikas im Stillen Ozean beeinträchtigen. Drittens wegen des gefährlichen Wettbewerbs des japanischen Handels infolge sehr biUiger Arbeitskräfte und ohne die Kosten eines langen Transports mit seinen Frachttarifen und den Abgaben für die Durch- fahrt durch den Suezkanal. Die Summen, die dafür bezahlt werden, sind eine schwere Belastung des ge- samten europäischen Handels. Dasselbe gilt vom Panamakanal. Der von Amerika flankierte „Kontinentale Bund" ist das einzige Mittel, den Weg wirksam zu blockieren, der dahin führen würde, daß die ganze Welt John Bulls Privatbesitz wird; er beutet sie nach Herzens- lust aus, nachdem er, durch endlose Lügen und In- trigen, die übrigen zivihsierten Nationen zu seinem eigenen Vorteil so weit gebracht hat, daß sie einander in den Haaren Hegen. Wir sehen dieses niederträchtige Prinzip jetzt in der Marokko-Frage angewandt, wo John Bull gleichfalls sein Bestes tut, die Franzosen gegen uns aufzu- hetzen; dadurch entstehen endlose Verzögerungen und Scherereien. Aber Deine Verbündeten sind derartig 208 durch „Cowes" und „Brest" und die „Entente Cor- diale" hypnotisiert, daß sie kaum noch etwas in der AußenpoHtik unternehmen, ohne vorher London zu befragen. Ich glaube, es wäre gut, wenn Du NeHdow anweisen würdest, dieser Anglomanie ein Ende zu machen und die Franzosen daran zu erinnern, daß ihre Zukunft bei Dir und uns Hegt; denn wie ich höre, ist auch er etwas „Anglomane". Witte hat freund- licherweise den Franzosen in der Marokko-Frage den Rat gegeben, Vernunft anzunehmen, und ich habe Radolin beauftragt, so „konziliant" wie möglich zu sein, so daß ich nunmehr hoffe, wir werden uns in ein paar Tagen einigen. Hinsichtlich der anglo-französischen „Entente Cor- diale" wirst Du vielleicht in meinen Dir vor zwei Jahren geschriebenen Briefen finden, daß ich Dich vor der beginnenden Annäherung der beiden Regierungen und Länder warnte; damals opponierten sie nach den „Mürzsteger Punktationen" gemeinsam gegen Deine Politik in Mazedonien. Ich wies darauf hin, daß sie wieder ihre alte, von der Krim her bekannte Politik aufnahmen, und nannte sie damals die „Krimsche Verbindung"*. Die „liberalen westlichen Mächte" haben sich zusammengetan, wie ich vorausgesagt habe; sie opponieren Dir nicht nur in , der auswärtigen Po- litik, sondern noch hitziger und offener auf dem Felde der inneren russischen Politik. Die französische und * Wortspiel: im Englischen klingt bei ,,Crimean** das Wort ..crime'' (Verbrechen) an. •09 die englische liberale Presse brandmarkt ganz offen und mit vereinten Kräften alle monarchischen, tat- kräftigen Aktionen in Rußland — das „Zarentum", wie sie es nennen — und tritt offen ein für die Sache der Revolutionäre in ihren Plänen für Ausdehnung und Aufrechterhaltung des Liberalismus und der „Auf- klärung" gegen das Zarentum und den Imperialismus „gewisser" rückständiger Länder. Das bezieht sich auf Dein und mein Land. Die Phrase, mit der die Franzosen von den Engländern immer wieder einge- fangen werden, ist: „gemeinsam die Interessen des Liberalismus in der Welt aufrechtzuerhalten und in anderen Ländern zu fördern". Das heißt, Revolu- tionen in ganz Europa großzuziehen und zu unter- stützen, besonders in Ländern, die glücklicherweise noch .nicht unter der absoluten Herrschaft jener ver- teufelten Parlamente stehen. Alvensleben, der auf Urlaub zu Hause ist, ist leider mit seiner Gesundheit völlig zusammengebrochen und hat darum nachgesucht, sein Amt niederlegen und sich vom Dienst zurückziehen zu dürfen. Mit Deiner freundlichen Zustimmung schlage ich vor, Herrn von Schoen, den Gesandten in Kopenhagen, an Deinen Hof zu schicken. Er war früher lange in Paris, ist mit einer eleganten, reizenden Frau verheiratet. Er hat mich dieses Jahr auf meiner Fahrt nach Tanger und durch das Mittelmeer begleitet und ist ein loyaler, durchaus verschwiegener Mann. Ein persönlicher Freund von mir, der seit vielen Jahren mein vollstes 210 Vertrauen besitzt. Er ist mit allen englischen In- trigen in Dänemark, denen er vielfach wirkungsvoll ent- gegentreten konnte, vertraut. Er kennt Itahen gut, spricht französisch, itahenisch, englisch wie seine Muttersprache, ist sehr rührig und ein guter Tennis- spieler — falls Du einen nötig hast. Der Besuch der britischen Flotte in Swinemünde und Danzig ist ojme Reibungen verlaufen. Das Publikum war höfhch und „hospitaher", aber frei von Begeisterung. Ich habe in Ejsberg einen Freund, der gut dänisch und enghsch spricht. Er ist, als Kohlen- händler verkleidet, an Bord der Schiffe gegangen und hat dort häufig mit den Offizieren zu Mittag und zu Abend gegessen. Sie sagten ihm, sie seien in die Ost- see entsendet worden, um den Kaisern zu zeigen, daß sie gar keine Macht hätten, irgend etwas nach ihrem Gutdünken zu entscheiden, denn die enghsche Flotte würde ihnen das nie erlauben!!! Ein feines Stück Unverschämtheit! Möge Deine Flotte bald wieder mit guten Schiffen neuer Typen zu Wasser kommen, von körperhch rüstigen, geistig hellen Offizieren be- fehligt und mit gut ausgebildeten Mannschaften be- setzt sein. Eine Neuigkeit, die Dich amüsieren wird, ist dieser Tage von Wien gekommen. Der amerikanische Ge- sandte, Mr. Bellamy Storer, erzählte einem Freunde von mir, daß er einige Tage vor Abschluß des Friedens mit dem König von England in Marienbad zusammen- gewesen sei. Der König sagte zu Storer, es könne gar 14* 211 kein Gedanke an Frieden sein, weil Japan niemals auf eine Entschädigung verzichten dürfe, die ihm als Sieger zukomme. Er sagte dann ferner, es sei sehr nötig, daß Rußland auf lange Zeit hinaus finanziell hilflos und verkrüppelt sei und bleibe. Storer sagte, er sei in einer sehr fatalen Lage gewesen, denn der König hätte ihn ganz laut auf der Promenade um seinen Rat gefragt, vor vielen Leuten, die ihn be- gleiteten und zuhörten!!! Anscheinend befürchtet er, Amerika könne sich den anderen Nationen an- schließen und Rußland Geld vorstrecken, wenn eine große internationale Anleihe zustande kommt. Er wollte Storer beeinflussen, in diesem Sinne nach Hause zu berichten, was dieser selbstverständHch ablehnte. Würdest Du nun, wo der Friede unterschrieben ist und die Aushändigung der Ratifikationen bevorsteht, es nicht für praktisch halten, wenn wir unsere Ge- sandten an fremden Höfen übereinstimmend dahin instruierten — ohne sie in das Geheimnis von der Existenz eines Vertrages einzuweihen — , daß in allen Angelegenheiten, die nicht speziell die eigenen Inter- essen unserer Länder betreffen, sondern in allen Fragen allgemeiner Politik unsere Gesandten zusammenarbei- ten und sich gegenseitig über ihre Instruktionen und Ideen unterrichten sollen ? Diese gemeinsame Zur- schaustellung einer gemeinsamen Sache wird nicht verfehlen, in der Welt den Eindruck zu machen, daß unsere Beziehungen enger geworden sind, und so all- mählich Deine Verbündeten, die Franzosen, auf die 212 neue Orientierung vorbereiten, die ihre Politik zwecks Eintritts in unseren Verband nehmen muß. Die Marokko-Frage wird in wenigen Tagen erledigt sein. Witte hat vernünftig gesprochen und beiden Seiten guten Rat erteilt, und ich habe Weisung gegeben, so „coulant" wie möglich zu sein. Witte hat alle Damen und Herren hier entzückt mit seinen amüsanten Ge- schichten von Amerika und seinen Erfahrungen, die auch Dich sehr amüsieren w^erden! Nun leb' wohl, liebster Nicky. Herzlichste Grüße an Alix und einen Kuß für den Jungen von Deinem Dir stets ergebenen Freund und Vetter WUI7. 213 LH Der hier folgende Brief des Kaisers an den Zaren sucht die nachträgUchen Bedenken des letzteren wegen des in Bjoerkoe geschlossenen deutsch-russischen Geheimabkommens zu zerstreuen. — Graf Tattenbach war zu jener Zeit deut- scher Gesandter in Tanger. Die marokkanische Frage hatte damals den europäischen Frieden Monate hindurch bedroht, und erst im September/Oktober waren die an dieser Frage beteiligten Mächte allmähhch übereingekommen, zu Beginn des Jahres 1906 eine gemeinsame Konferenz in Algeciras abzuhalten. Neues Palais, 28. XL 1905 Liebster Nicky! Der Kanzler, dem ich Teile Deines Briefes vorge- lesen habe, sagt mir, unser rein defensives Abkommen könne unmöglich mit dem französischen Vertrag kolli- dieren, den Dein Vater geschlossen hat. Wäre dies der Fall, so wäre der Sinn davon, daß durch den fran- zösischen Vertrag Rußland verpflichtet ist, Frankreich 314 auch in einem Angriffskrieg gegen Deutschland zu unterstützen. Aber eine solche Möghchkeit, nämlich daß. Rußland Frankreich in einer aggressiven Politik gegen uns unterstütze, haben wir niemals auch nur eine Sekunde für erwägenswert gehalten; denn Dein lieber Vater hat mir oft gesagt, daß er sich jederzeit einem Angriffskrieg offen entgegenstellen werde — ganz abgesehen davon, daß er auf freundschafthch- stem und vertrautestem Fuße mit mir stand. Dies wird durch die Tatsache beleuchtet, daß er im Jahre 1891 während der Manöver bei Narwa mir offen seine Ab- neigung gegen das französische republikanische System bekundete und für die Wiederherstellung der Monar- chie in Paris eintrat, wobei er meine Unterstützung erbat. Wenn Eure französische Vereinbarung wie die unsrige rein defensiv ist, so besteht keine Unverträg- lichkeit zwischen beiden; die eine schHeßt die andere nicht aus, und besondere Erklärungen darüber wären überflüssig. Andererseits kann ich verstehen, daß es Dir besser paßt. Dich nicht öffenthch als meinen Alliierten zu bekennen, in dem AugenbHck, wo die internationalen Revolutionäre in der ganzen Welt die niederträchtige Lüge verbreiten, ich hätte versucht, Dich im reak- tionären Sinne zu beeinflussen. Mein glühender Wunsch ist. Du mögest unversehrt aus der augenblicklichen Krisis hervorgehen und Dein Volk Deine edlen Absichten voll fassen. Jetzt mußt Du abwarten und zusehen, wie die von Dir ins Leben 215 gerufenen Einrichtungen in der Praxis wirken; erst danach wird es später mögHch sein, zu beurteilen, ob und welche Änderungen sich als nötig erweisen. Was Deine Meinung über Witte betrifft, so kann ich natürhch nicht den Anspruch erheben, ihn ebenso gut zu kennen wie Du, aber er hat mir sicher den Ein- druck eines hoch über den Durchschnitt hinausragen- den Mannes gemacht. Andererseits freue ich mich, daß Du Deinen Onkel Nikolai Nikolajewitsch ins Ver- trauen gezogen hast. Er scheint mir ein Element der Festigkeit darzustellen, und Festigkeit dürfte nötig sein, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Ohne Ordnung kann die junge Freiheit nicht leben. Was Tattenbach und Marokko betrifft, so ist Deine Information aus Frankreich unrichtig. Ich erstrebe nicht und habe niemals einen besonderen Vorteil für Deutschland erstrebt, und Tattenbach hat niemals eine eigene Politik befürwortet. So etwas wäre in meinem Dienst noch nicht dagewesen. Meine Ver- treter im Ausland treiben nur eine Politik, und das ist die meine! Wir wünschen nur, uns die offene Tür zu sichern. Das ist ein Interesse, das mit uns alle see- fahrenden und handeltreibenden Nationen haben. Es ist nicht abzusehen, warum, man nicht auf dieser Grundlage zu einer gerechten Vereinbarung mit Frankreich kommen sollte. Ich vertraue darauf, daß Du, dessen ständiges Ziel es ist, den Frieden zwischen allen Völkern und den guten Willen in der ganzen ziviHsierten Welt zu fördern, mir Deine mächtige Hilfe 2l6 leihen wirst, um die Konferenz auf der Grundlage der Erhaltung der offenen Tür zu einer allgemeinen Ver- ständigung zu bringen. Ein Wort in dieser Richtung an Deine Vertreter auf der Konferenz würde meinem Minister seine Aufgabe außerordentHch ferleichtern. Mit den herzlichsten Grüßen an Alix und das Baby bin ich, Heber Nicky, immer Dein Willy. 217 LIII Xjeneral Graf Ta tisch tschew woirde Ende 1905 vom Zaren zum russischen IMilitärbevollmächtigten, „attachiert der Per- son des Deutschen Kaisers", ernannt, während der deutsche General v. Jacobi in gleicher Eigenschaft nach Petersburg ging. Neues Palais, 30. XII. 1905 Liebster Nicky! General Tatischtschew hat mir Deinen Brief über- bracht und sich in seiner neuen „Charge" vorgestellt. Für mich ist es von größter Wichtigkeit zu wissen, daß er sich Deines vollen Vertrauens erfreut, und ich werde mich „le cas echeant" seiner Dienste in meinen Privatangelegenheiten mit Dir gern bedienen. Er ist hier willkommen und gehört nun zu meinem Haupt- quartier. Der neue Gesandte v. Schoen reist heute mit General v. Jacobi ab. Ich kann für den Charakter des Generals in jeder Hinsicht Gewähr leisten. Er war der 218 erste Adjutant, den ich jemals gehabt habe, studierte mit mir in Bonn, diente im l. Bataillon des i. Garde- regiments; später zum zv/eiten Male, weil nach meiner Thronbesteigung mein „aide-de-camp" mehrere Jahre als militärischer Attache in Rom verbrachte, und schließlich kommandierte er Mamas Regiment in Wiesbaden, wo Du ihn gesehen hast. Ich bin sicher, er ist Deines Vertrauens so Vvürdig, wie er meins be- sitzt, der ich ihn seit 25 Jahren ganz nahe kenne! Besten Dank für Deinen freundhchen Brief und die Neujahrswünsche, die ich herzlich erwidere. Möge Gott Dich und Deine Familie beschützen und Deinem Volke den Frieden bewahren. Dies ist der ernste Wunsch Deines Dir immer ergebenen, Dich liebenden Vetters, Freundes und Verbündeten Willy. 219 LIV Wie es scheint, hatte der Präsident der Französischen Re- pubHk (der „Holzfäller Fallieres") in Petersburg angeregt, auch einen höheren französischen Offizier — wie dies bis- her nur zwischen den Monarchen Deutschlands und Rußlands übHch gewesen war — „der Person des Zaren zu attachieren"; diese Anregung blieb jedoch ohne Resultat. — Der Vater der Kaiserin- Witwe von Rußland, König Christian IX. von Dänemark, starb am 29. Januar 1906. — Der russische Ge- neral Sajontschkowski kämpfte tapfer in der Mandschurei an der Spitze seines Regiments Wiborg, dessen Chef Kaiser Wilhelm IL war. , Berlin, 29. I. 1906 Liebster Nickv! General v. Jacobi brachte mir Deinen Brief und Deine W^ünsche, für die ich bestens danke. Er war sehr glücklich über den freundlichen Empfang, den er bei Dir und in der Gesellschaft gefunden hat. Ich freue mich sehr, von ihm zu hören, daß es Dir ebenso wie Alix und den Kindern gut geht. Er hatte einen großen Eindruck von dem guten Aussehen und der Haltung 220 der Regimenter, die Du besichtigt hast, wobei er an- wesend sein durfte. Aber es tat ihm sehr leid, daß er bei dem Jagdausflug so traurige Figur machte, da er seine eigenen Büchsen nicht mithatte und überhaupt nur ein mäßiger Sportsmann ist. Der Gedanke an einen aufgeblasenen aide-de-camp, von unserem Kollegen, „dem Holzhauer FaUieres", geschickt, damit er sich an Deiner Seite herumtreibe, hat mir maßloses Vergnügen bereitet. Aber abgesehen davon, daß es furchtbar komisch ist, ist die Idee doch auch in mancher Beziehung nützlich. Je enger Du Frankreich zu Dir herüberziehst — vorausgesetzt, daß es Dir gehngt — desto mehr bleibt es vom Unheil fern. Die Marokko-Geschichte wird, soweit ich sehen kann, schon werden — ohne Krieg. Der entscheidende Punkt ist dabei, daß bisher noch keine Macht Neigung gezeigt hat, Frankreich mit Waffen zu unterstützen für den Fall, daß es Marokko besetzen will. Ohne die Gewißheit bewaffneter Hilfe wird Frankreich eine solche Invasion kaum wagen. Letzten Endes wird man sich auf ein Arrangement einigen, das allen Beteihgten den Frieden sichert, und zugleich dem Handel der ganzen Welt die offene Tür in Marokko ehrenvoll erhält. Daß die Franzosen Rußland jetzt eine An- leihe verweigert haben, hat nicht so sehr mit der Marokko-Angelegenheit zu tun, da sich Frankreich seit Eröffnung der Konferenz von Algeciras sehr be- ruhigt hat, vielmehr mit den Berichten der russischen Juden, die die Führer der Revolution sind, an ihre 221 Stammesgenossen in Frankreich, die die ganze fran- zösische Presse unter ihrem unheilvollen Einfluß haben. Berlin ist überfüllt mit Russen und Adels- familien, die aus den baltischen Provinzen geflüchtet sind. Über 50 000 Deiner Untertanen sind hier, un- gefähr 20 000 in Königsberg, und weitere Tausende in den kleinen Provinzstädten von Preußen, Posen und Schlesien. Besonders die baltischen Adligen be- finden sich in trauriger Notlage, da sie alles verloren haben: Ihre Schlösser sind verbrannt, ihre Güter ge- plündert, ihre Wälder zum Teil verwüstet. Manche Baronin hat als Wirtschafterin zu anderen Familien gehen müssen, junge Komtessen und Baronessen mußten als einfache Ladenmädchen in Warenhäuser eintreten, nur um sich und ihre Mütter vor dem Hun- gertod zu bewahren. Unsere Großgrundbesitzer haben freiwilhg einige Familien in ihren Landhäusern unter- gebracht, und auch die Kaiserin hat Mädchen in ihr Seminar aufgenommen, um den Müttern eine Er- leichterung zu schaffen. Du hast keine Vorstellung von den schrecklichen Verlusten und Nöten bei den Besten Deines Adels aus Kurland und Livland. Da viele meiner aktiven Offiziere Töchter aus diesen Fa- milien geheiratet und den Hauptteil ihrer Unter- haltskosten von ihren Schwiegereltern bezogen haben, stehen auch diese armen Burschen plötzHch vis-ä-vis de rien, da sie von ihrem Gehalt nicht leben können. Nach meiner Meinung sind viele Millionen dazu nötig, diesen armen Leuten wieder aufzuhelfen und 222 sie beim Wiederaufbau ihrer zerstörten Wohnungen zu unterstützen. Hoffentlich wird ihnen Deine Regierung diese Summen bereitwdlhg zur Verfügung stellen. Ein dahingehender Befehl von Dir würde in ganz Europa ausgezeichneten Eindruck machen und diese beklagens- werten Menschen in ihrer Verzagtheit aufrichten. Während ich Dir diese Zeilen schreibe, erhalte ich eben die überraschende, ganz unerwartete Nachricht vom Tode Deines teuren Großvaters. Was für ein edler, idealer, ritterhcher Monarch ist mit ihm dahingegangen! Gehebt von seiner FamiHe und von seinen Untertanen, die zu ihm als zu ihrem Vater aufbhckten. Ich spreche Dir mein tiefes Beileid zu diesem großen Verlust aus, den wir Monarchen alle empfinden und beklagen, da wir einen der Besten aus unseren Reihen verloren haben. Deine arme Mutter wird in großer Trauer sein, aber es wird sie trösten, daß sie bei ihrem angebeteten Vater in seinen letzten Augenblicken sein konnte. Ich beabsichtige natür- Hch, der Leichenfeier beizuwohnen. General Sajontschkowski wurde mir vorgestellt und hat einen ausgezeichneten Eindruck auf mich gemacht; ich freute mich, ihm zu den glänzenden Leistungen meines tapferen Regiments von Wiborg beglück- wünschen zu können, das so kühn für Kaiser und Land gekämpft hat. Nun leb' wohl, Hebster Nicky, die besten Grüße für Alix und die Kinder von Deinem wohl- geneigten Freund und Vetter Willy. 223 LV Am 25. Februar feierte das deutsche Kaiserpaar das Fest seiner silbernen Hochzeit. Berlin, 6. III. 1906 Liebster Nicky! Die Rückkehr des Generals ä la suite v. Jacobi nach Zarskoe gibt mir Gelegenheit, Dir durch ihn diese Zeilen zu senden. Sie sollen meinen aufrichtigsten und herzlich gefühlten Dank ausdrücken für Deine freund- lichen Wünsche zu unserer silbernen Hochzeit und für das prächtige Geschenk, das Du gütigst uns beiden ge- schickt hast. Das Geschenk ist in der Tat ganz prächtig! Reizend in der Farbe und auserlesen in der Arbeit; die Zahlen in kostbaren Juwelen heben sich wunderbar ab von dem sanften Dunkelgrün des Steins. Deine Gaben riefen bei unseren Gästen große Aufmerksam- keit hervor und \jTirden nach Gebühr be\yundert. Es war sehr freundlich von Dir, an unseren Hochzeitstag 224 zu denken und so an unseren Festlichkelten teil- zunehmen. Es machte mir viel Vergnügen, alle die Deputationen zu begrüßen, die Du mir sandtest. Zu- mal meine wackeren „Wiborgs" waren der Mittelpunkt bewundernder Neugier. Sie machten überall einen sehr guten Eindruck und wurden denkbar „fetiert". Die Festlichkeiten waren sehr anstrengend und zogen sich übermäßig in die Länge, doch zum Glück hat Viktoria sie recht gut überstanden, nachdem sie gerade einen heftigen Influenzaanfall gehabt hatte. Seit drei Tagen haben wir hier völligen Sommer, und jedermann ist draußen zu Pferd und zu Fuße, mit Auto oder Rad, Hunderte sitzen in den Gärten und auf den Terrassen der Cafes und trinken im Freien ihren Kaffee oder ihr Bier! Ich vermute, dieses warme Wetter wird auch bald zu Euch gelangen! Mit besten Grüßen an Alix und die Babies und mit nochmaligem Dank für Deine reizende Gabe verbleibe ich immer Dein sehr ergebener und Dich liebender Freund und Vetter WiU^. i5 225 LVI Am 31. Mai wurde von einem Anarchisten ein Bomben- attentat auf das neuvermählte spanische Königspaar verübt, wobei fünfzehn Personen getötet und siebzig verwundet wurden. — Der russische Gesandte in Kopenhagen, Iswolsky, wurde am 12. Mai als Nachfolger des Grafen Lambsdorff zum russischen Minister des Auswärtigen ernannt. — Die britische Regierung hatte in Petersburg wdssen lassen, daß ein britisches Geschwader demnächst nach Kronstadt zu kommen gedenke; die russische Regierung bat jedoch, Mitte Juli- den geplanten Flottenbesuch zu verschieben, um nicht bei der gegenwärtigen schwierigen innerpoHtischen Lage Ruß- lands Zwischenfälle hervorzurufen. Neues Palais, 14. VL 1906 Liebster Nicky! Aufrichtigsten Dank für Deinen freundlichen Brief, den Tatischtschev^r mir überbrachte, und für den zwei- ten, den mir Wladimir heute gab. Ich nehme in diesen schvderigen Zeiten vollen Anteil an Dir. Das beste Mittel, Dich von den quälenden Sorgen zu entlasten, 226 welche die Lage in Deinem Lande Dir verursacht, ist, wie Du es tust, Dich mit Deiner herrlichen Garde zu beschäftigen, indem Du sie besichtigst und zu ihr sprichst. Es bereitet Dir Vergnügen und erfreut die Truppen, die sich unzweifelhaft in ernsten Augen- blicken für das Interesse, das Du ihnen bezeigst, er- kenntlich erweisen und sich als treue, zuverlässige und scharfe Waffe in der Hand ihres Souveräns bewähren werden. Es freut mich, daß Du mit Deinen Husaren, die in den Reihen des Regiments gedient haben, zu- frieden warst. Mir geht es hier ebenso; auch ich habe ein „penchant" für meine Gardehusaren, die ich eine Zeitlang befehligt habe. Ich habe sie gestern inspiziert, bevor die Manöver der Gardekavallerie begannen; diese waren sehr erfolgreich, endeten aber, wie dieses Jahr alle Inspektionen, in einem schweren Regenguß. Mit Deinen Ansichten über die Anarchistenfrage stimme ich vollständig überein. Das Attentat war tückisch und teuflisch. Die Schwierigkeit, mit diesem Abschaum der Menschheit fertig zu werden, besteht, wie Du richtig bemerkst, darin, daß diese Bestien in einigen Ländern — vor allem in England — ungestört leben dürfen und dort Anschläge gegen das Leben beHebiger anderer Menschen aushecken. Wie mir mitgeteilt wird, hat der spanische Ministerpräsident den Prinzen von Wales ersucht, S. M. dem König Eduard VII. das Verlangen der spanischen Nation zum Ausdruck zu bringen, daß es als notwendig erachtet werde, er soUe seine Regierung veranlassen, sich den X5* 227 Kontinentalmächten zur durchgreifenden Unterdrük- kung dieser Mördersekte anzuschließen. Dieser Vorfall beweist, daß die von unseren beiden Regierungen getroffenen Maßnahmen zur Überwa- chung dieser Burschen vollkommen fehlgeschlagen sind. Da sie in London absolut ungestraft leben können, so entwerfen sie dort ihre mörderischen Pläne. Diese Feinde der Gesellschaft gehören aufs Schafott, in ein- zelnen Fällen müßten sie auf Lebenszeit in ein Irren- haus gesperrt werden. Alle Kontinentalmächte sollten in London einen gemeinschaftHchen Schritt tun und die englische Regierung auffordern, einem inter- nationalen Abkommen zur Bekämpfung dieser Bestien beizutreten. Es müßte doch meiner Meinung nach möglich sein, durch allgemxeine Übereinstimmung Maßregeln zum Schutze des Lebens und der Kultur dergestalt zu treffen, daß die Erzeugung von Chemi- kahen zum Füllen und zur Verwendung von Bomben mit Todesstrafe belegt wird. Die Duma schafft Situationen, die für Deine Regierung überaus schwierig sind, und die augenblickhchen Zustände sind überaus peinhch. Wir müssen aber hoffen, daß es beiden nach einiger Zeit doch mögUch sein wird, Mittel und Wege zu finden, um zu einem vernünftigen modus vivendi zu gelangen, so daß positive Arbeit zum Besten des Landes geleistet werden kann. Wie ich erwartet habe, ist Deine Wahl auf Iswolsky gefallen, der, wie ich überzeugt bin, Dich zufrieden- stellen wird; als sehr geschickter Mann wird er mit i28 Leichtigkeit die russische äußere Politik Deinen Wün- schen gemäß in friedHcher Richtung lenken. In der Bagdadbahn- Frage hat er Schoen eine sehr vernünftige Antwort gegeben, so daß meine Regierung, wie ich hoffe, imstande sein wird, mit ihm auf der Grund- lage gegenseitigen Vertrauens, das aus der Interessen- gemeinschaft entspringt, weiterzuarbeiten. Unsere In- teressen an dieser Eisenbahn sind rein wirtschaftHcher und kommerzieller Natur zum Besten der Menschheit: es betrifft eine in voller gesetzHcher Form ausgestellte Konzession an eine deutsche Gesellschaft, die die Bahn baut und betreibt. Ich kann mir wohl denken, daß die Engländer, wie Du Dich ausdrückst, Dir- betreffs Asiens in den Ohren Hegen; da Du Dich aber ent- schlossen hast, in aller Ruhe ihre Vorschläge abzuwar- ten, so ist es sicher, daß — wenn ihre Bedingungen be- zügHch Zentralasiens Dir annehmbar erscheinen — eine Verständigung mit den Engländern viele Ele- mente der Reibung und des Konflikts aus dem Wege räumen würde, was auch mich befriedigen würde. Jedermann wird unzweifelhaft begreifen, daß der gegenwärtige AugenbHck, den die engHsche Flotte ge- wählt hat, um uneingeladen ihren Besuch abzustatten, Dir und Deinem Lande sehr ungelegen ist und lästig fallen muß, und ich kann vollständig Deine Indigna- tion verstehen; habe ich doch letztes Jahr ihren Besuch bei uns ebenso empfunden. Sie werden sicherHch ver- suchen, Deiner ultrahberalen Partei den Nacken zu steifen. Die Flotte hat angekündigt, daß sie auf ihrer 229 Heimfahrt Pillau und Travemünde besuchen wolle. Ich werde sie scharf überwachen lassen. Wie Du, sehe auch ich unserer Zusammenkunft am Ende dieses Sommers mit großem Vergnügen entgegen. Da ich in den ersten Augusttagen wieder in der Ostsee zurück sein werde, so wollte ich Dir vorschlagen, mit Dir am i. August n. St. zusammenzutreffen — wenn schönes Wetter ist — auf der Höhe von Swinemünde, im Gewässer von Heringsdorf. Die Gegend ist sehr schön und die VerbindungsmögHchkeiten mit dem Ufer für Depeschen usw. viel leichter als in Heia. Der gute alte Kaiser Franz Joseph, den ich besucht habe, war noch immer merkwürdig frisch, wenngleich das Alter ihn ein wenig gebeugt hat; auch er war durch das Verhalten seines Parlaments sehr gereizt. Die Stunden, die ich mit ihm verbrachte, waren infolge seiner warmherzigen Güte und Ritterlichkeit höchst angenehm. Ich habe ein höchst interessantes altes — restau- riertes — Schloß besucht, Franzenstein *, das dem berühmten Forschungsreisenden Graf Wilczek gehört. Es ist ein Wunder gotischer Architektur; die Möbel aus dem 13. bis 15. Jahrhundert sind sehr stilvoll und lehrreich. Tatischtschew wird Dir von meiner Inspizierung vergangenes Frühjahr und von den Manövern meiner zweiten Brigade erzählen, in dem sich das neue „Re- giment" zum ersten Male zeigte, ebenso über die * Das Schloß heißt in Wahrheit Kreuzenstein. 230 Übungen der Garde- Kavallerie-Division unter meinem Kommando, die außerordentlich gut vonstatten gingen. Wladimir war hier und gab mir Deine freundlichen Zeilen, die mich als den Oberst des Wiborgregiments sehr stolz gemacht haben. Ich danke Dir nochmals für die große Freundlichkeit, die Du ihnen ervidesen hast, und für die Ehrung, die in Deiner Inspizierung lag; sie verdienen beides vollauf, da das Regiment sich sehr tapfer gezeigt hat. Wladimir hat uns auch zu einer großen Viehschau in der Nähe von BerHn begleitet und sich anscheinend über die Vorführung von Preis- kühen, Stieren, Schw^einen, Pferden usw^., die sehr ge- räuschvoll vor sich ging, höchlich amüsiert; die Tau- sende von Bauern und kleinen Grundbesitzern äußerten ihre loyalen Kundgebungen mit lautem Jubel. Über- aus erstaunliche Fortschritte wiesen die Abteilungen für elektrische und alkoholische Motoren auf, ebenso die alkohoHschen^Gaslampen für den Gebrauch von Grundbesitzern. Nun lebe wohl, Hebster Nicky, möge Gott Dich segnen und schützen, viele Grüße an Alix und „au revoir" in Swinemünde, wo wir uns bemühen werden, recht fröhhch zu sein; Wie immer Dein Dich liebender Freund und Vetter Willy: 231 LVII Kapitän von Hintze war damals deutscher Manneattache in Petersburg. 7. IL 1907 Liebster Nicky! Hintze ist im Begriff abzureisen, und dies bietet mir Gelegenheit, Dir diese Zeilen durch ihn zu senden. Meine wärmsten Wünsche begleiten Dich im neuen Jahr; möge es Deiner unablässigen Arbeit für Dein Land und für die Wohlfahrt Deines Volkes gelingen, die durch Redereien erhitzten und durch unverant- wortliche Wühlerei irregeführten Geister zu beruhigen, ich hoffe, war werden, wenn in diesem Jahre bei Deinen Untertanen klügere Überlegung vorherrscht und sie sich vernünftig benehmen, in der Lage sein, uns irgend- wo auf dem Wasser zu treffen, und Heinrich wird dann so glücklich sein. Dir die Flotte unter seiner Flagge zu zeigen. Ich denke. Du wdrst einen gewissen Fortschritt 232 in der Entwicklung seit 1901 bei Danzig feststellen; alte Typen sind abgeschafft worden und neue hinzu- gefügt, so daß die ganze Flotte einen gleichartigeren Eindruck macht: Mit besten Grüßen an AHx und die Kinder, deren Photographien mir außerordentlich gefallen haben, be- sonders die des Jungen, wünsche ich Dir Gottes Segen. Ich bin, mein lieber Nicky, stets Dein Dich liebender Vetter und Freund Willy. 233 LVIII Anfang November stattete das deutsche Kaiserpaar einen Besuch am enghschen Königshofe ab. — Mitte Dezember ging das Atlantische Geschwader der Vereinigten Staaten nach dem Stillen Ozean in See; die amerikanische Presse motivierte diese Flottensendung zum Teil mit einer Ver- schärfung der amerikanisch- japanischen Beziehungen, zum Teil ledigHch mit Manöverzwecken. Fast zu gleicher Zeit hielt der Führer der japanischen Liberalen und frühere Ministerpräsident Graf Okuma eine viel beachtete Rede, worin er ausführte, dreihundert Millionen von Europäern unterdrückte Inder sehnten sich nach dem Schutze Japans, und Japan hätte kein Recht, dem indischen Volke eine Ent- täuschung zu bereiten. 28. XII. 1907 Liebster Nicky! Aus vollem Herzen die wärmsten Wünsche für 1908. Gott segne und behüte Dich, Alix und die Kinder und lasse mich hoffen, daß ich die Freude haben werde, mit Dir wiederum zusammenzukommen. 234 Durch meinen Besuch in England habe ich, wie ich glaube, Mißverständnisse und Mißtrauen vielfach be- seitigt, so daß die Atmosphäre geklärt und der Druck auf das Sicherheitsventil erleichtert ist. Ganz privat und vertraulich für Dich persönlich eine Neuigkeit. Ich fand das britische Volk sehr nervös wegen der Japaner, die sie zu fürchten und denen sie zu mißtrauen beginnen. Die Fahrt der amerikanischen Pazifik-Flotte hat London höchUchst geärgert, denn sie versuchten alles, was in ihrer Macht stand, es zu verhindern. London hat Angst vor einem Zusammen- stoß zwischen Japan und Amerika, da sie einem von ihnen an die Seite treten müssen, denn es wird eine Rassefrage, keine pohtische, nur Gelb gegen Weiß. Das Aufgeben Japans würde sofort den Verlust In- diens nach sich ziehen, das die Japaner im stiUen unterminieren und revolutionieren usw. Die Japaner haben diese Entwicklung vorausgesehen und bereiten sich darauf vor. Vielleicht werden sie zuerst In- dien angreifen und sich nicht um die Phihppinen kümmern. Britische See- und Landoffiziere sprachen offen zu mir und meinen Offizieren von ihrem Wider- willen gegen das „gelbe" Bündnis mit Japan, das sie hassen. Bei dieser Stimmung kannst Du Dir vor- stellen, was für einen Eindruck die Rede machte, die Graf Okuma vor einigen Tagen gehalten hat! Sie wirkt wie eine Shimosa-Bombe in London! Jetzt haben ihre Zeitungen zum erstenmal den Ausdruck „gelbe Gefahr" von meinem Bilde gebraucht, das 235 wahr werden \\ird. Ein deutscher Herr, der eben von Mexiko zurückkam, berichtete mir, er seihst hätte 10 000 Japaner in den Pflanzungen in Südmexiko ge- zählt, alle in Militärjacken mit Messingknöpfen. Nach der Arbeit bei Sonnenuntergang versammeln sie sich alle unter Sergeanten und Offizieren, die als einfache Arbeiter verkleidet sind, in Trupps und Abteilungen, werden gedrillt und üben mit Holzstäben, was er sehr oft beobachtet hat, wenn sie sich unbeobachtet glaub- ten. Es sind japanische Reservisten, die verborgene Waffen mit sich führen und als Armeekorps gedacht sind, den Panamakanal zu besetzen und die Land- verbindung mit Amerika abzuschneiden. Es ist nicht unwahrscheinhch, daß England ein Geschwader in den Stillen Ozean senden wird, wozu sie gar keine Lust haben. Währenddessen zupfen sich amerika- nische und britische Journalisten freundschafthch ein bißchen an der Nase, was die Nervosität der Lon- doner Presse beweist. Das ist meine geheime In- formation für Dich persönlich, so daß Du Zeit hast. Deine Pläne danach einzurichten. Es ist eine sichere und gute Information, denn Du weißt ja, daß ich Dir niemals eine falsche gebe. Die Haupt- sache ist, die Augen offenzuhalten und vorbereitet zu sein. Die Entwicklung kann langsam vor sich gehen, aber vielleicht führen die Ereignisse auch zu einem unerwarteten und plötzHchen Ausbruch, bevor die Frage reif geworden ist, wie es manchmal zu ge- schehen pflegt. Es ist imposant zu beobachten, wie 236 gut die Japaner sich auf den Notfall vorbereiten! Sie haben es auf ganz Asien abgesehen, bereiten sorg- fältig ihre Streiche gegen die weiße Rasse im all- gemeinen vor! Denk an mein Bild, es wird wahr! Wenn Frankreich in dieser Angelegenheit mit Eng- land geht, sind Saigon und Annam verloren! Willy. 237 LIX Am II. August trafen Kaiser Wilhelm und König Eduard VII. in Homburg v. d. H. zusammen. Wilhelmshöhe, i8. VIII. 1908 Liebster Nicky! Willst Du mir gütigst den Gefallen tun, die ersten Abzüge meiner Photographien in den neuen russischen Uniformen freundlichst von mir anzunehmen ? Sie sind noch nicht veröffentlicht worden, und ich hoffe, Dein forschendes Auge wird irgendwelche Fehler in der Anordnung herausfinden. Onkel Bertie war ganz Sonnenschein in Kronberg und sehr guter Laune. Er beabsichtigt, Berlin im nächsten Jahr offiziell mit Tante Alix zu besuchen. Das Datum wird noch fest- gesetzt. Er sprach auch über die Türkei, gab zu ver- stehen, daß es am besten wäre, sie sich selbst zu über- lassen, um sich selbst zu organisieren und Mazedonien selbst zu reformieren, so daß die Mächte für den 238 Augenblick in der Lage wären, die geplanten Reformen fallen zu lassen, was ihn sichtlich zu erleichtern schien. Ich hoffe, Deine Reise ist von gutem Wetter be- gleitet, wir haben hier beständig strömenden Regen. Mit besten Grüßen an Alix stets Dein Dich Hebender Freund und Vetter Willy. 239 LX Am 5. Oktober war die Annexion Bosniens und Herzegowinas durch Österreich-Ungarn erfolgt, wobei die engHsche Presse Deutschland der eigentlichen Urheberschaft dieser Annexion beschuldigte und ein Teil der russischen Zeitungen der eng- Hschen Presse darin sekundierte. Am i. Dezember erklärte die Petersburger halbamtUche „Rossija", die staatsrechtliche Stellung von Bosnien und Herzegowina sei durch den Ber- liner Kongreß so deutlich festgesetzt worden, daß diese Stellung nur durch ein neues alleuropäisches Abkommen gesetzmäßig abgeändert werden könnte. Am 24. Dezember erging eine russische Zirkularnote an die Signatarmächte des Berhner Kongresses, worin in Bestätigung der offiziösen Ausführungen der „Rossija" erklärt wurde, die bosnisch- herzegowinische Frage müßte zunächst der Beratung der Kabinette unterHegen. Das Programm einer derartigen Be- ratung wurde von Iswolsky wohl den Kabinetten von London und Paris, nicht aber gleichzeitig auch der deutschen Regie- rung unterbreitet. — Noch weit wichtiger und drohender für die Zukunft von ganz Europa war aber die Zusammen- kunft des Zaren mit dem König Eduard VH. in Reval am 9./10. Juni 1908 gewesen, an der der russische Minister des Auswärtigen Iswolsky und der britische Staatssekretär Har- dinge teilnahmen. Die Triple-Entente, England-Rußland- Frankreich, wurde in Reval zur Tatsache. ^40 Hubertusstock, 8. I. 1909 Liebster Nicky! Vielen Dank für Deinen freundlichen Brief vom 25. Dezember, den Du mir durch Tatischtschew über- sandt hast. Ich habe mich sehr gefreut, von Dir zu hören, und meine Frau wie ich danken Dir auf- richtigst für Deine freundhchen Neujahrswünsche. Du sagst mit Recht, daß das alte Jahr sehr ereignis- reich gewesen ist. Die Annexion Bosniens und der Herzegowina war eine wirkliche Überraschung für jedermann, besonders aber für uns, da wir über die Absichten Österreichs sogar noch später als Du unter- richtet worden sind. Ich halte es für meine PfHcht, Dich darauf aufmerksam zu machen in Anbetracht dessen, daß Deutschland beschuldigt worden ist, Österreich zu diesem Schritt getrieben zu haben. Diese Behauptung ist absurd und ebenso unwahr wie die, die sich auf die Sandschakbahn bezog. Es freut mich, aus Deinem Briefe zu ersehen, daß man in Rußland jetzt sich darüber klar zu werden beginnt. Tatsache ist, daß, nachdem Österreich einm.al, ohne uns vorher zu ■ fragen, diesen Schritt unternommen hatte, ein Zaudern unsererseits, welchen Weg wir als loyale Bundesgenossen einzuschlagen hatten, außer Frage stand. Wir konnten nicht auf die Seite seiner Gegner treten. Du wirst der erste sein, der diese unaere Loyalität billigen wird. Dies bedeutet jedoch nicht, daß wir beabsichtigen, unsere alten freundschaftlichen Beziehungen zu Ruß- land fallen zu lassen. Ich bin sogar fester als je davon überzeugt, daß Deutschland und Rußland so eng wie möglich vereint sein sollten; ihre Vereinigung wird ein mächtiges Boilv/erk für die Aufrechterhaltung des Friedens und der monarchischen Einrichtungen bilden. Du kennst meine Ansichten darüber; daß meine Freundschaft loyal und - aufrichtig ist, habe ich Dir durch Tatsachen beweisen können, als ich während der Periode von Schicksalsschlägen, die Rußland kürz- lich durchzumachen hatte, um Deinetwillen eine schwere Verantwortung auf mich nahm.- Da ich freundschafthche Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern hoch bewerte, so erachte ich es als um so wichtiger, daß alles, was geeignet wäre, sie zu schädigen, aus der Welt geschafft werden sollte; Du wirst es mir, wie ich hoffe, nicht verübeln, wenn ich Dir ganz freimütig sage, wie ich über diesen Gegenstand denke. Kürzlich ist es so dargestellt wor- den, als ob wir wegen Deines Übereinkommens mit England über Mittelasien Unbehagen empfunden und gezeigt hätten. Dieselben Gerüchte werden in Um- lauf gesetzt über den Besuch, den Onkel Bertie Dir in Reval abgestattet hat. Alles Unsinn! Wir be- greifen vollkommen, daß Rußland es gegenwärtig vermeiden muß, in einen KonfHkt mit Großbritannien zu geraten, und daher bestrebt ist, augenblickliche Streitpunkte zu beseitigen; 242 Abgesehen davon hast Du mir wiederholt die for- male Versicherung gegeben, daß Du mit England kein Übereinkommen mehr allgemeiner Natur ab- schHeßen würdest. Ich habe Dein Wort, was kann ich sonst verlangen ? Uns ist ebensoviel wie Dir daran gelegen, unsere Beziehungen zu England zu verbessern. Ich freue mich auf den Besuch, den mir Onkel Bertie nächsten Monat in Berhn abstatten wird, nicht nur weil es mir Vergnügen macht, ihn und Tante Alix hier zu haben, sondern auch weil ich erwarte, daß der Besuch nützliche Ergebnisse für den Weltfrieden haben wird; Nein, mein lieber Nicky, weder Dein Überein- kommen mit England über Mittelasien noch Eure Zusammenkunft in Reval hat in Deutschland irgend- welche Unruhe oder Enttäuschung hervorgerufen; Der Grund ist ein ganz anderer. Es ist die offenkundige Tatsache, daß die russische Politik in den beiden letz- ten Jahren sich allmählich von uns mehr und mehr entfernt in der Richtung einer immer engeren Kom- bination von Mächten, die uns unfreundlich gesinnt sind. Die Triple-Entente zwischen Frankreich-Ruß- land und England wird von der ganzen Welt als eine vollzogene Tatsache betrachtet; Englische und fran- zösische Zeitungen versäumen keine Gelegenheit, diese angebliche „Triple-Entente" als gegen Deutsch- land gerichtet darzustellen, und nur zu oft stimmt die russische Presse in diesen Chorus ein. Auf der anderen Seite hat die russische Politik letzthin m 243 vielen Fällen Mißtrauen gegen die deutsche Politik bekundet, so z. B. in Persien und China — ein gänz- lich unbegründetes Mißtrauen. In betreff anderer Fragen, an denen wir interessiert sind, wie der Bagdadbahn, wo wir auf Rußland zählen zu können dachten, ist die russische PoHtik weit von uns ab- gerückt. Ist es somit überraschend, daß sich zwischen unseren beiden Ländern eine gewisse Entfremdung herausgebildet hat ? Ich brauche Dir nicht zu versichern, daß alle diese Fragen einen sehr tiefen Eindruck auf mich machen, und ich halte es für meine Pfhcht, Dich auf die Lage, wie sie tatsächhch ist, und auf die Ursachen, welche zu ihr geführt haben, aufmerksam zu machen, ehe es. zu spät ist. Die Tendenz der russischen Politik, eine Anlehnung an England und Frankreich vorzuziehen, ist in der augenblickhchen Kjrisis besonders deuthch hervor- getreten. Deine Regierung ist an die meine in der bosnischen Frage erst herangetreten, nachdem das Programm für eine beabsichtigte Konferenz ent- worfen und in Paris und London genehmigt worden war. Dieses Programm ist in der französischen Presse veröffentlicht worden, bevor man es uns mitgeteilt hatte. Die französischen sowohl wie die englischen und russischen Zeitungen stimmten einen Jubelchor über diesen Erfolg der neuen „Triple-Entente" an. Da die Dinge so standen, als Iswolsky nach BerHn kam, so blieb meiner Regierung nichts anderes übrig, als 244 hinsichtlich mehrerer wichtiger Punkte, die ^ einen Teil der russischen Wünsche bildeten, die strikteste Zurückhaltung zu beobachten. Wir konnten unsern Verbündeten nicht drängen, einem Programm zuzu- stimmen, das er, wie wir wußten, nicht annehmen würde, ganz abgesehen von der Erwägung, daß das Programm ohne uns entworfen war; auf unsere Mit- wirkung war in einer Weise verzichtet v/orden, die von der Außenwelt als eine absichtliche Demon- stration aufgefaßt wurde. Hätte man einen anderen Weg eingeschlagen, so wäre es uns möglich gewesen, Deiner Regierung nahezulegen, dieses Programm. nicht in die Welt zu setzen. W'ir hätten vorge- schlagen, daß dem Programm vertrauhche Unterhand- lungen zwischen den Kabinetten vorangegangen wären; solche Verhandlungen hätten uns mehr als eine Gelegenheit geboten, Rußland wertvolle Dienste zu ervv^eisen. Hätte Rußland uns rechtzeitig zu Rate gezogen, so wären die Dinge heute nicht so schreck- lich verworren, wie sie es sind, noch auch in einem so kritischen Zustand. Unter den gegenwärtigen Um- ständen sehe ich nicht recht ein, was ich tun kann, außer beiden Teilen zur Mäßigung zu raten, was ich^ schon getan habe. Ich halte es auch für meine PfUcht, Dir ganz offen zu sagen, daß ich den Eindruck habe, daß Deine Auffassung über die Absichten Öster- reichs zu pessimistisch ist, und daß Du Dich darüber mehr als notwendig beunruhigst. Jedenfalls^ zweifeln wir hier nicht im geringsten daran, daß Österreich 245 k Serbien nicht angreifen wird. Das würde dem Kaiser Franz Joseph, der weise und besonnen und ein so ehrwürdiger Mann ist, ganz und gar nicht ähnlich sehen. Auch glauben wir nicht, daß Ährenthal solche Pläne hegt. Natürlich müssen die kleinen Balkanstaaten notwendigerweise klug und loyal sein, alle Provokationen vermeiden und kriegerischen Vor- bereitungen ein Ende machen. Diese kleinen Staaten sind eine furchtbare Plage ! Quantites negligeables ! ? Die geringste Ermutigung von irgendeiner Seite bringt sie außer Rand und Band. Die Reden, die am 2. in der Skuptscliina gehalten uoirden, haben wegen ihrer revolutionären Tendenz einen sehr schlechten Eindruck auf mich gem.acht. Vor sechs Jahren blickte die ganze Welt mit Abscheu und Entsetzen auf dieses sehr kleine Volk als auf die Mörder ihres Königs! Ich hoffe von ganzem Herzen, daß eine friedhche Lösung erzielt werden wird, trotzdem zahlreiche und ern- ste Schwierigkeiten zu überwinden sind; was ich in die- ser Richtung tun kann, wird sicherlich geschehen. Mein Wort darauf! Hintze ward diesen Brief überbringen und wird, wie ich hoffe. Euch alle gesund und glückHch antreffen; ich wünsche Euch noch mal, daß der Herr Euch im neuen Jahre Frieden, Wohlfahrt und Glück geben möge. Viktoria und ich lassen Alix bestens grü- ßen; ich freue mich sehr, daß meine Weihnachtsge- schenke gefallen haben. Ich bin, liebster Nicky, wie stets Dein treuer und ergebener Vetter und Freund Willy. 246 LXI Die Annexion von Bosnien und Herzegowina drohte eine Weile, den europäischen Frieden zu gefährden. _ Die be- ruhigenden Vorstellungen Deutschlands, Frankreichs und Engknds in Belgrad hatten keinen Erfolg, denn man hoffte dort auf russische Hilfe. Erst als das Petersburger Kabi- nett in Form von „freundschaftlichen Ratschlägen in Bel- grad erklären lieB, Serbien könne im gegenwärtigen Moment keinerlei russische Unterstützung erwarten, trat auf dem Balkan wieder eine gewisse Entspannung ein -- Uer üriei ist' in der enghschen Vorlage vom 3- Juni datiert; es rnuß sich jedoch, wie die Beziehung auf Ostern zeigt, um den 3. April handeln. Otern war 1909 am il. April. Neues Palais, 3. VL 1909 Liebster Nick7! Bitte, nimm für Dich und für die liebe Alix ein Osterei von mir als Zeichen unverminderter Liebe und Freundschaft entgegen. Das mit der griechischen Säulenhalle und der Fontäne stellt einen Teil von Charlottenhof dar, das nach den Gärten von Petershof kopiert worden ist. Dieses ist für Ahx. Der runde 247 Tempel ist der ,, Freundschaftstempel", den Fried- rich der Große im Park von Sanssouci bauen ließ und allen großen historischen Menschenpaaren, die ihre Freundschaft unerschütterhch bis zum Tode hielten oder dafür starben, gewidmet ist. Dies möge Dir als Symbol unserer Beziehungen zueinander gelten, wie ich sie sehe. Ostern kommt nun heran, und ich möchte Dir noch einmal herzhch für die loyale und edle Art danken, mit der Du auf dem Weg zur Erhaltung des Friedens freundlich vorangegangen bist. Es ist Deiner hochherzigen, selbstlosen Initiative zu verdanken, daß Europa vor den Schrecken eines allgemeinen Krieges bev/ahrt gebheben ist, und daß die Heihge Woche nicht durch menschJiches Blut befleckt wird, das ver- gossen worden wäre. Du kannst Deine Ostern in dem erhebenden Bewußtsein feiern, daß überall in Europa Tausende von Familien dem Herrn auf den Knien für den Frieden danken und seinen Segen auf Dein Haupt herniederflehen. Ich habe die Absicht, nach Ostern die Reise nach Korfu anzutreten, wobei ich auf der Hin- fahrt Venedig berühren werde. Wie sehr wünsche ich. Dir dieses reizende Fleckchen zeigen zu können; ein kleines Paradies auf Erden! Keine Touristen, und von der See aus leicht direkt zu erreichen ! Glückliche Ostern und die besten Wüns^che für Alix und den Jungen. Dein Dir ergebener Freund W^iUy P S. Auf meiner Heimreise werde ich wahrschein- lich Onkel Arthur in Malta besuchen. 20 LXII Am 13. April bricht in Konstantinopel eine Militärrevolte aus, die sich gegen die jungtürkische Regierung richtet und dem alttürkisch gesinnten Sultan Abdul Hamid weder un- bekannt noch unerwünscht gewesen sein dürfte. In den nächsten Tagen werden Plünderte von Offizieren ermordet. Der Sultan setzt ein neues, dem Alttürkentum zuneigendes Kabinett ein. Das jungtürkische Komitee erklärt die neue Regierung für ungesetzmäßig und droht mit einem Marsch auf Konstantinopel. Am 23. April rücken 30 000 Mann der jungtürkischen Anmarscharmee in Pera ein, und vier Tage darauf wird Abdul Hamid abgesetzt. Korfu, 8. V. 1909 Liebster Nicky! Da Hintze zu Deinem Geburtstag zurückkehrt, nehme ich gern diese Gelegenheit wahr, Dir diese Zeilen zu senden. Ich v^oinsche Dir von ganzem Herzen eine häufige glückliche Wiederkehr des Tages. Möge der Himmel Dich segnen und schützen, desgleichen Deine Frau _ und Deine Kinder. Mögest Du in der 249 Arbeit für Dein Land und das Wohl Deines Volkes er- folgreich sein. Vor einigen Wochen, als die Lage gefährlich zu wer- den drohte, hat Deine kluge und mutige Entscheidung allen Völkern den Frieden erhalten. Es hat mich aufs höchste befriedigt, daß Du infolge meiner IMithilfe Deine Aufgabe zu erfüllen vermochtest. Ich habe natürhch erwartet, daß Du und ich all- gemeinen Beifall finden würden, und ich wage zu denken, daß wir uns die Dankbarkeit aller wohlwollen- den Menschen erworben haben. Aber zu meinem Be- dauern und Erstaunen tadeln uns beide statt dessen sehr viele; besonders die Presse hat sich im allgemeinen in der niedrigsten Weise gegen mich benommen. Einige Zeitungen erklären mich für den Urheber von An- nexionen, und unter anderem Blech und Unsinn wird mir vorgeworfen, Rußland durch meinen Friedensvor- schlag gedemütigt zu haben! Du weißt es natürlich anders. Aber man muß von der Tatsache dennoch Notiz nehmen, daß die Zeitungen zum größten Teil die öffenthche Meinung machen. Manche von ihnen irren aus Unwissenheit und Mangel an richtiger Infor- mation; sie sehen kaum weiter, als ihre Nase reicht. Gefährlicher aber und zu gleicher Zeit widerlicher ist der Teil der Presse, der das schreibt, wofür er bezahlt wird. Die Schufte, die solche schmutzige Arbeit ver- richten, leben nicht in der Gefahr des Verhungerns. Sie werden die Feindhchkeit einer Nation gegen die andere immer weiter anstacheln, und wenn sie scliheßlich 250 durch ihre höllischen Umtriebe den ei'^i'ünschten Zu- sammenstoß zuwege gebracht haben, setzen sie sich seelenruhig hin und verfolgen den Kampf, den sie or- ganisiert haben, wobei sie sicher sind, ihren Vorteil zu finden, einerlei, wie der Ausgang ist. In dieser Hinsicht ist das, was man „öffentHche Meinung" nennt, in neun- undneunzig von hundert Fällen eine Fälschung. Als Herrscher, die Gott für das Wohlergehen der ihnen anvertrauten Völker verantwortlich sind, haben wir daher die Pflicht, die Genesis und Entwickelung der „öffentHchen Meinung" genau zu studieren, ehe wir durch sie unsere Handlungen beeinflussen lassen. Finden wir, daß ihr Ursprung auf die trüben, gossen- haften Quellen der obengenannten infamen Presse zu- rückzuführen ist, so -wird und muß es unsere Pflicht sein, die Presse energisch zurechtzuweisen und ihr Wider- stand zu leisten. Persönhch bin ich dem Zeitungstratsch gegenüber vollkommen indifferent, aber ich kann nicht ein ge- wisses Gefühl der Besorgnis unterdrücken, daß, wenn man nicht sofort den üblen, schmutzigen Lügen ent- gegentritt, die über meine PoHtik und mein Land in ungezwungener Weise verbreitet werden, es dazu füh- ren wird, Bitternis zwischen unseren beiden Völkern zu erregen infolge beständiger, unwidersprochener Wieder- holungen. Die öffentliche Meinung braucht klare Aus- kunft und will gelenkt sein. Als ich meine Reise nach Korfu antrat, freute ich mich auf eine ruhige Ferienzeit. Aber es sollte anders ^'51 kommen ! In Konstantinopel brach, wieder einmal eine Revolution aus. Wir armen Regierenden sind, scheint es, nicht zu Ferien berechtigt wie andere einfache Sterbliche. Die Wirren im Osten haben mich damals sehr beunruhigt und tun es noch. Der Osten ist ein regulärer Alp, eine „boTte ä sur- prises". Ich wäre Dir äußerst dankbar, wenn Du so freundlich sein würdest, mir zu schreiben, was Deine Meinung über den allgemeinen Ausblick in der Türkei ist. Ein Austausch unserer Ansichten ist eilig und not- wendig, wenn nicht neue Ereignisse uns abermals über- raschen sollen. Die Ereignisse des letzten Jahres sind ein lebendiger Beweis für die unbedingte Notwendigkeit, dies zu tun ; denn sie zeigen deuthch, daß es äußerst vorteilhaft ge- wesen wäre, wenn wir sofort, als die Krisis ausbrach, miteinander in Verbindung getreten wären. Wenn Du und ich in offener und loyaler Zusammen- arbeit für die Aufrechterhaltung des Friedens wirken — was mein glühendster Wunsch ist — , bin ich voll- kommen überzeugt, daß der Frieden nicht nur erhalten bleibt, sondern auch nicht einmal gestört wird. Es be- steht nicht der Schatten eines Zweifels, daß der Frie- den die Lebensinteressen verbürgt, die Sicherstellung der Wohlfahrt unserer Völker sowohl wie unserer Herrscherhäuser. Bitte nimm als Geburtstagsgeschenk eine Aquarell- skizze entgegen, die ein geschickter Korfiotischer Maler vom Achilleon, vom Olivenhain am Fuß des Kügels aus 252 gesehen, gemacht hat. Wir haben hier eine herrliche Zeit unter dem blauen Himmel verbracht, umgeben von süßen Düften und der wunderbaren Pracht un- zähliger Blumen. Beinahe den ganzen Tag verbringen wir im Freien und sitzen auf den Marmorterrassen im Schatten schöner Palmenbäume. Ich hoffe. Dir ein- mal dieses Paradies zeigen zu können, wenn Du mit Deiner Jacht im Mittelm.eer bist. Wir haben viele reizende Ausflüge per Auto mit Tee-Picknicks gemacht, ganz famos. Die Insel ist ganz, entzückend, und die Leute sind ruhig, schlicht und sehr höfhch, und keine Touristen! Heute treten wir schweren Herzens unsere Heimreise an, über Malta, Brindisi, Pola. Wir haben den König und die Königin oft gesehen, und ich habe .die große Freude gehabt, sehr oft mit meiner Schwester zusammenzusein. Nun leb' wohl, liebster Nicky. Herzhche Grüße für Alix und die Kinder, besonders für meinen Jungen.- Gott segne und schütze Euch. Ich hoffe auf ein Wie- dersehen und verbleibe stets Dein Dich liebender und ergebener Freund und Vetter Willy; 25: LXIII Am 19. Oktober begibt sich der Zar über Deutschland und Frankreich nach Italien, wo er am 24./25. dem König Viktor Emanuel in Racconigi einen Besuch abstattet. Neues Palais, 20. X. 1909 Liebster Nicky! Da Tatischtschew Berlin verläßt, um Dich auf Deiner Reise durch unser Land zu begleiten, sende ich Dir eine kurze Zeile als Gruß. Möge Deine Reise erfreulich, Dein Aufenthalt in Italien angenehm und von so schö- nem Wetter begünstigt sein, wie wir es hier haben. Unsere Manöver gingen sehr gut vonstatten und waren sehr erfolgreich, wie er Dir ja schon berichtet haben wird. Disziplin und Marschfähigkeit der Infanterie außerordenthch und glänzend. Das Gelände war sehr interessant, aber äußerst schwierig, da es sehr hügehg und zum Teil bewaldet ist. Die Feldküchen, die Dei- nen Modellen nachgebildet sind, haben sich als äußerst 254 praktisch erwiesen und sind reichlich benutzt worden ! Ein sehr aufregender Augenblick für die Zuschauer des letzten Manövertages war das Erscheinen des ZeppeUn- Luftschiffs, begleitet von dem Mihtärluftschiff, das um das erstere herummanövrierte. Mein Jagdaufenthalt in . Rominten war von so ungewöhnlich schönem Wetter begünstigt, wie wir es lange nicht gehabt haben. Ich schoß 21 Hirsche ab, darunter 6 Kapitalhirsche. Das St. -Johannes-Hospital, das ich in der kleinen Grenz- stadt Kittkehmen (gegenüber Wyschtynez) erbaut habe, hat sich sehr gut bev/ährt; bei meiner Besichtigung sah ich mehrere russische Patienten, für die gesorgt werden konnte. Ich freue mich, zu hören, daß infolge des neu- eingerichteten Röntgenstrahlenkabinetts, das ich dem Krankenhaus geschenkt habe, eine große Anzahl rus- sischer Patienten hinkommt, um durchleuchtet zu wer- den; wir haben sehr viel Gutes getan. Du bist so freundhch gewesen, durch den Gouverneur von So- walki, Stremankow, eine Summe zu senden, für die ich Dich bitte, meinen wärmsten Dank anzunehmen. Er kam herüber und besichtigte die Hospitalanlage. Er folgte meiner Einladung nach Rominten und speiste mit uns; er ist ein sehr netter, angenehmer Mann und hält gute Nachbarschaft mit den Kollegen jenseits der Grenze, die in Beziehungen zu ihm stehen. Ich denke, es wild Dir angenehm sein, zu hören, was für einen fähigen und guten Repräsentanten Du an diesem Teil der Grenze hast, die ich regelmäßig besuche. Er ge- nießt bei meinen Leuten allgemeines Ansehen; Vor 255 zwei Tagen ist meine Tochter in der Friedenskirche konfirmiert worden. Sie erfreute jeden durch die brave Art, in der sie die Probe der Vorlesung ihres Glaubens- bekenntnisses vor der Gemeinde ablegte. Alle Leute waren tief bewegt, und ich war sehr stolz auf sie; denn sie zeigte eine so tiefe Empfindung und einen solchen Ernst in der Behandlung des Problems von Leben und Religion, daß sie bei der versammelten Geistlichkeit damit tiefen Eindruck machte; um so mehr, als sie es ganz selbständig niedergeschrieben hatte, ohne Hilfe von irgendeiner Seite. Der herrhche Sommer hält an; alle Rosen blühen, und die Blumenbeete sind voller Farben v/ie im August! Die beigeschlossene Karte ent- spricht genau dem Licht des heutigen Abends. Mit besten Wünschen verbleibe ich, liebster Nicky, stets Dein ergebener Vetter und Freund WiUy; ^^'.f) LXIV Am l8. Dezember verschied der Großonkel des Zaren, Großfürst Michael Nikolajewitsch, bei dessen Beerdigung der Kaiser sich durch seinen Bruder, den Prinzen Heinrich, ver- treten ließ. Berlin, ii. I. 1910 Liebster Nicky! Vielen Dank für Deinen sehr freundlichen Brief mit den Photographien, die Heinrich mir gebracht hat und die mir sehr gefielen. Was für eine ausgezeichnete Idee war es von Dir, einen zweistündigen Marsch in Soldaten- ausrüstung zu machen und am eigenen Leibe festzu- stellen, was es heißt, eine solche Last im Felde zu tra- gen. Ich bin sehr froh, daß Du mit dem Aussehen und dem Benehmen meiner Deputation bei der Beerdigung des armen Onkel Micha zufrieden gewesen bist. Ich danke Dir vielmals für den gütigen Empfang, den Du ihnen bereitet hast. Sie waren sehr erkenntlich für die Erlaubnis, an seinem Sarge zu wachen. 257 Heinrich hat getreu alle Botschaften ausgerichtet, die Du ihm für mich mitgegeben hast. Ich teile Deine Ansichten vollständig. Ich kann durchaus verstehen, daß die Entwickelung im Fernen Osten Deine Aufmerk- sam.keit fesselt. Die Mitteilung, die Du ihm gemacht hast, betreffs Deines Entschlusses, vier Armeekorps von unserer Grenze zu verlegen, war mir eine große Genugtuung. Um so mehr, als Heinrich mir erzählte, daß Du, als Du ihm Deinen Entschluß mitteiltest, in den herzhchsten Aus- drücken von der traditionellen Freundschaft unserer beiden Länder und von ihrer vor einem Jahrhundert geschlossenen Waffenbrüderschaft sprachst. Du weißt recht gut, wie mir diese geheiligten Beziehungen stets am Herzen lagen und noch hegen, und ich brauche Dir nicht zu sagen, wie tief dankbar ich für Deine freund- Hchen, rührenden Worte bin. Ich hoffe, dieser Brief wird Dich am Neujahrstage erreichen. Ich ergreife die Gelegenheit, Dir und Alix und Euch allen neuerhch die besten Wünsche für ein glückhches neues Jahr mit Gottes Hilfe auszu- sprechen. Ich hoffe, wieder von Dir zu hören, sobald Du im- stande sein wirst, endgültig den Tag unserer Zusam- menkunft in deutschen Gewässern zu bestimmen. Heinrich meinte, daß der Anfang August bei Deiner und meiner Rückkehr von Norwegen Dir am besten passen würde ? Wie freue ich mich bei dem Gedanken, Dich, liebster Nicky, wiederzusehen! 258 Beste Grüße an Alix und die Kinder, besonders an den Jungen von Deinem stets getreuen und ergebenen Freund und Vetter Willy; 259 LXV Kapitän von Hintze, der früher als deutscher Marine- attache in Petersburg und später als „der Person Seiner Majestät des Zaren attachierter" MiHtärhevollmächtigter fungierte, hatte sich — wie es damals in Petersburg hieß, auf Betreiben des russischen Generalstabes — die Mißgunst des Zaren zugezogen und darüber nach Berhn berichtet. — Am 4. November stattete das Zarenpaar dem Kaiser in Potsdam einen Besuch ab. Obwohl bei der Galatafel, „um den familiären Charakter der Zusammenkunft zu wahren," die übHchen Anreden unterblieben, wurde damals zwischen dem Reichskanzler und dem russischen Minister des Aus- wärtigen Ssasonow eine Reihe von Vereinbarungen getroffen, die sich namentlich auf die Bagdadbahnfrage bezogen. — Der Brief trägt in der Vorlage die Ortsangabe „Neues Palais", aber kein Datum, er muß aber, wie die Berufung auf die Potsdamer Begegnung und wie der nachfolgende Brief zei- gen, etwa der zweiten Hälfte November oder Anfang Dezem- ber 19 IG angehören. Neues Palais [Ende Nov. oder Anfang Dez. 1910] Liebster Nicky! Gestatte mir, daß ich Dir vertraulich eine für mich sehr wichtige Tatsache unterbreite. 260 Es ist die Frage, ob Du vielleicht Wert darauf legst, eine Änderung in der Person des Adjutanten eintreten zu sehen, der die Ehre hat, von hier aus Deiner Person attachiert zu sein. Bei früheren Zusammenkünften hast Du immer mit hoher Anerkennung von den Vorzügen des Kapitäns von Hintze gesprochen, und daß er sich Deines vollen Vertrauens erfreue. Ich möchte daher keinen Schritt unternehmen, bevor ich von Dir gehört habe, noch etwas ohne Deine Billigung tun. Bitte laß mich ganz offen und ohne Rückhalt wissen, wie Du über diese Angelegenheit denkst. Solltest Du es für wünschenswert halten, daß ich Hintze versetze, so möchte ich erst über die Wahl seines Nachfolgers mit Dir sprechen. Deine Wünsche in dieser Hinsicht sind von höchster Wichtigkeit für mich, und ich betrachte es als absolute Notwendigkeit, daß der Offizier, der Deiner Person attachiert wird. Dein vollstes Vertrauen genießt. Ich freue mich, von dem Kanzler zu hören, daß er mit Ssasonow einen befriedigenden Gedankenaus- tausch über verschiedene Fragen gehabt hat, die zu beiderseitiger Befriedigung geregelt werden dürften. Wir denken noch immer an den heben Besuch, den Ihr uns hier abgestattet habt, und hoffen, daß die Heimreise AHx nicht zu sehr ermüdet hat. Beste Grüße an sie und die Kinder von Deinem ergebenen Vetter und Freund WiUy. 261 LXVI Als Nachfolger des Kapitäns von Hintze wurde mit Zu- stimmung des Zaren Generalmajor von Lauenstein zum deutschen Militärbevollmächtigten in Petersburg ernannt. Neues Palais, 24. 12. 1910 Liebster Nicky! Ich bin Dir sehr dankbar für Deine offene Antwort in bezug auf Hintze. Ich ersehe mit tiefem Bedauern aus Deinem Brief, daß er sich nicht mehr Deines Ver- trauens erfreut; ich habe darum beschlossen, ihn ab- zuberufen. Als seinen Nachfolger möchte ich vorschlagen. Dir den Generalmajor ä la suite von Lauenstein zu schicken, gegenwärtig befehHgt er eine Infanteriebrigade in Hannover. Er war mein persönHcher Adjutant, bevor er sein Kommando übernahm. Du wirst Dich wahr- scheinHch seiner von der Zeit her erinnern, als er Militärattache in Petersburg war; er hatte auch die Ehre, Dein Heer während des Krieges zu begleiten, und wie ich höre, stand er sehr gut mit Deinen Offizieren. Er ist ein sehr tüchtiger Soldat, überhaupt sehr zuverlässig und vertrauenswürdig. Er schreibt einen vorzüglichen deutschen Stil und vvnarde infolge- dessen Mitglied dreier Kommissionen, von denen die Reform unserer Infanterie-, Artillerie- und Kavallerie- reglements ausgearbeitet WTirde. Alle drei sind aus seiner Feder geflossen. Ich setze unbegrenztes Vertrauen in ihn, und in der Hoffnung auf Deine Billigung meines Vorschlages sehe ich Deiner Antwort entgegen. Osten-Sacken war neulich zum Frühstück bei mir. Er scheint ganz gesund zu sein und war bester Stim- mung. Ich freue mich, daß Du ihn zum St. -Andreas- Ritter gemacht hast, und ich schätze Deine sehr freund- liche und sympathische Anspielung auf die Beziehun- gen unserer beiden Länder sehr hoch ein, die Du in dem Briefe machtest, den Du bei dieser Gelegenheit an den Heben alten Herrn geschickt hast. Ich habe einige reizende Karten von Alix und den Kindern in einem Gruppenbild erhalten. Bitte danke ihr von mir dafür. Ich schicke Dir ein Jagdmesser und für Ahx eine Salatschüssel für den Sakuskatisch, die in meiner Majolikafabrik hergestellt und in Dresden in Silber gefaßt worden ist. Mit den besten Wünschen für ein glückHches, gedeih- liches neues Jahr, das ein Friedens] ahr sein möge, und mit vielen Grüßen an AHx und die Kinder verbleibe ich stets Dein ergebener Freund und Vetter Willy. 263 LXVII Mitte Mai stattete das Kaiserpaar anläßlich der Enthül- lung des Denkmals für die Königin Viktoria von England einen fünftägigen Besuch in London ab. Korfu, 21. IV. 191 1 Liebster Nicky! Da Dein Osterfest herannaht, bitte ich, Dir meine wärmsten Osterwünsche mit diesen Zeilen senden zu dürfen. Es ist eine Zeit, in der man immer seine Hand- lungen und Gedanken vorüberziehen läßt, bevor man zum Abendmahl geht, und zu diesem und danach geht man mit frischen Entschlüssen und neu gefestigten Überzeugungen ins Leben zurück. Zu diesen rechne ich unser Verhältnis zueinander und unsere feste Freundschaft füreinander, die in Wolfsgarten und in Potsdam so glücklich befestigt wurde. Du kannst im- mer auf mich und meine treue Teilnahme an Dir, Deiner Familie und Deinem Land zählen. 264 Wir hatten eine liebliche Zeit hier inmitten von Blumen, Duft, blauem Himmel und Sonne. Nur in der vorletzten Woche war es kalt und regnerisch. Bei einem zufälligen Ausgrabungsversuch wurden wir höchst überrascht und interessiert durch die ganz un- erwartete Entdeckung von ganz gewaltigen Skulp- turen, die, wie es scheint, zu einem antiken Tempel gehören, der bis zum 6. und 7. Jahrhundert vor Christi zurückdatiert. Ich verbrachte mehrere Tage im glühen- den Sonnenschein und sah bei dem Sichtbarwerden der verschiedensten Gegenstände zu, was sehr auf- regend war und Dich lebhaft unterhalten hätte. Anliegend übersende ich Dir einige Photographien von unserem Hause und Garten mit der Statue von Achilles, die ich auf die Terrasse stellen ließ. Außer- dem lege ich einen Artikel bei, der kürzlich in der deutschen Presse veröffentlicht und von einem inti- men Freund Onkel Berties, einem enghschen Politiker, geschdeben woirde mit der Absicht, die Deutschen zu überreden, besser von Onkels Politik zu denken, als sie es jetzt tun. Sein Name ist unbekannt. Wie Du selbst bemerken wirst, ist es ganz auffallend, die größte Besorgnis, die Onkel wegen der Zukunft Eng- lands beherrschte, war die Möglichkeit der engeren Freundschaft zwischen den drei Kaiserreichen (Deutsch- land, Rußland, Österreich), die er als gefährHch für England ansah, und die er infolgedessen mit allen Mitteln seiner Macht zu verhindern suchte. Das ist die Erklärung für die beständig von der enghschen 265 Presse angewendete Phrase vom „Gleichgewicht der Mächte in Europa", d. h., haltet die drei Kaiser aus- einander, oder wir sind verloren, denn sie würden den ganzen europäischen Kontinent um sich sammeln, und das ist gegen das enghsche Interesse. — Ich gehe auf Georgs Einladung nach London zu Großmamas Enthüllung. Ich hoffe, mehr darüber ausfindig zu machen. Mit besten Grüßen an Alix und alle bleibe ich immer Dein ergebener Vetter und Freund \^lll7. 266 LXVIII Die Reise nach Asien, die der deutsche Kronprinz im November 1910 angetreten hatte, sollte mit einer Rückfahrt über China, Sibirien und Petersburg abschließen. Jedoch schon Ende Januar 191 1 wurde die Weiterfahrt in Kalkutta abgebrochen, und der Kronprinz kehrte über Suez nach Deutschland zurück. Graf Dohna scheint seine Reise, wie der Brief des Kaisers vom 12. I. 191 2 zeigt, noch länger ausgedehnt zu haben. WiUielmshöhe, 8. VIII. 191 1 Liebster Nicky! Es tut mir leid, daß ich erneut gezwungen bin, an Dich' heranzutreten mit einer Bitte wegen General V. Lauenstein, der die Ehre hat. Deiner hohen Person attachiert zu sein. Als ich ihn für seinen Posten — mit Deiner Zustimmung — auswählte, hat er sofort meine Aufmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt, daß seine Frau von sehr zarter Gesundheit wäre. Ich kenne sie persönlich und habe mich von der Tatsache überzeugt. Doch habe ich ihn bewogen, auf seinen Posten zu 267 gehen, da Du so sehr freundlich über ihn geschrieben hattest. Sie hat nun gerade jetzt ihr drittes Kind bekommen, was ihre Gesundheit so sehr angegriffen hat, daß sämt- liche Ärzte darin übereinstimmen, es sei ausgeschlossen, daß sie das KHma von St. Petersburg vertragen könnte. Infolgedessen hat Lauenstein erneut seine Bitte um Enthebung von seinem Posten erwähnt. Ich habe mit Bedauern zugestimmt, da ich sah, daß man un- möglich von ihm verlangen kann, ein von seiner Familie dauernd getrenntes Leben zu führen. Ich bin sicher. Du wirst meine unter so ernsten Erwägungen getroffene Entscheidung bilhgen. Ich schlage nun vor, als seinen Nachfolger den Generalleutnant aus meinem Gefolge Graf Dohna- Schlobitten, z. Z. Kommandeur der Garde-Kavallerie- Division, zu senden. Ich glaube wohl. Du erinnerst Dich, daß ich ihn Dir während Deines letzten Be- suches in Potsdam, woran "wir so angenehme Erinne- rungen bewahrt haben, vorgestellt habe. Er war da- mals im Begriff, meinen Sohn auf seiner Reise nach Indien zu begleiten, und würde auch für die Dauer seines Aufenthaltes in Zarskoje in seinem Stabe ge- wesen sein, wenn der ursprüngHche Reiseplan aus- geführt worden w^äre. Dohna ist alles in allem ein richtiger Kavallerist- Frontsoldat — ein erstklassiger Pferdekenner, leiden- schaftlicher Reiter und Sportsmann und durch und durch Weltmann. Er ist im.mer sehr gut mit allen 268 Menschen in seinen verschiedenen Stellungen ausge- kommen: als Rittmeister bei den I. Garde-Dragonern, später als Oberst bei den Garde-Husaren, dann als Brigadekommandeur und dann als Führer der Garde- Kavallerie-Division. Zuletzt, aber nicht am wenigsten, gewann er die Achtung und Sympathie aller Offiziere in Indien ; so sehr, daß der Oberbefehlshaber dort ihn zum Krönungs-Durbar einlud, wofür ich ihm Urlaub bewälhgte. Er wird Dir, davon bin ich überzeugt, bei seiner Rückkehr eine lebendige Schilderung dieser einzigartigen Festhchkeiten und ihres beispiellosen orientahschen Glanzes geben können. Seine Frau ist hübsch, sehr gesellschaftlich und eine alte Freundin von mir seit langem. Sie erfreut sich einer ausge- zeichneten Stellung in der Berhner Hofgesellschaft. Dohna genießt mein volles Vertrauen, und ich bin überzeugt, meine Wahl wird Deine Zustimmung finden. Wir sind sehr betrübt über den plötzlichen und vorzeitigen Tod des armen Knesebeck. Er war der Privatsekretär meiner Großmutter während il und meiner Frau während 21 Jahren! Ein loyaler, zuver- lässiger und treuer Freund und durch und durch Gentleman. Mit herzlichen Grüßen an Ahx und die Kinder (was macht die Bahn ?) bin ich, mein liebster Nicky, immer Dein ergebener Freund und Vetter WiUy. 269 LXIX Der Brief ist in der Vorlage irrtümlich auf 191 1 datiert, er gehört jedoch unzweifelhaft dem -Januar 191 2 an. — Der Krönungs-Durbar war ein feierlicher Empfang nach der Krönung des Vizekönigs von Indien. Neues Palais, 12. I. 1912 Liebster Nicky! Dieser Brief wird Dir durch General Graf Dohna überbracht werden, der gerade von Indien zurückge- kehrt ist. Er war bei dem Krönungs-Durbar anwesend und wird Dir eine lebendige Beschreibung der glänzen- den und prächtigen Szenen, an denen er teilgenommen hat, geben können. Seine Gattin, die sich seit einigen Monaten in Petersburg aufhält, um ihr Heim für den zurückkehrenden Gatten einzurichten, wird sicher, wie ich hoffe. Dir und Deinem Hofe ebenso angenehm sein wie er. Sie schreibt sehr glückliche Briefe über die Freundhchkeiten, die ihr von der Gesellschaft erwiesen werden. Da er gerade eben erst aus den Tropen 270 kommt und der Übergang in Euer Klima bei 20^ Un- terschied etwas plötzlich ist, so bitte ich Dich, leutselig an ihn zu denken, wenn Festlichkeiten im Freien während des Winters auf dem Programm stehen, denn er ist sehr mager. Da er außerdem J^ahl ist, habe ich ihm eine warme Perücke für die „Wasserweihe" vor- geschlagen. Du magst bestimmen, welche Farbe sie haben soll! Ich sende Dir abermals meine aufrichtigsten Wün- sche für ein glückhches neues Jahr und hoffe und bete mit Dir zum Himmel, daß er uns ein friedhches ge- währen möge; ich weiß wohl, unsere Gefühle für unsere beiden Länder sind in diesem Punkte die glei- chen. Hoffentlich ist der Weihnachtsabend gut ver- laufen und meinen Geschenken nichts zugestoßen; besonders hoffe ich, daß die kleinen „tommies" durch das Kochen nicht leiden. Ist die elektrische Bahn vom vorigen Jahr noch in gutem Zustande ? Es hat mir sehr leid getan, als ich von dem Tode des armen Generals Stroukow hörte. Er war ein ausgezeichneter Mensch, eine alte liebe Bekanntschaft und ein treuer Freund von mir. Mit meinen besten Wünschen, auch für Alix und die Kinder, von denen mir Olga ein so reizendes Tele- gramm geschickt hat, bleibe ich immer Dein Dich Hebender Freund und Vetter Willy. 271 LXX Dem Plan, die Romintener Heide durch eine Eisenbahn mit Suwalki in Westrußland zu verbinden, wurde auch später von Seiten der russischen Regierung — wohl aus strategischen Gründen — nicht zugestimmt. Rominten, 3. X. 191 2 Liebster Nicky! Darf ich es wagen, Deine Aufmerksamkeit und auch Dein Interesse auf einen Plan zu lenken, der meinen Geist schon seit einigen Jahren beschäftigt hat ? Während meines Aufenthalts in Rominten habe ich die Frage der Entwicklung der Grenzlande an beiden Seiten in meiner Nachbarschaft genau geprüft. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß die Bezirke auf beiden Seiten unserer Grenze vielversprechend sind und eine hoffnungsvolle Zukunft erwarten können. Aber sie müssen erschlossen und, wenn möglich, auch in Beziehungen zueinander gebracht werden. Auf der beigefügten Eisenbahnkarte ist eine rote Linie 272 eingezeichnet, es ist eine neue Bahn, die um die große Romintener Heide herum gebaut werden soll, um so den Holztransport leichter zu gestalten, als er jetzt ist. Die Linie läuft von Goldap über Pablindsen nach Szittkehmen, wo sie die Haupthnie von Eydtkuhnen trifft. Die Linie wird Steinbrüche und Kiesgruben aufscliließen und wird eine große Masse Holz aus dem Romintener Forst transportieren. Ich möchte nun Deiner Aufmerksamkeit den Gedanken unterbreiten, ob es nicht für Deine Regierung praktisch sein würde, eine Linie von Suwalki nach Pablindsen zu bauen und dort unsere Linie zu treffen. Das würde den Handel zwischen den beiden Bezirken auf gute Art fördern. Pabhndsen ist bereits ein Punkt, über den sich ein sehr lebhafter Verkehr hin und her entwickelt hat, und er verspricht noch mehr, falls eine Linie hinkäme. Dieser Plan ist mit Deinen Behörden seit geraumer Zeit erörtert worden, und ich speziell habe ihn mit Herrn de Stremankow durchgesprochen, der großes Inter- esse an ihm nahm und ihn für sehr notwendig und auch im Interesse des Gouvernements Suwalki hielt. Er versprach mir, er werde Dir über diesen Plan in günsti- gem Sinne berichten, und war bereit, aktiven Anteil an seiner Förderung zu nehnien, aber er wurde von seinem Posten abgelöst, und so war die Sache zu Ende. Das ist sehr schade, da die Grenzbevölkerung an der Entwicklung dieser Frage sehr interessiert ist, und er mit allen Einzelheiten der Frage auf beiden Seiten der Grenze sehr gut bekannt war und in dauerndem 18 273 „Rapport" mit meinen hiesigen Behörden stand. AU dies hat nun aufgehört, da sein Nachfolger bisher noch keine Schritte unternommen hat, sich mit seinen Kollegen jenseits der Grenze in Verbindung zu setzen, obwohl er bereits seit 2 Jahren im Amte ist. Deswegen haben mich die Leute von allen Seiten gebeten, die Angelegenheit Dir unmittelbar vorzulegen. Das habe ich hiermit getan. Ich bitte Dich um Entschuldigung, daß ich Dich mit einem so elenden kleinen Grenz- detail belästige, aber da Ich 24 Jahre unter diesen Leuten lebe, bin Ich mit Ihnen verwachsen, und sie haben Vertrauen zu mir gewonnen. Sie sind einfach, ruhig und arbeitsam und, wie alle Grenzbezirke, ein bißchen vergessen. Und da es eine gute Tat ist, sol- chen armen Kerlen weiterzuhelfen, so versuche ich mein Glück bei Dir. Ich hatte guten Sport — ungefähr 19 Hirsche — aber scheußliches Wetter mit Ausnahme zweier Tage. Heute Schnee und Hagel. Beste Grüße an Ahx und die Kinder und „Weid- mannsheil" für Dich von Deinem Dich liebenden Vetter und Freund Willy. 274 LXXI Ende 191 1 hatte der Ballcanbund — Serbien, "Bulgarien, Griechenland und Montenegro — die Feindseligkeiten gegen die Türkei eröffnet und in sehr kurzer Zeit auf allen Kriegs- schauplätzen so sehr wesentliche militärische Erfolge erzielt, daß man annehmen mußte, das Schicksal Konstantinopels und der Dardanellen stehe unmittelbar vor einer sehr ernst- lichen Entscheidung. Damit aber war die Gefahr eines euro- päischen Krieges in nahe Sicht gerückt. Ende November schlug die großbritannische Regierung zur Schlichtung der gefahrdrohenden Verwicklung eine ßotschafterkonferenz der Großmächte in London vor, die dann am 17. St-ptcmber zu einer „Reunion" zusammentrat. Gleichzeitig begann eben- falls in London eine „Friedenskonferenz" der kriegführenden Länder. Konferenz wie „Reunion" gelangten zu keinem Resultat, der am 4. Dezember 191 2 abgeschlossene Waffen- stillstand wurde am 30. Januar 1913 gekündigt, und am 3. Februar 19 13 begann der zweite ßalkankrieg. Berlin, 3. L 191 3 Liebster Nicky! Der Kurier reist heute mit meinen Geschenken für Dich, Alix und die Kinder ab. Ich hoffe, sie werden den erlauchten Empfängern gefallen. Zu gleicher Zeit x8» 275 sende Ich Dir meine herzlichsten Wünsche für Weih- nachten und ein friedhches neues Jahr. Ich hoffe ernst- lich und vertraue darauf, daß 191 3 sich als ein fried- liches erweisen wird, wie Du mir am Neu jahrstag gedrah- tet hast. Im ganzen Ist der Ausblick wohl beruhigend, und die V^erhandlungen In London, die günstig voran- schreiten, werden weiter In verbindlichem und freund- schaftlichem Geiste geführt, in welcher Richtung die auswärtige Politik Deiner Regierung so geschickt mit allen anderen Mächten zusammenarbeitet. Ich danke Dir für Deine Mitteilung, die Tatlsch- tschew mir übermittelt hat, der meine Antwort an Dich schon zurückgebracht haben wird. Ich vertraue dar- auf, daß auch diese Frage zu einem befriedigenden Ende geführt wird, und daß die Schwierigkeiten, die sich ergeben haben, überuainden werden. Dein Kriegs- minister, General Suchomlinow, hat mir bei seiner Rückkehr von Leipzig einen Besuch gemacht. Er war sehr hebenswürdig und äußerst interessant bei der Be- schreibung seiner Taten während des Feldzuges 1877. Bis jetzt haben wir einen warmen Winter ohne Schnee, der es uns erlaubt, uns hübschen langen Galopps zu Pferde fast täglich hinzugeben, voraus- gesetzt, daß es nicht gerade in Strömen regnet. Auf Wiedersehen, liebster Nicky, meine herzhchsten Grüße an Alix und die Kinder, besonders den Jungen, dem es hoffentlich besser geht, und für Dich von Deinem Dich hebenden Vetter und Freund WiUy. 276 LXXII Der zweite Balkankrieg nahm am Tage der Niederschrift des hier folgenden Kaiserbriefes seinen Anfang und dauerte bis zum 30. Mai 191 3. Die Gefahr eines europäischen Krieges schwand jedoch schon am n. März, als Österreich- Ungarn und Rußland zu einem Übereinkommen wegen beiderseitiger Demobilisierung gelangten. — Mit ,.Dona" ist offenbar die Kaiserin gemeint, die den erkrankten Prin- zen Adalbert gepflegt hatte. Berlin, 3. IL 1913 Liebster Nicky! Vielen, vielen Dank für Deine gütigen Wünsche und das herrliche Geschenk, das Du mir freundlichst gesandt hast. Welch große Überraschung, als ich in mein Geburtstagszimmer trat und die zwei großen Bilder sah! Es war wirklich eine reizende Idee von Dir, mir diese beiden wundervollen Oiiginale zu senden, die von großem künstlerischen und historischen Wert für uns hier sind, da sie die Züge so mancher 277 hier wohlbekannten Persönhchkeiten darstellen. Diese Bilder haben mir wirklich großes Vergnügen gemacht, und ich bitte Dich nochmals, meinen herzüchsten Dank entgegenzunehmen. Ich bin so froh, aus Deinem Brief zu ersehen, daß der hebe Junge gute Fortschritte macht, aber be- trübt darüber, daß Ahxens Gesundheitszustand nicht befriedigend ist! Sicher haben die Wochen, die sie mit der Pflege des Jungen verbrachte, sie sehr an- gegriffen. Aber ich hoffe zuversichtlich, daß Ruhe und eine Kur auf der Krim sie bald wieder in Ord- nung bringen. Ich hoffe innig mit Dir, daß die Balkanwirren bald endgültig ohne weitere Verwicklungen erledigt sind, und bin sehr darauf bedacht, zu diesem Zweck mit Dir zusammenzuarbeiten. NatürHch hat Öster- reich als naher Nachbar dieser Länder Interessen zu vertreten. Aber ich stehe unter dem Eindruck, daß es dabei nichts für sich selber beanspruchen, sondern nur Gewißheit darüber erlangen will, daß keine Ver- änderungen der Landkarte entstehen, die sich in Zu- kunft zu einer Gefahr für es auswachsen könnten. Adalbert ist wieder außer Bett, und morgen wird Dona ihre Wohnung wieder bei mir beziehen. Gott sei Dank, daß alles so gut abgegangen ist. Beste Grüße für AJix, die Kinder und Dich, stets Dein ganz ergebener, Dich hebender Vetter Willy. 278 LXXIII Am 24. Mai 1913 erfolgte die VermäKlung dei Kaiser- tochter Viktoria Luise (Sissy) mit dem Herzog zu Braun- schvveig, bei der auch das Zarenpaar anwesend war. — Die Festlichkeiten, von denen der nachfolgende Kaiserbrief spricht, fanden in Petersburg am 9. März anläßlich des Romanow- Jubiläums (300 Jahre seit der Thronbesteigung des ersten Romanow) statt. Berlin, 18. III. 1913 Liebster Nick/! Darf ich Dich benachrichtigen, daß wir den Hoch- zeitstag unserer heben Sissy nun endgültig auf den 24. Mai festgesetzt haben. Der Hauptzweck meiner Zeilen ist, Dir und Alix unsere herzlichste Einladung zu den Hochzeitsfeier- lichkeiten zu übermitteln. Wir beide wären nur zu froh, wenn Ihr uns das Vergnügen Eurer Gegenwart machen könntet. Ich hoffe innigst, daß es Dir mög- lich sein wird, Rußland für einige Tage zu verlassen und mit vielen Deiner Verwandten zusammenzulcom- men; denn wir haben Deine liebe IVIama, Tante Alix, Georgie und May, Waldemar usw. eingeladen, um es allen Geschwistern zu ermöglichen, miteinander so- wohl wie mit Tante Tliyra zusammen zu sein. 1^ Ich freue mich, daß alle Eure Festhchkeitcn so gut und erfolgreich verlaufen sind, und daß Euer Junge daran teilnehmen konnte, und daß seine Besserung Fortschritte macht und er hoffenthch bald ganz wiederhergestellt ist. Nach Ostern kommen die Cumberlands zu Besuch, und wir gehen dann für einen Monat nach Hamburg, da die verfluchten Balkanwirren mich der Möglichkeit beraubt haben, in meinem himmlischen Paradiese Korfu zu sein. Mit besten Grüßen von Viktoria und mir an Alix und alle Kinder immer Dein ganz ergebener Vetter und Freund Willy. 280 LXXIV Zu Kaisers Geburtstag 1914 waren aus Athen die Königin der Hellenen — die Schwester des Kaisers — und der Kron- prinz von Griechenland nach Berhn gekommen. I.II. 1914 Liebster Nicky! Vielen Dank an Dich, die liebe Alix und die Kinder für Eure freundlichen Wunsche und den reizenden Porzellantopf, der mitkam. Gottlob konnte ich meinen Geburtstag glücklich verbringen, besonders dank der Anwesenheit der heben Sophie und Georgs, die den langen Weg von Athen gemacht hatten, um den Tag mit mir zu verbringen! Ich bin sehr erfreut, daß Ihr noch immer angenehme Erinnerungen an den Besuch, den Ihr uns letzten Sommer aus Anlaß von Sissys Hochzeit machtet, bewahrt, und Ihr könnt ver- sichert sein, daß wir alle von ganzem Herzen Eure freundhchen Gefühle und Erinnerungen erwidern. 281 Es freut mich zu hören, daß Euer schöner Auf- enthalt in der Krim Euch allen so zuträglich war, und daß besonders Aiix und der Junge infolge des Aufenthalts im warmen Süden sich so viel besser befinden. In Erinnerung an das Interesse, das Du vor einigen Jahren, als Du in Hamburg warst, an der dort von mir gebauten Kathedrale nahmst, erlaube ich mir, Dir ein Buch zu schenken, das auf meine Veranlassung hin über die Kapelle in dem neuen Schloß in Posen veröffentlicht worden ist. Sie ist im altbyzantinischen Stil, nahm zu ihrer Fertigstellung sieben Jahre in Anspruch und wurde in unserer Gegenwart am I. August eingeweiht. Es ist eine Nachahmung von Motiven, teils aus Ravenna (Theoderichs des Großen Grab), teils aus Monreale und von der Cappella Palatina in Palermo. Die Sendung Bidoselskys, der die Schleife für Alixens Dragoner brachte, war ein sehr freundliches, vom Regiment gebührend gewürdigtes Erinnerungszeichen; er wird am Sonntag mit mir frühstücken. Mit besten Grüßen an Aiix und die heben Kinder bin ich, hebster Nicky, immer Dein ergebener Vetter und Freund Will/. 283 LXXV Generalleutnant von Chelius war der letzte „der Person Seiner Majestät des Zaren aller Reußen attackierte" deutsche Offizier. Berlin, 26. IL 1914 Liebster NIcky! General Graf Dohna, der die Ehre hat, Deiner Person zugeteilt zu sein, hat mir seine Absicht an- gekündigt, im Monat Mai seinen Dienst zu quittieren. Durch den Tod seines Vaters hat er eine sehr große, ausgedehnte Besitzung und auch ein sehr schönes Schloß Finkenstein geerbt, vor hundert Jahren das Hauptquartier Napoleons L vor der Schlacht bei Eylau. Er ist für die Personalverwaltung unentbehr- lich, und so muß ich zu meinem großen Bedauern seinem Wunsche willfahren. Als Ersatz für ihn habe ich die Absicht, Dir mit Deiner freundhchen Zustimmung Se. Exzellenz Generalleutnant von Chehus zu schicken. Er war Regimentsadjutant, als ich die 283 Leibgarde-Husaren kommandierte, verbrachte mehrere Jahre in Rom als Mihtärattache, kommandierte als Oberst mein altes Husarenregiment mit großer Aus- zeichnung und war seitdem in meinem persönlichen Dienst. Er ist ganz phänomenal als Musiker und spielt so gut Klavier wie Rubinstein, d'Albert oder irgendein anderer großer Künstler. Er ist sehr liebens- würdig, ganz diskret und unbedingt verläßhch. Er soll mich nächsten Monat nach Korfu begleiten. Er spricht fließend französisch, enghsch, italienisch und altgriechisch und ist einer meiner intimsten persön- lichen Freunde. Mit besten Grüßen an Alix und die Kinder immer Dein Dich liebender Vetter und Freund Willv. ENGLISCHE ORIGINALTEXTE DER KAISERBRIEFE Neues Palais, 8. XI. 1894 My dear Nlclcy, The heavy and responsible task for which Providence had dcstin- ed you has come upon you with the suddenness of a surprlse, through the so unexpecred and untimely death of your dear lament- ed father. These lines are to express my füllest and wärmest gympathy with you and your Alix and your poor distressed mother. I can well understand the feellngs which must have agitated your heart in witnessing the ebbing away of the life of your father, as his illness and sudden passing away was so very like my own dear Papa's, with whose character and kind geniality the late Tsar had so many likenesses. My prayers to God for you and your happiness are unceasing. May Heaven comfort you in your grief and give you strength for your heavy duties, and may a long and peaceful reign give you the opportunity of looking after the welfare of your eubjects. The sympathy and real grief at the so untimely end of your lamented father in my country will have shown you how strong the monarchical instinct is and how Cermany feels for you and your subjects. As formcrly you will always find me the same in undiminished friendship and love to you. What our poütical ideals are we both know perfectly and I have nothing to add to our last conversation in Berlin, I only can repeat the exprcssion of absolute trust in you and the assurance that I shall always cultivate the old rebtions of mutual friendship with your Ilouse in which l was reared by my Grandfather, and Bome examples of which I was so glad to bc able to give to your dear Papa in these last six months of bis reign, and which 1 am happy to hear were fuily appreciated by 287 him. I would have come myself to pray with you at the funeral, but I have so much to do with administration at home that it ia impossible. Henry will be the bearer of my messages, Gen. v. Plessen, commandant of my Headquarters, Lieut. Co. v. Mokka, my Aide de Camp, and Gen. v. X'illaume your old friend, will accom- pany him on board his ship to Cronstadt. At the same time by land Col. V. Saustin, of the Kaiser Alexander Garde Grend. Reg. 1, will report himself to you as the new Chef of the Regiment. Whereas to your Regiment of Hussars I have given your Name of which they will be immensely proud. In the first named Guard Regiment the person of the late Tsar was always highly venerated and last Monday the whole corps of its officers and the four Colours of the Regiment joined their prayers with mine at the chapel of the Russian Embassy at Berlin. Now, dearest Nicky, Good-bye, God bless and protect you and dear Alix, and give you happiness in your new marricd üfe, that is the warm wish of Your most affate and devoted friend and cousin William. II Potsdam, 5. i. 1895 My dear Nicky, Your kind letter which Knorring brought to me involved very interesting but very sad news. I am very thankful for your expla- nation and fully undersiand the motives which prompt you to decide about Count Schouvaloff. In the same time I can assure you that I am deeply grieved at losing excellent Paul, who was the only ambassador at Berlin with whom I was on really intimate terms and who was an "ami intime" to me as far as a non German could claim such name. I will miss him very much indced. He fully deserves the culogies you gave him in your Rescript and the near 288 and intimate relations of our Court and People could not have been becter looked after than by him. I hope and trust that the person whom you are going to select to replace him will be able to carry on the work in the same manner and with the same truth- fullness and openness of character like Schouvaloff; as the relations of our two countries rest on traditional bases, quite other than those with other nations, and are of commanding influenae on the whole of the world, At your dear Father's express wish I replaced Schweinitz by Werder, if I could at the same time express a wish, it would be that you chose either Fahlen, Richter or Staal as rempla- cants if possible. Now let me wish you a Happy new Year at the side of that dear Angel Alix, and may it be a year of peace and prosperity! My Xmas gift will I hope amuse you, it is an album with photos from the "Fahnenweihe" at Berlin. Hoping that we shall be able to meet each other somewhere this year. I remain Your most aflF^t^ friend Wüly III Berlin, 7. II. 1895 Dearest Nicky, Egloffstein will I hope be able to bring over the whole heap of porcelain without any breakage. He is instructed to arrange the table so as it would be, if you gave a dinner for 50; so that you should have the coup d'oeil of the whole atfair. I hope that my maniifacture has done everything to fulfill your wishes and that the present may be useful to you both. Since the sad weeks you had to go through have passed much has happened in Europe. You have lost an excellent old servant of 19 289 yont predecessors, old Giers, who was-a very good fcUow whom I much esteemed. France has changed par surprise her head and government and through the amnesty opened the doors to all the worst malefactors the tormer people with difficulty had manag- ed to imprison. The Impulse given to the Democrats and the Revolutionary party is also to be feit here. My Reichstag behaves as badly as it can, swinging backwards and forwards between the socialists egged on by the Jews, and the ultramontane Catholiks; both parties being soon fit to be hung all of them as tar as 1 can see. In_England the ministry is toddling on to its fall amidst universal derision! In short everywhere the "principe de la Monarchie" is called upon to show itself strong. That is why I am so glad at the capital Speech you made the other day to the deputations in reponse to some addresses for Reform! It was very much to the point and made a deep impression everywhere. For the opening of our Canal in the end of June I have invited all European Governments to send warships to Kiel, I hope your fleet wäll also be represented by a ship or two? With my respects to your Mammy and many compliments to Alix I remain Your most affate friend Willy. IV Kaltenbronn, Schwarzwald, 26. IV. 1895 Dearest Nicky, As Prince Radolin leaves shortly for Petersburg I send these few lines by him. He is an excellent and warm friend of mine, who has been proved by the difficult task he had when being Papa's Chief of the Household during his short reign. He stubbornly resisted any trials of intrigue from any side. You may place füll and implicit confidence in him, his discreetness is proverbial and 290 he 18 burning to do everything in his power to please us both and to tighten the traditional des which unite our families and coun- tries since nearly a Century. He haces the Polen and has no more to do with them or interest in them than with the Sandwich Is- landers. 1 thank you sincerely for the excellent way in which you initiated the combined action of Europe for the sake of its interesta against Japan. It was high time that energetic Steps were taken and will make an excellent Impression in Japan as elsewhere. It shows to evidence how necessary it is that we should hold together, and also that there is existant a base of common interests upon which all European nations may work in Joint acmn for the welfare of all as is shown by the adherence of France to us two. May the con- viction that this can be done without touching a nation's honour take root more and more firmly, then no doubt the fear of war in Europe will dissipate more and more. The kind and most valuable messages which you sent me through Osten-Sacken by Count Eulenburg's transmission in Vienna have given me a signal proof of your loyalty and openness towards me. I shall certainly do all in my power to keep Europe quiet and also guard the rear of Russia 80 that nobody shall hamper your action towards the Far Eastl For that is clearly the great task of the future for Russia to cultivate the Asian Continent and to defend Europe from the in- roads of the Great Yellow race. In this you will always find me on your side ready to help you as best 1 can. You have well understood that call of Providence and have quickly grasped the moment; it is of immense political and historical value and much good will come of it, I shall with interest await the further development of our action and hope that, justas I will gladly help you settle the question of eventual annexations of portions of territory for Russia, you will kindly see that Germany may also be able to acquire a Port somewhere where is does not "gene" you. I am afraid that, as the Norwegians are in a State bordering on insanity, I may not be able to make my summer tour there, but shall have to cruise about on the Swedish coast of the Baltic. Should that be the case 19* 291 would not we have a meetlng somewhere for our two yachts where it suits you and have a quiet little chat between ourselves? It would be so nice. Now good bye dearest Nicky, give my best love to Alix and respectful compliments to your Mama, from Ever your most devoted and aff^t^ friend Wüly P. S. Radolln is quite "eingeweiht" in all my ideas I just de- veloped to you. V Stora Sundby, lo. VII. 1895 Dearest Nicky, My journey in Sweden and along its shores bring me opposite to your shores and to your buen retiro, and I cannot let this moment pass, when I am only a short cruise away from you, without sending you a line as I shall not unhappily be able to meet you on the salty brine. Let me once more thank you with all my heart for the send- ing of those splendid ships of yours, which so ably and powerfully represented the Russian Navy at Kiel. Alexei was kindness and jovialty itself and did everything in his power to make intercourse with our Russian comrades everything that could be wished for. Your kind permission to place him a la suite of our navy made my officers very proud and seemed to have given him pleasure. I had the opportunity of some serious talk about Eastern Asian Affairs with Alexei and also his good old Baron Schilling who was a very great friend of my Grandfathers. He will I suppose already have reported to you about it. I was glad to be able to show, how our interests were entwined in the Far East, that my ships had been ordered to second yours in case of need when thlngs looked doubt- ful, that Europe had to be thankful to you that you so quickly had 292 perceived the great future for Russia in the cultivation of Asia and in the Defence of the Gross and the old Christian European culture against the inroads of the Mongols and Buddhism, that it was natural that if Russia was engaged in this tremendous work you wished to have Europe quiet and your back free; and that it was natural and without doubt that this would be my task and that I would let nobody try to interfere with you and attack from behind in Europe during the time you were fulfilling the great mission which Heaven has shaped for you. That was as sure as Amen in Church! One incident took place of which I ought to teil you, I am quite certain that it happened without Alexei's knowlcdge, but having become known among our officers created a very painful Impression. On board the Grossiaschtschy — the vessel which / invited Admiral Skrydlow and his Captains to pass the Canal with — two Engineer Officers were secretly embarked which had not been announced to our Authorities. The eldest was Colon. Bubnow. These in conjunction with a lieutenant who is specially trained for the purpose and who had a large apparatus took photographs of our Forts and batteries made notes and sketches all along the road and finally — when Skrydlow saw that my Naval Attache was rather astonished to see quite stränge people on the ship — were introduced to him as two directors of waterworks and waterways. At Kiel Bubnow's bearing became so "suspecte" that Police and Gendarmes followed him. He went about in piain clothes and was prowling about the fortifications, which was strictly forbidden to strangers! Now I think this is not quite fair, if you are invited as guest at such a fete in a foreign country, which without reserve throws open its gates to you and lets you into its war harbour, to abuse of hospitality in this manner, to try to spy out your friend and that even under assumed character! The consequence is that this will make people very careful with Russian warships and created uneasy feelings which I so deplore and hope to overcome. Pray excuse my mentioning this matter, but I thought it better to teil you directly instead of making diplomatic notes etc. as you know how I feel for you and Russia. But 1 do wish to have every diffi- culty which could arise in the work of drawing our countries closer together removecä before it strikes root. Goodbye dearest Nicky, my best love to Alex and to you, with wishes for a quiet summer and a nice little boy to come, believe me, dear Nicky Ever your most affectionate friend and cousin WiUy. VI Jagdhaus Rominten, 26. IX. 1895 Dearest Nicky, My uncle the Chancellor referring to the kind and sympathetic way with which you received him, has owned himself quite won by your manner, and was profoundly impressed by your knowledge about the political Situation and the quiet and calra manner with which you judged the question of interest. He also told me that you expressed a wish that I should continue the custom, which we have begun, of writing to you if I thought there was occasion for it. I do this with pleasure. The Situation in the Far East has given you the opportunity of discussing it with my uncle, I thank you for the way in which you kindly alluded to my Co- operation with Russia in the coaling Station question. The develop- ment of the Far East, especially its danger to Europe and our Christian Faith is a matter which has been greatly on my mind ever since we made our first move together in Spring. At last my thoughts developed into a certain form and this I sketched on paper. I worked it out with an artist — a first class draughts- man — and after it was finished had it engraved for public use. It shows the powers of Europe represented by their respective Genii called together by the Arch-Angel. Michael, — sent from Heaven, — to unite in resisting the inroad of Buddhism, heathenism 204 and barbarism for the Defence of the Gross. Stress is especially laid on the united resistance of all European powers, which is just as necessary also against our common internal foes, anarchism, republlcanism, nihilism. I venture to send you an engraving begging you to accept it as a token of my warm and sincere friend- ship to you and Russia. In the midst of these peaceful occupations and of the quiet hunting, feil the stounding news 1 got from Paris that the French Chamber's Budget Committee, in discussing the Military Budget, propose to recall the XIX, Corps (Algier and Tunis) and to form a new Continental Corps on my PVestern Frontier. This recall has only been done once before in 1870 when France made war on us. Such a project, in the deepest time of Peace, has fallen like a thunderbolt on Germany and has created a deep feeling of alarm. This has been deepened by the fact that the proposal became publicly known the Moment after Prince Lobanoff and General Dragomiroff had officially assisted the Review of the French "Border Army" on the Lorraine Frontier amidst the frenetic enthusiasm of the "Border People". This Army which the French Papers are telling us since weeks is meant for the first rush on our "ßorder Land" in the Revanche war! It is already 4 Corps strong against my 2 (XV, XVI). The proposed new Corps would increase the already overwhelming French forces to 5 Corps, and constitutes a threat as well as a serious danger to my country. Of course upon this I must now begin to take matters seriously. For this event happening in the moment your officers are being decorated and Lobanoff feted, whilst my attache's ears were greeted with not overagreeable remarks, has made people uneasy here and given affairs an ugly look, as if Russia would like France to be offensive against Germany with the hopes of help from the first named. Such a serious danger will cause me to strongly increase my army, to be able to cope with such fearful odds. Heavy as the financial strain would weigh on US, my People would never waver a moment to guarantee their security, should this be necessary. I perfectly know that you personnally do not dream of attacking us, but still you cannot be astonished that the European Powers get alarmed how the presence of your officers and high officials in official way in France fans the inflammable Frenchman into a white heated passion and strengthens the cause of Chauvinism and Revanche! God knows that I have done all in my power to preserve the European Peace, but if France goes on openly or secretly en- couraged like this to violate all rules of international courtesy and Peace in peace times. one fine day, fny dearest Nicky, you will find yourself nolens volens suddenly embroiled in the most horrible of wars Europe ever saw! Which will by the masses and by history perhaps be fixed on you as the cause of it. Pray dont be angry, if I perhaps hurt you quite unintentiously, but I think it my duty to our two countries and to you as my friend to write openly, as the seclusion and retirement the deep mourning has imposed upon you debars you from seeing people and following in detail what is happening — behind tbe scenes. I have some experience of Politics, and see certain unmistakable Symptoms, so I hasten to you, my friend, to plead in the name of the Peace of Europe; if you are allied for better, for worse with the French, well then, keep those damned rascals in order and make them sit still, if not, then dont let your Men who go to France make the French believe that you are allied and get reckless and turn their heads tili they lose them, and we have to fight in Europe instead for it against the Eastl Think of the awful responsibility for the shocking bloodshed! Now Goodbye dearest Nicky, best love to dear Alex and believe me Ever your most devoted and faithful friend and cousin Willy I. R. 296 VII Neues Palais Potsdam, 25. X. 1895 Dearest Nicky, Uncle Micha's most joyful and unexpected arrival who just lunched with us glves me an agreeable opportunity to warmly thank you for your kind letter Moltke brought home. He is still quitc füll of all your kindness and quite enraptured by your whole person and your ways. Your ideas about the press in general are exactly the same as mine. It has done and still continues to do a deal of härm and we must bear with a great amount of spite, lying and nonsense. Still the influenae it horribile dictu has must be judged from the spirit in which the People of the different races are brought up and read it. Your subjects and mine are slower at thought, sober and quieter in their conclusions they draw as for instance Southerners or the French. The Roman and Gallic races are more easily roused, incensed and more ready to jump to conclusions, and once having flared up are more dangerous to peade than the Teutonic or Russian Race. Again in England the Press is more the mouthpiece of Public opinion than on the Continent and goes in more for the interests of its Country! Lobanows visit was most interesting to me, he is no doubt a very able Diplomatist and a splendid causeur. And what he told me was "sehr beruhigend" about France. I thought it right to talk quite openly about France with him as he told me you had communicated with him. In one respect I took pains to show him that I did not wish to be misunderstood. That it is not a fact of the "Rapport" or friendship between Russia and France that makes one uneasy — every Sovereign is sole master of his countrie's interests and he shapes his policy accordingly — but the danger which is brought to our Principle of Monarchism through the lifting up the Republic on a piedestal by the form under which the friendship is shown. The constant appearance of Princes, Granddukes, statesmen, generals in "füll fig" at reviews, burials, 297 dlnners, races with the head of the Republic or In his entourage makes Republicans — as such — believe that they are quite honest excellent people, with whom Princes can consort and feel at home! Now what is the consequence at home in our different countries where? the Republicans are Revolutionists de natura and treated — rightly too — as people who must be shot or hung, they teil our other loyal subjects: "Oh we are no dangerous bad men, look at France! There you see the Royalties hobnobbing with the Revolutionaires! VVhy should not it be the same with US?" The R. F. is from the source of the great Revolution and propagates and is bound to do so, the ideas of it. Dont forget that Faure — not his personal fault — sits on the throne of the King and Queen of France "by the Grace of God" whose heads Frenchmen RepubHcans cut off! The Elood of their Majesties is still on that country! Look at it, has it since then ever been happy or quiet again? Has it not staggered from bloodshed to bloodshed? And in its great moments did it not go from war to war? tili it soused all Europe and Russia in streams of blood? Till at last it had the Commune over again ? Nicky take my word on it the curse of God has stricken that People forever! We Christian Kings and Emperors have one holy duty imposed on US by Heaven, that is to uphold the Principle "von Gottes Gnaden", we can have good relations with the R. F. but never be intime with her! I always fear that in frequent and long visits in France people without feeling it imbibe Republican ideas. Here I must teil you an example! I remember a few years ago a gentleman — no German — telling me füll of horror that when he was at a fashionable salon in Paris he heard a Russian General answer a French ones question whether Russia would smash the German Army, answer "Oh nous serons battus a plate couture, mais qu'est-ce que ca fait.? Nous aurons alors aussi la Republique!" That is what I am afraid of for you my dear Nicky! Dont forget Skobelew and his plan for carrying off the Imp.-famlly at a dinner once? Therefore take care that your Generals dont like the R. F. too much. Please forgive my being so open but I want you to see how 298 warmly I feel for you and how anxious I am about you, and that you should fully know what my motives are. The next point of interest was the news Lobanow told me about Turkey; that he had cause to suspect England was after the Dardanells! And therefore had revived the Armenian question. I confess that I was utterly stupefied at this piece of news. No doubt since Salisbury's avenement Englands foreign policy has become most mysterious and unintelligible, and the quaint way in which the Fleet sulks around the üardanells indicates that it means something there. But if they do that they violate the Treaty of Berlin and they cannot be allowed to do without the permission of all the other signatory Powers; which they never will do, But it seems that they have 8ome idea or other of chänging their Policy in the Mediterranean, for two days ago Malet on his farewell visit to our Foreign Office used very blustering words, about Germany behaving badly to England in Africa, that it would not stand it any longer and that after buying off the French by concessions in Egypt they were at liberty to look after us. He even was so undiplomatic to utter the Word "war"! Saying that even England would not shrink from making war upon me if we did not knock down in Africa. I have made an answer to the effect that the British were making themselves ridiculous in this case, but obnoxious to everybody, and if they got into trouble with anybody eise I would not move a Pomeranian Grenadier to help them. I suppose that will cool them. It is the same thing I told Lobanow. I told him besides that if Russia should be seriously engaged in the Far Fast, I looked upon it as my duty to keep your back free from anybody in Europe and to See that all be kept quiet, and that nothing would happen from me also to France, provided I was not attacked. He warmly thanked me for this. I share his fear that Japan has some sort of understanding with England and that is why it is so stiffheaded. Before concluding let me express my most heartfelt sympathy, for the I. of November is now approaching. God alone can soothen the pangs of sorrow that will rend your heart on mourning such a kind father and such an excellent and good man, so like 299 my poor Papa! May I propose sometl)ing to you which I have at heart? Consldering our near relations and the constant ex- change of letters and messages, which would unnecessarily always put the Embassy machines in motion, would you not like to renew the old custom our Forcfathers had for nearly a Century, and have again a personal aide de camp attached to our respective staffs? The more private and "intime" affairs could as in olden times go directly by them, which makes matters much simpler? I shall take with pleasure anybody whom you really trust into my Maison militaire, would you like Moltke? Now I shan't trouble you any longer! Goodbye dearest Nicky, my best love to Alix and the "future", and believe me always Your most devoted and aff^^e friend and cousin Willy. VIII Neues Palais, 2. I. 1896 Dearest Nicky, Radolin's return to Petersburg gives me the opportunity of send- Ing you a few lines. Please let me thank you most sincercly for the signs of kindness and friendship you have given me and my coun- try, which has given a sense of quietness and security, and which I beg you will continue to bestow on us in the following year. With my wärmest congratulations for the New Year and a merry Xmas I join my prayers that the Lord may bless and protect you, dear Alix, your sweet child and all your family from all Evil, sorrow or sickness. May your reign be prosperous and may you see the realisatlon of many a scheme you have elaborated for the welfare of your subjects. May our countries be able as before to join in the strengthening and upholding of Peace and in the defence of their faith and interests against any outward or inward foe. 300 The political horizon is pecullar just now. Armenla and Venezuela are open questions England brought up, and now suddenly the Transvaal Republic has been attacked in a most foul way as it seems not without Englands knowledge. I have used very severe language in London, and have opened Communications with Pant for common defence of our endangered interests, as French and German colonists have immediately joined hands of their own accord to help the outraged boers. I hope you will also kindly consider the question, as it is one of principle of upholding treaties once concluded. I hope that all will come right, but come what may, I never shall allow the British to stamp out the Transvaal l 1 hope you have better news for your poor brother who has arrived as I see at the Riviera! Please give my best love to dear Alix and once more thanking you for all kindness to Stranz and his men, believe me, dear Nicky, Ever Your most aff^*^ cousin and friend Willy IX Berlin, 20. II. 1896 Dearest Nicky, General Werder has the great honour and pleasure to be your guest and so I entrust this letter to his care. Let me once more thank you with all my heart for the picture and the letter you sent me for my birthday. The attention was most kind and gracious at the same time, as the opening of the Canal was indeed something which I had very much at heart and which really was a success. I have sent the picture to Kiel where it is to be hung in my private apartments, the same in which your dear lamented father lived the last time he met me at Kiel. Werder will also be the bearer of two photographs. one for you, as a little souvenir 301 of mine, and one for Alix, to give her an idea of what my girl looks like. She is a real piece of living quicksilvcr and tyrannises her papa tremendously. Your Embassy has enquired about my being represented at the Coronation at Moskau and I have named Henry as my re- presentant. I should be very thankful if you would kindly see that the question of bis rank is made out clearly, as I heard that your Master of Ceremonies has hinted to Radolin that he would have to follow all the Hereditary German Granddukes and Princes, even the son of the Prince of Montenegro. This is of course out of the question. My house as the reigning one in Germany is the first, and the Princes belonging to it go before the sons of the Reigning princes in Germany. I asked Wladimir about this when he was here, and he was of quite the sani^e opinion, and told me he would mention the matter to you. Besides he is your brother in law, and as such he counts as one of your family, just as your Papa did for the Duke of Edinbourgh at his coronation. I saw Aunt Sanny at Oldenburg and on her passage here. She is very much affected by the slow and harassing death of her poor sister, and suffers much from sleeplessness, poor thing! The Blue Book in Parliament in London has once more proved how right our policy was in Oriental matters and how England has tried to get you and us others into trouble. In Transvaal their Coup de Bourse has miscarried by the will of Providence, and though some Uves were lost, yet revolution, bloodshed and general pillage have been stopped. They have behaved very improperly to me, but that leaves me untouched, whereas their mobilising their celebrated Flying Squadron against us, who have hardly any thing to speak of, made them supremely ridiculous. Now good-bye, dearest Nicky, best love to Alix, and believe me Ever Your most devoted Cousin and Frlend Willy. 302 Coburg, 19. IV. 1896 Dearest Nicky, The merry wedding which is taking place here and the faces of many of the guests remind me ot two years ago when It was my good fortune to be able to help You to secure that charming and accomplished angel who is now Your wife. The reminiscences of April 1894 were also feit by the others and from that cause they all agreed that we should send You the telegram You will have got. I venture to trust that I did not say or promise then anything that You have not afterwards found in Your matrimo- nial life. May God's blessing be on You both especially in the next month when you are going to be crowned under the admiring assistance of the world. I thank You most heartily for your kind letter You sent me through Werder the day I left for the Medi- terranean, he was so happy over his stay in Petersburg, having Seen so many well known faces, I quite agree with what You say in the end of Your letter about the Britishers, their fanfaronades ogainst us make them supremely ridiculous, and no Impression un me. The worse they are hampered in Afrika, the better for as in Asia. Now good-bye, Dear Nicky, best love to Alix, good speed from Your aff^te cousin and friend Willy. XI Letzlingen, 12. XI. 1896 Dearest Nicky, Wladimir is so kind as to take these lines with him to band them over to vou and will also be the bearer of my wärmest "Grüße". I am glad you are safe home again and that the brilliant tour you made through Europe has not tired you too much. I am deeply sorry for the awful Bismarkian behaviour which — though it is a "coup" aimed against me personally — nevertheless represents a breach of loyalty to your Government, and casts a slur on the memories of my beloved grandfather as well as on that of your beloved father. I have already instnicted my uncle the Chancellor how to speak in Parliament and hope you will be satisfied with the manner in which the whole treasonable affair is treated. I suppose that by this last stroke of the Prince and by the shameless way he is treating me in his press — especially try- ing to make the people believe that I was and still am under "Eng- lisbl" influenae — the clearer heads will begin to understand that I had reasons to send this unruly man with his mean cnaracter out of Office. I place implicit faith in the hopes that you will kindly trust me as you did tili now and that nothing has or can change between us two since we arranged our line of action at Breslau. Wladimir has come from Paris with the best of impression that all is quiet there, which I can corrobate from the reports of my ambassador who is on the best of terms with the Govern- ment and is quite füll of adrairation for the capabilities and sang froid of Hanotaux. The latter I hear is rather nervous about Turkey, but as I have heard nothing alarming from there I suppose there is no real cause. He, I hear, is strongly opposed to any Conference about Turkey, and in that is perfectly right. On our frontier in Lithuania we have discovered and have localised several cases of leprosy. Some people have brought the infection over from the next places in the ßaltic Provinces. I consequently have ordered a hospital to be built at Memel to place the poor wretches in it. The illness is a tcrrible one, and very catching, and I propose to you whether our frontier Provin- cial authorities could not combine in watching and looking for cases, by combining some doctors for medicine supervision .? We have had magnificent Sport and fine weather and were very glad to see Wladimir here in his old place. With best love to Alix, your affectionate friend and cousin Willy. xil Berlin, 3. III. 1897 My dear Nicky, As you kindly permitted, Col. v. Moltke will in a few days have the great uonour to be able to pay bis respects to bis Imperial cbef. Tbis gives me tbe opportunity of sending you a few lines of v/arm friendsbip in tbese trying times. I am most deeply grate- ful for the loyal, clear and statesmanlike way in wbich you grasped tbis most unfortunate Cretan affair, and feel justly proud that our views on tbis subject are exactly alike. From the "family" point of view you must have gone througb moments wbich may have taxed your affections to tbe utmost, and tbe resolve to do as you did must have been come to after many an internal pang. But you were perfectly rlght! And you see by tbe result that your "demarche" has rallied all the Powers, willing or not, to a common demonstratlon, wbich will I hope, make tbe Peace of Europe an undisturbed one. You have shown tbe world once more that if tbe 3 great Empires "marchant d'accord" and are joined by the otber great Continental Powers, i. e. if tbe wbole Continent keeps together in an unbroken front, the rest of the World must follow us, even the stftngest! Tbe King of Greece must be clean mad if be does not stop in bis mad attempt to set the World on fire "pour y allumer sa pipe". I am glad the Turks behave so soberly and place strong troops into Macedonia, there lies the greatest danger and that must be kept quiet by all means. I send you with Moltke some instant photographs taken of the Parade after your cravats had been fastened to tbe colours of the Alexander Regiment. He is also to place into your hands the work wbich has been written about my dear Grandfatber and wbich is published for the Centenary of his birthday. His fine letters and Speeches are the best characteristic of bim I know. Our ball went off very well and the effect was simply magical like a dream of old days gone byl The cravats which I am going to present mj Grenadiers are finished and I should be very thankful for a hint from you whether I can present them myself or whether you think it better to send our officers wlth them. Now best love to Alix who 1 hope will be soon all right, and believe me Ever Your most affate cousin and friend Willy. XIII Neues Palais, 4. I. 1898 Dearest Nicky, The new year has just opened and the old year has closed. But I cannot let it close v/ithout a glance at these lovely and brilliant days of August when I was able to embrace you and Alix, and without thanking you for your kind, splendid even lavish hospi- tality to Victoria and me. With deep feelings of gratitude do I remember the pleasant hours I was able to spend with you, ex- changing intercourse showing that we were of one opinlon in the principles we follow in the fulfilment of the task^ which has been set us by the Lord of all Lords. Lach of us tries to do his best for his country's development and welfare, as is his duty! But in Community we seek to procure to our countries the blessing of Peace! J^Liy this New Year be a happy one for you dear Alix and the whole of your house and country. May the plans which you mature be fulfilled for the welfare of your people. Henry's mission is one of the steps I have taken for the help and countenance of your lofty Ideals — without which no sovereign can exist — in promoting civilisation, i. e. Christianity in the Far East! Will you kindly accept a drawing I have sketched for you, showing the Symbolising fignres of Russla and Germany as sentinels at the Yello'.v Sea for the proclaiming of the Gospel of Truth and Light in the East. I drcw the sketch in the Xmas week under the blaze of the lights of the Xmas trees! — 306 Also an album of photographs representing the review on joMT birthday at Wiesbaden before the new Standard of your Hussar Regiment and the swearing in of the Recruits of your fine Alexander Regiment as well as a scene from its barrack-yard. A book of memoirs of the father of my Chief of the Höre (Horses? Übers.), Count Wedel, will follow shortly, as the binding is not quite finished yet. He served under Napoleon the First in 1812 in Russia, was made prisoner by your troops and makes very intercsting description of the campaign and of his capti- Yity. — Victoria sends her best wishes, she was in bed for a long time and suffered much from nerves and a bad throat and only got up to-day for the first time. She had much worry on account of the two youngest ones who suffered from a bad attack of influenza which is raging here, and were laid up for nearly a month. Now good bye, dearest Nicky, best love to Alix and my moit respectful compliments to your dear mama from Your most devoted and faithful friend and cousin Willy. XIV Berlin, 28. HI. 1898 Dearest Nicky, General Werder brought me your and Alix's kind messages from Petersburg and was beaming with delight of the Souvenirs of his stay which as usual, you managed to render so nice and agreeable to him. I thank you most sincerely for all he transmitted to me from you, and need not add that I heartily reciprocate your wishes. The dear old General is not only a relic of the past, but firmly and by conviction deeply attached to you and your house; and he therefore is in my eyes a living piece of the old tradition which always united our familics for the benefit of our countrici and by that for the whole world. 307 I must congratulate you most heartily at the successful i»$ue of youractionat Port Arthur; we t wo will rnake a good pair of sen- tinels at the entrance of the gulf of Petchili, who will be duly respected especially by the Yellow Ones! I think the way you managed to soothe the feelings of the "fretful Japs" by the masterly arrangement at Korea a remarkable fine piece of diplomacy and a great show of foresight; which is apt to show what a boon it was that by your great journey you were able to study the Question of the Far East locally and are now morally speaking the Master of Peking! Radolin reported to me your very interesting conversation about China and your wishes about the Instructors in the Govern- ments assumed as under the Russian sphere of influence. I have prepared an order to the German officers, but could not yet emanate it because it was possible to fix a certain limit of territory without an indication on the map — a small pencil line on any piece of paper from you would put my mind to rest; because I would be most unhappy, if by any misunderstanding the Officers, without their fault, trespassed on Russian territory from want of a real well recognised boundary line. The idea which was be- ginning to be ventilated from over the- Channel on the Press that Chinese affairs were to be decided by an International Con- ference has been sharply repudiated here by me, for the reason that I soon found out that it w^as a masked attempt to tie your hands in the Far East, the relations to whom I think there are after all your own affair and not other peoples'I The news from Henry are good, he is at Hongkong refitting his ship. He made good friends with Saissoy Weliky and Navarin at Colombo and they sailed together in perfect harmony for some days to the great astonishment*of otber people! Ahem! Which amuses me much as at the same time it gives me pleasure as Russian Admiral. Co- lonel V. Moltke, my Aide-de-Camp, and Commander of your "Alexandriner" is the bearer of this and at the same time of a box with two hunting rifles of small bore calibre of exceedingly good hitting qualities and a most stretched trajectory — I hope 308 they will be of good use to you and enable you to kill many a good "Capital Hirsch"! Now good bye, dearest Nicky, best love to Alix and Weidmannsheil from Ever your most affate and devoted friend Willy XV Berlin, 30. V. 1898 Private and very conjidential. Dearest Nicky, With a suddenness wholely unexpected to me I am placed before a grave decision which is of vital importance to my country, and which is so far reaching that I cannot foresee the ultimate consequences. The traditions in which I was reared by my beloved Grandfather of blessed memory as regards our two houses and countries, have as you will own, always been kept up by me as a holy bequest from him, and my loyalty to you and your family is, I flatter myself, above any suspicion. I therefore come to you as my friend and "confident" to lay the affairs before you as one who expects a frank and loyal answer to a frank and loyal question. In the beginning of April the attacks on my country and person tili then showered on us by the British Press and people, suddenly feil off, and there was, as you will have perceived, a momentary lull. This rather astonished us at home and we were at loss for an explanation. In a private inquiry I found out that H. M. the Queen herseif through a friend of hers had sent word to the Bri- tish Papers, that she wished this unnoble and false game to cease, This in the Land of the "free Press"! Such an imwonted step naturally led us to the conclusion that something was in the air. About Easter a Celebratcd Politician proprio motu suddenly sent for my Ambassador and k brüle pourpoint offered him a treaty of 3OQ Allianc e with Enghndl Count Hatzfeld, utterly astonished, sald he could not quite make out how that could be after all that had passed between US since 1895. The answer was that the off er was made in real earnest and was sincerely meant. My Ambassador Said he would report, but that he doubted very much whether Parliament would every ratify such a treaty England tili now al- ways having made clear to anybody who wished to hear it, that it never by any means would make~ an Alliance with any Conti- nental Power whoever it may be! Because it wished to keep its liberty of action. In 1897 (Jubilee year) this Principle was cven put into verse, saying that England needed no Allies, that le cas 6cheant it could fight the whole world alone, with the refrain: "We've got the ships, we've got the men, we've got the money too"! — The answer was that the prospect had completely changed and that this offer was the consequence. After Easter the request was urgently renewed but by my commands cooly and dilatorily answered in a colourless manner. I thought the affair had ended. Now however the request has been renewed for the third time in such an unmistakable manner, putting a certain short term to my definite answer and accompanied by such enormous offers showing a wide and great future opening for my country, that I think it my duty to Germany duly to reflect before I answer. Now before I do it, I frankly and openly come to you, my esteemed friend and cousin, to inform you, as I feel that it is a question so to say of life and death. We two have the same opinions, we want peace, and we have sustained and upheld it tili now! What the tendence of the Alliance is, you will v/ell understand, as I am informed that the Alliance is to be with the Triple Alliance and with the addition of Japan and America, with whom pourparlers have already been opened! What the chanccs are for us in refusing or accepting you may calculate yourself! Now as my old and trusted friend I beg you to teil me what you can offer me and will do if I refuse. Before I take my final decision and send my answer in this difficult position, I must be able to see clearly, and clear and open without any backthoughts must your proposal ^10 be, so that I can judge and weigh in my mind before God, as I should, what is for the good of the Peace of my Fatherland and of the World. You nced not fear for your Ally, in any proposal you make should he be placed in a combination wished by you. With this Ictter dearest Nicky I place my whole faith in your silence and discretion to everybody and write as in old times my Grandfather would have written to your Grandfather NicholasI! May God help you to find the right Solution and decision! It is for the next generation! But time is pressing so, please answer soon! Your devoted friend Willy. P. S. Should you like to meet me anywhere to arrange by mouth I am ready every moment at sea, or on land to meeti XVI Dearest Nicky, Your kind permission alloiving me to send dear old Werder to Moskau as my "representant" for the ceremony of the unveiling of your dear Grandfathers statue gives me the opportunicy to send you these llnes through him. It is rcally an affair of sentiment which prompted me to send him and not a mere form of courtcsy. Through Grandpapa I had often heard of Alexander II. and when I had the honour to be presented to him I soon feit under his "charms" as happened to everybody who was honoured by his presence. To his kindness I am indebted that I wcar the uniform of the splendid Grenadier Regiment, whose day it is to-day, and which is a firm bond uniting me with your fine army, which I shall value and cherish to my dying day. Your diplomacy has just scored another great success in China, to which I take the llberty of congratulating you the more so as it was done without the firing of a single shot and without any unnecessary nolse or bluster. The effect will be a great impetus given to your trade and the industrial establishments of your country. Henry has just telegraphed to me how kindly your authorities have recelved him, and are doing everything in their power to make his stay as agreeable as possible for him, which gives me the gratifying opporturiity to thank you most heartilyl — I am most astonished at the amount of bash and blarney that is being ventilated in the newspapers of Europe about my visit to Jerusalem! It is most discouraging to note that the sentiment of real faith, which propels a Christian to seek the Country in which our Saviour lived and suffered, is nearly quite extlnct in the so called better classes of the XIX^Ji Century, so that they must cxplain the ' Pilgrimage forcibly by Political motives! VVhat is rlght'for thousands even of your lowest peasants is right for me too! — Since I communicated to you this June, England has still now and then reopened negotiations with us but has never quite uncovered its hand; they are trying hard, as far as I can make out. to find a Continental army to fight for their interests! But I fancy they wont easily find one, at least not minel Their newest move is the wish to gain France over from you, and they in consequence have suddenly decided to send the Duke of Con- naught to the French Army Manoeuvres, a nice little plan of Cour- celles, I think, who is ardently at work between Paris and London. I already once warned your people of him! Now good bye, dearest Nicky! How I envy Werder seeing you and talking with you! Best love to Alix ! Are you going to reintroduce the former unif orms again and buttons? — Believe me Ever Your most aff^*« friend and cousin Willy. ^>i: XVII Yacht Loreley, Stamboul, 20. 10. 189S Dearest Nicky, Durlng my stay at Stamboul I gave audiences to Ambassadors. I had the pleasure of making the acquaintance of Mr. Sinoview. I found in him a most accomplished diplomatist, a man with a very clear head. An energetic character, in all, what one calls a powerful man. I congratulate you on such an excellent choice. We had a long conversation and of course his opinion about Oriental matters was of the greatest value to me, it was a pleasure to listen to him. The conversation also turned on Cretan matters and on the latest events that happened there. The source which the latest excesses spring from was doubtless not a clear one, and surely not the usual so called "mussulman fanaticism" generally talked of in the European press. I venture to suppose that intrigues of a certain meddlesome. Power have had something to do with them. In the course of our conversation Sinoview openly told me that the Situation was far from reassuring and that the only possibility for getting out of the "impasse" mas to make the Turks leave Crete bag and baggage! Whether that must be so I of course do not know, but as I had the opportunity of pointing out to you at Peterhof, the question of Crete must be solved in a manner, that no general imbroglio come» from it which those scoundrels of Cretans are not worth. I have talk- ed with many old and prominent Turks who have all assured me that the whole People had made Crete a question of National honour. That an evacuation pure et simple if acceded to by the Sultan would cost him authority, crown, even perhaps his life, and that they were all deeply concerncd and afflicted. I therefore venture to make this known to you with the hopes that in your wisdom you will kindly be able to find a Solution, which is apt to save the Sultan's position vis-ä-vis of his army and as Kalif vis-ä-vis of the whole Mahometan world. You know by Osten-Sacken's re- ports which motives made mc "lay down my fleet on the table". Because I feit and saw that a ccrtain Power was using us all others as catspaw to get us to help her to take Crete or Suda bay, and I would not be of the party who are expected to appear with bread and Salt and on the top the kcys of Crete praying the said Power to kindly look after the weif are of these poor darling "Cretans who may one and all roast in hell"! The rcccnt events have shown mc that my suspicions were right and that this certain Power means mischief and to use force. That is: They want to expcl the Mussul- mcn, who are born and Natives of Crete like the Christian insurgents, only converted of Islamism, who are the landed proprietors, after these have lost everything they have, and give the property to the Christians who were now their own paid tenants and their labourers and who revolted against their masters. That is the Cretan question in a nutshell! And that is what I call downrigl^t robbery! What an effect this act of pillage has had on the Maho- metan world you have'no idea, bat I feel and see and hear it. What a tcrrlble blow to the prestlge of the Christian in general in the eyes of the Mussulraan and renewal of hatred you can hardly imag- inc! The Powers concerned in Crete have played a foolish and a most dangerous game, and that is what compels me to call your kind attention to the matter! Remember what you and I agreed upon at Peterhof never to forget that the Mahometans were a tremcndous card In our game in case you or I were suddenly con- frontcd by a war with the certain meddlesome Power! You as the master of millions of Mahometans must be the best judge of this. If you quietly go on follov.-ing the lead of the other Power in Crete as has been done tili now, the effect will be deplorable upon your own Mahometan subjccts and on Turkey, and you will lose a most precious a tout out of your play! Thercfore I implore you to give thi» matter once more your most serious attention and if poisible find means by which you can save the Sultan from a dangerous and compromising Situation enver» ses sujets and solve the Cretan question in a manner acceptable to him. Dont forget that his Army fought valiantly and victoriously for Crete at Larisse and Domokos and reconqutred the Province. It would never forget or forgive another Power the expulsion of their brothers in Aras and their Master from a reconquered Province! What a splendid op- portunity for you to step in and save the Sultan from disgrace, the World from bloody war and gain the gratitude of all Mahome- tans! Otherwise revolution may come, and the Sultan's blood may one day be at your door! I bog your pardon for intruding like this In your time and repose, but the Situation is too serious, the interests at stake are too mani- fold, and I should not wish to see Russia lose her fine position she still now has rctalned here; all hoping eycs are turned to the great Emperor of the East; will he bring the hoped for Solution? My perhaps rather rough openess may show you how great and in- tense my love for you is. Best love to Alix. Your aff^it® cousin and friend Willy. XVIII Damaskus, 9. XL 1898 Dearest Nicky, By the kind telegram you sent me to Jerusalem you intimate that you follow our journey with interest; this cncourages me to send you a few lines at the end of our tour with some of my im- pressions. They are so manifold that it is rather difficult to fix thcm. In the first place Jerusalem has of course occupied our attention on account of the many places filled with reminiscenses of our Saviour. The thought that His eycs rested on the same hüls, that His fect trod the same ground is most stirring to one's heart, and makcs it beat faster and more fervently. But I must frankly own that not all one sees relating to the Christian faith is exactly adapt- ed for the promotion of this feeling. The manifold and different confessions and sects of our Common Christian faith have done too much in the way of churchbuilding, the erection of monasterie«, chapels, etc., on so called "Tradltional Holy Places". Which ha» led to a sort of concurrence or race for the highcst towers er blggest churches, which do not at all harmonize with the sites they are erected on. In fact one could call it an exhibition of Church- modelsl This hasalso affected the clergies of the different churches, who have a pleasure in intrigues and political designs fostering hatred instead of love, and leading to free fights and battles in the churches instead of Psalms-and friendly intercourse. But what i» worse still, they have created a worship of stones and wood, for- bidden in the 2°^ of the X commandments, instead of the Divlnity itself. A Frenchman characteristically said to me: "C'est l'ado- ration de la Pierre aux lieux soit-disant Saints, dont la Saintete ne peut etre garantie, et h. Divinite n'est pour Rien!" Very true but most distressing to our Christian feeling. Very naturally this — I beg your pardon — Fetish adoration has created a su- preme contempt for the Christians with the Moslems. My perso- nal feeling in leaving the holy city was that 1 feit profoundly ashamed before the Moslems and that if I had come there with- out any Religion at all I certainly would have turned Mahometan! The way Religion is understood in Jerusalem, it will never lead to the conversion of a single Moslem, or the growth of a single tree or the digging of a single new well, I am afraid that Religion in Jerusalem is often used by the Clergies as a cover for poUtical devices and designs and that is very wrong and does Christianity a very great härm as the Moslems have long ago perceived this and treat us accordingly. I return home with f eeUngs of great disillusion and with the firm conviction that our Saviour's grave quite cer- tainly is not beneath that church of the Saint Sepulchre, which in its appearance and decoration compares very badly with the Mosque of Omar in its simple and awe inspiring grandeur! — Alas! — The most interesting and the f Inest town from the orlental point of view is no doubt Damascus. Beirut with its lovely villas, jardcns and glades reminding one more of a town in the South of Italy or in Sicily. The Holy Land is eimply terrlble in its arid dr/ness and utter want of trees and water. But here everything is changed as if by Magic! The grat River Barader gives life and coolness and fosters Vegetation of the finest description. The town 18 lituated in the midst of vast gardens and shady glades all watered by small rivulets giving them the aspect — when seen from above — of a large fasanarie of the circumference of 2 Square miles! The quiet lovely courtyards with their Arabian Masonry, their shady nooks and murmuring fountains with fresh water in marble basins, are simply unique, like in a dream! You would be delighted to be here as you understand so much about the East! — Our re- ception here is simply astounding, never has a Christian — Giaur — Monarch been so feted and received with such unbounded enthusiasm. It is because I am a friend of their Sultan and Kalif and because I always pursued an open and loyal Policy toward him; the same I so often advocated for you, too. The hatred of the English is strong and growing more and more intense — no wonder — whilst in the same time apace with it grows the open contempt of France, which has lost all the respect it once possessed of oldl That is the unavoidable consequence of the terrible quag- mire the French are now floundering about in their interior affairs, splashing the dirt right and left tili the whole of Europe reeks with the stench! Showing how far the corruption, lying and dis- honour has already gained in the nation and before all in the army! Here people look upon them as on a dying nation, especially since the last and most ignominious retreat of the French from Faschoda! What on earth has possessed them?! After such a first rate well arranged and plucky expedition of poor and brave Marchand? They were in a first rate positlon and able to help US others all in Africa who are solely in need of strong help! The news here have come as a thunderbolt on the Eastern people, nobody would believe them! at all event if it is true, what the papers say, that Count Mouravieff councelled France to take thi« foolish Step he was singularly and exceptionally ill advised, as it has given your ''jriends and allies" a mortal blow here and brought down their ancient prestige here never to rise again! The Moslems call it France'i second Sedan, and the poor French consul I spoke to was in tears saying that all was crumbling to dust around himi France will never forget that piece of friendship nor will she ever feel very grateful for it. These my dear Nicky are the most intcresting of my observationi which I openly and without backthoughts refer to after having leen with my own eyes and heard with my own ears what is going on in this most interesting country. I found all my suppositiont and combinations I so often laid before you absolutely confirmed; Turkey is very much alive and not a dying man. Bevvare of the Musulmen if you touch their National honour or their Khalif. Best love to Alix. Erer Your most devoted friend and couiin Wüly. XIX Berlin, 6. V. 1900 Dearest Nicky, In haste I just manage to write these few lines to thank you from the depth of my hcart for your kind and dear letter you so kindly sent me through Costia. Indeed I do so well remember the events of your Coming of age and the ceremonies which accom- panied it ! How bravely you spoke your oath and how deeply moved your dear father was when he embraced you afterwards! How time has gone by! Now you too are ruler of a Great Empire and have children, and I have a grown up son! What a very kind idea it was of you to send Costia and dear old Richter as well as the Gentlemen of your suite to be present at the Coming of age of my boy. It makes me thankful and proud that you kindly take such an interest in the events which take place in our house, which is again a proof of the firm bond of friendship which we have in- herited from our fathers and which, with God's will and help may 318 never cease to existl The ceremony of his taking the oath on th« old colours of the I. Rgt. of the Guards was most impressivc and vcry touching, the boy behaving most naturally and also very bravely before the great assembly of Princes etc. With thousand thanki and much love to dcar Alix and the wishes for a good summer I remain Ever your most aff^t« cousin and friend Willy. P. S. Our grand manoeuvres thisyear between guards and II A. Corps are near Stettin; should you care to see some of it you could come with your yacht to Swinemünde and from there I could take you straight up the river to the town. XX Kiel, 15. VI. 1901 Dearest Nicky, My best and wärmest thanks for your kind messages through Paulis. Everything shall be arrangcd as you wish. The fleet is to be anchored according to the wind, where the anchorage offers most Cover. Boyes marked with Russian flags will be laid for your vessels. Aviso and torpedoboats will meet you and guide you to your berth. Am not going to bring any diplomatist with me; not cven the chancellor excepting your wanting to see him. Waldersee will be there to "melden" himself. Dear old Schouwa- loff is in Berlin and the whole garrison is making its pilgrim.age to him; in the strects every soldier makes "front"; in passing his window the bands play your Hymn. With greatest pleasure I look forward to meet you; Weidmanns- heil for Alix. Willy 319 XXI Swinemünde, 8. VII. 1901 Dearest Nicky, I send you these lines through my son Adalbert to whom I trust you will kindly extend your grace. It is the first foreign country which he visits, and as he is still only a middy I beg you will not make too much cf bim officially. He is young and steady and I rely upon you that you will kindly see that he does not get into wrong or bad Company. With best love to Alix and her time I remain, with great pleasure anticipating our meeting on the sea. Ever your most aff^te cousin and friend Willy. XXII Wilhelmshöhe, 22. VIII. 1901 Dearest Nicky, Your kind letter of the ly^^ has just reached me this morning and I hasten to thank you for the kind feelings you express in its lines. I am most grateful and highly pleased to see by your let- ter that I shall really have the great pleasure of meeting you near Danzig. The more so as I shall do it at the head of my fleet, which will be most eager to salute its Admiral, and which hopes that it will be able to earn his satisfaction when he inspects it. For it is well known among the officers and crews of my Navy, that with your interest in and knowledge of naval matters you lock upon your position as our Hon.-Admiral in real earnest and that you inspect with the eyes of an expert. Consequently they will use every effort to show what they can do. I only beg you not to forget — what you perfectly know through our publications — that my fleet is just in the act of expansion and transformation. 320 This of course is a drawback to its outward appearance, as old ma- terial and new and many different types are grouped together, by which the general appearance of the fleet shows a lamentable want of harmony and homogenousness. You have kindly alluded to Adalberts visit, whom you have awfuUy spoiled by your grand hospitality; your praise makes Papa and Mama very proud. I hope he will always be worthy of it. Your sympathy in my bereavement by the death of poor dear Mama has deeply touched me. You are of course able to judge from your own sad experience when your poor father died. what it means to loose a parent who to all human knowledge might have been spared to live for many long years! Yet in this case the suffering was so terrible that one could look upon the end as a release, when the Lord called her away, and her last hours were I am thankful to say quite peaceful and painless. Thanks to the great speed of my Yacht and her consorts who took me in 28 hours from Bergen to Kiel. I was able to reach Cronberg in time to find her still conscious. I have communicated your kind invita- tion to meet him, to the Chancellor, who is deeply honoured, that you show him such confidence, as he was quite unprepared, I myself am very happy, because he is a very good "connoisseur" of Russian affairs and traditions and retains a thankful memory and deep attachment to your family from his stay in Petersburg. Regarding Count Lamsdorf I shall of course receive him should he be on board your yacht; should that not be the case, and as we are not on shore at all, please do not trouble the poor Minister to make the long voyage to Danzig. — The heat we suffered from in Norvray was appalling, up to 33° R. in the shade! Like in Syria! My suite, some 20 men, managed to finish off 167 bottles of Appolli- naris in one day! — May the weather be fine without the above result when you come; the details of the programme will be for- warded to you by Paulis. Best thanks for the "Anna Medal" just received which is pretty and gives me great pleasure and best love to Alix from your most devoted and aff^t« WiUy. 21 321 XXIII Neues Palais, 12. XII. 1901 Dearest NiclcA Your dear brother Micha' s visit is Coming to an end and with great regret we see him leave. He is a cheering and most engaging young man, who has captivated everybody here, even my daughter! He shot very well and has bravely gone through all the "corvees" of an official dinner with presentation and cercle, though greatly relieved that there was no "speechifying". All the people who met him were Struck by his clear, open, manly countenance and frank expression. He was a success! I am most grateful for the kind words about Danzig, which make me uncommonly proud. I hope that on my visit next summer I may be able to show a more homo- genous squadron and one of the new protected cruisers! I am looking forward to our being together with pleasure! Colonel Kasnakof is here with the officers of my Dragoons and seems a remarkably nice officer; I am so glad to have them all here. — I beg you, as a souvenir of my dear Mama, to accept a pin from me and a locket for Alix; Micha will band them over to you. With the sincerest wishes for a happy new year and merry Xmas^ I remain your loving cousin and friend Willy. XXIV Neues Palais, 3. I. 1902 Dearest Nicky, These lines are to wish you a merry Xmas and a happy new Year. (Russian new year was 13 days later according to old style. Edi- tor's note.) May God bless you and protect you and wife and children and keep you all sound in body and soul. May your work 322 for the Peace of the world be successful as well as the plans you are maturing for the welfare of your country. I »cnd you as Xmas present an officer's dirk corresponding to the model I introduced into our navy by order dated from the "Variag", which I beg you to accept as a souvenir of the kind visit you paid me off Dantzig and of the merry hours we spent together. This new sidearm is so populär among our officers that I believc they even go to bed with it. My fleet, Henry and I are already looking forward to the day we shall be able to repay your visit this year, and I shall be most glad to know when you expect us and where ? As you take such interest in our navy, it will interest you to hear, that the new armoured cruiser "Prince Henry" is rapidly nearing completion and has already tried her engines on the spot with most satisfactory results. She is expected to join the fleet after her trials end of the winter. The new line of Battleship "Charlemagne", the 5^11 of the "Kaiser Class" will is it hoped be ready for her trials at sea end of next week, and Henry hopes he will join him in a month. The "Witteisbach" Class is being pushed forward with all speed and it is hoped will be able to join Henry's Flag after the manoeuvres. This means an addition of 3 Line of Battleships, which will enable him to dispose of a fully homogenous fleet of "Peacemakers" which no doubt will make themselves most agreeably feit and useful in helping you to keep the world quiet. The 5 new Line of Battleships have all been contracted for and have been begun. They constitute the first Division of the second Squadron. Bye the bye I see by the papers, that the "historical" "Variag" has arrived at "Koweit". That is a very wise thing that your flag is shown there. For it does not seem impossible that another Power was in the set of repeating the very successful experiment it made on the Nile, to haul down the Sultan's flag, land some men and guns, hoist some flag or other under a pretext and then say: "J'y suis, j'y reste"! In this case it would have meant paramount rule of all the trade routes of Persia leading to the Gulf, by this of Persia itself and by that "Ta-ta" to yoiir proposed establishment of Russian Commerce, which is very ably begun by the conclu- sion of the "Zollverein" with Persia by you. The behavlor of the Foreign Power at "Koweit" sets into a streng relief, the enormous advanta^e of an overwhelming fleet which rules the approaches from the sea to places that have no means of communication over land, but which we others cannot approach because our fleets are too weak and without them our transports at the mercy of the enemy. This shows once more how very necessary the Bagdad Railway is which I intend German Capital to build. If that most excellent Sultan had not been dawdling for years with this question the Line might have been begun years ago and would now have offered you the opportunity of despatching afew Regi- ments from Odessa straight down to "Koweit" and then that would have tutned the tables on the other Power by reason of the Russian Troops having the command of tbe inner Lines on shore against which even the greatest fleet is powerless for many rcasons. The uiatn orte — according to an adaptation of the Commander of Cronstadt's answer to Peter tbe Great for not saluting him — "D'abord, parce que les vaisseauSc ne peuvent pas marcher sur terre", whereas you may say "cela suffit"! The original answer of the gallant Admiral: "D'abord parce que je n'ai plus de poudre" was vouchsafed the day before St. Nicholas to Henry by the Cap- tain of the "Askold". My squadron had recelved orders to feast your namesday by a rieh display of bunting and of Royal Salute. But when Henry enquired from the Captain v. Reitzenstein at what o'clock the ceremony was to take place, the latter declared he would do nothing of the sort, and even after Serge had sent word to him, flatly refused to holst bis pennant and to salute bis Emperor, notwithstanding, that she is in commission and has her whole crew on board. My squadron was deeply disappojnted and much — if I may venture to say so — disgusted at the behaviour of this man! I am sending you beside the dirk a most interesting book about the South African war, written by an Englishman, 324 who wholly conderans the way it was entered into and the ends for which it was begun. It is very lucid to the point and shows that the Author maintains his impartiality to the last moment; a most gratifying exception to the rule now at work In England. The parallel he draws between this war and the war against the American Cofonies 1775 — 83 is most surprising and striking. The bearer of my gifts is my Aide-de-Camp von Usedom — years ago for a time Henry's adjutant — he was in Command of the "Hertha" during the China affair, and it is he who saved the Seymour Ex- pedition and brought it safe back to Tientsin. He was in fact the Admiral's Chief of the staff and to him was given the now "histo- rical" Order of which my "bluejackets" are so proud "Germans to the Front", when the British Sailors refused to go on any farther. He was not present at Danzig, having injured his leg by a fall from his horse, so I thought you would like to hear from his own lips the record of what men composing that ill-starred expedition suffered. Now dearest Nicky, goodbye, best love to Alix, Micha and your Mama from Ever Your most affate and devoted Cousin and frlend Willy. XXV Berlin, 30. I. 1902 Dearest Nicky, Let me once more thank you by letter for your kind thought of sending your favourite Aide de Camp Obolenski with the pre- sents for my birthday. The "pelerine" is most practical and will do good Service in all weathers^ notabene in going in a launch to and from the "Standart" to the "Hohenzollern" at Reval! — The vases are quite charming: the blue one with "pate sur pate" is an exquisite specimen and a most handsome decoration in my Salons. Obolenski accompanied me all through the different functions of my birthday and will be able to teil you what a poor, overworked "Landesvater" has to go through before he is able to sit down quietly for a morsel of food and a cigarette! However we managed to be very jolly as all my "Geschwister" were here and Henry managed to keep the family alive, elated as he is with the prospect of paying the Americans and their fair ladies a flying visit, which to our great amusement seems to create considerable "toothache" in the spheres on the side of the Channel! But I must not take up your precious time any longer; Obo- lenski brings you the tables of the Russian, American, and Japanese Navies drawn up according to the latest reports, and photographs from Danzig, upon which I always look back with thanks and pleasure as your most dutiful and aii^^^ cousin and friend Best love to Alix. Willy. XXVI * Generalkommando, Posen,, 2. IX. 1902 Dearest Nicky, Since my return from Reval I have been very busy, as you will have seen by the papers. Now that my illustrious guest the King has left after a successful visit I am able in the "trouble" of manoeuvres to spare a few minutes, which I will consccrate to these lines I send you. For needlest; to say so, the souvenir of Reval is still vivid before my eyes; with it the kindness and friend- ship you showed me, the fine military display, the efficiency of your fleet at target practice and at evolutions and last not least the many hours of amiable and undisturbed companionship with friendly intercourse I was allowed to spend with you, all that is still forward in my thoughts and still fully occupies my senses (.? Übers.) and my mind that I feel it would be a decided want of tact and 326 education if I did not once more thank through this letter from all my lieart. The whole stay was a continuous treat for me; but it was more. The school of Naval gunnery which was shown to me by your Orders is the most vital part of the development of the Navy and of its preparation for "business". Through this permission you showed me a special mark of confidence — in fact a reciprocity for what I showed you at Danzig — which implies a complete trust in the visitor, only possible between men having the same ideas and principles, and which between two Monarchs means united work in the common cause of pre- serving the Peace for their countries. This trust and faith you have shown me is, I can assure you — - not misplaced, for I fuUy reciprocate it. That is shown by the fact that the secret plans of my newest ships — invisible to the foreigner — were handed over to you and to the discretion of your Naval authorities. To these facts add that we both have the same interest in the develop- ment of our Navies, so that the passion for the sea is inborn to US, that will suffice to show that we must look at our two navies as one great Organisation belonging to one great Continent whose interest it must safeguard on its shores and in distant seas. This means practically the Peace of the World. For as the rulers of the two leading Powers of the two great Continental Combinations we are able to exchange our- views on any general questions touching their interests, and as soon as we have settled how to tackle it, we are able to bring our AUies to adopt the same views, so that the two Alliances — i. e. 5 Powers — having decided that Peace is to be kept, the World must remain at peace and will be able to enjoy its blessings. This is a vivid illustration of the fact that the two Alliances hold the balance of Europe and of the World in keeping in close com- munication with each other by the annual meeting of their two leaders to exchange their views. This is the more necessary as certain Symptoms in the East seem to show that Japan is becoming a rather restless customer and that the Situation necessitates all coolness and decision of 327 the Peace Powers. The news of the attachement of the Japanese General Yamai — former leader of the Jap troops in China — to the Legation at Peking in order to take in hand the reorganisation of the Chinese Army — i. e. for the unavowed object of driving every other foreigner out of China — is very serious. 20 to 30 Million of trained Chinese helped by half a dozen Jap. Divisions and led by fine undaunted Christian hating Jap. Officers, is a future to be contemplated not without anxiety; and not impossible. In fact it is the coming into reality of the "Yellow Peru" which I depicted some years ago, and for which engraving I was laughed at by the greater mass of the People. As it is interesting to see how the distribution of Naval Power would be in case complications should arise in the East I have made a rough and approximate calculation, which has takeri the form of a table, which I submit to you. The numbers are not you. accurate as the ships are on constantly changing, but are more to serve as a general clue. The vessels nearing completion are counted as available, and the oldest ones as well as smaller ones are omitted. The review went off very well and the V. Corps was as good as when you saw it near Görlitz. Everybody was glad to welcome your officers and the Governer General Tschertkoff. I am most grateful you allowed them to come and am quite charmed with the whole bearing of the fine old soldier, who has shown himself exactly as you described him to me. I have given him the Black Eagle to show how I appreciate his visit. He as well as all your officers — who made an excellent impression on me — were deeply afflicted and of course we all too including my wife, at the mishap of Alix; God grant she may soon recover, and that she may feel no ill effects. With Victoria's and my best love to you both I remain your most devoted friend and cousin V/illy, Ad. of Atlantic. 32! XXVII Berlin, 14. I. 1903 Dearcst Nicky, These lines will be represented to you by vay boy. My sistere generally call him "Billy no. 2" or "little Willy" to discern him from his father. I place him under your kind protection and hope you will be satlsf ied^ with his manners; he is still very young and only beginning to form himself, so that should he make any "bevues" you will kindly overlook them. Besides these lines he is the bearer of a number of Xmas presents for you which I was unable to send earlier. i. A large Model of our new (H.) class of battleships, which you said at Reval would please you to accept. Schimmelmann is able at any moment to explain it to you. 2. A watercolour representing the history of the forms and colourings of our Regimental colours and Standards since the time of the Great Elector down to my time. The first half is from the Elector to 1806, the second to 1900. 3. The whole of the Uniforms, arms, cuirasse and accoutrements belonging to your new Cuirassier Regiment, which I hope will fit you. They are in charge of my old Kammerdiener you saw at Reval "Father" Schultz. He is to instruct your "man" how to put on the different things. 4. Some brochures and Magazines which I thought might perhaps interest you in your hours of leisure. With respect to the colours of our army I have a request to make to you. On the first (Electoral Table) there are the first colours which belonged to the Regiment of Guards of the First King glven aftej his coronatlon as Frederick I. Blue with gold flames, crowus and eagles, and white with black Eagle and gold crowns. These colours had been kept in our Arsenal until in the 7 years' war, they were carried off from there by the Russian troops that occupied Berlin, with many other things out of the Arsenal. We are now with great care and difficulty rewriting the history of our colours and I would be so thankful if you kindly 329 - would allow them to be copied In aquarell or oil so that we may be able to have an authentic likeness of thqm, as they are in Petersburg. Trusting that all will come off Avell and enxying my boy the pleasure of seeing you I remain Ever your most aff^^« friend and cousin "Billy" no. i. XXVIII Neues Palais, 19. XI. 1903 'Dearest Nicky, It is impossible for me to pass over the sudden and tragic death of that sweet little sunshine, without sending you just a word to teil you, how deeply I feel for you all in this sad affair. . It is really very difficult to realise the fact; that this darling child is no more among us! How joyous and merry she was that day at Wolfsgarten when I was there, so füll of life and fun and health, and to think that one shall never see her again in this world ! What a terrible heartrending blow for poor Ernie, who doated and adored that little enchantress! May Heaven give him power to bear up under such a blow. I am still under the charm of the two days I was able to spend with you and they remain a delightful Souvenir for me. You remember our conversatic^n about the Balkans and Turkey, and my later telegram with my instructions to my Ambassador to give the Sultan an energetic lecture that it was hightime for him to at last conform himself to the "Mürz- steg Programme" ? Well these instructions have led to a con- versation between my Ambassador and the Sultan a few days ago, which took an hour and three quarters. The Sultan was very tough; and decidedly in the idea, that a refusal to comply with the wishes of Russo-Austria backed by me, would bring no great härm to him! The Ambassador had to make use of every power of expression feasible for him versus a Monarch, to bring the gravity of the Situation home to His Majesty, and left hirn "a sadder but a wiser man" after he had made it quite clear to him that on no account whatever would I raise a hand in his support or speak a Word for him, should he involve himself and his country into serious consequences, by refusing to fullfil the wishes of H. M, the Russian and the Austrian Emperors, who had shown almost angelic patience and forbearance with his bearing, and who strictly adhered to the February and Mürzsteg Programm backed up by me. The Ambassador is under the impression that very animated intrigues are going on in the Palace among a band of organs of very shady nature who Surround the Sultan and with incredible Hes managed to abuse of his creduHty and to keep away the Grand Visier, whose influenae is feared by them, and who is perfectly in harmony and loyally "d'accord" with our 3 ambassadors. Another interesting piece of news reached me from Sofia. The Prince Minister of the "Archplotter" in a conversation after dinner, gave utterance of his and his country's extreme dissatisfaction at the Mürzsteg Programme! That it was not enough for them, and that they must insist on getting more. But as he was quite sure that the Imperial Powers would not grant more, they all in Bulgaria turned to Italy, England and France! From these countries alone hope was forthcoming for the future of Bulgaria and Macedonia; alone they would bring "freedom" — i. e. Par- liaments and Republics — for the suppressed Balkan Races! This shows you again what I hinted at in our conversation, that the "Crimean Combination" is forming and working against Russian interests in the East. "The democratic countries governed by parliamentary majorities, against the Imperial Monarchies." History always will repeat itself. With best love to Alix and hopes for her speedy recovery I remain Ever Your true and devoted friend and cousin Willy. 331 XXIX Neue» Palais, 4. XII. 1903 Dearest Nicky, Enclosed I send you some interesting materlal for your amuse- ment. Articles about politics, about naval matters, a description of f oods in Petersburg — which I do not know whether it is right — and an illustration magazine about the last manoeuvres. Perhaps you will find topics which will remind you of cur last conversation, and show how the development of events is looked upon in Europa, perhaps sometimes different from the aspect at Petersburg. If they are old news I beg your pardon, but as you said at Wolfs- garten, it did not matter, provided it were news relating to the interests common to the surety of our 2 nations I venture to submit them to you ; they come from cuttings from quite different sources and papers. How glad I am that Alix is all right again and free from that abominable pain! The shooting results are very fine and I wish you "Weidmannsheil" with all my heart. I sent Gen.-Adjut. v. Loewenfeld to London to give the long Service cross (25 years) to uncle Arthur and in the same time to reconnoitre the frame of mind and the flow of public opinion about the Eastem question. His mother is an English Lady so he speaks it very well. What he saw and heard I shall let you know. The Officers in Command of my troops in China have been for a long time already ordered closely to survey the intercourae between Japs and Chinese Military and the growing influence of Japan with the Chinese Army, 2 days ago I got a report that the Japs are clandestinely arming the Chinese behind your and my backs against us. That they have concluded a secret Engagement with China to provide the army with 20 000 new repeating Rifles and ammunition, 40 field guns, and 12 Mountain guns (rapid firing) with ammunition to be there tili next summer. The Chinese troops are drilling day and night and, as the people who watched them for instance at Pao-ting-fu saw, remarkably well! Commanded by Jap instruction officers, whose numbers are steadily increasing! Nice business! I believe the Chinese might not to be allowed to have Japs in their Army! They are sure to rouse Chinese hopes and inflame their hatred against the White Race in general and constitute a grave danger to your rear m case you would have to face a Jap. adventure on the Seashore. Begging your pardon for my liberty I have taken, I hope the Admiral of the Pacific will not be angry with the Admiral of the Atlantic's signals, who is always on the look out! Ta, ta, best love to Alix from Your devoted friend and cousin toujours en vedette! Willy. XXX Berlin, 3. I. 1904 Dearest Nicky, These lines are meant to reach you on your Xmas Eve and will I hope find you well and happy with Alix well again at your side and the merry little Company romping around you in the glimmer of the light of the Xmas tree. I once more wish you every blessing of Heaven on all your ways, may your precious life be spared to US all as well as of all those dear to you. May your plans meet with füll success: if in peaceful ways, softly as a rippling brook; if by the decision of the arms may they be victorious and your Standard» wave enwreathed with fresh laureis. Many thanks for your kind letter from December 2otli which is a new testimonial of your confidence so precious to me. We only shall have to be careful lest the scheme, so auspiciously started, should get wrecked on 8ome question of detail. When I parted from your dear old Grand- father the King I was under the impression that the subject 333 occupied his mind, and that he was meditating, in order to find the form best suited to the requirements of his country. As base for our conversation, I used some Danish Newspaper Articles about Danish neutrality. As their comments appear to have attracted a good deal of attention in Denmark, I enclose a short extract of them, which may serve as help to show you the nature of the difficulties that the King seemed to foresee and to apprehend f rom his people at home. Hence it becomes evident that the King, as the party most concerned in the issue of the question, is doubtless first of all entitled to an expression of his views, and to have them worded and drawn up by somebody possessing his absolute con- fidence. It therefore Struck me as the next stop to be taken in this matter would be the best, if you were to write to your grandfather to submit the proposals to us as soon as they have attained a form acceptable to him, and that \ve look forward to his giving us the füll scope of his ideas concerning the question of the Danish neu- trality. Considering the bygone days of 64 it is clear that the Danes still look a little askance at us, and therefore they will view a proposal relating to their destiny with more favour if it comes from you, who are so nearly related to their King, and who are the son of a Princess passionately adored by them. I send you enclosed some interesting articles. One about our Navy and Rus- sias Policy form the 19^^ Century; one about your commercial Fleet. 2 English Paper cuttings from a penny Newspaper which is daily read by thousands in the streets of London and elsewhere in England. It is to show you with what stuff and in what a tone this Press is feeding its readers for many weeks already, and how they are blowing at the flames where they can. To us here on the Continent this hypocrisy and hatred is utterly odious and in- comprehensible. Everybody here understands perfectly that Russia following the laws of expansion must try to get at the Sea for an iceless outlet for its commerce. By this law it is entitled to a Strip of coast where such harbours are situated (Wladiw.,Port Arthur) their "Hinterland" must be in your Power so as to allow your building the Railways which are to carry the goods to the 334 portö (Mandschuria). Between thc two ports is a tongue of laiid which may — in One adversary's hand — become a new sort of Dardanelles. That is impossible for you to allow. These "Dar- danelles" (Korea) must not threaten your Communications, thereby hampering your commerce. That is already on the "Black Sea" and that is not what you want to the Far East for! Therefore it is evident to every unbiassed mind that Korea must and will be Russian. When and how that is nobody's affair and concerns only you and your country. That is the opinion of our People here at home and therefore there is no excitemen,t or "emballement" orwarrumors oranything ofthat sort /6^r^. They are sure and that Korea will once be yours is a foregone coriclusion here like the üccupation of Mandschuria, hence nobody trouble themselvcs about it here! The new years cards will amuse you, they were taken at your arrival at Wiesbaden! a little souvenir of the happy days. A happy new Year and Weidmannsheil also for "Big game" from your dcvoted cousin and friend Willy. XXXI Neues Palais, 9. I. 1904 Dearest Nicky, Only a line to teil you how niy thoughts are occupied with you in this serious time, May God grant that everthing will come off smoothly and that the Japs may listen to reason; notwithstanding the frantic efforts of the vile press of a certain country. That also seems to have money left to sink it into the Japanese mobilization abyss. I thank you for the communique you sent me officially through Osten-Sacken. It is very clear end will doubtless lead to a strengthening of Peace. I hope it will appease the feelings of the 335 impertinent war party in Japan as it will surely satisfy the rest of the Powers anxious for their commerce to whom "open door" was once promised. I send you a copy of "Marine Rundschau" with an article about "ironclad cruisers" written by L. This L is a mask under which I hide myself, for I wrote it, but nobody has a blessed notion except Tirpitz. As material for my article — written in Novem- ber — I managed to get very interesting details about "Rivadaria" and "Moreno" — now presented to Japan by England — who were then building for Argentina. These plans, which are quite "con- ftdentiar' and were submitted to me by express permission of the President of the Argentine Republic, were sent me by Amaldo. As the ships may interest you, I send you the Atlas, for your personal use. I think the ships a perfect type of "Ironclad Cruizer" because they manage to get much into a small tonnage "multum in parvo". They cost 15 Mill. francs each, which is not much. May your men not have to fight against them; it is indeed a great pity you did not buy them. The paper cutting shows you what a certain people call neutrality. Best wishes for a year of happiness and Peace and in the hopei of meeting you in it and with wärmest love to Alix. Ever Yours most affectionally Willy. P. S. Forgive me if I trouble you so often with telegrams, but at Wolfsgarten, you kindly said that you were thankful for any news worth while which I was able to communicate to you; of course I rely on your secrecy^ as they are only for you. Admiral of Atlantic. 336 XXXII Dearest Nicky, The answer to your kind letter of congratulatlon for my birthday which made me so happy, was already begun, when the events occurred which led to the war between you and Japan. I thought it better to wait for some sort of communication from you, in case I should be able to answer you. The outbreak of hostilities has had sad consequences for your brave Navy, which have deeply moved me ! How could it be otherwise seeing that I am Russian Admiral and proud of this rank too ! Evidently the serious events show that the warning news I could send you through my ciphers were absolutely correct, and that since long the Japanese Government were in bitter earnest and decided to have war. Part of the ships at Port Arthur are known to me by my inspections, and also their officers and crew and my heart is füll of sympathy for the poor families stricken by the loss of many of their number. I can well imagine how sore at heart you must feel that all your pains to secure peace were of no avail. But on the other hand this gives you a good conscience and a clear one too, which allows a man — as I often say — to march to the fray without knapsack or impediments. It seems that Heaven — on whose help and will we both rely — has willed that it should be so! Then you must look upon the events in the light of a Trial for yourself and your country, which is to enable you and them to show and develop all the great qualities which are dormant in the Russians, which they already once proved in the great times of the first years of the iQth Century! It is my wish that — subject to your kind approval — if possible a' Prince of my house should accompany your troops as spectator to learn the art of war. I would choose the Prince Fr. Leopold, my brother in-law, who is burning to go and speak Russian. Perhaps you will kindly let me know whether my application can be granted. 337 You mäy rest assured that day and night my thoughts are occu- pled with you all! I send this letter through Schenk — your Colonel — who is to offer you the "Grenadier Cap" which the Alexander Regiment begs you to accept. I pray Heaven may shield and protect you and all your family through Coming times. Wärm- est love to Alix and your mother from Ever your most devoted friend and cousin Willy. The news I gave you a month ago conceming the sale of arms to China — Yowanshi-kai — from Japan is confirmed. I managed to get a copy of the contract signed last October with the Firm of Okwa and Comp, in Japan. i) i^ooonew Jap. Inftry Rifles (Meyji) with cartridge boxes etc. 22 taels each and 7 mill. cartridges to be delivered at Tientsin April next. 2) 48 (Arisakha) field guns 7,5 at 5668 yen each. 12 (Arisakha) mountain guns 7,5 cm, 171 o yen each. 48 ammunition carts at 8 yen. 200 shell at 10 yen, 200 shrapnel at 8 yen per gun. The row steel material is boxing produced in France (Creuzot) — your Ally! — and to be finished in Japan. To be delivered at Tientsin in May next. The Vice Roy of Nanking has ordered from the same firm in September, 1903, 200 000 chests of Ammunition and Knapsacks for 70 000 Men. XXXIII Gaeta, 29. III. 1904 Dearest Nicky, You will I am sure be interested in the cruise of mine in the Mediterranean. Our voyage on the big Lloyd Steamer "König Albert" was most successful. We always had smooth water; even the Bay ol Biscay behaved like the lake at Petershof. When we 338 had some breeze or sea it was direct from aft. The big ship — she displaced between 15000 — 16 000 Tons, was most comfort- able vvithout any motion, no Vibration from the engines, was vcry well kept, and splendidly handled by her first rate Captain. The kitchen was excellent, the Company very merry. What a pity you could not be there, how you would have enjoyed it all! The Spanish coast is very fine but without Vegetation. Vigo a grand bay with room for all the fleets of the world. British fleets visit there every month; Henry was there last year with our Squadron. The Straits are imposing, but Gibraltar is simply overwhelming! It is the grandest thing 1 ever saw. VVords are utterly inadequate to give the slightest idea of what it is. Grand in its nature and by the military Power, that is stored on and around this mighty Rock. In mihtary circles I found much interest in the war but , no preparations for it and no animosity against Russia. Port Mahon is a quiet and the cleanest Spanish town, with a pretty land locked harbour. Something like Malta en miniature. Naples is too lovely and bewitching; summer climate, lots of flowers carnations especially, orange trees füll of oranges! The King was well and much interested with the war which he is accurately studying. He mentioned that he has news of the mobilisation of the Turkestan and Caucasian Troops, who were already moving. I Said I thought it most unlikely, and that I had never heard a Word about it. I quieted him about the Balkans, which always have, it^seems, a great attraction for him and said that nothing would happen there. The great Empires being resolved not to stand anything from anybody. By the by I see from the papers, that our Treaty of Commerce seems to have come to a deadlock. I fancy the Geheim-Räthe and Tschinowniks are gone off to a sweet slumber, after having spoiled a lot of ink, more than is good in fact. I would give anything to see it, what a lark it would be if you suddenly were to thump your Imperial fist on the "Table of green cloth" and give the lazy ones a jump! After all one cannot wait for ever considering the many months that have already been wasted. A promise of a nice pic-nic in Siberia will I am sure do 339 wonders. Perhaps it would tend to quicken the pace of affaire if you were to send some person of importance to Berlin straight to Bülow to finish the game off with him personally ; a man of first rate capacity and well versed, in such matters; that would do much good. To-morrow we leave for Sicily-Messina, where we shall spend Easter week. Good bye dearest Nicky. God bless you and be with you through all the important times, you know how my thoughts are new with you. Best love to Alix from your affectionate cousin and friend Willy. XXXIV Berlin, 6. VI. 1904 Dearest Nicky, Your kind letter which Kroupensky delivered to me two days ago has greatly touched me. In these days which are of course trying to you, your army and the country, it is doubly kind of you to give up so much time to me, but on the other band it being so, I feit the more proud as I may infer from this fact that you count upon me as your real friend as you rightly express it. So it is! And I can assure you that nobody follows all the phases of the war with greater interest and assiduity than I do. Your remark about Kouropatkin was a perfect revelation to me! — I am most astonished of his shortsightedness in not implicitly obeying your commands. He ought all the more to have followed your councels, as you had been to Japan yourself, and therefore were a much more competent judge of the Japs than him. Your war- nings were quite right and have been fully borne out by the facts. I only hope to goodness the General wont jeopardise the final success of your Forces by rashly exposing them to an "echec" before the whole of his reserves have joined him, which are as I believe still partly on the way. The old proverb of Napoleon I still holds good "la victoire est avec les gros Bataillons"; one can never be too strong for the battle; especially respecting the artillery: an absolute superiority must undoubtedly be established to ensure victory. I had an interesting conversation about the war with the French milit.-Attache, who, on my remarks that I thought it most asto- nishlng that the French as your "Allies" did not send their Fleet down to keep Port Arthur open tili your Baltic Fleet had arrived, answered that it was true, but that they had to reckon with other Powers. After many hints and allusions I found out — what I always feared — that the Anglo-French agreement had the one main effect, viz. to stop the French from helping you! Il va sans dire, that if France had been under the Obligation of helping you with her Fleet or Army I would of course not have budged a finger to härm her; for that would have been most illogical on the part of the Author of the Picture "Yellow Peril"! I am sure England will by times renew her efforts to make proposals to you about mediation — it is in fact the special mission of Harding as I know — , . though you have already so strongly repudiated it, and which is most presuming in the extreme on her part, seeing that the war has only just begun — she is afraid for her money, and wants to get Thibet cheaply — I shall cer- tainly try to dissuade Uncle Bertie as soon as I meet him from harrassing you with any more such proposals. Should in the course of events mediation seem advisable to yoM, it is clear that the first wish for it must come from you, and you may be sure that I shall also always be at your disposal! I may compliment you on the bravery and gallantry of your soldiers and sailors who deserve all praise and who have fought very well! I have thought over your Suggestion about the Com. Treaty and talked the matter over with the Chancellor. We have no special interest respecting the place where the negotiations should be concluded, but as you kindly offer to send Witte over here, we will welcome his arrival, and the sooner you invest him with your powers to negotiate the better for our two Countries. I have selected major Cöifnt LMBsdorf my personal aide-de-»amp, as milit. Attache, He is Instructed by me to consider himself as attached to your person solely, as it was in the days of Nicolai I and Alexander IL He is only responsible in bis reports to me personally and is for- bidden once and for all to communicate with anybody eise either Gen. Staff, or Foreign Office, or Cbancellor. So you may entrust him with any message, enquiry, letter etc. for me and make use of him in every respect as a direct link between us two. Should you like to send me one of your sulte who enjoys your füll con- fidence, I will receive him with pleasure, for I think it highly necessary during these grave events, that you should be able to quickly communicate with me "le cas ech^ant", without the lum- bering and indiscrete apparatus of Chancelleries, Embassics etc. I wonder what I am going to hear from Uncle Bertie at Kiel, at all event I shall keep you informed. Now good bye dearest Nicky, best love to Alix and your Mama and Cod protect you all, that is the sincerest wish of Ever Your most affectionate friend and cousin Willy. XXXV Dearest Nicky, What a very kind thought it was of yours to ask me to be God- father to your little boy! You can well imagine what our joy was when we read your telegram announcing bis birth! "Was lange währt, mrd gut" says an old German proverb, so may it be with the little dear one! May he grow to be a brave soldier and a wise and powerful statesman; and may God's blessing always rest on him and preserve him from all härm of body and eoul. May he always be as a ray of sunshine to you both during your life as he is now in the time of triall Henry is the bearer of these li'nes and of my sincerest and heartfelt wislies for you Alix and the boyl Accompanied by the gift of a Goblet for my little Godchild which he will I hope begin to use when he thinks that a mans thirst cannot for ever be quenched by milk only! Perhaps he may then find out for himself one day that "Ein gut Glass Branntewein soU mitternachts nicht schädlich sein" is not only a "truism", but that often "Im Wein ist Wahrheit nur allein" as the butler sings in "Undine" to be wound up by the classical word of our great Reformer Dr. Martin Luther: "Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang". These wovJd be the maxims I would try to see my Godchild educated up toü There is great sense in them and nothing can be said against them! The course of the war has been most trying to your army and navy and I deeply grieve for the loss of so many brave officers and men who feil or were drowned in doing their duty, loyally fullfilHng the oath they swore to their Emperor. May the reinfor- cements which are being sent out increase the numbers and powers of your army to such an extent that the absolute supremacy may be established also in numbers. As far as I could make out Kouropatkine has 180000 men in the field, whereas the Japs muster about 250 — 280 000. This seems a disparity still and makes your valiant General' s task a very heavy one. Should your battleships in making their last dash from Port Arthur, not be able to reach Wladiwostock on account of injuries received in the fight, their best chance is to try for Tsingtau, where they will be well looked after tili the end of the war, instead of being blown up or sunk; just as well as we will take care of "Zesarewitsch" and the Torpedoboats. May next year bring better luck when the army prepared and formed in füll strength will be able to tackle their enemy with better chance as there is for the moment; for it seems to me that Kouropatkine is still in danger of being cut off from his retreac, which he will have to fight for in the direc- tion of Mukden; God grant he may getthrough unscathed. The old saying of Napolean I still holds true "la victoire est avec les gros bataillons". 343 There Is no doubt to me you will and must win in the long run, but it will cost both money and many men; as the enemy is brave and well led and can only be beaten by overwhelming numbers and time and patience. Of course the Operations of the field army will be easier and will give better results, as soon as the Baltic fleet will have arrived on the scene, and forced the Jap. Fleet back into their ports, thus restituting the command of the sea te you, now lost by the inefficiency of the Admirals in command of the Naval Forces at Port Arthur. The command of the sea is an absolutely necessary equivalent to the final success of the land campaign of the army. As it deprives the enemy of his vast Supports, reinforcements, &c. which he can now use freely for the pouring in of reserves, ammunitions, commissariat, evacuation of wounded, &c. When the war broke out in February I worked out a plan of Mobilisation on my own account founded upon the number of Jap. Divisions oft ist üne. These being lo — 12 Div., it gives 20 Russ. Div. to search absolute supremacy over them that means jo army corps, of these 4 Siberian corps may be deducted as being on the spot forming the Manchourian Army, it leaves 6 corps to be sent from Russia. They would be formed in 2 armies of 3 corps each served by a cavalry corps of 8 brigades with 4 mounted batteries per army. That was what I expected would be sent out and what would be sufficient to win with, leaving the Manchourian Army as a sort of advanced Guard to mask the arrival of the Russian Corps at their base and their formation and dislocation as an Army. I did not^enture to write^'you my ideas as it is not my business to meddle with your affairs and I was afraid of your telling me to mind my o\vn business, as you know better what Russia requires. But at this moment the first stage of the cam- paign being practically over I thought it might be of interest to you. With best love to Alix and the "sunray" I remain Eve? Your most dev'oted and affectionate friend and co^isin \Villy. 344 XXXVI Hubertushöhe, lo. X. 1904 Dearest Nicky, In Order not to lose time I at once telegraphed you after having Seen Shebeko. I am much touched by all the kind messages you sent me through him and I see by them that your faith in my loyal ty Is unshaken. It will indeed simplify matters vastly, now that Alexejew has becn recallcd. One General who has the ab- solute command and control of all the troops in Manschouria will I am sure answer better to all the requirements of the war. Kouropatkine is it seems populär with his troops, and they place füll faith in him; that is the point the most vital for final success. — Shebeko informed me of your Intention to send the Black sea Fleet out also in conjunction with the Baltic Fleet, and asked me to express my opinion about this plan to be executed. It is a sound military idea and will ensure victory. As to the best manner of proceeding, I have, after ripely maturing the question and after having taken information, come to the following con- clusion. The best plan would be to silently and quietly prepare the Fleet for its destination, not to breathe a word about your intention to anybody and any other Power. Then at the moment you think right, calmly and proudly steam^ through the Darda- nells. The Sultan — as we both know for certain — will not offer the shadow of resistance and once you are out, we all shall be vis ä vis of a "fait accompli**, which we all shall quietly accept. I have not the slightest doubt that England will accept it too though the Press may fume and rage and their Squadrons steam about a little as they often do in the Mediterranean. But they wont stir in eamest when they see that the rest of the Powers remain quiet. The main point is, that it must happen quite suddenly and unawares and take the whole world by surprise, without lettlng the secret out beforehand. With your approvBl 345 I shall sign an order appointing Lamsdorf to your suite attached to your person and you will kindly do the same with Shebeko. Best love to Alix Ever yours aff^te i Willy. XXXVII Neues Palais, 30. X. 1904 My dear Nicky, Your kind telegram has given me the pleasure to f eel that I was able to be of some use to you in a serious moment. I have at oncc communicated with the Chancellor and we both have secretly — without informing any other person — dra^n up the 3 Articles of the Treaty you wished. Be it as you say. Let US stand together. Of course the alliance would be purely defen- sive, exclusively directed agalnst European agressor or agressors, in the form of a mutual fire insurance Company against incen- diarism. It is very essential that America shöuld not feel threatened by our agreement. Roosevelt, as I know, owing to the innate American dislike to all coloured races, has no special partiality for Japan although England does her utmost to work upon Ameri- can feeling in favour of the Japanese. Besides the Americans have a clear perception of the indisputable fact that a powerful Japa- nese Empire is a lasting danger to the American Philippines. As for France we both know that the Radicals and antichristian parties, which for the moment are the strenger ones, incline towards England, old Crimean traditions, but are opposed to war, because a victorious General would mean certain destruction to this Republic of miserable civilians. The nationalist or clerical party disHkes England and has sympathies for Russia, but does not dream of throwing in its iot with Russia in the present war. Between these two parties the Republican Government will remain neutral and do nothing, England counts upon this neutrality and upon the consequent Isolation of Russia. I posl- tively know that as far back as December last the French Minister of Finance, Rouvier frora bis own accord told the Financc Agent of another Power, that on no account whatever would France join you in a Russo-Japanese war, even if England should take sides with Japan. To make these Republicans doubly sure, England has handed Marocco over to France. The absolute certainty that France intends to remain neutral and even to lend her diplomatic support to England is the motive which gives English policy its present unwonted brutal assurance. This unheard of State of things will change for the better as soon as France finds herseif face to face with the necessity of choosing sides and openly declaring herseif for Petersburg or London. As I said before the Radicals who gravitate to England abhor war and militarism whereas the Nationa- lists whilc not objecting to war itself, wont fight for England nor against Russia. Thus it evidently lies in the interest of both parties to bring pressure to bear on and warn England to keep the peace. If you and I stand Shoulder to Shoulder the main result will be that France must epenly and formally join us both thereby at last fulfilling her treaty obligations towards Russia which are of highest value to US, especially with respect to her fine harbours and good fleet, which would thereby be at our disposal too. This you may rest assured will put an end to made up grievances about so called breaches of neutrality. This consummation once reached I ex- pect to be able to maintain Peace and you will be left free and undisturbed band to deal with Japan. May I add that I sincerely admire your masterful polltical instinct which caused you to refer the North Sea incident to the Hague Tribunal. For just this systematically distorted incident has been used by the French Radicals, Clemenceau and all the rest of the tag-rag and bobtail as a further argument againrt the necessity of France's fullfilling her Treaty obligations towards Russia. Of course before we can take any Steps in this question and approach France that tiresome North Sea incident must first have been brought to a close. For 347 me I am informed Delcassee and Cambon have already adopted the British view of this incident and accordingly fixed tbe attitude of the French Government in a friendly way for England. Should we therefore on this question bring pressure to bear on France, she would no doubt choose the British side, just what we dont want her to do. "II faut que l'incident de la Mer Noire soit clos" first, then only after that our action may begin. I herewith enclose the draft of the articles of the Treaty as wished, may it meet with your approval, nobody knows anything about it, not even my foreign office; the work was done by Bülow and me personally. "Möge Gottes Segen ruhen auf dem Vor- haben der beiden hohen Herrscher und die mächtige dreifache Gruppe Rußland, Deutschland, Frankreich für immer Europa den Frieden bewahren helfen, das walte Gott", those were bis words when we had finished. I send to Suwalki in order to salute you on nearing our frontier General der Infanterie v. d. Goltz and Oberpräsident von Ost- preußen von Moltke. The former commands the i. army corps, after having been chief of our Engineering corps; which post he filled after his return from Turkey, where he spent many years in the fruitless attempts at reorganisation. The latter is Governor of Eastern Prussia, a nephew of the old Field Marshai and brother of my Gen.-Adjudant, who commanded your Grena- diers and was often kindly received by you, when he came in special mission. With best love to Alix I remain cver your aff^te cousin and friend Willy. XXXVIII Vgl. oben S. 135, 348 XXXIX Neues Palais, 17. XL 1904 Dearest Nicky, Your kind letter shows once more that the localisation of the actual war and the avoidance of a European war are the guiding principle of our mutual exertions. I take the liberty of abusing of your kind permission in our mutual interest to propose two changes; one is to modify my proposal, the other the final clause of yours. It may be possible that the sentence "Afin de localiser la guerre Russo-Japonaise" if through the publication officially or by in- discretion secretly the Contents of the treaty became known, could be interpreted by other Powers as meaning that the treaty was valid only in case England went to war as Ally of Japan, i. e. directed as menace of frovocation meaning solely against her. In reality and practically it is so: but "Toute verite n'est pas bonne ä dire". We now see the British Public opinion in a State of nervousness nearly bordering on lunacy, of which it has just given US all some delightful proofs. It would in this mood look upon this treaty as a direct provocation and straightaway urge on the final catastrophe we both are trying to avoid or to postpone at least. Therefore I suggest a sentence used by yourself "afin d'assurer le maintien de la Paix en Europe", which could answer perfectly to our purpose and can on no account be looked upon as a frovocation. We only think of ourselves and refrain from pointing with fingers at anybody (which besides is looked upon as a want of manners in society). Nobody — with a clean conscience n. b. — has any right to feel annoyed at such a treaty and it will be very difficult for the irate Jingoes in England to turn its conclusion into a "causa belli". This change in the wording of the treaty, to my belief, neces- sitates a certain limitation of time. Either a short one with an abrogative limit, at any moment of year, or if you like it better a 349 longer term. The Prolongation would in case — as I fervently hope, the treaty meets the wishes of and proves a boon to the two nations — go on quite by itself automatically. This can be arranged exactly as you like it. The next change refers to the newly added final clause of the treaty. It must be born in mind that should you for instance wish the treaty to remain unpublished, indiscretions are possible — walls have ears and diplomatists tongues that will wag — under such circumstances the meaning put upon this sentence would be that I had precisely bound myself to he!p you to defcnd the Conquests of Russia which would tend to immediately replace Article I in a purely aggresive light. This would lead the whole political World to infer that we had — instead of concluding la Defensive Alliance — formed a sort of chartcred Company limited for Annexation purposes, possibly involving secret clauses for the private benefit of Germany. The general mistrust ensuing would gravely imperil our mutual Situation, because America would immediately join England — which on no account must be allowed — acting under the suspicion that Russia and Ger- many were on the move for aggressive Operations to further selfish ends. But it will just be the main task of Russian and German diplomatists to stop America joining England. Should the Treaty become known cither by official publication or indiscretions, Bülow — in answering questions in Parliament — must be able to declare, that no secret clauses exist able to barm the defensive nature of the treaty or assuring Germany — au detriment des autres — anything eise beyond the help in the Defence of the Peace of Europe, if it were cndangered by anybody eise. This is why I submit a different wording of the sentence. The ruling idea in it is the continuous polemic of the Russian Press in the last months against a Peace- Congress for mediation, like in 1878 of which your papers are afraid that it may be summoned together again — and signs there are that some Powers are already working in that direction, especially Paris and London — and which would do everything in its power to bring the victors and vanquished to one and the same level and try to rob the former of their con- quests and advantages as in 1878. Besides this sentence in its new form excludes all possibilities once for all for Germany ever being a party to such a Peace Congress, and at the same time robs all evilwishers and critics of the opportunity to suggest that we have any goal in view but that of preserving Peace without provocation. These are my two proposals I venture to submit to your kind approval, which I hope may be accö^rded to them, intending by them to avoid letting England take an active part in this war, and if possible to hinder America from joining her. I dont know whether you think it necessary to communicate the secret Clause (III) to France? It is quite as you like, but I believe that the other articles will retain her from turning aside. Delcasse 1 am sure will immediately find out the Anti-Congress tendency in the sense, and considering that he has already opened negotiations between London and Paris and with other Powers for the summoning of a Peace Congress for Mediation, he will be pleased in a certain difficulty having a suddenly break off his negociations already "entamees". Doubtless the French would much prefer any other grouping of Powers to that of the Alliance ä trois as in 1895, but the Russo-German Treaty once a fact our combined powers will enact a strong attraction on France, which .you have already foreseen in your telegram of October 29 th when you say "After the arrangement is accepted by us, France is bound to join." Of course it will be the work of your diplomacy to make the necessary arrangements with France, Germany in the meantime remaining silently Standing behind you. The Democratic Civitians and Freemasons Delcasse, Combes & Cie. have as much to fear from victory as from rout, and the moment they are aware that France would be unable to remain neutral and under the necessity of choosing sides, they will do all within their power to restrain England from going to war. Last not least an excellent expedient to cool British insolence and over- bearing would be to make some military demonstrations on the Persic-Afghan frontier, where the British thinks you powerless to appear with troops dui^ng this war; even should the forces at your disposal not suffice for a real attack of India itself they would do for Persia — which has no army — and a pressure on the Indian frontier from Persia will do wonders in England and have remarkably quieting influenae on the hot headed Jingoes in London. For I am aware and informed that this is the only thing they are afraid of and that the fear of your entry into India from Turkestan and into Afghanistan from Persia was the real and only cause that the guns of Gibraltar and of the British Fleet remained silent 3 weeks ago! The Indian frontier and Afghanistan are the only part of the Globic where the whole of her Battle- fleets are of no avail to England and where their guns are power- less to meet the invader. India's loss is the death stroke to Great Britain! This is how I hope that our treaty will fullfill its tas ksto pre- serve the Peace of Europe. Should the revised draft and the motives submitted meet with your approval the signing can be done immediately. I expect that Lambsdorff will receive your commands for the drawing up of formalities. God grant that we may have found the right way to hem in the horrors of war and give his blessing in our plans. Believe me dearest Nicky, with best love to Alix Ever your most affate cousin and friend Willy. XL Vgl. üben S. 146. 352 XLI Berlin, 7. XII. 1904 Dearest Nicky, Tlie British Government, as you will have seen in the English press, seems to think the actual moment opportune for an action against the provisioning of your Baltic fleet with coal. Under pretext that it is its duty to maintain strictest neutrality it has jorbidden the German vessels belonging or chartered by the Ham- burg- American- Line to leave British ports. My fears— I wrote to you longer ago — that this would happen have at last come true, and it is now incumbent upon me to take early Steps to fix the attitude Germany has to take up vis-ä-vis of this action. It is far from my Intention to hurry you in your ansv/er to my last remarks about your proposal about our defensive treaty. But you will I am sure be fuUy alive to the fact, that I must now have absolutely positive guarantees from you, whether you intend leaving me unaided or not in case England and Japan should declare war against me, on account of the CoaHng of the Russian Fleet by Germany. Should you be unable to absolutely guarantee me, that in such a war you will loyally flght Shoulder to Shoulder with me, then I regret to assert to be under the necessity of immediately forbidding German steamers to continue to coal your fleet. Alvensleben is under orders to at once elucidate the Coaling question with Lambsdorff. Best love to Alix. Ever your most aff^te cousin and friend Willy. 23 353 XLII Neues Palais, 21. XII. 1904 Dearest Nicky, Sincerest thanks for }our kind letter and two telegrams, as well as for your kind order regulating the coaling question, of coLirse we are iinable to-day to foresee whether the declaration given by your Government will prove sufficient to meet every kind of complication which may arise out of the present run of affairs. It is however not my Intention to press upon you any Solution which might appear undesirable to you. We shall under all circumstances remain true and loyal friends. My opinion about the agreement is still the same; it is impossible to take France into our confidence before wo two have come to a definite arrange- ment. Loubet and Delcasse are no doubt experienced statesmen. But they not being Princes or Emperors I am unable to place them — in a question of confidence like this one — on the same . footing as you my equal, my cousin and friend. Should you therefore think it imperative to acquaint the French Government with our negotiations before we have arrived at definite settlement, I consider it better for all parties concerned to continue in our present condition of mutual independence, and of the spontaneous promotion of each others ends as far as the Situation will permit. I firmly trust and believe that the hopes of our being useful to each other may be realised not only during the war, but also after it during the Peace negotiations, for our interests in the Far Fast are identical in more than onerespect. I wish you and Alix with all my heart a merry Xmas and a happy New Year, and may the Lords Blessing be on you all not forgetting the boy. With sincerest love to Alix believe me dearest Nicky Ever your most affat^ and devoted cousin and friend Willy. 354 XLIII Berlin, 2. I. 1905 Dearest Nicky, Best thanks for your kind letter and New Years cards which are well executed. The Cossack charge is most effective, and one cannot help thinking what might have happened if at Liao- Yang General Samsonoff had ridden a charge like that with his 17,000 sabres and lances against the Japan left wing. The news of the fall of Port Arthur received here yesterday evening created a very great Sensation. We all here feel deepest sympathy for the valiant Generals and the brave diminishing band of heroes under their Orders who strove to the utmost and last to fulfil their duty towards their Emperor and their country; their defence of Port Arthur will become proverbial for all ages, and be upheld as an example to be emulated as long as a soldier will exist, honour to them for ever! The imminence of the fall of the doomed fortress had for some time already set the diplomatical tongues wagging in the different capitals of the world; many and different were the rumours and news of armistices and peace arrange- ments which reached me from everywhere. It being rather diffi- cult to discern truth from invention of phantasy, I hope you wont fancy that I intrude upon your privacy, when I address myself to you to beg you to teil me what your plans for the futurc are, so that, if possible I may make myself useful to you, and be enabled to shape my course of my policy. The more so as Lambs- dorff told Alvensleben the other day "Que la France connait dejä nos conditions". Now, I prefer being informed by yourself directly, instead in a round about way through other agencies, as I have firmly stood to you and your country from the first as your faithful friend! After a long spell of unusually warm and foggy weather which enabled us to ride up to Xmas nearly, a very heavy gale suddenly burst upon us followed by sharp frost and snow, and winter seems to have set in earnest, this makes me ^3* 355 thlnk of the conditions of life through which the Armies in Man- churia have to go now, remalning statlonary for so long time as the months gone bye. I am so glad that you rewarded the bravery of my Regiment, which has greatly distinguished itself on the Sha-ho by so many decorations, I hope they also got a good number of St. Georges crosses. Now that the programme for the renewal of your fleet has been published I hope you wont forget to remlnd your authorities to remember our great firms at Stettin, Kiel etc.; they will I am sure furnish fine spccimens of line of battle ships. I am so glad that Ernie has again become engaged and I will go to his wedding beginning of next month. I hope you will kindly accept the two vases for Xmas, which come from our Royal Porcelain Factory, they are a symbol of my wärmest wishes for you and your family and country for the Coming year in which God may preserve you all; believe me ever your most affä*« Cousin and friend Willy. XLIV Berlin, 15. I. 1905 Dearest Nicky, The widow of old Prince Antoine Radziwill, Princess Marie, is going to Petersburg to beg for your approval of her late husband's will. Prince Antoine was not only a cherished and trusted servant of my deceased grandfather as his Adjutant and Adjutant General, but also a faithful and beloved personal friend to him as well as to my late beloved father and to me. His winning ways and his gay nature as well as his chivalrous character won him friends whereever he was, and your Grandfather and father have both always cherished him. His wife was the intimate long-life friend of my late mother, 356 and has been made testatrix by her husband for his will. The whole future of her children and family rests on the fact pf your kind approval of the will, and I venture to plead her cause to you and to beg that you will bestow your kindness on her, as she is very sad and broken down by her loss; this she feels the more as her eldest son is an hopeless idiot in an Asylum, so that she must look after her Grandchildren too. — Your Ambassador Osten- Sacken is in great anxiety on account of his poor old wife. She has had a very serious Operation made in her back — without having been able to use chlproform — and is unable to lie down but must spend her nights sitting in a chair and suffering terrible pain, so that considering her age of 84, her life is feared for. Poor old man, the suspense is very telling upon him, and I am afraid that should she die, he will not be able to work as well as formerly and perhaps think of retiring. Should a change once take place at your Embassy here, I would venture quite privately, to ask you to send Isvolsky here. He is one of the best men in yourforeign Ser- vice, and an intimate friend of long Standing of Count Bülow's, vvho would be overpleased at having him here, as they formerly served together as diplomatists, and as he cherished Isvolsky much. — Lastly may I once more remind you of your kind promise, twice given, and twice put off, that my brother in law Fredric Leopold cöuld be allowed to join your army. The last time in July all was arranged and ready, when he was put off, which placed him in a very difficult position vis ä vis to our army and officers, he being as we say "blamirt", especially so, when Charles Hohen- zoUern left for Japan, which was done^ because we thought Fr. Leopold would leave for Mukden too. Now the people point at Fr. Leopold and the poor fellow is awfully crestf allen; he has bought lots of clothes and things and made every sort of prepa- rations and even learnt your language and will in no way be of any hindrance to your generals, as he is a quiet man; as the army is large and powerful I thiftk that it does not matter if he goes, so I venture again to ask whether you can permit him to gor 357 With excuses for bothering you with all these matters, but they are better arranged between ourselves and best love to Alix I remain Ever your most aff^^e cousin and friend Willy. XLV Berlin, 6. II. 1905 Dearest Nicky, Your kind letter reached me on the morning of my birthday so early that your wishes were the first I received. Please accept my wärmest thanks for them and God grant theymaybe fulfilled! Your letter reached me in a moment of dire anxiety, for just then my poor boy was seriously ill and it was then a matter of life and death! The whole following week was a terrible trial and my poor wffe suifered agonies watching near the bedside of the patient; thanks be to God that he heard our prayers and saved our boys life! My brother in law is deeply grateful for your kind permission accorded to him that he may at last Start for the front. On his way out he is to report himself to you and give you these lines. His entourage has been limited as you %A'ished and he is instructed to keep quite in the background, so as to in no way hamper the Commander in Chief, and he begs that the latter may take no undue notice of him, and not to forget that he is a simple spectator who wants to learn the art of war earnestly. You have been through serious troubles from the effervescence and agitation among the lower classes, I am glad your soldiers showed themselves reliable and true to their sermon to their Emperor. The reception of the deputation of workmen — who seem to have been ill advised and partially goaded into striking by agitators — made a good impression everywhere, as it showed them that they could see in the face their "Väterchen" if they asked for 358 this honour in due form ! Many and most vague are the plans for reforrn in your country — as far as I can make out — but the most sensible and best adapted to its people and their customs, seems to my humble notion, the formation of a body of men chosen from the best and ablest heads in the different"Zemstvos". This body would be attached to the "Imperial Council" and to it could be given any question of importance having a vital Interest for the whole of Russia to be worked out and prepared for the "Imperial Council" ; also men well versed with the special' theme under discussion, could be called upon to give their advice, being chosen from every part of the people ad hoc. And the comble would be if you from time to time presided yourself so as to be able to hear as many different men as possible, in order to be able to form a correct judgement on the question before them. Just like I did in 1890, when I called in the great Comittes for the elaboration of the "Social Laws" for the working classes, after the great Strike — and which I presided for weeks. In this manner the body would be able to provide the "Imperial Council" with every Information it wants, enabling you in the same time to remain in touch with the great bulk of the lower classes; thereby ensuring to the latter every means to make themselves heard in matters appertaining to their welfare and thus forming a direct canal of communication between the simple folk and their "Emperor and Father". Besides you would be able — on account of your own Information — to keep good watch and control on your "Imperial Council" and the "Comittes of Ministers" to see the work by them is done as you wish and your People want; this way ensures the exe- cutive once for all to the "antocratic Czar" and not to a leading Minister with a board of helpless Colleagues blindly following his lead. On my birthday my tallest aide-de-Camp — well known to you — H. v". Plüskow — in Paris the ladies called him "Plus que haut"! — has been made Colonel of your Alexander Grenadiers; they gave the Guard of honour for my birthday "Razwod" and looked magnificent, as you will see on the endosed photos. In due 359 time — when things have calmed down and It suits you — the new Colonel will report himself to you. As I heard that Serge had mentioned that your authorltles were annoyed with Krupp for not keeping his time to furnish the batteries ordered by Russia I caused an enquiry to be made at his works and send you the copy of the report I received, sho-w-ing that there is no ground for the above mentioned complaints. Inquiries made at the offices of the Hamb. Americ. Line equally show that the rumours to the effect, that they had taken guns and ammunition out in their ships for Japan, is totally unfounded; they have not taken arms or Stores of war of any kind to or for Japan. It seems that the clouds of French and English Agents besieging the Admirality and War office — angry at our firms furnishing your Government well and better than theirs are able — are starting no ends of canards "au detriment" of the Germans; I venture to suggest they should be less believed and kicked into the Newa be- sides. The Japs have just ordered 4 Line of Battleships in England; they are to be copies of the newest type in England between 18 00c — 19 000 Tons with 25 cm. guns as medium artillery and 30 cm. guns as heavy artillery. With best wishes for a better outlook for you and your country and much love to Alix I remain ever your most aff*^ Cousin and friend WiUy. P. S. End of next month we shall take our boy to the Mediter- ranean and to Sicily. 360 XLVI Berlin, 2i. II. 1905 Dearest Nicky, Fritz Leopold has just returned with your Idnd wishes and com- piiments, deeply impressed by your extreme kindness and affability as well as by the handsome reception you gave him. How glad I am to hear from him, that you are well, calm selfcomposed and hard at werk, and that dear Alix and the children are all right. It is so much easier to work at a difficult task, when one knows, that those one loves are well. I am glad I was able to meet your wishes by send- ing Fr. Leop. to Asia by Sea! Your railways are hereby left un- hampered! What terrible tidings have come from Moscowl These beasts of anarchists have perpetrated a därk and dastardly deed. Poor Ella, what ^ fearful blöw it must have been for her, may God grant her strength and devotion to bear it! It is very hard for the fine old capital of Russia, that her walls should have been soiled by so foul a crime but surely she harbours no true Citizen drawing a breath who can approve of it! I cannot believe that these demons have risen from the ranks of your Moskovite subjects, they were probably foreigners from Geneva. For the great bulk of your people still place their faith in their "Väter- chen" the Czar and worship his hallowed person. I have gained thig conviction from my close Observation of the different phases of the movement in Russia as far as I was able from the news Com- ing directly from there and by the opinions expressed by obser- vers, or sometimes Russians, in the European Press. The Russian movement is, as you may well imagine, uppermost in all conversations and correspondence not only in Russia but also without. The whole European Press is flooded with articles about Russia, their opinions depending on the Standpoint of the Party they belong to. In this manner a — so to say — European point of view has emanated, which seems fairly correct rendering of the public opinion of Our Continent. Now I thought that it might 361 perhaps be of some interest to you — in your solitude at Tsarske — to have an idea of this European opinion, and to hear how the events in your country are judged by what one sometimes calls the "civilized World" in general. I shall therefore in the following lines try to draw a little sketch for you of the "reflected Russian picture" as seen from outside. Of course as the People outside your country are not initiated to the details of the intricate que- stions at issue in Russia they often combine or infer from an effect they see — without knowing its cause — and therefore often a wrong combination will lead to a wrong conclusion, because their ignorance of the true facts has left a breach. The foreign spec- tators are often forced to "Jump to conclusions", but we must add: "Wo die Begriffe fehlen, stellt oft ein Wort zu rechter Zeit sich ein." Therefore I must "avant tout" heg your pardon forwriting to you thlngs that you will probably since long have learned from your diplomats reports and crave your kind forbearance and forgi- veness if I — as a loyal firm and devoted friend of yours am obliged to do — also must record opinions, which may seem to you harsh, ungenerous, false or even hurt your feelings. But Russia is in the act of turnlng over a new leaf in her history, and the development shows a tendency to prepare the beginning for a certain moderni- zation. Such a process, you will agree, in a mighty nation like yours is bound to command the most widespread interest in Europe, and "comme de raison" before all in the neighbouring country. The methods to be adopted, the means which are to be used, and the men who are to do the work have a direct influence across your frontiers, upon the other nations. If I said that the "opinion" was a "European" one I must not omit the fact that many Russians who have passed through here in the last months, and all those living all over Europe — especially in Paris and France — have also contributed to lend colour to the picture; so that the facts form- ing the base for the "European opinion" mostly are supplied by France, who as "Amie et Alliee" is always the best informed about Russia. The outcome of it is this: 362 "On dit": "The Regime Mirski too suddenly allowed the Press a greater liberty than before and dropped the reins — so tightly held by Plehwe — too soon. Hence a sudden flood of unheard of articles and open letters addressed to the Ruler, a thing up to them thought impossible in Russia; some of them most insolent calcu- lated to diminish the respect for the Autocratic Rule. This oppor- tunity was seized upon by the Revolutlonary Party to get hold of the unsuspecting workpeople, to work them up into a State of ferment and to make them demand things — they were incapable of understanding — in a peremptory, disrespectful manner accom- panied by language and acts which came very near looking like revolution. This brought the working class — I am sure against their will — into direct Opposition to the Government and into conflicts with the Authorities, who had to maintain law and order. As these misguided and illinformed lads, mostly composed of men taüght to look at the Zar as their "Father" and to "tutoyer" him as such, were under the Impression that they would be able to place their wishes before him by coming before his Palace, it is suggested that it might have been practical if the Zar had re- ceived a certain number of them — drawn up in the square amld a cordon of troops — and had adressed them from the Balcony of the Winter Palace, where he would have been accompanied by the highest Clergy and the Gross and his Suite, as a "Father" speaks to his children, before the Military had to act; it were per- haps not impossible that in this manner bloodshed might have quite been avoided or at least diminished. The example of Nicolai I has been often quoted, who quelled a very serious rebellion by personally riding into their midst his child in his arms, and brought the rebels to their knees in short time. It is thought that now, as then, the person of the Zar has still an enormous hold on the simple people, and that they still bow down to his hallo wed appearance. A word from such a position and in such an "entourage" would have awed and calmed the masses and sounded far away over their heads into the farthest corner of the Realm surely defeating the agitators. These are still more or Ies9 Said to be in command of the masses because such a word has not yet been spoken by the Ruler. The agitators consequently are continuing their game on the imagination of the people in maintaining: "It is His wash, he thinks so, but you cannot hear him because of the bands of officials who manage to fence him off and keep him far away from his people". The beguiled masses follow and believe these men tili it is too late, and blood must flow. Many reforms have been begun, and new laws are being dis- cussed in batches, but curiously enough the People generally say: "This is by Witte, that is inspired by Mouravieff, that is Pobed.'s idea". But the Zar is never named for they are unaquainted with his real thoughts! Though the Comittee of Ministers or the Senate issue the Manifestoes in the Zars name yet these bodies are much too vague and mysterious to the looker on as to evoke anything like enthusiasm or interest with their acts. In ah Autocratic Re- gime, it is argued, it must be the Ruler himself who gives out the password and the programm of action in an unmistakable official way. It seems that every body is expecting something of this sort.by way of an act of will by the Zar personally. As long as this does not happen the impression at large will continue, that the announced reforms and law paragraphs are only ministerial work meant for show and to throw sand into the peoples eyes; and men will con- tinue to anxiously miss the firm band on the country's heim, guided by a master mind with a clear purpose, steering for a clearly defined goal. This State of things creates a feeling of uneasiness which in its turn evolves dissatisfaction generating "fault finding k tort et ä travers" on a grand scale even with the mildest man of the very best intentions and actuated by the sincerest and .purest of motives. In consequence the disappointed spectator — perhaps also the subjects — is more and more.prepared to throw on the Zar's Shoulders the responsibility for everything with which they are dissatisfied. In ordinary times this matters very little, and in constitutional Nations it is not so dangerous, as the Kings Ministers have to mount the breach and to defend his person. But in Russia, where the Ministers are unable to shield the sacred person of the Ruler, as they are known to be his tools simply, such troubles which fill the Russian minds with unrest and uneasiness, and which lead to the saddling of the Ruler with the odium for everything dis- agreable that happens, are a very serious danger for the Ruler and his dynasty, because they tend to make him unpopulär. Now, it is argued, that the "intelligentia" and the Society in parts are already dissatisfied, should the Zar also become "unpopulär'* with the masses the agitators might easily raise such a storm that it would be very uncertain, wether the Dynasty would be able to weather it. On one point all seem to agree in Europe as by common "con- sensus" that the Zar personally is solely responsible for the war. Its outbreak, the surprise caused by the sudden attack, the evi- dence of want of preparatlon is said to be his fault. They say that the thousands of families who have lossed their male relatives by the war or must miss them for long months lay the blood and their complaints at the Steps of the Zar's throne. It is maintained that the Reservists called out to leave their homes, do it reluctantly detesting to fight in a country whose existence they did not know of, and for a cause which is unpopulär to them. They are careworn when they think of their wife and children they Jeave behind, slowly sinking into poverty and helpless misery, they lay their ariguish and their cares at the door of the Zar's Palace wishing he had left them at home. The reports from the Foreign and Russian correspondents with the army show it fighting an uphill fight against a most redoubt- able foe. It had to begin war under very difficult circumstances. not having had time to properly prepare for the task, under the disadvantage of inferior numbers with which it was unable to stem the inrushing tide of mishaps and to meet the terrible onslaught of a foe known to have been preparing for this action durlng the last five years. For all this the Zar is thought to be responsible. Also the fearful losses of the Navy are shouldered upon him. Now the responsibility for a war is a very serious thing for a Ruler, that I know by experience from what my late Grandfather 365 told me. He a man personally of the mildest and most peaceful disposition and already in old age was called upon to wage 3 wars during his reign! And for each of them he took the füll respon- sibility. But he had a clear conscience and his people loyally and enthusiastically supported him; the whole nation rising like a man and resolved to win or die, victory or destruction, but fight to the end; he and his subjects feit that Providence was on their side, and that is as good as if victory was already won. Such wars then are easy to be borne for the Ruler because his whole people share the bürden with him. But the responsibility for an unpopulär war is quite a different matter; when the glow of flaming patriotism is unkindled and when the nation as a whole takes no willing part in it, and sullenly sends its sons to the front because the Zar so wills it, but without making his cause their own that is a fearful and heavy load to bear; whose weight can only be lightened by the pureness of motives which give the Ruler the clearness of con- science necessary to enable him to expect his subjects to fight for him even if they are unable to discern the motives themselves. These words must seem very stränge to you and I hear you ask with astonishment: "The war unpopulär! Impossible!" I can only answer that the amount of private correspondence received in France leaves no doubt that it is so. The war is very unpopulär with all classes in Russia the offi- cers not excepted especially as victories have up to now been denied to the Russian arms. The impression rests with the officers of the French Army — your Allies — that even the confidence in Kouropatkine is beginning to give way, and as if the harmony, essential to success, between the different Commanders of the Russian forces left much to be desired. If true this State of things would hamper the Operations and jeopardzie the chances for vic- tory j, and it is necessary that it should be remedied to and that soon, or the army and its discipline would suffer by it otherwise. The Solution I own is most difficult. '-:- ■ -,:•' It seems however that it is generally agreed to, that Kouro- patkine has more talents for a chief of the Staff under another 366 General as leader, than to be a leader him&elf, as he is rather slov/ and lacking somewhat in the dement called the "Offensive"; this leader is difficult to find as the Generals, senior to Kouro- patkine are mostly too old and out of the ranks since long; besides it would be doubtful, whether he would consent to such a change. On the other band bis knowledge, it is said, of the country, enemy, their mode of fighting, of the feeding and caring for the army are quite invaluable and cannot be missed from the field. The result of all this pondering is, that people begin to hint that the Zar himself might perhaps personally take over the Command in Chief, and joining his brave troops, restore their confidence, cheer them by taking his share of hardships, electrify them by his presence and preserve the Services of Kouropatkine for his troops, as he would act as Chief of the Staff to his "War Lord". As I have shown above, there is — one may say — a slowly rising sort of a tide of misinterpretation, unrest and disobedience which must evidently be stemmed and calmed down; and the European Public as well as the Russian Nation is instinctively looking toward the Zar, and expecting that he will come forth and do something grandly, a great personal act; meant to show all that he is the Avitocratic Ruler of his People and willing to allay their anxieties and pains as far as is in his power. The general expectation is very neatly put into words by someone who said: "II faut que l'Empereur fasse un grand acte pour affermir son pouvoir de nouveau, et sauvegarder sa dynastie qui est menacee, il faut qu'il paye de sa personne!" But how! After what I wrote about the war, you are perfectly at liberty to ask another question: "Why is the war unpopulär, why does it seem that I am not backed up by my whole People, why do they lack enthusiasm for the fight; we were attacked and our flag insulted, and we have to fight for its honour and our prestige ? ! !" The Foreign observers fancy there is an answer forthcoming. It is this. In former times your forefathers before they went to war used to repair to Moscow, pray in the old Churches and then assemble the Notables in the Kremlin inside, and the People outside in the courtyard and announce to them with great ccremony the necessity for the war and called upon their loval subjects to follow them to the field of battle. Such a call from the Kremlin in Moscow — which is still the real Capital of Russia — ncver failed to find a response from the Russian Nation! Such an act, such a call to arms was expected by Moscow and Russia from you since the days following the 8th of February of last year, and they then were ready to answer with enthusiasm smarting under the feil blow, which had fallen on them unawares, and the Citizens of the great Capital looked eagerly forward for your Coming: it is cven hinted that the officials had your train got ready for starting. But the Zar came not. Moscow was left to itself ; the „holy war" eagerly expected was not proclaimed, and there was no call to arms. This Moscow looked upon as a slight, and smarted under it. It has become disaffected and shows her disaffection openly, her example being followed all over Russia. The other day the remark was made "II est temps que l'Empereur remette la main sur Moscou; avec Moscou il parviendra a remettre 1' ordre* en Russie, Sans Moscou, cela sera tres difficile." Well European observers think that it could be managed, that the Zar could make the ex- pected "Grande acte" by going to Moscou and assembling the nobility and notables in his magnificent Palace speak to them; perhaps beginning with a reprimand for publishing letters and adresses sent to him, which is bad manners and must not be repeat- ed, and then proclaim the reforms he has prepared for his People as far as he thinks fit. Not the promise of a general legislative assembly, no Constituante or Convention Nationale, but a Habeas Corpus Act and wider extension of the Conseil de l'Empire. No liberty of assembly or of the Press, but strict Orders to all censors to abstain from any chicanes henceforth. Further the Zar would let the hearers know what he has decided about the army — in case he thinks it possible or necessary to go out himself — to teil them and to exhort them to abstain from all internal quarreis tili the enemy is routed. After this the Zar "entoure" by the Clergy vTith banners and cross and incense and holy Icons would go out on the balcony and read out the same speech he held before, as a 368 Manifestoe to bis assembled loyal subjects in the Court Yard below, encircled by the serried ranks of the troops "la bayonette au canon", "le sabre au poing." When you would teil them that you — in case you thought it necessary — would go to share the hardships of thelr brothers and relatives in the field, who had to go out by your command, and to checr them and rry to lead them to victory, it is argued that the People will be deeply touched and cheer you and fall on their knecs and pray for you. The Zar's popularity would be recovered and he would gain his peoplcs sym- pathy bcsides. AU persons who take an interest in the Russian events are unanimous in their opinion that "ä la longue" the Zar must not remain in perpetuum in Tsarske or Peterhof; but that it is sure that should his first appearance be made under the above mentioned conditions, the Sensation and impression created in the whole World would be enormous, which would with bated breath listen to him when he adressed it, as his forefathers formerly did, from the ramparts of the Kremlin. This, dearest Nicky, is the sketch which I have drawn of th«* European Public opinion with respect to the events in Russi?. In the beginning I have given you the reasons why I thought it my duty to write these lines. I once more crave your pardon for having taken up your precious time and in case I should sometimes have been too personal in my report. But as your loyal friend I am a jealous watcher of your "renommee" in this world and 1 wish you should by it be rightly and justly judged; and that is my duty too to inform you of the opinions the world forms on your account so as to enable you to correct them by your acts if you feel so incHned. At all events "Honni solt, qui mal y pense." With sincerest wishes for the welfare and future of your country and house, and best love to A]ix,.and the wish that God may bloss and protect you all believe me dearest Nicky as always Your most aff^te cousin and friend Willy. 24 360 XLVII Berlin, 3. VI. 1905 Dearest Nicky, The kind lines which you entrusted to Micha's care and were given me yesterday have deeply touched me. The memorable events you allude to are all clearly graved in my memory and remind me how the years have gone by, and how often since long we two have been brought into personal relations. The natural consequence o£ this is a firm feeling of mutual frlendship that developed between us both based on a perfect understanding of each other. These relations have flourished through the long years for the welfare of our countries, to rule which we have been called upon by Providence. They were and I hope will continue to be guarantees of Peace and welfare for the two countries as well as for the world. I well remember the moment in the church of the Winter Palais when you took your oath on the glorious tatters of the old Cossack Standard, amid the breathless silence of an enormous audience of illustrious people! How moved your dear father was when he kissed you after the ceremony! How long ago that is! Nowyou are in his place and have to lead your country through one of the most difficult phases of its developrnent. How I have been feeling for and thinking of you all these last months I need not say ! Also of every phase of Admiral Roshdestwensky's progress! The great stake which he represented in your band has been played and honourably lossed. He did everything in his powers to come up to your wishes, but Providence willed it otherwise and he met defeat bravely serving his master to the last! My füllest sympathy is with him and you. From the purely military strategical point of view the defeat in the straits of Corea ends the chances for a decided turn of the scales in your favour; the Japanese are now free to pour any amount of reserves, recrults, ammunition etc. into Mandschuria for the siege of Wladiwostok, w^hich will hardly be able to reslst very long wlthout a fleet to support it. The Army of Lenewitscb will need at least 3 or 4 fresh Army Corps to bring it up to it former efficiency and even then it is difficult to foretell what the consequences will be and wether another large battle will promise more success than the former did ? Formally it is of coiirsf possible, even under these adverse circumstances to continue tbe war for any amount of time. But then on the other band the human part must not he overlooked. Your country has sent thousands of its sons to the fronte, where they died, or were taken ill and were left cripples for the rest of their lives. Now as I wrotc to you in my last letter — Febr. 6th — the war is very unpopula: and the people see their sons and fathers reluctantly, even uc- willing leave their homes to fight for a cause they not only not espouse but abhor! Is it compabible with the responsibility ci a Ruler to continue to force a whole nation against its declared will to send its sons to be killed by hecatombs only for bis sake? Only for bis way of conception of National honour.^ After the people by their behaviour have clearly shown their disapproval of a continuance of the war.!* \^i{\\ not in time to come the life and blood of all uselessly sacrificed thousands be laid at the Rulerr door, and will he not once be called upon by Him, the Rula and Master of all Kings and men, to answer for those, who weic placed under bis control by the Creator, who entrusted theii welfare to him? National honour is a very good thing in itseli, but only in the case that the whole of the Nation itsclj is determüned to uphold it with all the means possible. But when a nations ways show that it has enough and that "tout est perdu fort Thonneur" is its way of thinking, is it not reasonable that also its Ruler should then — no doubt with a heavy hcart — dra-v the consequences and conclude peace .'' Even though it be a bitter one.? Rather than risking through the Prolongation of an un- populär war to create such a bitter feeling in bis country that it would not even refrain from taking serious steps to eventually force the Ruler to comply to their wish and adept their views? Of course there is the Army to be considered. It has fought ard ^4* . 371 bravely f ought — through heat and cold f or i V2 years trying uO win victoria for you and your country, but up to now Providence has withheld success from it. Defeat, fearful loss of life, and sufferings unspeakable have instead been sent to the poor Army and have been willingly borne by these capital, brave, quiet, ielfsacrificing fellows your soldiers. That they should burn for i-evenge and bc ready to do battle at every possible moment is quite natural. But 19 there any new leader or General among the Captains who is able to guarantee success, so that it would justify a new tremendous effort at the expense of thousands of tiie soldiers lives.-* Is the Army really absolutely convinced that ^t will yet be able to turn the scales? To this question you of course alone are able to know the answer. Should the answer however be given in the negative by }'our Generals in your Soldiers aame, declaring on their honour that they could only die for iheir Emperor but hardly win any decisive victories for him, then I think your conscience may be at rest as to wether you ought to go on fighting or not, and you could open the Peace aegociations which would be hailed wlth joy by all your loyal .>abjects throughout Russia after the tribute of blood they readily gave their Emperor. You may then say like the old Frcnch Grena- dier Bombardon sings: "Das Glück des Kriegs hat wider uns entschieden, doch die Armee hat ihre Pflicht getan, die Hälfte figl, der Rest ward Invaliden! Je nun, man trägt, was man nicht ändern kann!" Napoleon I and Fredrick the Great also suffcred defeat! It must be looked upon as Gods will that things have taken this course! Goi has imposed this burthen on you, and it must be börne, but perhaps by His intentions and with His help, lasting good may come out of all this in the end; a new life and a new Order of things for the development of Russia may spring from tliis tlme of trial, which would be a recompense your subjects richly deserved. Forgive the length of my letter, but I feel bound as your friend md coUeague to teil you what I think is true and right! You know the motives that prompt me, and you are free to do y/iib these lines what you think fit. Should however the ideas propounded in this letter coincidr with yours and you think that I could be of any even smallest use to you for the preparatory Steps to bring about peace, pray dispose of me at your leisure. I may perhaps tum your attention to the fact that no doubt the Japanese have the highest regard for America before all other nations. Because this mighty rising Power with its tremendous fleet is next to them. If anybody in the world is able to influenae the Japanese and to induce them to be reasonable in their proposals, it is President Roosevelt. Should it meet with your approval I could easily place myself— privately — in rapport with him, as we arc very intimate; also my ambassador there is a friend of him. Besides you have Mi, Meyer whom I know since years, who has my füllest confirfence^ you may send for him, talk with him openly, he is most discreet and truthworthy, a charming causeur with agreeable manners! Herc the Brides Entry took place in splendid weather and amidst great enthusiasm! Best love to Alix from your affate friend and cousin Willy. XLVIII Pillau, 27. VII. 1905 Dearest Nicky, On reaching the shores of my home I take the earliest opportunity of sending you a line to once more thank you for the way in whicl> you received me and the kindness shown to me by you. The hours I was allowed to spend in your society will be ever graven in my memory, you were like a dear brother to me. I shall always respond to your feeHngs with the same warmth and with the same intensity as you and you can count on me as on a firm friend > 373 who is filled with the sole wish and hope to see you successful in your heavy work, and your country soon recover from the severe test it has undergone through the will of Providence. The Alliance for mutual support in case of need, which we concluded Will be of great use to Russia, as it will restore quiet in the minds of the people and confidence In the maintenance of peace in Europe, and encourage financial circles in Foreign coimtries to place funds In enterpriscs to open up Russia, and its vast Stores of wealth yet untouched. In times to come it may not be impossible that even Japan may feil inclined to join it. This would cool down English selfassertion and impertinence, as she is her ally too. The 24 th of July 1905 is a cornerstone in European Politics and turns over a new leaf in the history of the world; which will be a chapter of peace and goodwill among the great Powers of the European Continent, respecting each other in friendship, con- fidence and in pursuing the general Policy on the lines of a Com- munity of interests. The moment the news of the new "groupe- ment" will have become known in the world, the smaller nations, Holland, Belgium, Danmark, Sweden, Norway will all be attracted to this new great centre of gravity, by quite natural laws of the attraction of smaller bodies by the larger and compacter ones. They will revolve in the orbit of the great block of powers (Russia, Germany, France, Austria, Italy) and feel confidence in leaning on and revolving around this mass. The dual Alliance combining with the Triple Alliance gives a Quintupel AlHance, well able to hold all unruly neighbours in order, and to impose peace even by force, if there should be a power hairbrained enough to wish fco disturb it. In the conversation with that excellent man Birilew —